Der Ministerpräsident Düsseldorf, 26. Juni 2018 des Landes Nordrhein-Westfalen
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Antrag für eine Entschließung des Bundesrates "Steuerliche Vereinfachungen und Entlastungen für die Mitte der Gesellschaft" zuzuleiten.
Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Armin Laschet
Entschließung des Bundesrates "Steuerliche Vereinfachungen und Entlastungen für die Mitte der Gesellschaft"
Deutschland geht es so gut wie schon lange nicht mehr. Nach der jüngsten Prognose des Arbeitskreises "Steuerschätzungen" ergeben sich dank einer stabilen Wirtschafts- und Beschäftigungslage in den nächsten Jahren auch für den Bund deutlich höhere Steuereinnahmen. Der Bundesrat begrüßt das klare Bekenntnis der Bundesregierung zu einer soliden Haushaltspolitik ohne neue Schulden. Der begrenzte Spielraum muss daher mit Bedacht genutzt werden.
Gerade im Bereich des Ehrenamtes, bei Pflege, Gesundheit und Familie gibt es eine Reihe von Maßnahmen überschaubarer finanzieller Auswirkungen, die im Einzelfall denen stark helfen, die eine wichtige Säule unseres Gemeinwesens darstellen. Der Bundesrat spricht sich deshalb für steuerliche Vereinfachungen und maßvolle Verbesserungen besonders bei denjenigen aus, die sich in der Mitte der Gesellschaft für den Zusammenhalt unseres Gemeinwesens in besonderer Weise einsetzen.
So leisten Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland Tag für Tag ganz konkret Dienst für das Land und an seinen Mitmenschen. Sie engagieren sich ehrenamtlich oder übernehmen beispielsweise Verantwortung durch die Pflege ihrer Angehörigen. Diese Menschen tragen mit ihrem Handeln entscheidend zu einem engen Zusammeninhalt in unserem Land bei.
Ein weiteres zentrales Fundament unserer Gesellschaft sind die Familien - hier werden Kinder und Jugendliche zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten erzogen. Dem Bundesrat ist es daher ein besonderes Anliegen, Familien finanziell so zu unterstützen, dass sie ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten können. Insbesondere wollen wir Aufstieg durch Bildung ermöglichen und die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern.
Zugleich gilt es, durch den Abbau bürokratischer Hürden das gesellschaftliche Zusammenleben zu vereinfachen. Eine gezielte Anhebung von Pausch- und Freibeträgen trägt der Lebenswirklichkeit der Menschen Rechnung und sorgt für praxisnahe, direkt spürbare Erleichterungen.
Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der mit folgenden Maßnahmen steuerliche Vereinfachungen und Entlastungen auf den Weg bringt:
1. Entlastungen für das Ehrenamt
- - Anhebung der Übungsleiterpauschale von 2.400 € auf 3.000 € Trainerinnen und Trainer in Sportvereinen profitieren von der Übungsleiterpauschale. Auch die Entschädigungen für Ausbilderinnen und Ausbilder z.B. bei der freiwilligen Feuerwehr und der DLRG oder an nebenberuflich in der Erziehung, Kunst oder Pflege Tätige werden hierdurch begünstigt. Durch die Anhebung der Übungsleiterpauschale in dem vorgeschlagenen Umfang können auch von den Übungsleiterinnen und Übungsleitern getragene Kosten - insbesondere Fahrtkosten - im Zusammenhang mit der Tätigkeit besser als bisher steuerfrei erstattet werden.
- - Anhebung der Ehrenamtspauschale von 720 € auf 840 € Die Maßnahme unterstützt all diejenigen, die zwar nicht Übungsleiterinnen und Übungsleiter bzw. Ausbilderinnen und Ausbilder sind, sich aber gleichwohl ehrenamtlich engagieren, beispielsweise als Schriftführerinnen und Schriftführer oder Kassenwartinnen und Kassenwarte von gemeinnützigen Vereinen.
- - Anhebung der Einnahmegrenze für steuerbegünstigte Körperschaften, insbesondere gemeinnützige Vereine, von 35.000 € auf 45.000 €
Die Maßnahme befreit viele kleine steuerbegünstigte Vereine von Bürokratie und Steuerlast bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. Erzielt zum Beispiel ein Sportverein Einnahmen aus dem Betrieb einer Vereinsgaststätte oder Werbung in einer Vereinszeitschrift, wird er über den bisherigen Umfang hinaus begünstigt.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, darüber hinaus zu prüfen, wie die Nachweisvoraussetzungen zur Förderung des Ehrenamtes einheitlicher gestaltet und vereinfacht werden können.
2. Entlastungen für Familien und Bildung
- - Anhebung des Höchstbetrags der Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten von 4.000 € auf 6.000 € Durch die Maßnahme wird insbesondere die Betreuung von Kindern z.B. in Kitas oder bei Tagesmüttern und Tagesvätern steuerlich unterstützt.
- - Anhebung des Freibetrags für Sonderbedarf für Kinder in Studium und Ausbildung von 924 € auf 1.200 €
Für Ausbildung oder Studium verlassen viele Kinder ihr Elternhaus, werden aber gleichzeitig weiter von ihnen finanziell, insbesondere durch die Übernahme von Wohnraumkosten unterstützt. Die Anhebung des seit Jahren unveränderten Freibetrags trägt diesem finanziellen Sonderbedarf Rechnung.
3. Entlastungen in den Bereichen Gesundheit und Pflege und für Menschen mit Behinderungen
- - Anhebung des Freibetrags zur Förderung der Mitarbeitergesundheit von 500 € auf 1.200 € Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber tragen durch vielfältige Maßnahmen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands ihrer Belegschaft bei. Hierzu gehört zum Beispiel die Übernahme der Kosten für Rückenschule, Pilates-Kurse oder Burn-out-Prävention. Durch die Anhebung des Freibetrags werden auch die Angebote im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements gefördert.
- - Anhebung des Pflegepauschbetrags von 924 € auf 1.200 € Viele Pflegebedürftige wollen so lange es geht zu Hause leben. Die Anhebung des Pflegepauschbetrags im vorgeschlagenen Umfang fördert die Pflege durch Familienangehörige im gewohnten Umfeld.
- - Anhebung der Pauschbeträge für behinderte Menschen um jeweils 30 Prozent Durch die Anhebung der Pauschbeträge wird einer seit Jahren zurecht erhobenen Forderung Rechnung getragen, einen Ausgleich besonderer finanzieller Belastungen für behinderte Menschen zu schaffen. Die Pauschbeträge ersparen den Steuerpflichtigen zugleich den mühsamen Nachweis von tatsächlichen, unmittelbar mit der Behinderung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen.
4. Entlastungen im Berufsleben
Erhöhung der Steuerbefreiung für Belegschaftsrabatte von 1.080 € auf 1.200 € Viele Arbeitnehmer können die Produkte, an deren Herstellung sie mitgewirkt haben, mit Belegschaftsrabatten erwerben. Das verdient Unterstützung. Der Steuerfreibetrag hierfür soll deshalb von 1.080 € auf 1.200 € angehoben werden.