A. Problem und Ziel
Die abkommensrechtlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich werden durch das am 24. August 2000 in Berlin unterzeichnete Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA) (BGBl. 2002 II S. 734, 735) geregelt.
Die Informationsaustauschklausel des DBA entspricht derzeit jedoch nicht der aktuellen Fassung des Artikels 26 (Informationsaustausch) des Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD-MA), der den von der OECD erarbeiteten weltweit anerkannten Standard für Transparenz und effektiven Informationsaustausch in Steuersachen (OECD-Standard) enthält. Daher ist der Informationsaustausch betreffend Bankinformationen derzeit aufgrund des innerstaatlichen Rechts der Republik Österreich auf der Grundlage von Artikel 26 Absatz 3 des Abkommens dahingehend eingeschränkt, dass Österreich auf ein deutsches Auskunftsersuchen Bankinformationen nur dann übermittelt, wenn auf deutscher Seite bereits eine formelle Einleitung eines Strafverfahrens durch einen dem Steuerpflichtigen zugegangenen rechtsmittelfähigen schriftlichen Bescheid erfolgt ist.
Durch dieses Änderungsprotokoll wird zur Umsetzung des OECD-Standards die Informationsaustauschklausel des DBA an die aktuelle Fassung des Artikels 26 OECD-MA angepasst und durch präzisierende Protokollvorschriften zur Auslegung ergänzt und die vorstehend beschriebene Einschränkung beseitigt.
B. Lösung
Das am 29. Dezember 2010 unterzeichnete Änderungsprotokoll verpflichtet dazu, entsprechend dem OECD-Standard auf Ersuchen Informationen (einschließlich Bankinformationen und Informationen über Anteilseigner an juristischen Personen) zu erteilen, die zur Besteuerung im ersuchenden Staat "voraussichtlich erheblich" sind.
Mit der Anpassung der Informationsaustauschklausel des Artikels 26 des Abkommens an die aktuelle Fassung des Artikels 26 OECD-MA wird insbesondere durch den neuen Absatz 5 geregelt, dass der in Absatz 3 enthaltene Vorbehalt des innerstaatlichen Rechts den ersuchten Staat nicht dazu berechtigt, die Erteilung von Informationen nur deshalb zu verweigern, weil sich die Informationen zum Beispiel bei einer Bank oder einem sonstigen Finanzinstitut befinden.
Während die Erteilung von Bankinformationen aufgrund der österreichischen Vorschriften über das Bankgeheimnis von österreichischer Seite bisher nur unter den Voraussetzungen eines formell eingeleiteten Steuerstrafverfahrens möglich war, wird aufgrund der Änderungen künftig der Austausch von Bankinformationen bereits zur Durchführung des steuerlichen Veranlagungsverfahrens möglich sein. Österreich wird daher im Falle eines deutschen Auskunftsersuchens Bankinformationen auch außerhalb eines formellen Steuerstrafverfahrens an Deutschland erteilen; ein Verdacht auf Steuerhinterziehung ist für die Auskunftserteilung nicht mehr erforderlich.
Mit dem vorliegenden Vertragsgesetz soll das Änderungsprotokoll die für die Ratifikation erforderliche Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften erlangen.
C. Alternativen
Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine.
Mithilfe des durch das Abkommen ermöglichten weitergehenden Informationsaustauschs werden künftig Steuerausfälle verhindert.
2. Vollzugsaufwand
Die durch das Änderungsprotokoll entstehenden Kosten lassen sich nicht beziffern; sie werden betragsmäßig nicht ins Gewicht fallen.
E. Sonstige Kosten
Die Wirtschaft ist durch das Gesetz nicht unmittelbar betroffen. Unternehmen, insbesondere den mittelständischen Unternehmen, entstehen durch dieses Gesetz keine direkten und auch keine indirekten Kosten.
Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind von dem Gesetz nicht zu erwarten.
F. Bürokratiekosten
Durch das vorliegende Vertragsgesetz und das am 29. Dezember 2010 unterzeichnete Änderungsprotokoll werden keine eigenständigen Informationspflichten begründet.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zum dem Protokoll vom 29. Dezember 2010 zur Änderung des Abkommens vom 24. August 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 27. Mai 2011
Die Bundeskanzlerin
An die Präsidentin des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 29. Dezember 2010 zur Änderung des Abkommens vom 24. August 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Finanzen.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 08. 07. 11
Entwurf
Gesetz zu dem Protokoll vom 29. Dezember 2010 zur Änderung des Abkommens vom 24. August 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Dem in Berlin am 29. Dezember 2010 unterzeichneten Protokoll zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Abänderung des am 24. August 2000 in Berlin unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl. 2002 II S. 734, 735) wird zugestimmt. Das Protokoll wird nachstehend veröffentlicht.
Artikel 2
- (1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- (2) Der Tag, an dem das Änderungsprotokoll nach seinem Artikel III Absatz 2 in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Zu Artikel 1
Auf das Änderungsprotokoll findet Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Die Zustimmung des Bundesrates ist nach Artikel 108 Absatz 5 Satz 2 des Grundgesetzes erforderlich, da das Änderungsprotokoll Verfahrensregelungen betrifft, die sich auch an die Landesfinanzbehörden richten.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem das Änderungsprotokoll nach seinem Artikel III Absatz 2 in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Schlussbemerkung
Mit dem Vertragsgesetz wird das deutsch-österreichische Doppelbesteuerungsabkommen an den OECD-Standard für Transparenz und effektiven Informationsaustausch in Steuersachen angepasst und die Bekämpfung grenzüberschreitender Fälle der Steuerhinterziehung deutlich erleichtert.
Unternehmen, insbesondere den mittelständischen Unternehmen, entstehen durch dieses Gesetz keine direkten und auch keine indirekten Kosten.
Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind von dem Gesetz nicht zu erwarten.
Protokoll zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Abänderung des am 24. August 2000 in Berlin unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Österreich - von dem Wunsche geleitet, ein Protokoll zur Abänderung des am 24. August 2000 in Berlin unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (im Folgenden als "Abkommen" bezeichnet) abzuschließen - haben Folgendes vereinbart:
Artikel I
Artikel 26 wird wie folgt neu gefasst:
"Artikel 26
Informationsaustausch
- (1) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten tauschen die Informationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Verwaltung beziehungsweise Vollstreckung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. Der Informationsaustausch ist durch Artikel 1 und 2 nicht eingeschränkt.
- (2) Alle Informationen, die ein Vertragsstaat gemäß Absatz 1 erhalten hat, sind ebenso geheim zu halten wie die aufgrund des innerstaatlichen Rechts dieses Staates beschafften Informationen und dürfen nur den Personen oder Behörden (einschließlich der Gerichte und der Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung oder Erhebung, der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der in Absatz 1 genannten Steuern oder mit der Aufsicht darüber befasst sind. Diese Personen oder Behörden dürfen die Informationen nur für diese Zwecke verwenden. Sie dürfen die Informationen in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offenlegen. Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen können die Informationen für andere Zwecke verwendet werden, wenn sie nach dem Recht beider Staaten für diese anderen Zwecke verwendet werden können und die zuständige Behörde des übermittelnden Staates dieser Verwendung zugestimmt hat. Ohne vorherige Zustimmung der zuständigen Behörde des übermittelnden Staates ist eine Verwendung für andere Zwecke nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden dringenden Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit einer Person oder für bedeutende Vermögenswerte erforderlich ist und Gefahr im Verzug besteht. In diesem Fall ist die zuständige Behörde des übermittelnden Staates unverzüglich um nachträgliche Genehmigung der Zweckänderung zu ersuchen. Wird die Genehmigung verweigert, ist die weitere Verwendung der Informationen für den anderen Zweck unzulässig; ein durch die zweckändernde Verwendung der Informationen entstandener Schaden ist zu ersetzen.
- (3) Die Absätze 1 und 2 sind nicht so auszulegen, als verpflichteten sie einen Vertragsstaat,
- a) für die Erteilung von Informationen Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die mit den Gesetzen und der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaates unvereinbar sind;
- b) Informationen zu erteilen, die nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsverfahren dieses oder des anderen Vertragsstaates nicht beschafft werden können;
- c) Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren offenlegen würden oder deren Erteilung der öffentlichen Ordnung widerspräche.
- (4) Ersucht ein Vertragsstaat gemäß diesem Artikel um Informationen, so nutzt der andere Vertragsstaat die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Beschaffung der erbetenen Informationen, selbst wenn er diese Informationen für seine eigenen steuerlichen Zwecke nicht benötigt. Die im vorstehenden Satz enthaltene Verpflichtung unterliegt den Beschränkungen gemäß Absatz 3, wobei diese jedoch in keinem Fall so auszulegen sind, dass ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen kann, weil er kein inländisches Interesse an solchen Informationen hat.
- (5) Absatz 3 ist in keinem Fall so auszulegen, dass ein Vertragsstaat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen kann, weil die Informationen sich bei einer Bank, einem sonstigen Finanzinstitut, einem Bevollmächtigten, Vertreter oder Treuhänder befinden oder sich auf Eigentumsanteile an einer Person beziehen."
Artikel II
Das Protokoll zum Abkommen wird wie folgt geändert:
Nach Ziffer 13 "Zu Artikel 26" wird eine neue Ziffer 13a mit folgendem Wortlaut eingefügt:
(13a)
Zu Artikel 26
- a) Die zuständige Behörde des ersuchenden Staates stellt der zuständigen Behörde des ersuchten Staates im Rahmen der Darlegung der voraussichtlichen Erheblichkeit der Auskünfte die folgenden Informationen zur Verfügung, wenn diese ein Auskunftsersuchen gemäß dem Abkommen stellt:
- aa) die Bezeichnung der Person, der die Ermittlung oder Untersuchung gilt;
- bb) die Art der erbetenen Auskünfte und die Form, in der die Auskünfte dem ersuchenden Staat vorzugsweise zur Verfügung zu stellen sind;
- cc) den steuerlichen Zweck, für den um die Auskünfte ersucht wird;
- dd) die Gründe für die Annahme, dass die erbetenen Auskünfte dem ersuchten Staat vorliegen oder sich im Besitz oder in der Verfügungsmacht einer Person im Hoheitsbereich des ersuchten Staates befinden;
- ee) den Namen und die Anschrift von Personen, soweit bekannt, in deren Besitz sich die erbetenen Auskünfte vermutlich befinden;
- ff) eine Erklärung, dass der ersuchende Staat alle ihm im eigenen Gebiet zur Verfügung stehenden Maßnahmen zur Einholung der Auskünfte ausgeschöpft hat, ausgenommen solche, die unverhältnismäßig große Schwierigkeiten mit sich bringen würden.
- b) Es besteht Einvernehmen, dass die in Artikel 26 vorgesehene Amtshilfe nicht Maßnahmen einschließt, die lediglich der Beweisausforschung durch anlasslose Ermittlungen "ins Blaue" dienen ("fishing expeditions").
- c) Es besteht Einvernehmen, dass Artikel 26 Absatz 5 des Abkommens den Vertragsstaaten erlaubt, sie jedoch nicht dazu verpflichtet, Informationen im Sinne dieses Absatzes auf automatischer oder spontaner Basis auszutauschen.
- d) Es besteht Einvernehmen, dass nach diesem Abkommen erteilte Auskünfte im Rahmen der in Artikel 26 Absatz 1 genannten Zwecke zur weiteren Beurteilung auch für Zeiträume herangezogen werden können, auf die die erteilten Auskünfte nicht bezogen waren.
- e) Es besteht Einvernehmen, dass zur Auslegung des Artikels 26 neben den oben angeführten Grundsätzen auch die aus den für den Informationsaustausch maßgeblichen Kommentaren der OECD in ihrer jeweils geltenden Fassung abzuleitenden Anwendungsgrundsätze zu berücksichtigen sind."
Artikel III
- (1) Dieses Protokoll bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Wien ausgetauscht.
- (2) Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der dem Monat folgt, in dem der Austausch der Ratifikationsurkunden stattgefunden hat, und ist auf Steuerjahre oder Veranlagungszeiträume anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2011 beginnen.
- (3) Dieses Protokoll ist Bestandteil des Abkommens und bleibt ebenso lange in Kraft wie das Abkommen selbst.
Geschehen zu Berlin am 29. Dezember 2010 in zwei Urschriften, jede in deutscher Sprache.
Für die Bundesrepublik Deutschland
F. J. Kremp
Für die Republik Österreich
Scheide
Denkschrift
I. Allgemeines
Die Finanzbehörden haben steuerlich relevante Sachverhalte aufzuklären. Ihre Befugnisse sind jedoch auf das Inland beschränkt. Sind grenzüberschreitende Sachverhalte aufzuklären, können Beteiligte oder auskunftspflichtige Dritte, die im Ausland ansässig sind, von den Finanzbehörden nicht wie im Inland ansässige Beteiligte oder auskunftspflichtige Dritte zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung herangezogen werden. Die Finanzbehörden sind dann auf die Unterstützung ausländischer Behörden angewiesen. Sind die Möglichkeiten anderer Staaten oder Gebiete, Unterstützung für Besteuerungszwecke zu gewähren, eingeschränkt, wird dadurch Steuerhinterziehung begünstigt oder gefördert. Die - gegenseitige - Unterstützung bei der Sachverhaltsaufklärung für Besteuerungszwecke ist umso bedeutender, als grenzüberschreitende Sachverhalte alltäglich geworden sind.
Gegenstand des am 29. Dezember 2010 unterzeichneten Protokolls zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Abänderung des am 24. August 2000 in Berlin unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA) (BGBl. 2002 II S. 734, 735) ist die Umsetzung des OECD-Standards für Transparenz und effektiven Informationsaustausch in Steuersachen. Dieser verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, auf Ersuchen Informationen (einschließlich Bankinformationen und Informationen über Anteilseigner an juristischen Personen) zu erteilen, die zur Besteuerung im ersuchenden Staat "voraussichtlich erheblich" sind.
Während die Erteilung von Bankinformationen durch Österreich nach Artikel 26 des DBA aufgrund der österreichischen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den österreichischen Vorschriften über das Bankgeheimnis bisher nur unter den Voraussetzungen eines durch einen dem Steuerpflichtigen zugegangenen rechtsmittelfähigen schriftlichen Bescheid formell eingeleiteten Steuerstrafverfahrens möglich war, wird künftig der Austausch von Bankinformationen bereits zur Durchführung des steuerlichen Veranlagungsverfahrens möglich sein. Österreich wird daher im Falle eines deutschen Auskunftsersuchens Bankinformationen auch außerhalb eines formellen Steuerstrafverfahrens an Deutschland erteilen; auch ein Verdacht auf Steuerhinterziehung ist für die Auskunftserteilung nicht erforderlich.
Nachdem die österreichische Regierung am 13. März 2009 den Vorbehalt gegen Artikel 26 Absatz 5 OECD-MA 2005 zurückgezogen hatte, trat am 9. September 2009 das österreichische Amtshilfe-Durchführungsgesetz in Kraft, mit dem die innerstaatliche Umsetzung des OECD-Amtshilfestandards und der damit einhergehenden teilweisen Einschränkung des österreichischen Bankgeheimnisses erfolgte. Hierdurch wurde auf österreichischer Seite die Grundlage für die Änderung der DBA zur Umsetzung des OECD-Standards für Transparenz und effektiven Informationsaustausch in Steuersachen geschaffen.
II. Besonderes
Zu Artikel I
Artikel 26 des Abkommens wird an den aktuellen Wortlaut des Artikels 26 des OECD-Musterabkommens angepasst und damit der OECD-Standard für Transparenz und effektiven Informationsaustausch in Steuersachen im Abkommen umgesetzt:
Damit wird in Absatz 1 der Informationsaustausch in Steuersachen auf Steuern jeder Art und Bezeichnung erweitert. Der OECD-Standard verpflichtet den ersuchten Staat dazu, auf Ersuchen Informationen (einschließlich Bankinformationen und Informationen über Anteilseigner an juristischen Personen) zu erteilen, die zur Besteuerung im ersuchenden Staat "voraussichtlich erheblich" sind. Die Formulierungen des Artikels 26 des Abkommens ermöglichen außer dem Informationsaustausch auf Ersuchen auch spontanen und automatischen Informationsaustausch, ohne jedoch hierzu zu verpflichten.
Die in Absatz 2 Satz 5 ff. unter bestimmten Voraussetzungen enthaltene Möglichkeit der Verwendung der übermittelten Informationen für andere als die in Satz 1 genannten Zwecke entspricht einer Formulierungsalternative im OECD-Musterkommentar zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen.
Die Absätze 4 und 5 begrenzen die einschränkende Wirkung des in Absatz 3 enthaltenen Vorbehalts innerstaatlichen Rechts. Absatz 4 regelt, dass ein fehlendes eigenes steuerliches Interesse des ersuchten Staates nicht zur Verweigerung der Informationserteilung berechtigt. Absatz 5 regelt, dass die Erteilung von Informationen nicht allein deshalb verweigert werden kann, weil sich die Informationen u.a. bei einer Bank oder einem sonstigen Finanzinstitut befinden. Dies bedeutet, dass Bankinformationen unter den Voraussetzungen des Artikels 26 des Abkommens ungeachtet innerstaatlicher Vorschriften über das Bankgeheimnis zu erteilen sind.
Zu Artikel II
Auf österreichischen Wunsch wurden die Anforderungen an ein Auskunftsersuchen in einer Protokollregelung (Ziffer 13a des Protokolls zum Abkommen zu Artikel 26 des Abkommens) präzisiert:
Buchstabe a
Buchstabe a enthält an Artikel 5 Absatz 5 des OECD-Musterabkommens für Steuerinformationsaustauschabkommen orientierte verwaltungstechnische Auslegungsgrundsätze entsprechend dem international üblichen Standard betreffend die Durchführung des steuerlichen Informationsaustauschs. Dabei sind gemäß Buchstabe e neben den in den Buchstaben a bis d aufgeführten Grundsätzen auch die für den Informationsaustausch maßgeblichen Kommentare der OECD in ihrer jeweils geltenden Fassung zu berücksichtigen. Dies umfasst zum einen den OECD-Kommentar zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen, wie auch den OECD-Kommentar zu Artikel 5 Absatz 5 des OECD-Musterabkommens für Steuerinformationsaustauschabkommen. Dieser stellt z.B. in Textziffer 58 klar, dass die Identifizierung des betroffenen Steuerpflichtigen im Auskunftsersuchen nicht nur durch die Angabe des Namens, sondern - falls dieser unbekannt ist - zum Beispiel auch durch die Angabe einer Bankkontonummer erfolgen kann.
Buchstabe b
Auf österreichischen Wunsch wurde in Übereinstimmung mit den Kommentaren der OECD zum Informationsaustausch unterstrichen, dass Artikel 26 des Abkommens keine Grundlage für eine Beweisausforschung durch anlasslose Ermittlungen "ins Blaue" ("fishing expeditions") bietet. Diese Feststellung steht im Zusammenhang mit der in den OECD-Kommentaren enthaltenen Aussage, dass der in Artikel 26 des Abkommens verwendete Standard der "voraussichtlichen Erheblichkeit" der angefragten Information dazu dienen soll, Informationsaustausch in Steuersachen im "weitest möglichen Umfang" zu ermöglichen (siehe Textziffer 5 des OECD-Kommentars zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen und Textziffern 3 und 57 des OECD-Kommentars zum OECD-Musterabkommen für Steuerinformationsaustauschabkommen).
Buchstabe c
Durch die Regelung in Buchstabe c wird klargestellt, dass die Vertragsstaaten durch Artikel 26 des Abkommens nicht zum automatischen oder spontanen Auskunftsaustausch verpflichtet sind. Dies gilt vor dem Hintergrund, dass ungeachtet des Fehlens einer rechtlichen Verpflichtung die durch das Revisionsprotokoll an den Wortlaut des Artikels 26 des OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen angepasste Neufassung des Artikels 26 des Abkommens eine hinreichende Rechtsgrundlage für den freiwilligen Austausch von Informationen in Steuersachen auf spontaner oder automatischer Basis bietet (siehe hierzu Textziffer 9 ff. des OECD-Kommentars zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen).
Buchstabe d
Die auf deutschen Wunsch aufgenommene Regelung stellt klar, dass aus erteilten Auskünften, die sich auf einen bestimmten Veranlagungszeitraum beziehen, auch Schlussfolgerungen für andere Veranlagungszeiträume, wie z.B. den vorhergehenden oder den nachfolgenden Veranlagungszeitraum, gezogen werden können.
Buchstabe e
Die Regelung stellt für Zwecke der Auslegung des Artikels 26 des Abkommens ausdrücklich klar, dass die für den Informationsaustausch maßgeblichen beiden Kommentare der OECD zum OECD-Musterabkommen für Doppelbesteuerungsabkommen und zum OECD-Musterabkommen für Steuerinformationsaustauschabkommen in ihrer jeweils geltenden Fassung zu berücksichtigen sind. Dies entspricht dem bereits in Ziffer 16 des Protokolls zum Abkommen enthaltenen Auslegungsgrundsatz und der Empfehlung des OECD-Rates an die OECD-Mitgliedstaaten, für die Auslegung und Anwendung von Abkommensvorschriften die Kommentare der OECD zum OECD-Musterabkommen für Doppelbesteuerungsabkommen in ihrer jeweils aktuellen Fassung ("as amended from time to time") zu befolgen (Ziffer I.2. der Empfehlung des OECD-Rats vom 23. Oktober 1997, abgedruckt im Anhang von: OECD, Model Tax Convention on Income and on Capital, Condensed Version, Paris, July 2010).
Zu Artikel III
Absatz 1
Absatz 1 regelt die Ratifikation.
Absatz 2
Absatz 2 regelt das Inkrafttreten und die Anwendung des Änderungsprotokolls. Hiernach tritt das Änderungsprotokoll am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der dem Monat folgt, in dem der Austausch der Ratifikationsurkunden stattgefunden hat. Es ist auf Steuerjahre oder Veranlagungszeiträume anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2011 beginnen.