930. Sitzung des Bundesrates am 6. Februar 2015
A
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Rahmen der Beratungen auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass Arzneifuttermittel weiterhin dem Tierarzneimittel- und nicht dem Futtermittelrecht unterliegen sollen.
Im Arzneimittelgesetz sind Mischungen aus Futtermitteln und Arzneimitteln Fütterungsarzneimittel. Diese unterliegen allen Anforderungen an die Herstellung von Arzneimitteln wie die übrigen Hersteller. Insbesondere vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Zunahme der Resistenz von Keimen gegen eine Vielzahl von Antibiotika bei Menschen und Tieren gilt es, die Ursachen hierfür genau zu analysieren. Im Rahmen des EU-Aktionsplans zur Abwehr der steigenden Gefahr der Antibiotikaresistenz und der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) werden langfristig Maßnahmen im Bereich der Humanmedizin und Tierhaltung/Veterinärmedizin als erforderlich angesehen. Im Bereich der Veterinärmedizin kann dies nur dann zielführend sein, wenn auch die orale Anwendung der Arzneifuttermittel weiterhin den Anforderungen des Tierarzneimittelrechts unterliegt.
Sollte dieses Anliegen auf europäischer Ebene nicht durchsetzbar sein, nimmt der Bundesrat zu dem Verordnungsvorschlag im Übrigen wie folgt Stellung:
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die Regelungsbereiche dieses Verordnungsvorschlags und des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Tierarzneimittel, der gleichzeitig beraten wird, übereinstimmend behandelt werden. Im vorliegenden Verordnungsvorschlag sollen die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Arzneifuttermitteln geregelt werden. Gleichzeitig wird ein Verordnungsvorschlag zu Tierarzneimitteln beraten. Zur Vermeidung von Regelungslücken, Abgrenzungsfragen oder divergierenden Bestimmungen sollten die beiden Vorschläge miteinander harmonisiert werden.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass in den Fällen, in denen das fachlich geboten ist, entweder auf die bestehenden Rechtsvorschriften des europäischen Futtermittelrechts verwiesen wird oder der gleiche Wortlaut verwendet wird, da allgemeine Bestimmungen des EU-Futtermittelrechts (zum Beispiel Verordnung (EG) Nr. 183/2005) auch für Arzneifuttermittel gelten sollen. In Teilen abweichende Bestimmungen mit ähnlichem Regelungsinhalt (zum Beispiel in Artikel 4 und in Anhang I des vorliegenden Verordnungsvorschlags) können zu Missverständnissen bei Unternehmen und Überwachungsbehörden führen.
- 4. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich das Ziel der Kommission, die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Tierarzneimitteln über das Futter auf einer hohen Sicherheitsstufe zu harmonisieren. Da Arzneifuttermittel im Bereich der Therapie von lebensmittelliefernden Tieren überwiegend Antibiotika enthalten, sind die rechtlichen Regelungen in engem Zusammenhang mit der Antibiotikaresistenzstrategie und dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Tierarzneimittel (BR-Drucksache 420/14 (PDF) ) zu betrachten.
Zu Artikel 2
- 5. Der Bundesrat weist darauf hin, dass aus dem Verordnungsvorschlag nicht hervorgeht, welche Vorgaben zur Herstellung für einen Hersteller von Arzneifuttermitteln im engeren Sinn gelten und welche Regelungen vom Landwirt zu beachten sind, wenn er als Hofmischer Arzneifuttermittel herstellt. Der Verordnungsvorschlag differenziert nicht zwischen diesen beiden Gruppen, sondern spricht vom "Futtermittelunternehmer" gemäß der Definition der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 aus dem Lebensmittel- und Futtermittelrecht. Unter die Definition "des Futtermittelunternehmers" fallen hier aber auch Landwirte, die Futtermittel zur Verfütterung in ihrem eigenen Betrieb erzeugen, verarbeiten oder lagern. Der Begriff des "Futtermittelunternehmers" in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe f ist daher nicht geeignet, um die unterschiedlichen Anforderungen an die Herstellung von Arzneifuttermitteln darzustellen. Die unterschiedlichen Anforderungen an Futtermühlen, mobile Mischer und Hofmischer sind in der Verordnung klar und eindeutig abzubilden.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass insbesondere die Begriffsbestimmungen "Vertriebsunternehmer", "mobiler Mischer" und "Hofmischer" und die Anforderungen an deren Zulassung präzisiert werden. Neben den Begriffsbestimmungen sind die Anforderungen an die verschiedenen Futtermittelunternehmen zu präzisieren. Für "Hofmischer" sollte zum Beispiel die Herstellung von Arzneifuttermitteln auf die Verwendung im eigenen Tierbestand beschränkt und ein Inverkehrbringen von Arzneifuttermitteln untersagt werden.
- 7. Der Bundesrat weist darauf hin, dass derzeit aus dem Verordnungsvorschlag nicht klar ersichtlich ist, welche Tierarzneimittel für die Herstellung von Arzneifuttermitteln verwendet werden dürfen. Der Verordnungsvorschlag gibt in Artikel 5 Absatz 1 zwar vor, dass nur Tierarzneimittel verwendet werden dürfen, die gemäß der Richtlinie 2001/82/EG für die Herstellung von Arzneifuttermitteln zugelassen sind, ohne dass die Richtlinie diesen Begriff definiert. In der Richtlinie ist in Artikel 1 lediglich eine Definition für "Fütterungsarzneimittel" enthalten.
Die Definition des Begriffs "Arzneifuttermittel" in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a des Verordnungsvorschlags umfasst aber nicht nur Fütterungsarzneimittel, sondern auch Mischungen aus Futtermitteln und Tierarzneimitteln, die zur oralen Anwendung mit dem Futter bestimmt sind.
Die Bundesregierung wird gebeten, sich für die Aufnahme einer eindeutigen Definition des Begriffs "Arzneifuttermittel" in den Verordnungsvorschlag und die Anpassung des Verweises auf die Richtlinie 2001/82/EG an die zu schaffende Rechtslage einzusetzen.
Weiterhin ist zum Beispiel die Lagerung von Tierarzneimitteln in Futtermittelunternehmen, die Arzneifuttermittel herstellen, zu regeln.
- 8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die Verabreichung von Tierarzneimitteln über Tränkwasser, das nach dem EU-Futtermittelrecht kein Futtermittel ist, klar geregelt wird.
Zu Artikel 5
- 9. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, ob ein Verbot von arzneilich wirksamen Futterzusatzstoffen im verwendeten Mischfuttermittel erforderlich ist.
- 10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass zum Beispiel unter Artikel 5 "Zusammensetzung" auch die Mindestanforderungen an die Futtermittel in allgemeiner Form entsprechend den futtermittelrechtlichen Vorgaben festgelegt werden.
Zu Artikel 7
- 11. Nach Auffassung des Bundesrates sind Verschleppungsgrenzen für Antibiotika strikt abzulehnen. Es ist auf eine "Nulltoleranz" für Verschleppungen von Antibiotika hinzuwirken. Gerade geringe Mengen unterhalb therapeutisch wirksamer Konzentrationen fördern die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen.
- 12. Wenn Verschleppungsgrenzen unvermeidbar sind, sollten diese nur auf der Grundlage von EFSA-Empfehlungen erfolgen.
Zu Artikel 8
- 13. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich weiterhin für die Festlegung von folgenden Bedingungen für eine "Vorab-Produktion" einzusetzen:
- 14. [ ] [- die verschreibende Tierärztin/der verschreibende Tierarzt informiert mindestens fernmündlich den Arzneifuttermittel-Hersteller über die Ausstellung und den Inhalt der Verschreibung; -eine Frist, innerhalb der die Verschreibung nachgereicht werden muss, wird festgelegt;]
- - eine Vorab-Produktion ohne vorherige Mitteilung durch einen Tierarzt ist nur für bestimmte, häufig angefragte "Standard-Arzneifuttermittel" möglich;
- - eine Vorab-Produktion von Arzneifuttermitteln mit einer Kombination mehrerer Arzneimittel-Vormischungen ist nicht erlaubt. Hier sollte die derzeit im deutschen Recht geltende Ausnahme (vgl. § 56a AMG) als solche bestehen bleiben, so dass eine Vorab-Produktion von Arzneifuttermitteln mit einer Kombination mehrerer Arzneimittel-Vormischungen nur im "Therapienotstand" möglich ist.
Zu Artikel 15
- 15. Der Bundesrat erachtet es als wichtig, dass eine einheitliche Aufbewahrungsdauer für alle aufzubewahrenden Nachweise festgelegt wird.
Er bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass der Aufbewahrungszeitraum für die tierärztliche Verschreibung ausgedehnt wird. Die Erfahrungen aus der arzneimittelrechtlichen Überwachung haben gezeigt, dass für eine lückenlose und nachvollziehbare Überwachung des Umgangs mit Arzneifuttermitteln ein Aufbewahrungszeitraum von fünf Jahren erforderlich ist.
- 16. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen,
- - dass stringentere Verschreibungskriterien für Arzneifuttermittel, die antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel enthalten, vorgesehen werden. Der Bundesrat sieht mit Sorge, dass die Intention des Verordnungsvorschlags, angesichts des durch Antibiotikaresistenzen bestehenden schwerwiegenden Risikos für die öffentliche Gesundheit die Verwendung von Antibiotika enthaltenden Arzneifuttermitteln allein bei den zur Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren zu begrenzen, nicht ausreichend umgesetzt wurde. Da jeder Einsatz von Antibiotika einen Selektionsdruck erzeugt, sollte dieser Grundsatz auch für nicht der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere gelten. Der enge Kontakt zwischen Mensch und "Heimtier" kann zudem die Übertragung resistenter Keime auf den Menschen fördern. Die Anwendung von Antibiotika erfolgt in der Regel im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Diagnosestellung bzw. Untersuchung. Daher sind die vorgesehene Gültigkeit einer Verschreibung für mehr als eine Behandlung, die Gültigkeitsdauer einer Verschreibung und die zulässigen Abgabehöchstmengen veterinärmedizinisch nicht gerechtfertigt. Um den unterschiedlichen Bedürfnissen aus Sicht des Verbraucherschutzes, des Tierschutzes und der Tierhalter von "Heimtieren" jedoch ausreichend Rechnung zu tragen, sollten Ausnahmen bei nicht lebensmittelliefernden Tieren in begründeten Einzelfällen möglich sein;
- - dass die Verschreibung von Arzneifuttermitteln jeweils nur für eine Behandlung mit diesen Mitteln gilt, mit Ausnahme von Arzneifuttermitteln, die keine antimikrobiellen Tierarzneimittel enthalten und zur Behandlung von nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren bestimmt sind.
- 17. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die tierärztliche Verschreibung für Arzneifuttermittel, die keine antimikrobiellen Tierarzneimittel enthalten, für eine Dauer von höchstens drei Monaten bei nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren und höchstens drei Wochen bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren gültig ist. Die Gültigkeitsdauer einer tierärztlichen Verschreibung für Arzneifuttermittel, die antimikrobielle Tierarzneimittel enthält, sollte eine Woche betragen.
- 18. Der Bundesrat hält ein Verbot der präventiven Verabreichung von antibiotikahaltigen Arzneifuttermitteln für unabdingbar.
- 19. Er bittet ferner, sich dafür einzusetzen, dass die Mitgliedstaaten in der Verordnung ermächtigt werden, die Anwendung von kritischen Antibiotika, die der Anwendung in der Humanmedizin vorbehalten sein sollten, als Arzneifuttermittel einzuschränken bzw. zu verbieten.
Zu Artikel 16
- 20. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die verschriebenen und gelieferten Mengen an Arzneifuttermitteln, die antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel enthalten und für lebensmittelliefernde Tiere bestimmt sind, auf eine Behandlungsdauer von einer Woche beschränkt werden, sofern die Zulassungsbedingungen nicht eine längere Anwendungsdauer vorsehen.
Zu Anhang IV
- 21. Der Bundesrat erachtet die Toleranzwerte (+/- 40 % bei < 5 mg Wirkstoff je kg Arzneifuttermittel und +/-30 % > 5 mg < 10 mg Wirkstoff je kg Arzneifuttermittel) für zu hoch und bittet, auf eine Senkung hinzuwirken.
Die Festlegung von Toleranzwerten sollte auf der Grundlage von EMA-/ EFSAEmpfehlungen erfolgen.
Vorlagenbezogene Vertreterbenennung
- 22. Der Bundesrat benennt für die Beratungen der Vorlage in den Gremien des Rates gemäß § 6 Absatz 1 EUZBLG in Verbindung mit Abschnitt I der Bund-Länder-Vereinbarung eine Vertreterin des LandesRheinland-Pfalz, Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten (Landwirtschaftsrätin Bianca Ziehmer).
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Auf Grund der Bedeutung und Auswirkungen der zur Beratung anstehenden Vorlagen für das deutsche Tierarzneimittelrecht wird die Benennung einer vorlagenbezogenen Vertreterin des Bundesrates als erforderlich angesehen.
B
- 23. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.