Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Düsseldorf, den 22. Oktober 2008
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Antrag für eine
- Entschließung des Bundesrates zur Änderung des Berufskrankheitenrechts in der gesetzlichen Unfallversicherung
zuzuleiten.
Ich bitte, den Entschließungsantrag gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der Plenarsitzung am 07.11.2008 zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Rüttgers
Entschließung des Bundesrates zur Änderung des Berufskrankheitenrechts in der gesetzlichen Unfallversicherung
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die folgenden Änderungen im Berufskrankheitenrecht der gesetzlichen Unfallversicherung umzusetzen:
- 1. In der Berufskrankheitenverordnung sollte die Erkrankung möglichst präzise bezeichnet, die schädigende Einwirkung definiert und - soweit wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen - eine Dosis-Wirkungs-Beziehung festgelegt werden.
- 2. Leistungen sollten einheitlich längstens vier Jahre rückwirkend von dem Zeitpunkt an gewährt werden, an dem die Berufskrankheit dem Unfallversicherungsträger erstmalig bekannt geworden ist. Ist die Anerkennung der Berufskrankheit an der bisherigen Stichtagsregelung gescheitert, sind den Betroffenen auf Antrag Leistungen längstens vier Jahre rückwirkend ab dem neuen Antragszeitpunkt zu gewähren.
- 3. Die Sperrwirkung für die Anerkennung von Berufskrankheiten während der Beratungen über die Aufnahme in die Berufskrankheitenliste sollte in § 9 Abs. 2 SGB VII kodifiziert werden. Zudem sollte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales verpflichtet werden, Beratungsbeginn und -ende bekannt zu geben; eine gesetzliche Befristung der Sperrwirkung sollte geprüft werden.
Begründung
In den Eckpunkten zur Reform der gesetzlichen Unfallversicherung hatte die Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene festgestellt, dass das Berufskrankheitenrecht einiger grundsätzlicher Änderungen bedarf. Bedauerlicherweise sind die dazu vorgelegten Änderungsvorschläge nicht in das Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz eingeflossen.
1. Präzisierung des Berufskrankheitenbegriffs
Die Anforderungen an die Bezeichnung der Berufskrankheiten sind bislang nicht ausreichend festgelegt. Dies führt dazu, dass die Berufskrankheitenliste unterschiedlich präzise gefasste Definitionen enthält, die zum Teil lediglich die schädigende Einwirkung, aber keine konkrete Krankheit oder umgekehrt enthalten. Die Anforderungen an die Bezeichnung der Berufskrankheit sollten gesetzlich festgelegt werden.
2. Einheitlicher Leistungsbeginn/Rückwirkung
Berufskrankheiten werden nach Aufnahme in die Berufskrankheitenliste rückwirkend nur bis zu einem bestimmten Stichtag anerkannt. Vor Aufnahme in die Berufskrankheitenliste werden Berufskrankheiten uneingeschränkt rückwirkend anerkannt ("Wie Berufskrankheiten" nach § 9 Abs. 2 SGB VII). Diese unterschiedliche Rückwirkung hat zum Beispiel bei Fällen der chronisch-obstruktiven Bronchitis dazu geführt, dass mit der Aufnahme in die Berufskrankheitenliste Ansprüche abgelehnt wurden, obwohl die berufliche Verursachung der Erkrankung feststeht und ohne die Sperrwirkung eine Anerkennung nach § 9 Abs. 2 SGB VII erfolgt wäre.
Daher sollten bei Berufskrankheiten Leistungen einheitlich längstens vier Jahre rückwirkend ab Kenntnis des Unfallversicherungsträgers von der Erkrankung gewährt werden.
In den Fällen, in denen die Anerkennung der Berufskrankheit an der bisherigen Stichtagsregelung gescheitert ist, sollte den Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, einen neuen Antrag zu stellen und Leistungen längstens vier Jahre rückwirkend ab diesem Antrag gewährt werden, damit die finanzielle Belastung der betroffenen Unfallversicherungsträger begrenzt wird.
3. Sperrwirkung
Die Unfallversicherungsträger stellen aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Entscheidung über die Anerkennung einer Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII zurück so lange der Verordnungsgeber die Aufnahme einer Erkrankung in die Berufskrankheitenliste prüft (Sperrwirkung). Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte diese Sperrwirkung nunmehr gesetzlich kodifiziert werden. Damit für die Betroffenen feststellbar ist, wie lange diese Sperrwirkung besteht, sollte das zuständige Bundesministerium verpflichtet werden, den Beginn und das Ende der Beratungen - und damit der Sperrwirkung - bekannt zu geben. Dabei sollte die Sperrwirkung gesetzlich auf beispielsweise zwei Jahre befristet werden.