Der Bundesrat hat in seiner 828. Sitzung am 24. November 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Grundsätzlich begrüßt der Bundesrat das Vorhaben, einheitliche Kollisionsnormen und eine eindeutige Bestimmbarkeit der gerichtlichen Zuständigkeit im Bereich des ehelichen Güterrechts und in den sonstigen vom Grünbuch umfassten Bereichen zu schaffen sowie die gegenseitige Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen und Urkunden zu regeln. Das internationale Ehegüterrecht hat in der Praxis eine große Bedeutung, denn es befasst sich mit dem rechtlich wichtigsten Gebiet der Ehewirkungen. Fragen des Güterrechts treffen die Eheleute nicht erst bei einer eventuellen Scheidung, sondern greifen in das tägliche Leben ein. Mit der zunehmenden Mobilität innerhalb der EU gibt es immer häufiger Ehen und Lebenspartnerschaften, die zwischen Bürgern verschiedener Mitgliedstaaten geschlossen werden. Auch die dauerhafte oder vorübergehende Verlegung des gemeinsamen Wohnsitzes ins Ausland ist mittlerweile keine Seltenheit mehr. Mit einer Harmonisierung der güterrechtlichen Kollisionsnormen könnte hier ein hinreichendes Maß an Rechtssicherheit gewonnen werden. Für die Bürger würde damit die Rechtslage einfacher und übersichtlicher. Generell ist eine möglichst einfache, d. h. nicht aus zu vielen Varianten bestehende, sowie möglichst umfassende Regelung für das anwendbare Recht und die internationale Zuständigkeit wünschenswert.
Zugleich ist darauf zu achten, dass eine möglichst weitgehende Kohärenz zwischen dem in dem Grünbuch erwogenen Rechtsinstrument und bestehenden bzw. beabsichtigten Instrumenten auf dem gleichen Gebiet (etwa Brüssel IIa-Verordnung, Vorschläge für eine Unterhaltsverordnung sowie für eine Verordnung zur Änderung der Brüssel IIa-Verordnung im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich) hergestellt wird. Im Interesse einer umfassenden, in sich stimmigen Regelung sollten alle derzeitigen Bemühungen im Bereich des Familien- und Scheidungsrechts soweit als möglich zusammengefasst werden um eine einheitliche Lösung der kollisionsrechtlichen und sonstigen Fragen zu erreichen. Mit der derzeitigen Umsetzung einzelner familienrechtlicher Themen besteht das Risiko, dass hier ein rechtlicher Flickenteppich entsteht und in Kürze wiederum Änderungen erforderlich sein werden, weil die einzelnen Rechtsakte nicht miteinander harmonieren. Der beschrittene Weg der kollisionsrechtlichen "Insellösungen" trägt nicht zur erstrebten Rechtssicherheit bei und wird der Praxis, die in kollisionsrechtlichen Fragen ohnehin oft vor schwierigen Herausforderungen steht, zusätzliche Probleme bereiten.
- 2. Der Bundesrat bedauert, dass die Kommission erneut wichtige Teile der Konsultation in einen Anhang zum eigentlichen Konsultationsdokument verlagert hat, der nicht in deutscher Sprache vorliegt. Eine fundierte Stellungnahme zu den im Grünbuch angesprochenen Fragen setzt eine umfangreiche Praxisbefragung voraus, die nur unzureichend möglich ist, wenn wesentliche dazu benötigte Dokumente nicht in deutscher Sprache vorliegen. Die Vorlage derartiger (auch) an die Praxis gerichteter Konsultationen auch in deutscher Sprache ist daher unabdingbar.
- 3. Das Grünbuch betrifft durchweg Fragen des anwendbaren Rechts sowie der gerichtlichen Zuständigkeit. Hierfür steht der Gemeinschaft mit Artikel 61 Buchstabe c i.V.m. Artikel 65 Buchstabe b EGV eine Regelungskompetenz zur Verfügung. Eine Erstreckung auf das materielle Familienrecht, für das dem Gemeinschaftsgesetzgeber keine Kompetenz zukommt, ist grundsätzlich nicht beabsichtigt (vgl. BR-Drucksache 532/06 (PDF) , S. 3).
Soweit in dem Grünbuch (a. a. O., S. 4) in Betracht gezogen wird, dass die neuen Bestimmungen unterschiedslos die Anwendung des Rechts eines Mitgliedstaats oder eines Drittstaats bewirken, ist allerdings zu klären, inwieweit derartige Bestimmungen mit Drittstaatsbezug von der Kompetenzgrundlage des Artikels 65 EGV gedeckt sind, die Maßnahmen voraussetzt die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind. Ob der Drittstaatenbezug dem entgegensteht, wäre näher zu erörtern. Zwar hat der EuGH in der Entscheidung Owusu (C-281/02) und dem Gutachten 1/03 vom 7. Februar 2006 zum Lugano-Übereinkommen derartige Bestimmungen nicht beanstandet, solange sie grundsätzlich geeignet sind, Hemmnisse für das Funktionieren des Binnenmarktes, die sich aus den Unterschieden in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften ergeben können zu beseitigen. Zu klären ist insoweit, ob diese zu Artikel 220 EGV a. F. (jetzt Artikel 293 EGV) entwickelten Grundsätze auf Artikel 65 EGV übertragbar sind, und inwieweit sie für das - durch einen schwächeren Binnenmarktsbezug gekennzeichnete - Güterrecht einschlägig sind.
Bezüglich der im Grünbuch erwogenen Einführung eines Güterrechtsregisters (vgl. a. a. O., S. 9) sieht der Bundesrat keine ausreichende Kompetenz, soweit das Register nicht nur der Unterrichtung des Gerichts über den einschlägigen Güterstand, sondern, wie offenbar beabsichtigt, dem Gläubigerschutz dient.
Insoweit würde der Bereich des materiellen Rechts tangiert und die Regelung nicht mehr durch die Kompetenzgrundlage des Artikels 65 Buchstabe c EGV (Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren) gedeckt.
Zu den einzelnen Fragen
4. Zu Frage 1 a:
Die künftige Regelung sollte sich möglichst nur auf die vermögensrechtlichen Wirkungen, die sich aus der Ehe ergeben und dem Güterrecht zuzuordnen sind, erstrecken. Dazu gehören neben Regelungen zum Güterstand selbst, dessen Begründung und Beendigung insbesondere auch die Fragen der Verwaltung und Nutznießung des Vermögens, der Haftung für Verbindlichkeiten und eventueller Auskunftsansprüche. Eine Ausweitung auf sonstige personenbezogene Aspekte wäre derzeit zu unübersichtlich.
Sinnvolle Ausnahme könnte eine Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung sein. Hierdurch könnte vermieden werden, dass etwa Fragen der künftigen Nutzung der Ehewohnung sich nach unterschiedlichen Normen richten, je nachdem ob die Ehewohnung im Eigentum der Eheleute steht oder gemietet wurde. Besondere Schwierigkeiten in der Bearbeitung wären hierdurch nicht zu erwarten. Im Versorgungsausgleich zu berücksichtigende Anwartschaften sollten zur Vermeidung von Rechtsspaltungen und Doppelregelungen nicht in die Güterrechtsregelungen aufgenommen werden.
5. Zu Frage 1 b:
Die angestrebte Regelung sollte die Rechtsprobleme der Vermögensbeziehungen unter Ehegatten möglichst weit erfassen. Gerade im ehelichen Vermögensrecht ist eine Rechtsfrage ohne gleichzeitige Betrachtung anderer Ansprüche nur schwer zu handhaben.
Zum Beispiel sind bei der Berechnung der Höhe des Unterhalts oder des Zugewinnausgleichs sonstige güterrechtliche Fragen, etwa die Frage nach dem Vorhandensein von Schulden, deren Tilgung (insbesondere die Anrechnung der Tilgungsraten auf den Unterhalt) und deren Übernahme durch eine der beiden Parteien, untrennbar miteinander verknüpft. Es erscheint nicht sachgerecht, hier Einzelfragen einer Regelung zuzuführen, weite Teile aber unbehandelt zu lassen. Zudem ist davon auszugehen, dass auch die anderen Fragen in den nächsten Jahren im europäischem Rahmen thematisiert werden. Aus diesem Grunde ist es schon jetzt angemessen, die Angelegenheit insgesamt zu regeln, anstatt zu jedem einzelnen Komplex neue Normen zu erlassen.
Der Vorzug ist daher einer Regelung zu geben, die die vermögensrechtlichen Wirkungen der bestehenden, der in Auflösung befindlichen und der aufgelösten Ehe umfassend und aufeinander bezogen behandelt. Dies vermeidet eine gespaltene Zuständigkeit und ermöglicht dem Gericht im Streitfall eine umfassende Entscheidung des Streitverhältnisses.
6. Zu Frage 2 a:
Die ehelichen Güterstände sollten in erster Linie an die gemeinsame Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung geknüpft werden. Damit wird eine klare und einfach feststellbare Anknüpfung statuiert. Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt sind dagegen nicht immer zweifelsfrei festzustellen und können sich häufig ändern, was bei der nachträglichen Beurteilung z.B.weisschwierigkeiten führen kann. Die Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Eheschließung sollte daher nur hilfsweise erfolgen wenn eine Anknüpfung anhand der Staatsangehörigkeiten scheitert. Ist nach beiden Kriterien keine Zuordnung möglich, kann ersatzweise an das Recht der sonst engsten Verbindung angeknüpft werden. Vorrangig sollte jedoch eine Rechtswahl ermöglicht werden, die die Eheleute bei der Eheschließung oder auch zu einem späteren Zeitpunkt treffen können. Bei einer neu zu schaffenden Kollisionsnorm sollte ein weitgehender Gleichlauf zwischen internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht angestrebt werden, d. h. Gerichtsstand und anwendbares Recht sollten regelmäßig durch einheitliche Kriterien bestimmt werden.
Nach Auffassung des Bundesrates erweist sich jedoch bei einer Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit das in vielen Mitgliedstaaten geltende Prinzip der effektiven Staatsangehörigkeit als problematisch, das bei Personen mit mehreren Staatsangehörigkeiten bewirkt, dass jeder Staat "seine" Staatsangehörigkeit als die vorrangige ansieht. Denn abhängig vom Ort der Beurteilung entstehen daraus unterschiedliche Anknüpfungsergebnisse. Diese ließen sich vermeiden, wenn das Prinzip der effektiven Staatsangehörigkeit im Verhältnis zwischen EU-Mitgliedstaaten nicht angewandt würde. Besitzt eine Person dagegen die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats und eines Drittstaats, könnte das Prinzip wie bisher zur Anwendung kommen.
Insbesondere bei Immobilien ist es jedoch häufig sinnvoller, wenn das Recht des Landes gilt, in dem sie belegen sind. Von einer Vereinheitlichung des güterrechtlichen Kollisionsrechts unberührt bleiben sollten damit die sachenrechtlichen und verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Belegenheitsstaat.
Die ebenfalls zur Diskussion stehende vorrangige Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt ist aus Sicht des Bundesrates zwar ein gangbarer Weg, stellt aber aus den oben angeführten Gründen die deutlich weniger geeignete Anknüpfungsvariante dar, die nur gewählt werden sollte, wenn gegen die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit gewichtige Gründe sprechen.
7. Zu Frage 2 b:
Die unter Frage 2 a genannten Anknüpfungspunkte sollten sowohl für die Dauer des Zusammenlebens als auch ab Beendigung des Eheverhältnisses gelten.
Denn die einmal gewählte Anknüpfung sollte beibehalten werden, schon um einen Güterrechtstourismus mit den damit verbundenen Missbrauchsgefahren einzudämmen. Eine Differenzierung zwischen den Phasen des Zusammenlebens und des Getrenntlebens der Eheleute erscheint nicht als sinnvoll.
Eine Ausnahme hiervon kann gemacht werden, wenn sich die Parteien durch Ehevertrag einigen, dass ein anderes nationales Recht anwendbar sein soll.
8. Zu Frage 3:
Für alle güterrechtlichen Aspekte sollten dieselben Anknüpfungspunkte gelten, weil nur damit ein einheitliches Rechtssystem zur Anwendung käme.
Jede Rechtsspaltung birgt die Gefahr sich widersprechender oder unstimmiger Entscheidungen und sollte daher nur in Ausnahmefällen, etwa bei Grundstücken, in Betracht kommen. Ansonsten führt jede Rechtsspaltung zu vermehrtem Aufwand und zusätzlichen Kosten für die Beteiligten.
9. Zu Frage 4, Unterfrage 1:
Das anwendbare Recht sollte sich grundsätzlich nur dann ändern, wenn die Ehegatten eine entsprechende Rechtswahl treffen. Weiterhin sollte ein Statutenwechsel erwogen werden, wenn die Eheleute gemeinsam eine neue Staatsangehörigkeit angenommen haben. Allein der Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts etc. sollte keine Änderung des anwendbaren Rechts herbeiführen, da diese Kriterien oftmals nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden können. Die Folge könnte gerade bei sehr mobilen Unionsbürgern ein mehrfacher Statutenwechsel sein, wobei dann sowohl die zeitliche Abgrenzung der verschiedenen Güterrechtsregimes als auch die Ermittlung des anwendbaren Rechts die befassten Gerichte vor erhebliche Probleme stellen. Diese wandelbare Anknüpfung würde ungelöste und kaum zu bewältigende Schwierigkeiten bei der Überleitung des alten Güterstandes in den neuen nach sich ziehen. In öffentlichen Registern ausgewiesene sachenrechtliche Verhältnisse könnten unbemerkt unrichtig werden. Im Übrigen dürfte den meisten Menschen nicht bewusst sein, dass ein bloßer Umzug zu einem neuen Güterrecht führen kann.
Sollte dieser Auffassung nicht gefolgt werden, wäre eine automatische Änderung des auf den Güterstand anwendbaren Rechts nur bei endgültigen oder nachhaltigen Änderungen personenbezogener Anknüpfungspunkte vertretbar.
Vor jeder Art Automatismus ist deutlich zu warnen.
10. Zu Frage 4, Unterfrage 2:
Bei einer Rechtswahl kann von den Ehegatten auch geregelt werden, ob die Rechtsänderung rückwirkend oder ex nunc eintreten soll. Weiterhin kommt eine Rückwirkung der gegebenenfalls eintretenden Änderung des Güterrechts beim nachträglichen Erwerb einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit in Betracht. In diesen Fällen entfallen durch eine Rückwirkung zeitliche Abgrenzungsprobleme, die sich sonst ergeben könnten.
Unangebracht wäre eine rückwirkende Veränderung des Anknüpfungspunktes allerdings wenn man einen automatischen Wechsel des Güterrechts in Folge geänderter Anknüpfungspunkte zuließe. Das Risiko, dass durch eine derartige rückwirkende Veränderung über Jahre hinweg erworbene Ansprüche etc. unbewusst durch Veränderung der Anknüpfungstatsachen beeinträchtigt würden, wäre zu hoch. Dies würde einen Eingriff in wohlerworbene Rechte bedeuten, der am Maßstab der nationalen Verfassungen nur schwer zu rechtfertigen sein dürfte.
11. Zu Frage 5 a:
Die Frage, ob Eheleuten die Möglichkeit gegeben werden sollte, das auf ihren Güterstand anwendbare Recht zu wählen, ist eindeutig zu bejahen.
Eine Rechtswahl sollte nicht nur möglich sein, sie sollte auch als wünschenswert deklariert werden. Erstrebenswert wäre sogar eine entsprechende - zumindest klarstellende - Vereinbarung in jedem Ehevertrag. Die Wahlmöglichkeit entspricht dem Grundsatz der Privatautonomie und überlässt es den Ehegatten, dafür Sorge zu tragen, dass das Recht zur Anwendung kommt, welches ihnen am nächsten ist. Ein Wahlrecht ist jedoch so auszugestalten, dass dieses für alle scheidungsrechtlichen Belange, also Scheidung, Unterhalt, Sorgerecht und Güterrecht, nur einheitlich ausgeübt werden kann. Es dürfte die Gerichte vor immense praktische Schwierigkeiten stellen, wenn in den genannten Bereichen jeweils unterschiedliche nationale Rechte zur Anwendung kämen.
Allerdings sollte die Rechtswahl auf Fälle beschränkt werden, in denen ein Wahlrecht aus Gründen der persönlichen Verbundenheit beider oder eines Ehegatten zum Land des gewählten Rechts anzuerkennen ist. Bei der Frage nach geeigneten Anknüpfungspunkten hierfür ist ein großzügiger Maßstab anzulegen.
Entscheidend muss sein, dass eine objektive Beziehung zu dem Staat besteht dessen Recht gewählt wird; ein Güterrechtstourismus ist dagegen nicht wünschenswert.
Als Anknüpfungspunkte kommen insbesondere in Frage:
- - Staatsangehörigkeit der Eheleute,
- - gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt,
- - Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind,
- - Recht der Belegenheit bei unbeweglichem Vermögen.
12. Zu Frage 5 b:
Eine Rechtswahl beschränkt auf einzelne Vermögensgüter sollte nur als Ausnahme, z.B. bei Immobilien zugelassen werden, wenn in diesen Fällen nicht ohnehin zwingend an das Lagerecht anzuknüpfen ist. Ehegatten sollten dabei trotz einer (gemeinsamen) inländischen Staatsangehörigkeit oder eines (gemeinsamen) Aufenthalts im Inland den güterrechtlichen Status für ein im Ausland belegenes Grundstück wählen dürfen. Gerade im Hinblick auf die nach wie vor unterschiedlichen Bewertungen von Grundstücksrechten in der EU sollte hier den Eheleuten dieser Spielraum der Rechtswahl offen stehen.
13. Zu Frage 5 c:
Soweit sämtliche vermögensrechtliche Wirkungen des Eheverhältnisses einer einheitlichen Rechtsordnung unterstellt werden und die Wahl auch nur Ansprüche der Ehegatten untereinander berührt, ist der Zeitpunkt der Vornahme der Rechtswahl unerheblich. Auch die Abänderung einer einmal getroffenen Vereinbarung erscheint dann unerheblich. Eine Rechtswahl sollte daher im Zusammenhang mit der Eheschließung, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass Eheleute flexibel auf veränderte persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse reagieren können. Da es sich um einen einvernehmlichen Akt der Parteien handelt, sind einschränkende Vorschriften nicht angebracht.
Lediglich im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ehescheidung sollte eine Rechtswahl nicht mehr uneingeschränkt zulässig sein, weil hierdurch häufig der schwächere Partner benachteiligt werden könnte. Vorstellbar ist eine Regelung, wonach - vergleichbar den Bestimmungen über Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich im deutschen Recht in § 1408 Abs. 2 und § 1587o Abs. 2 BGB - eine Rechtswahl, die innerhalb der Jahresfrist vor Einleitung des Scheidungsverfahrens getroffen wird, unwirksam wäre, sofern sie nicht im Einzelfall gerichtlich bestätigt wird.
14. Zu Frage 5 d:
Das Recht, darüber zu entscheiden, ob eine Rechtswahl Rückwirkung entfalten soll sollte den Eheleuten überlassen werden.
15. Zu Frage 6:
Einheitliche Formvorschriften sind in diesem Bereich auf jeden Fall sinnvoll.
Als verbindliche Form sollte die notarielle Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragspartner eingeführt werden. Denn die Beurkundung und Beratung durch eine neutrale und rechtskundige Stelle sind angesichts der Schwierigkeit der Materie sinnvoll und dienen den Interessen sämtlicher Beteiligter. Die Gesichtspunkte Beweisbarkeit, Übereilungsschutz und Aufklärung über die rechtlichen Auswirkungen einer solchen Vereinbarung können durch die notarielle Beurkundung am besten umgesetzt werden.
Alternativ sollten für die Rechtswahl zumindest diejenigen Formerfordernisse erfüllt sein, die nach dem gewählten Recht oder am Ort der Rechtswahl für Eheverträge vorgeschrieben sind. Weiterhin könnte den Parteien gestattet werden im Rahmen eines anhängigen familiengerichtlichen Verfahrens eine rückwirkende Rechtswahl zu treffen, soweit beide anwaltlich vertreten sind.
16. Zu Frage 7 a:
Sämtliche mit der Scheidung einer Ehe zusammenhängende Rechtsfragen sollten durch dasselbe Gericht entschieden werden, das für alle Aspekte der ehelichen Vermögensauseinandersetzung zuständig ist. Dies gilt insbesondere, weil die verschiedenartigen Ansprüche voneinander abhängen können. Außerdem führt es für die Beteiligten normalerweise zu höheren Kosten, mehrere Prozesse (mit denselben Beteiligten) nebeneinander führen zu müssen. Die güterrechtlichen Fragen stehen im Zusammenhang mit allen anderen Scheidungsfolgesachen, weshalb ein Entscheidungsverbund die beste Gewähr für eine angemessene, alle Aspekte der Scheidung berücksichtigende Entscheidung bietet.
Eine einheitliche Entscheidungszuständigkeit ist notwendig, um sicherzustellen, dass mit der Scheidung zugleich alle relevanten vermögensrechtlichen Folgen Mitgliedstaates anhängig gemacht werden müssen. Auf diesem Weg würde auch dem Verbundgedanken des deutschen Scheidungsrechts auf Gemeinschaftsebene angemessen Rechnung getragen.
Es bietet sich konsequenterweise in diesem Zusammenhang an, das nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 für Ehesachen zuständige Gericht auch mit Entscheidungen zur Auseinandersetzung des Vermögens zu betrauen. Damit können einander widersprechende und in sich unausgewogene Ergebnisse vermieden werden.
17. Zu Frage 7 b:
Bei der Frage, ob das für Erbsachen zuständige Gericht auch über die Auflösung des Güterstandes und die Vermögensauseinandersetzung entscheiden soll, wird das bekannte Problem des internationalen Privatrechts angesprochen, welche Rechtsfrage erbrechtlicher, welche güterrechtlicher Natur ist, welche demgemäß dem Erbrechtsstatut zu unterliegen hat und welche dem Güterrechtsstatut.
Dieses Problem ist noch immer nicht befriedigend gelöst, insbesondere weil die zu Grunde liegenden Regelungen des materiellen Rechts in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen zu unterschiedlich ausgestaltet sind.
Ein Bedürfnis für eine umfassende Zuständigkeit des für Erbsachen zuständigen Gerichts ist derzeit nicht ersichtlich. Insbesondere wenn für die Entscheidung in erbrechtlichen Angelegenheiten eine andere Abteilung oder ein anderer Spruchkörper des Gerichts zuständig ist, ergäben sich durch eine einheitliche Zuweisung weitere Schwierigkeiten in der Praxis.
Generell sollte jedoch darauf hingewirkt werden, eine Zuständigkeitsspaltung im Interesse eines einfachen und unkomplizierten Verfahrens zu vermeiden.
Damit sollten die jeweils zur Entscheidung berufenen Gerichte grundsätzlich alle relevanten Aspekte eines einheitlichen Lebenssachverhalts überprüfen können und nicht einzelne Teile an andere Gerichte verweisen müssen.
18. Zu Frage 8 a:
Die Regeln für die internationale gerichtliche Zuständigkeit sollten sich grundsätzlich auch für während der Ehe auftretende Fragen vermögensrechtlicher Art nach den Kriterien Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Aufenthalt wie in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 richten. Grundsätzlich ist eine Anlehnung an die Anknüpfungspunkte für das materielle Recht (Frage 2) zu begrüßen, um eine möglichst einheitliche Zuständigkeit zu begründen.
19. Zu Frage 8 b:
Konkurrierende internationale Zuständigkeiten bergen die Gefahr des "forum shopping". Auch müssen Regeln für den Fall der anderweitigen Anhängigkeit vorgesehen werden. Dabei erscheint es sinnvoll, einen möglichst weitgehenden Gleichlauf zwischen internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht anzustreben.
Angeknüpft werden sollte an die in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 enthaltenen Kriterien. Ausschließlich auf den Wohnsitz des Beklagten abzustellen, erscheint jedoch nicht sachgerecht, weil dieser durch bloßes Verlassen des ehelichen Wohnsitzes den Kläger zwingen kann, gegebenenfalls unter erheblichen Kosten vor einem fremden Gericht Klage zu erheben.
20. Zu Frage 9 a:
Die Frage, ob es denkbar ist, dass ein Gericht über alle Arten von Gütern - bewegliche und unbewegliche - entscheidet, auch wenn sie sich in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden, ist eindeutig zu bejahen. Dies ist nicht nur "denkbar", dies ist auch wünschenswert. Im Interesse der Kostenminimierung, der Beschleunigung und des Gleichlaufs der Ergebnisse ist nicht nur eine Rechtsspaltung, sondern auch jedwede Art der Zuständigkeitsspaltung zu vermeiden.
Nur ein strikt einheitliches Auseinandersetzungsverfahren kann auf Dauer den Interessen der Unionsbürger und der beteiligten Gerichte und Behörden Rechnung tragen.
In Deutschland ist es gängige Praxis, dass die Gerichte in diesen Situationen auch ausländisches Recht anwenden. Generell sollte nur ein Gericht entscheiden, auch wenn Rechtsnormen mehrerer Staaten zur Anwendung kommen. Die Notwendigkeit mehrerer Güterrechtsverfahren vor Gerichten verschiedener Länder bedeutet für die Parteien eine schwer nachvollziehbare Aufspaltung des Auseinandersetzungsverfahrens und ist mit erheblichen Erschwernissen verbunden.
Weiterhin könnte ansonsten ein Anreiz geschaffen werden, im Zuge der Trennung bewegliche Vermögensgegenstände ins Ausland zu verschieben, um sie so der güter- oder vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zu entziehen.
Davon abzugrenzen ist jedoch die Tatsache, dass das Führen von Registern und Grundbüchern immer nur den örtlich zuständigen Behörden obliegen kann und deren Mitwirkung daher bei entsprechenden Änderungen unumgänglich ist. Sachenrechtliche und verfahrensrechtliche Auswirkungen einer Vereinheitlichung güterrechtlicher Kollisionsnormen haben daher von einer Vereinheitlichung güterrechtlicher Kollisionsnormen unberührt zu bleiben.
21. Zu Frage 9 b:
Die Verkehrsinteressen und der Schutz beteiligter Dritter gebieten es, die
Außenwirkungen des Güterstandes den allgemeinen Regeln zu unterwerfen. So sollte etwa die Frage, ob nach Auszug eines Ehegatten aus der früheren gemeinsamen Wohnung beide dem Vermieter weiterhin für Mietzins und Nebenkosten haften dem für Mietstreitigkeiten zuständigen Gericht sowie dem auf das Mietverhältnis anwendbaren Recht überlassen bleiben. Die Frage hingegen, ob der ausgezogene Ehegatte von dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten verlangen kann, dass dieser die Miete im Innenverhältnis alleine bezahlt und ihn von Ansprüchen des Vermieters freistellt, sollte von dem für die Ehesache zuständigen Gericht unter Beachtung der güter- und vermögensrechtlichen Auswirkungen der Trennung entschieden werden.
Grundsätzlich sollten damit bei einer Beteiligung Dritter die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung kommen, solange nicht gleichzeitig die Ehesache verhandelt wird.
Es kommt daher entscheidend auf die Art der Beteiligung des Dritten an:
- - Ist der Dritte ein Erbe eines der Ehegatten, ist ihm zuzumuten, sich der Zuständigkeit der Güterrechtsfrage unterzuordnen.
- - Sind an der Auseinandersetzung Abkömmlinge eines Ehegatten beteiligt (was sich zum Beispiel bei fortgesetzten Gütergemeinschaften vorstellen ließe), gilt dasselbe.
- - Ist der Dritte ein Gläubiger oder Schuldner der Eheleute, der am Familienrechtsverhältnis in keiner Form beteiligt ist, dann müssen die allgemeinen Vorschriften gelten.
22. Zu Frage 10:
Bei der Frage, ob den Parteien die Wahl des zuständigen Gerichts überlassen werden soll, ist zu unterscheiden, ob nur die internationale gerichtliche Zuständigkeit vereinbart oder ob die Wahl eines konkreten Gerichts zugelassen werden soll. Die Wahl einer internationalen Zuständigkeit ist grundsätzlich zu befürworten. Über alle Fragen, über die man sich vorher einigt, kann es hinterher keinen Streit geben, und soweit eine Rechtswahl zugelassen wird, sollten auch Vereinbarungen zum Gerichtsstand möglich sein.
Problematisch können zwar Konstellationen sein, dass die Parteien beispielsweise französisches Recht und die Zuständigkeit schwedischer Gerichte wählen. Aber auch das muss nicht zwingend rechtsmissbräuchlich sein: Wenn zwei Franzosen nach französischem Güterrecht leben wollen, aber in Schweden ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ist diese Wahl an sich nicht zu beanstanden.
Die Wahl eines konkreten nationalen Gerichts ist nach den nationalen Vorschriften einiger Staaten, zum Beispiel auch in Deutschland, ausgeschlossen oder zumindest eingeschränkt. Dieser Argwohn der nationalen Rechtsordnung mag zwar bei Gerichtsstandsvereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt sein, wenn die Parteien in einem notariellen Vertrag eine derartige Wahl treffen, ist sie regelmäßig jedoch nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung einer missbräuchlichen Verwendung könnten die Wahlmöglichkeiten sinnvoll nach objektiven Kriterien eingeschränkt werden, etwa auf das Gericht des Heimatorts, des gewöhnlichen Aufenthalts oder ähnliche sachbezogene Kriterien.
Zu fordern ist jedoch wie in jedem Fall der Rechtswahl in diesem Zusammenhang eine einvernehmliche Regelung in einer notariellen Vereinbarung. Ob diese z.B.ginn des Güterstandes oder im Rahmen der beginnenden Auseinandersetzung des Rechtsverhältnisses "Ehe" getroffen wird, kann den Parteien selbst überlassen bleiben.
Wenn allerdings, wie vorgeschlagen, das Gericht der Ehescheidung auch über die Folgesachen entscheiden soll und für das Scheidungsverfahren die Anknüpfung des Artikels 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 übernommen wird wird eine unbeschränkte Wahl des zuständigen Gerichts durch die Parteien in diesen Fällen nicht mehr möglich sein.
23. Zu Frage 11:
Im Hinblick auf die Frage nach der Zulassung der Verweisung an ein Gericht in einem anderen Mitgliedstaat, erscheinen die möglichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ablehnung der Übernahme durch das Gericht derzeit noch als zu komplex. Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der internationalen Zuständigkeit könnten sich etwa in Form von Rück- und Weiterverweisungen ergeben. Im Falle willkürlicher Verweisungen könnte der weitere Fortgang des Verfahrens für die Parteien nicht nur problematisch werden, sondern gänzlich außer Kontrolle geraten. Eine solche Regelung würde die Gefahr der Verzögerung mittels eines Verweisungsantrags durch einen Ehegatten und langwieriger komplizierter Kompetenzkonflikte mit sich bringen.
Da Gerichtssprache die jeweilige Amtssprache ist, wäre der gesamte Prozessstoff zu übersetzen. Dies verursacht für die Parteien, je nachdem, wie weit das Verfahren fortgeschritten ist, erhebliche Kosten. Auch kann nicht davon ausgegangen werden dass die vor dem zunächst angerufenen Gericht tätigen Rechtsanwälte ausreichende Kenntnisse des Rechts desjenigen Mitgliedstaats haben dessen Gerichte letztlich zuständig sind. Einfacher erscheint hier die Zurückweisung eines Antrags mangels Zuständigkeit, um die Parteien zur Anrufung des eigentlich zuständigen Gerichts zu veranlassen.
Allenfalls überlegenswert erschiene eine Verweisung, wenn sämtliche Parteien und das Gericht bezüglich der Verweisung und des Orts, an den verwiesen wird, derselben Ansicht sind und dieses Einverständnis protokolliert wird. Dies steht im Ergebnis einer Rechtswahl gleich und wäre weder ein unbeabsichtigtes noch ein unangemessenes Ergebnis: Wenn sich sämtliche Parteien einig sind, bedarf es keines regulierenden Eingreifens.
24. Zu Frage 12:
"Gericht" im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 ist jede Behörde der Mitgliedstaaten, die für Rechtssachen zuständig ist, die gemäß Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen. Der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 umfasst im weitesten Sinne Scheidungs- und Sorgerechtsangelegenheiten und zwar sowohl betreffend die Personen- als auch betreffend die Vermögenssorge. Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 gilt unter anderem nicht für Unterhaltspflichten.
Aus der Formulierung des Geltungsbereiches geschlossen, sind Gerichte im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 jedoch nur Stellen, die eine Entscheidung treffen nicht aber solche, die von den Beteiligten aufgesucht werden, um mit ihrer Unterstützung eine gütliche Einigung anzustreben. Die Tätigkeit der Notare im deutschen Recht bei der Beurkundung von Eheverträgen kann ebenso wenig unter "Gerichtstätigkeit" im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 fallen wie die Tätigkeit der Jugendämter im Zusammenhang mit der Errichtung von Titeln über Kindesunterhalt oder im Zusammenhang mit der Schlichtung von Sorgerechts- und Umgangsrechtsschwierigkeiten. Eventuelle Zuständigkeitsregeln für Rechtsanwälte und Notare würden daneben zu einer Bevormundung der Parteien führen. Es ist davon auszugehen, dass der mündige Unionsbürger seinen Anwalt oder Notar nach den aus seiner Sicht erforderlichen Kompetenzen auswählt. Im Übrigen - hinsichtlich staatlicher Stellen - sind die jeweiligen nationalen Zuständigkeitsregeln ausreichend.
Für den deutschen Rechtsraum dürfte die Gerichtstätigkeit im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 zusammenfallen mit der Tätigkeit der Familiengerichte im jeweiligen Verfahren. Schon aus diesem Grund kann die Definition des Begriffs "Gericht" in Artikel 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 als Vorbild dienen. Ausgehend hiervon aber lässt sich die oben gestellte Frage mit "nein" beantworten: Zuständigkeiten für Stellen, die keine Gerichte sind, sind auf europarechtlicher Ebene nicht vorzusehen.
Die Gerichtstätigkeit im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 ausgenommen, bleiben zwei "außergerichtliche" Regelungskomplexe übrig:
- - öffentliche Stellen, bei denen sich die Parteien zusammenfinden, um eine Einigung herbeizuführen oder zu protokollieren, z.B. die schon erwähnten Notare oder Jugendämter,
- - staatliche Eingriffe in die Privatautonomie, die (auch) öffentlichrechtlichen Charakter haben (z.B. Maßnahmen der Jugendhilfe, die nicht durch das Gericht, sondern durch das Jugendamt erfolgen).
Der (mit Ausnahme Englands) gemeineuropäische Grundsatz der Gewährung des gesetzlichen Richters, der nicht nur im deutschen Grundgesetz, sondern in nahezu allen europäischen Verfassungen enthalten ist und der aus diesem Grunde auch im Rahmen der europäischen Rechtsvereinheitlichung seinen Platz beansprucht gilt für Gerichte im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, geht jedoch nicht darüber hinaus. Eine Ausdehnung macht die Rechtsanwendung unflexibel und schwer handhabbar.
Eine europarechtliche Festlegung, an wen sich Parteien in ihren Angelegenheiten freiwillig wenden dürfen (und an wen nicht), ist nicht erforderlich.
Sofern die Eingriffe in die Angelegenheiten der Parteien eher öffentlichrechtlicher Natur sind bzw. auf Grund eines fürsorgenden Aktes staatlicher Stellen erfolgen bedarf es dazu keiner Kollisionsnorm: Öffentlichrechtlich verstandene Eingriffe wird jeder Staat für die in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Personen regeln, eine Regelung und Durchsetzung für Personen, die sich in einem anderen Staat befinden, ist, wie auch im "klassischen" öffentlichen Recht, nicht möglich.
Als Ergebnis ist festzuhalten: Die Regelung sollte alle Gerichte im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 erfassen, aber nicht darüber hinausgehen. Ein Bedürfnis für Zuständigkeitsvorschriften für außergerichtliche Stellen ist nicht zu erkennen.
25. Zu Frage 13:
Im Hinblick auf die Frage, ob die mit der Auseinandersetzung des Vermögens befasste Behörde auch dann zuständig sein soll, wenn ein Teil des Vermögens außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs belegen ist, ist die Schaffung einer einheitlichen Behördenzuständigkeit grundsätzlich abzulehnen (s. o. Frage 12).
Sofern jedoch eine entsprechende Behördenzuständigkeit begründet wird, ist auch eine umfassende einheitliche Zuständigkeit einer Stelle wünschenswert.
Dabei wäre auch eine Regelung für den Fall zu bedenken, dass eine Auseinandersetzung in einem Mitgliedstaat ganz oder teilweise Behörden, in einem anderen dagegen Gerichten übertragen sein sollte.
26. Zu Frage 14:
Die Frage, ob gewisse Formalitäten bei den Behörden eines anderen Mitgliedstaats erledigt werden können, der nach der allgemeinen Kollisionsnorm zuständig ist ist nicht ganz verständlich. Generell sollten Formalitäten auch in anderen Staaten erledigt werden können, soweit sie zur Disposition der Parteien stehen insbesondere Beurkundungen und verfahrensvorbereitende Formalitäten.
Es würde dem Gedanken der europäischen Einigung widersprechen, würde man die EU-Bürger dazu zwingen, allein zur Erfüllung von Formalitäten eine gegebenenfalls mehrere tausend Kilometer lange Reise zu unternehmen. So sollte z.B. eine Anhörung zu den Voraussetzungen der Ehescheidung auch durch das Wohnsitzgericht möglich sein.
Allerdings müsste den Formvorschriften des eigentlich zuständigen Mitgliedstaats Rechnung getragen werden, sofern die Dokumente dort z.B. für die Eintragung von Rechtsänderungen in öffentlichen Registern benötigt werden.
27. Zu Frage 15:
Eine Abschaffung des Exequaturverfahrens in Anlehnung an die Grundsätze für die Anerkennung von Scheidungen in den Artikeln 21, 22 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 wird befürwortet. Das Exequaturverfahren sollte nach Vereinheitlichung der Zuständigkeits- und Kollisionsregeln nicht mehr erforderlich sein da dies weitere zeitliche Verzögerungen und weitere Kosten für die Parteien verursacht, insbesondere wenn die Vermögensgegenstände in mehreren Mitgliedstaaten belegen sind. Die automatische Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen sollte hier die Regel sein.
Allerdings sollte eine Möglichkeit der Überprüfung auf Antrag bestehen, z.B. für den Fall der Unvereinbarkeit mit einer inländischen Entscheidung oder für den Fall der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes muss im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens die Möglichkeit bestehen, gravierende Anerkennungshindernisse, etwa Verstöße gegen die EMRK und die darin aufgestellten Verfahrensgarantien, als Einrede geltend zu machen.
28. Zu Frage 16:
Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 betrifft Gestaltungsentscheidungen spezifisch familienrechtlicher Natur, die keine Parallelen im allgemeinen Zivilrecht haben. Die Anerkennung der Entscheidung ist dabei der Regelfall, die Nichtanerkennung der Ausnahmefall, vgl. Artikel 22 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003. Die Gründe für die Nichtanerkennung entsprechen im Wesentlichen denen, die für das allgemeine Zivilrecht in Artikel 27 des Brüsseler EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ) seit fast 40 Jahren in Anwendung sind.
Aus diesem Grund wäre die automatische Anerkennung von Entscheidungen betreffend vermögensrechtlicher Folgen einer Ehe wünschenswert, um die Rechtsentwicklung im Familienvermögensrecht der Entwicklung in anderen Rechtsbereichen anzupassen. Für die Umschreibung der Grundbücher kann dies - unter Berücksichtigung nationaler sachenrechtlicher Besonderheiten, siehe unten - ebenso gelten. Die Verfahren nach Artikel 31 ff. EuGVÜ und Artikel 28 ff. der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 sind praktikable und bewährte Regelungen, die auch im vorliegenden Problemkomplex Anwendung finden sollten.
Allerdings dürfen die jeweiligen nationalen Bestimmungen des Sachenrechts hierdurch nicht ausgehebelt werden. Sind neben dem rechtskräftigen Urteil nach nationalem Recht noch weitere Erklärungen notwendig, um das Grundbuch zu ändern so kann auf diese nicht verzichtet werden, z.B. in Deutschland auf die formwirksame Abgabe einer erforderlichen Auflassungserklärung.
Bei einer Anlehnung an die Grundsätze für die Anerkennung von Scheidungen in den Artikeln 21, 22 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 sind als Gründe für die Nichtanerkennung jedenfalls die in diesen Vorschriften genannten anzusehen. Nicht erfasst ist dort jedoch der Fall, dass zunächst in einem Mitgliedstaat (A) ein Verfahren rechtshängig ist und später in einem anderen (B) anhängig gemacht wird, im letztgenannten Staat zuerst in der Sache entschieden wird und die Entscheidung in einem dritten Mitgliedstaat (C) geltend gemacht wird. Ein Fall des Artikels 22 Buchstabe c liegt nicht vor, danach kann nur im Staat A die Anerkennung verweigert werden, ein Fall des Artikels 22 Buchstabe d nicht, weil im Staat B die frühere Entscheidung ergangen ist. Je nach den Umständen des Einzelfalles erscheint es demgegenüber geboten gegebenenfalls die frühere Rechtshängigkeit und die in dem betreffenden Staat ergangene/ergehende Entscheidung maßgeblich sein zu lassen.
Zweifelhaft ist es zudem, jedwede Überprüfung der Zuständigkeit des entscheidenden Gerichts - wie in Artikel 24 der Parallel-Verordnung geregelt - auszuschließen.
Aus dem gerichtlichen Alltag sind viele Fälle bekannt, in denen die Eheleute einen eigenen Wohnsitz und/oder einen des Ehegatten in bestimmten Staaten vorgetäuscht haben, um dort eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken.
Dabei ist es nicht selten, dass für einen oder beide Eheleute eingeweihte Rechtsanwälte tätig werden. Sofern sich eine ordnungsgemäße und rechtzeitige Zustellung nicht nachweisen lässt, ist eine Anerkennung nach Artikel 22 Buchstabe b ausgeschlossen. Im Übrigen dürfte häufig eine Überrumpelung, ein Vorspiegeln bestimmter Vorteile oder Ausnutzen einer Überlegenheit seitens eines Ehegatten vorliegen. Derartige Fälle der Gerichtsstandserschleichung müssten zur Versagung der Anerkennung führen können.
29. Zu Frage 17:
Bei der Frage, ob auf von außergerichtlichen Stellen errichtete Urkunden wie Eheverträge dieselben Vorschriften angewandt werden wie für die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, ist insbesondere an Vollstreckungstitel der Art, wie sie in § 794 ZPO aufgezählt sind, zu denken. Allerdings ist die Frage, welche Rechtsmaterie in welcher Form von den Parteien geregelt werden darf, zum Teil recht unterschiedlich ausgestaltet. Dies dürfte die Übernahme der Vorschriften über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen zumindest problematisch machen.
Jedoch gibt es für die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche und sonstiger vollstreckbarer Urkunden allgemeine Regelungen, vgl. Artikel 50, 51 EuGVÜ.
Diese können für Urkunden und Vergleiche mit familienrechtlichem Hintergrund herangezogen werden. Ob der vollstreckbaren Urkunde ursprünglich ein eherechtliches Verhältnis zu Grunde lag, ist für die Frage der Anerkennung und Vollstreckung sekundär. Hier kann das internationale Ehe- und Familienverfahrensrecht in das allgemeine internationale Privatrecht münden. Probleme ergeben sich damit nicht. Eine Vollstreckung ist nur aus einem güterrechtlichen Auseinandersetzungsvertrag und dergleichen (oder aber aus einem gerichtlichen Vergleich) denkbar.
30. Zu Frage 18, Unterfrage 1:
Einwände und Bedenken des Bundesrates im Zusammenhang mit der Kompetenz des Gemeinschaftsgesetzgebers hinsichtlich der Einführung eines Güterrechtsregisters wurden eingangs dargestellt. Auf die in Ziffer 3 der Erwägungen zur Vorlage allgemein enthaltenen Ausführungen im Zusammenhang mit der Schaffung eines auch dem Gläubigerschutz dienenden europäischen Güterrechtsregisters - das materiellrechtliche Regelungen erfordert - sei daher erneut hingewiesen.
Zur Sache selbst ist zu bemerken, dass ein elektronisches Güterrechtsregister überhaupt nur in Betracht käme, wenn Einsichten schnell und ohne großen Aufwand vorgenommen werden könnten. Jede Eintragung sollte nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Eine zwingende Eintragung ist im Hinblick auf das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung, das auch im europäischen Rahmen Berücksichtigung finden muss, abzulehnen. Zwar hat ein Teil der Vertragsstaaten (z.B. die skandinavischen Staaten) hier andere Traditionen, diese lassen sich jedoch nicht auf jeden anderen Vertragsstaat übertragen. In einem großen Teil der Vertragsstaaten besteht zwischen öffentlicher und privater Sphäre eine deutliche Trennung.
Entscheidend ist aber, dass das praktische Bedürfnis für ein solches Register vorab gründlich geprüft werden muss, da etwa in Deutschland das bestehende Register kaum genutzt wird. Zwar mag es sein, dass in anderen Vertragsstaaten die Eintragung tatsächlich praktiziert wird. In den Mitgliedstaaten, die bislang kein Güterrechtsregister kennen, ist mit der Akzeptanz einer fakultativen Eintragung jedoch nicht zu rechnen. Auch ist zu bedenken, dass ein umfassendes Güterrechtsregister, in dem sämtliche Ehepaare eingetragen werden, ein bürokratisches Monstrum darstellen dürfte.
31. Zu Frage 18, Unterfrage 2:
Bei einem Einsichtsrecht Dritter in ein solches Güterrechtsregister sind die Belange des Datenschutzes zu berücksichtigen. Es handelt sich hier um sehr vertrauliche und persönliche Daten. Voraussetzung für eine Einsicht sollte daher ein titulierter Anspruch gegen die Eheleute, zumindest der Nachweis eines rechtlichen Interesses, sein. Eine ausreichende datenschutzrechtliche Prüfung erscheint unerlässlich.
32. Zu Frage 19 a:
Das Institut der eingetragenen Partnerschaft besteht mittlerweile in vielen Mitgliedstaaten.
Problematisch bei ihrer Behandlung ist hier zweierlei:
- - Die Möglichkeit, dass ein Vertragsstaat eine eingetragene Lebenspartnerschaft nicht kennt oder nicht anerkennt. Dabei sind nicht nur die aktuell in den Vertragsstaaten vorhandenen Regelungen zu beachten; es ist auch zu bedenken dass im Falle bereits geplanter weiterer Erweiterungen der EU nicht damit gerechnet werden kann, dass ein Rechtsinstitut dieser Art in allen künftigen Mitgliedstaaten anerkannt wird.
- - Die Verschiedenheit, mit der die Lebenspartnerschaften in den verschiedenen Mitgliedstaaten ausgestaltet sind.
Es besteht auf Grund der Verschiedenheit der Ausgestaltungsformen bei den Lebenspartnerschaften jedoch die Gefahr, dass sich Diskussionen, die das internationale Privatrecht lange Zeit beschäftigt haben (Stichwort: Wiederverheiratung Geschiedener, deren Personalstatut eine Ehescheidung verbot), auf anderer Ebene wiederholen.
Das muss auf jeden Fall vermieden werden.
Im Interesse von Bürgern und Rechtsanwendern ist ein einheitliches Kollisionsrecht für diesen Bereich grundsätzlich zu begrüßen, die Kollisionsnormen für das eheliche Güterrecht dürfen jedoch nicht unmittelbar herangezogen werden.
In Betracht käme, die gegebenenfalls zu schaffenden Kollisionsnormen inhaltlich an die des ehelichen Güterrechts anzulehnen. Dabei sollte auch eine einheitliche Regelung für den Umstand gefunden werden, dass die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten zum Teil auch die Eheschließung Gleichgeschlechtlicher vorsehen teilweise jedoch ausschließlich die Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften zulassen.
Insgesamt ist hier zu bedenken, dass es sich bei der eingetragenen Partnerschaft noch um ein neues Rechtsinstitut handelt und auf europäischer Ebene noch längst nicht in allen Mitgliedstaaten entsprechende gesetzliche Regelungen vorhanden sind.
33. Zu Frage 19 b:
Wegen der nicht durchgängig verbreiteten eingetragenen Partnerschaft sollte sich das anwendbare Recht ausschließlich nach dem Ort der Eintragung richten.
Nur so kann ein Gleichlauf zwischen der Wirksamkeit der Partnerschaft und den jeweiligen Rechtsfolgen herbeigeführt werden. Abweichende Anknüpfungskriterien können auch hier gelten, soweit Belange Dritter berührt werden.
34. Zu Frage 19 c:
Jede Rechtsspaltung sollte vermieden werden. Eine einheitliche Rechtsordnung ist am besten geeignet, die Rechtsverhältnisse der Lebenspartnerschaft adäquat zu regeln.
35. Zu Frage 20:
Die Vorschriften zur Ehe sind nicht unmittelbar auf eingetragene Partnerschaften anwendbar. Bezogen auf sämtliche Mitgliedstaaten ist daher grundsätzlich ein Bedürfnis nach der Schaffung von besonderen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit in diesem Bereich zu erkennen.
Denn angesichts der derzeit noch geringen Zahl von Fällen, in denen eingetragene Partnerschaften gerichtlich aufgelöst werden, ist bereits die Bearbeitung eines solchen Falles nach dem nationalen Recht des Gerichts kein Routinefall; die Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft nach ausländischem Recht bedeutet damit einen erheblichen Mehraufwand für das Gericht. Dieses wird häufig nicht gleich gut in der Lage sein, die Hintergründe und Rechtspraxis des ausländischen Rechts festzustellen. Auch werden die Partner angesichts der außerordentlichen Unterschiede in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten nicht erwarten, dass die in einem Staat geschlossene Partnerschaft in jedem anderen aufgelöst werden kann. Daher erscheint es richtig, eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaates, in dem die Eintragung der Partnerschaft erfolgte vorzusehen. Andere Anknüpfungspunkte erscheinen jedenfalls auf absehbare Zeit nicht als sinnvoll.
36. Zu Frage 21:
Im Hinblick auf die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen sollten im Prinzip dieselben Regelungen gelten wie bei der Ehe. Es haben jedoch bisher nur etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten überhaupt Regelungen über eingetragene Partnerschaften, so dass erhebliche Akzeptanzprobleme zu erwarten sind.
Die nationalen Regelungen sind in den meisten Fällen erst wenige Jahre alt, und die Zahl der gerichtlichen Auflösungen ist im Verhältnis zu denen der Ehe sehr gering. Nur in einem geringen Bruchteil dieser wenigen Fälle wird ein Auslandsbezug vorliegen. Damit handelt es sich um eine Materie, deren Regelung durchaus zurückgestellt werden kann. Es sollte zunächst abgewartet werden, wie sich die in der beabsichtigten Verordnung neu zu schaffenden Regelungen bewähren und sich das Partnerschaftsrecht der Mitgliedstaaten entwickelt.
37. Zu Frage 22 a:
Die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Personen haben sich regelmäßig bewusst dazu entschlossen, die mit einer Ehe verbundenen Rechtsfolgen gerade nicht eintreten zu lassen. Es erscheint daher nicht geboten, besondere Regeln in Bezug auf die Wirkungen der Auflösung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, möglicherweise in Anlehnung an die eherechtlichen Bestimmungen, zu schaffen, zumal die Erscheinungsformen der nichtehelichen Lebensgemeinschaften so vielgestaltig sind - von der befristeten reinen Zweck-Wohn-Gemeinschaft bis zur ehegleichen Lebensgemeinschaft -, dass allgemeine Regeln für diese Form der Zweierbeziehung kaum aufzustellen sein dürften.
Die Ausgestaltung der Vermögensbeziehungen wird, wenn die Partner eine - ihnen jederzeit mögliche - Vereinbarung darüber nicht treffen, von den allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts erfasst werden müssen.
Jede weitere Erörterung der Schaffung spezieller Kollisionsnormen würde zunächst eine einheitliche Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft voraussetzen wobei sich unter anderem folgende Fragen stellen würden:
- - Nach welchen Kriterien ist sie von der bloßen Wohngemeinschaft und dem Untermietverhältnis zu unterscheiden?
- - Welche Anforderungen sind an die Dauer zu stellen?
- - Ist sie nur unter unverheirateten bzw. nicht in Lebenspartnerschaften lebenden Personen möglich?
- - Ist sie zwingend monogam?
- - Ist sie auch unter Partnern gleichen Geschlechts möglich?
Im Übrigen gibt der Bundesrat zu bedenken, dass eine speziell für nichteheliche Lebensgemeinschaften geschaffene Kollisionsnorm in sehr engem Bezug zum materiellen Recht stünde, wenn dort eine Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft aufgenommen würde. Wegen dieses engen Bezuges zum materiellen Recht könnten sich hier Zweifel an der Regelungskompetenz ergeben.
Eine ähnliche Einschätzung der Kommission lässt sich in der Fußnote 14 zum Arbeitsdokument erkennen. Eine Zurückhaltung bei Regelungen, die mit dem materiellen Recht eng verknüpft sind, ist jüngst auch in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages zum Verordnungsentwurf zur Änderung der Verordnung Nr. 2201/2003 (BT-Drucksache 016/2784) noch einmal ausdrücklich postuliert worden.
Es erscheint kaum möglich, diese Fragen übergreifend angemessen zu klären.
38. Zu Frage 22 b:
Die Lösung der vorgenannten Fragen im Zusammenhang mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft lässt sich aber trotz vergleichbarer Problembeschreibung gerade nicht dadurch finden, dass man die für die eingetragenen Lebenspartnerschaften bestehenden oder gegebenenfalls zu schaffenden Lösungen hierher überträgt. Bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft fehlt es ja sogar an einem Akt der Eintragung, an den weitere Rechtsfolgen angeknüpft werden könnten.
39. Zu Frage 22 c:
Hinsichtlich der Wirkungen der Auflösung dieser Gemeinschaften gegenüber Dritten sollte eine Anwendung der allgemeinen Vorschriften ausreichend sein.
Für eigene Kollisionsnormen wird derzeit kein Bedarf gesehen.
40. Zu Frage 22 d:
Bei Immobilien sollte ausschließlich das Recht des belegenden Ortes maßgeblich sein weil hier häufig besondere Vorschriften bestehen, die zu beachten sind.
41. Zu Frage 23:
Die Frage, ob es für die vermögensrechtlichen Verhältnisse nichtehelicher Gemeinschaften spezielle Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung von Entscheidungen geben soll, lässt sich nur im Zusammenhang mit der zu Frage 22 zu treffenden Entscheidung beantworten. Werden für die Vermögensverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften spezielle einheitliche Kollisionsnormen geschaffen, dann wäre in diesem Zusammenhang auch über die Schaffung einheitlicher Zuständigkeitsregelungen nachzudenken. Ansonsten würde der durch ein einheitliches Kollisionsrecht entstehende Gewinn an Rechtssicherheit durch die gegebenenfalls wieder unterschiedlich zu beurteilende internationale Zuständigkeit wieder relativiert.
Sieht man dagegen von der Schaffung eines Kollisionsrechts im Zusammenhang mit den nichtehelichen Lebensgemeinschaften ab, ist auch ein Bedürfnis für eine spezielle Zuständigkeitsregelung nicht ersichtlich. Auch in diesem Zusammenhang würden sich die unter der Antwort zur Frage 22 Buchstabe a aufgezeigten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Definition einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ergeben.