A. Problem und Ziel
- Mit dem Änderungsgesetz soll die zum 31. Dezember 2005 auslaufende Übergangsregelung für bisherige Tarifverträge in § 25 ArbZG um ein Jahr verlängert werden.
- Das ArbZG wurde zum 1. Januar 2004 an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) angepasst mit der Folge, dass Bereitschaftsdienstzeiten in vollem Umfang als Arbeitszeit zu werten sind. Da nach alter Rechtslage nur die tatsächliche Inanspruchnahme während des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit zählte, nicht dagegen die "inaktiven" Warte- und Ruhephasen, führt die Auslegung des EuGH zu gravierenden Veränderungen der Arbeitszeitgestaltung in den Beschäftigungsbereichen, in denen Bereitschaftsdienste geleistet werden (Gesundheitsversorgung, Feuerwehren, Transportgewerbe). Aufgrund der o. g. Übergangsfrist gelten die bisherigen Tarifverträge, die verlängerte Arbeitszeiten im Zusammenhang mit Bereitschaftsdienst ermöglichen, aber noch nicht der Auslegung des EuGH entsprechen, bis Ende 2005 fort.
- Ab 1. Januar 2006 würden die Vorgaben des ArbZG ohne die Öffnungsklauseln der alten Tarifverträge gelten. Abweichungen wären nur durch neue Tarifverträge möglich, die zwar flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen können, aber wegen der derzeit unumgänglichen vollen Bewertung von Bereitschaftsdienstzeiten als Arbeitszeit einen personellen und damit finanziellen Mehrbedarf zur Folge haben werden. Für die Bereiche, die ab 1. Januar 2006 nicht unter den Anwendungsbereich eines neuen Tarifvertrags fallen, würden allein die Grenzen des ArbZG gelten: Die Einhaltung des ArbZG in seiner derzeitigen Fassung würde die Einführung von Schichtmodellen erfordern mit der Folge eines erheblichen zusätzlichen Personalbedarfs, der gerade für viele Pflegeeinrichtungen mangels finanzieller Mittel bzw. fehlendem Ärztenachwuchs nicht gedeckt werden kann.
- Hinzu kommen die rechtlichen Unsicherheiten aufgrund der seit über einem Jahr diskutierten Novellierung der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG, die u. a. wieder zu einer Änderung der o. g. Bewertung von Bereitschaftsdienstzeiten führen kann.
- Die Verlängerung der Übergangsregelung schafft daher für einen bestimmten Zeitraum Rechtssicherheit, mit der auch vermieden wird, dass die genannten Defizite zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer gehen. Ziel muss letztlich der Abschluss von Tarifvereinbarungen sein, die die jeweiligen Bedürfnisse der Beschäftigungsbereiche angemessen berücksichtigen und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung tragen.
B. Lösung
- Die Übergangsvorschrift des § 25 ArbZG für die in einem am 1. Januar 2004 bestehenden oder nachwirkenden Tarifvertrag enthaltenen abweichenden Regelungen nach § 7 Abs. 1 oder 2 ArbZG sowie § 12 Satz 1 ArbZG wird um ein Jahr bis 31. Dezember 2006 verlängert.
- Mit der Verlängerung bleiben die bisherigen tariflichen Vereinbarungen zunächst über 2005 hinaus anwendbar. Damit können die Probleme der Beschäftigungsbereiche, die am 1. Januar 2006 (noch) nicht unter den Anwendungsbereich eines neuen Tarifvertrags fallen, zumindest in Grenzen gehalten und eine gewisse Rechtssicherheit für die Betroffenen geschaffen werden. Der zusätzliche Zeitraum kann genutzt werden, um die laufenden Tarifverhandlungen zu einem Abschluss zu bringen und die Ergebnisse in der Praxis umzusetzen.
C. Alternativen
- Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- Es sind keine zusätzlichen Kosten für den Haushalt zu erwarten, da Mehraufwendungen der betroffenen Einrichtungen (z.B. Universitätsklinika) vermieden werden.
E. Sonstige Kosten
- Keine.
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes (... Arbeitszeitänderungsgesetz - ... ArbZÄG)
Der Bundesrat hat in seiner 817. Sitzung am 25. November 2005 beschlossen, den
- beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Anlage
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes (... Arbeitszeitänderungsgesetz - ... ArbZÄG)
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1 Änderung des Arbeitszeitgesetzes
Das Arbeitszeitgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
In § 25 Satz 1 wird die Jahreszahl "2005" durch die Jahreszahl "2006" ersetzt.
Artikel 2 In-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeines
Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Bewertung von Bereitschaftsdienstzeiten hat zu einer Änderung des ArbZG zum 1. Januar 2004 geführt. Tarifverträge, mit denen von den Höchstgrenzen des ArbZG abgewichen werden kann, müssen an die neue Rechtslage angepasst werden. Für die vor 1. Januar 2004 vereinbarten tariflichen Regelungen sieht § 25 ArbZG eine Übergangsregelung vor, die mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung um ein Jahr verlängert werden soll.
Die volle Bewertung von Bereitschaftsdienstzeiten erfordert zunächst den Abschluss entsprechender Tarifvereinbarungen, die von den betroffenen Einrichtungen mittels erheblicher Umstrukturierungsmaßnahmen umgesetzt werden müssen. Die vorgeschlagene Änderung des Arbeitszeitgesetzes dient dazu, den Einrichtungen ausreichend Zeit einzuräumen, den zu erwartenden Umstellungsproblemen zu begegnen.
B. Zu den einzelnen Regelungen
Zu Artikel 1 (Änderung der Übergangsregelung des Arbeitszeitgesetzes)
Die Übergangsregelung in § 25 ArbZG läuft Ende 2005 aus. In Anbetracht der noch nicht abgeschlossenen Tarifverhandlungen (und der ungeklärten Rechtslage zur Neuregelung der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie) ist der den Betroffenen eingeräumte Zeitraum, ihre Ablauforganisation an die Neuregelung des ArbZG mit der vollständigen Bewertung von Bereitschaftsdienstzeiten als Arbeitszeit anzupassen, zu kurz. Die vorgeschlagene Verlängerung der Übergangsregelung um ein Jahr bis 31. Dezember 2006 führt zu einer deutlichen Entlastung. Sie gewährt den betroffenen Einrichtungen Rechtssicherheit und ausreichend Zeit, um sich flexibel auf die neuen Anforderungen einzustellen.
Zu Artikel 2 (In-Kraft-Treten)
Artikel 2 regelt das In-Kraft-Treten.