*) Erster Beschluss des Bundesrates vom II. Juni 2004, BR-Drucksache 062/04(Beschluss) Zweiter Beschluss des Bundesrates vom 27. Mai 2005, BR-Drucksache 361/05(B) Wiederaufnahme der Beratungen gemäß § 45a Abs. 4 GO BR (jetzt: EU, U, Wi)
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU),
der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) **) und
der Wirtschaftsausschuss (Wi)
empfehlen dem Bundesrat,
zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat hat in seinen Beschlüssen vom 11. Juni 2004 (BR-Drucksache 062/04(Beschluss) ) und 27. Mai 2005 (BR-Drucksache 361/05(B) ) ausführlich zu dem von der Kommission vorgelegten Verordnungsvorschlag zur Neuordnung des europäischen Chemikalienrechts und den auf europäischer Ebene hierzu diskutierten Vorschlägen Stellung bezogen. Bereits in diesen Beschlüssen hat der Bundesrat die Ziele eines einheitlichen europäischen Chemikalienrechts begrüßt. Mit dem neuen europäischen Chemikalienrecht soll eine höhere Sicherheit beim Umgang mit chemischen Alt- und Neustoffen erreicht werden. Zugleich aber sollen im Einklang mit der Lissabon-Strategie auch die Innovations- und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Chemieunternehmen gestärkt werden. Es wurden Nachbesserungen gefordert, um die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen und deutschen Chemiestandorts zu sichern und die Chemikalienverordnung für die Wirtschaft, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), einfacher und praktikabler zu machen.
- 2. Die Beratungen in den europäischen Gremien befinden sich nunmehr in einer entscheidenden Phase. Zwischenzeitlich sind in mehreren Ausschüssen des Europäischen Parlaments, insbesondere im Industrie- und Binnenmarktausschuss sowie dem federführenden Umweltausschuss, zahlreiche Änderungsanträge beraten und abgestimmt worden. Die Positionen liegen allerdings vor der für Mitte November 2005 angesetzten ersten Lesung im Europäischen Parlament noch weit auseinander. Der Rat strebt unter britischer Präsidentschaft an, bereits Ende November 2005 einen gemeinsamen Standpunkt zu verabschieden und damit eine politische Entscheidung herzustellen. Deshalb kommt es jetzt darauf an, der Bundesregierung möglichst klare und gemeinsam getragene Signale für die im EU-Ministerrat zu vertretenden Positionen zu übermitteln.
- 3. Aus diesem Grund weist der Bundesrat nochmals darauf hin, dass er alle Vorschläge begrüßt, die auf eine deutliche Entlastung für die betroffene Wirtschaft, insbesondere KMU, abzielen. Vor diesem Hintergrund bittet er die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass bei einer Überarbeitung des Verordnungsvorschlags die Belange der Wirtschaft - insbesondere der KMU - berücksichtigt werden.
- 4. Aus dem Stand der Beratungen auf europäischer Ebene ergibt sich bereits eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen Aufwand und Nutzen einer Neuordnung der europäischen Chemikalienpolitik. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Jedoch ist der Weg zu ausgewogenen Regelungen, die berechtigte Schutzbedürfnisse berücksichtigen sowie die Erhaltung und möglichst eine Steigerung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit bewirken, noch weit.
- 5. Der Bundesrat begrüßt alle Vorschläge, die auf eine deutliche Entlastung für KMU bei der Registrierung von Phasein-Stoffen abzielen. Dabei ist aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes eine Mindestdatenbasis zu jedem Stoff zu gewährleisten.
- 6. Der Bundesrat hält eine Realisierung des OSOR-Ansatzes im Registrierungsverfahren für ein unverzichtbares Element, um das REACH-System insgesamt zum Erfolg zu führen.
- 7. Der Bundesrat hält eine Realisierung des OSOR-Ansatzes im Registrierungsverfahren für ein wichtiges Element, um das REACH-System insgesamt zum Erfolg zu führen.
- 8.9.EU Die Umsetzung des OSOR-Ansatzes bedingt nach Auffassung des Bundesrates ein zentrales Pooling vorhandener Stoffdaten und die Kumulierung vorhandener Stoffmengen als Basis für eine Beurteilung des von einem Stoff ausgehenden Risikos.
- 10. Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung gebeten, sich dafür einzusetzen, dass bei einer Überarbeitung des Verordnungsvorschlags hinsichtlich des Registrierungsverfahrens für Phasein-Stoffe und der Berücksichtigung der Belange der Wirtschaft - insbesondere der KMU - die im Folgenden genannten Aspekte berücksichtigt werden.
- 11. Die mit dem REACH-System verfolgten Ziele einer neuen Chemikalienpolitik, wie Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt sowie Wahrung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie in der EU, werden gleichberechtigt unterstützt.
Der vorliegende Kommissionsvorschlag einer REACH-Verordnung vom 29. Oktober 2003 ist in dieser Form jedoch nicht geeignet, diese Ziele zu erreichen, und muss deutlich praktikabler gestaltet werden, insbesondere für KMU. Er ist daher von der Kommission spätestens nach der Ersten Lesung im Europäischen Parlament und dem politischen Standpunkt im Rat grundlegend zu überarbeiten.
- 12. Um die angesprochenen Ziele zu erreichen, sind bei der Überarbeitung nachstehende Aspekte zu berücksichtigen:
Anwendungsbereich der Verordnung
- 13. - Abfälle, die unter die Richtlinie 75/442/EWG fallen, sind komplett vom Anwendungsbereich auszunehmen.
- - Sekundärrohstoffe sind von den Regelungen der Registrierung und der Bewertung auszunehmen, sofern sie mit bereits registrierten Stoffen identisch sind.
- - Erze und Erzkonzentrate sind analog wie Erdgas und Rohöl zu behandeln und daher in entsprechender Weise im Anhang III (Stoffe, die von der Registrierungspflicht ausgenommen sind) zu berücksichtigen.
- - Zur Vermeidung von Doppelregelungen sind Stoffe, die in anderen Rechtsbereichen der EU bereits analog den Anforderungen der REACH-Verordnung geregelt sind, insoweit von den Regelungen der REACH-Verordnung auszunehmen. Dies betrifft beispielsweise Futter- und Lebensmittel, Pflanzenschutzmittel oder Wirkstoffe in Biozidprodukten.
- 14. Die Entwicklung neuer chemischer Stoffe braucht Planungssicherheit.
- 15. Dem stehen Zulassungsbefristungen entgegen.
- 16. In dieser Frage müssen noch Kompromisse gefunden werden, ebenso wie beim Ersatz von Stoffen.
- 17. Der Ersatz von gefährlichen Stoffen sollte nur dann zwingend vorgesehen sein, wenn eine sichere Verwendung nicht gewährleistet ist.
Registrierung
- 18. Die Registrierung muss schnell, kostengünstig und risikoorientiert erfolgen.
- 19. Der Bundesrat hält die Vereinfachung der Registrierungs-Abläufe für ein unverzichtbares Element, um einerseits durch Priorisierung Stoffe mit gefährlichen Eigenschaften rechtzeitig zu erkennen und um andererseits insbesondere KMU in die Lage zu versetzen, weniger gefährliche Stoff-Innovationen schnell und kostengünstig vermarkten zu können.
- 20. Eine an Risiko, Exposition und Menge ausgerichtete Registrierungsreihenfolge leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Nur so lassen sich Gefahrenabwehr, Arbeits- und Verbraucherschutz, Tierschutz, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit sowie schlanke Administration gemeinsam realisieren. Es reicht hierbei aus, wenn die Daten nach bewährten Standards gewonnen worden sind.
Es soll eine Vorregistrierung aller Stoffe und Veröffentlichung in einem Stoffregister erfolgen.
- 21. Dabei müssen leichtere Datenanforderungen für Stoffe im niedrigvolumigen Bereich erfolgen (bis 100 Tonnen Jahresproduktion).
- 22. Die Reihenfolge bei der Registrierung von Stoffen sollte sich an dem vorhandenen Risiko jedes Stoffs orientieren und außer der jährlichen Produktionsmenge auch die Einstufung nach Richtlinie 67/548/EWG sowie die von der Verwendung abhängige Exposition von Mensch und Umwelt berücksichtigen.
Dazu ist die Einführung einer "Priorisierung" notwendig. Diese sollte einfach gestaltet werden und sich auf grundlegende Stoffdaten (z.B. den Datensatz der VCI-Selbstverpflichtung) sowie ergänzende Angaben zur Einstufung und Exposition stützen. Durch eine Priorisierung stehen bereits nach kurzer Zeit grundlegende Daten für die Gefahrenabwehr zur Verfügung, die überdies zur späteren Registrierung mit herangezogen werden können oder in vielen Fällen dafür sogar bereits ausreichen.
- 23. Die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen auf bestimmte Daten verzichten zu können (so genanntes waiving), muss bestehen bleiben.
- 24. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deswegen auf, die verschiedenen Vorschläge der Länder zu detaillierten Verfahren der Priorisierung in die Verhandlungen der "REACH Implementations Projects" (RIPs) einzubringen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Beschreibung detaillierter Abläufe zum Registrierungs-Verfahren gehört in untergesetzliches Regelwerk und nicht in die REACH-Verordnung.
- 25. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deswegen auf, die verschiedenen Vorschläge der Länder zu detaillierten Verfahren der Priorisierung an geeigneter Stelle in die Verhandlungen auf EU-Ebene einzubringen.
- 26. In den Anlagen 1a und b sind zwei Vorschläge für den Ablauf des Registrierungsverfahrens und für die Priorisierung dargestellt.
Drittländer
- 27. Erzeugnishersteller oder Importeure aus Drittländern müssen zur Gewährleistung der Wettbewerbsgleichheit und des Verbraucherschutzes ebenso registrierungspflichtig sein wie EU-Unternehmen.
Unternehmen aus Drittstaaten, die Erzeugnisse produzieren und in die EU einführen, unterliegen grundsätzlich nicht dem räumlichen Geltungsbereich der Chemikalienverordnung. Sie müssen nach Artikel 6 Abs. 1 des Verordnungsvorschlags nur dann ein Registrierungsdossier einreichen, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
- - der in einem Erzeugnis enthaltene Stoff überschreitet die Mengenschwelle von 1 Tonne pro Produzent oder Importeur,
- - der Stoff ist nach der Richtlinie 67/548/EWG als gefährlich einzustufen,
- - der Stoff soll unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Verwendungsbedingungen freigesetzt werden.
Diese Regelung benachteiligt europäische Unternehmen, da diese im Gegensatz zu Erzeugnisherstellern oder Importeuren aus Drittländern ihre gesamten Stoffe bereits im Rahmen der Produktion registrieren lassen müssen. Dadurch ergeben sich erhebliche Kostennachteile sowie Wettbewerbsverzerrungen für europäische Unternehmen.
Aus Sicht des Verbraucherschutzes höchst problematisch ist die Erfassung lediglich solcher Stoffe, die nach den Kriterien der Richtlinie 67/548/EWG als gefährlich einzustufen sind. Andere Stoffe mit relevantem Gefahrenpotenzial (z.B. solche mit Wirkungen auf das Hormonsystem) müssen ebenfalls berücksichtigt werden.
Artikel 6 des Verordnungsentwurfs ist deshalb so zu ändern, dass Erzeugnisimporteure in gleichem Maße der Registrierung unterliegen wie Erzeugnishersteller, die in der EU produzieren. Eine solche Regelung stünde auch grundsätzlich mit WTO-Recht in Einklang, da heimische und importierte Produkte gleich behandelt würden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die derzeitige Fassung des Artikels 6 gefährdet die Belange des Verbraucherschutzes und der Wettbewerbsgleichheit, da ein Erzeugnishersteller oder Importeur eines Drittlands nur unter eingeschränkten Voraussetzungen verpflichtet ist, ein Registrierungsdossier einzureichen.
Hinzu kommt, dass nach dem derzeitigen Vorschlag (Artikel 6 Abs. 2) für den Fall, dass für einen Stoff, der unter normalen Bedingungen freigesetzt werden kann, vom Importeur ein Registrierungsdossier nur einzureichen ist, wenn ihm Kenntnis nachgewiesen wird und die Agentur ein Dossier anfordert. Ein
Nachweis der Kenntnis über eine vorhersehbare Freisetzung wird aber in der Praxis kaum zu führen sein. Dabei werden Verbraucher im Alltag gerade mit solchen Stoffen konfrontiert, die unbeabsichtigt aus einem Erzeugnis freigesetzt werden (z.B. Ausgasungen bei Teppichen, Tapeten oder Textilien).
Die vorgesehene Unterscheidung zwischen einer gewollten Freisetzung (Absatz 1) und einer vorhersehbaren Freisetzung (Absatz 2) führt darüber hinaus nicht nur zu massiven Nachteilen im Verbraucherschutz, sondern auch zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für europäische Unternehmen. Während diese die Produktionsstoffe bereits im Rahmen der Produktion nach der Chemikalienverordnung registrieren lassen müssen, ist dies bei importierten Erzeugnissen aber nicht der Fall. Eine unterschiedliche Behandlung von importierten und in der EU hergestellten Produkten ist aber nicht sachgerecht. Deshalb ist jede Freisetzung - ob gewollte oder nicht gewollte - unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Gebrauchsbedingungen vom Anwendungsbereich des Artikels 6 zu erfassen.
Umsetzung des OSOR-Ansatzes
- 28.29.EU-Wi Der Grundsatz "Ein Stoff - eine Registrierung (OSOR)" ist im Interesse des Tierschutzes, der Schnelligkeit, Kostenersparnis und -minimierung und dient der Entlastung von KMU. Der Bundesrat begrüßt, dass in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments und im Rat bereits mit positiver Tendenz über OSOR beraten und zum Teil abgestimmt worden ist. Die Industrie verfügt schon heute über Erfahrungen mit der gemeinsamen Nutzung von Daten und der damit zusammenhängenden Kostenteilung. Diese Erfahrungen sollten für REACH genutzt werden. Ein geeignetes Instrument ist die freiwillige Bildung von Konsortien nach dem Grundsatz "Ein Stoff - eine Registrierung (OSOR)". Durch diesen Grundsatz wird gerade auch die Verwendung von Stoffen in Nischenbereichen sichergestellt, da die Anwender - insbesondere KMU - die Daten auf einfache und kostengünstige Weise erhalten können.
In jedem Fall sollten in der Europäischen Chemikalienverordnung folgende Rahmenbedingungen festgelegt werden:
- - Im Rahmen der Bildung von Konsortien müssen wirtschaftliche und wettbewerbsrechtliche Auswirkungen auf die beteiligten Unternehmen berücksichtigt werden.
- 30. Insbesondere der Knowhow-Schutz von KMU darf nicht gefährdet werden.
- 31.32.EU
- - Die organisatorischen Rahmenbedingungen der Konsortienbildung und insbesondere die Rolle der Europäischen Chemikalienagentur bezüglich der Konsortien sind in der Verordnung zu regeln.
- - Die Verordnung sollte einen Rahmen für eine Lösung der organisatorischen und rechtlichen Probleme vorgeben, die insbesondere bei der Frage der Kostenteilung auftreten. Zur Streitschlichtung sollte die Funktion eines Ombudsmanns oder ein geeignetes Verfahren bei der Europäischen Chemikalienagentur eingeführt werden.
- - Die Konsortien sollten sich selbst organisieren und selbst für die Einhaltung der von der Europäischen Chemikalienagentur vorzugebenden Registrierungsfristen verantwortlich sein. Die Europäische Chemikalienagentur sollte ein jederzeitiges Informationsrecht über den Stand der Arbeit der Konsortien erhalten.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Grundsätzlich hilft der OSOR-Ansatz dabei, die Registrierungen wirtschaftlicher, einfacher und mit einem Minimum an Tierversuchen durchzuführen. Nur so können die Registrierungskosten der Agentur und der Unternehmen so gering wie möglich gehalten werden. Ein Beitrag zu diesem Ziel ist, diejenigen Kosten zu vermeiden, die den Unternehmen und der Europäischen Chemikalienagentur durch unnötige Mehrfachregistrierungen entstünden. Besonders KMU müssen von vermeidbarem Aufwand soweit wie möglich entlastet werden. Mehrfachregistrierungen müssen auch aus Gründen des Tierschutzes vermieden werden, sofern hierfür keine zwingenden Gründe vorliegen.
Die Bildung von Konsortien ist ein besonders geeignetes Mittel, um KMU zu entlasten.
Dabei sind wirtschaftliche und wettbewerbsrechtliche Auswirkungen auf die beteiligten Unternehmen in besonderem Maße zu berücksichtigen.
Die Unternehmen müssen in die Pflicht genommen werden und selbst dafür sorgen, dass sie durch Einhaltung der Registrierungsfristen einem Vermarktungsverbot entgehen. Unabhängig davon muss die Europäische Chemikalienagentur die Informationsrechte erhalten, die sie als zuständige Behörde für die ordnungsgemäße Abwicklung der Registrierungen benötigt.
Ein umfassender Datenschutz ist in jedem Fall sicherzustellen.
Verwendungs- und Expositionskategorien
- 33. Bei der Registrierung kann die Beschreibung der Verwendung und der Exposition in Verwendungs- und Expositionskategorien erfolgen.
Dies sichert den Knowhow-Schutz der Betriebe, insbesondere auf der Ebene der nachgeschalteten Anwender.
Die Möglichkeit, neue Anwendungen mit alten Stoffen ohne neue aufwändige Beurteilungen und Prüfungen durchzuführen, ist damit grundsätzlich gegeben.
Tierschutz
- 34. Der Tierschutz muss stärker in die Chemikalienverordnung einfließen. Dazu müssen mehr Alternativen als bisher zu Tierversuchen zugelassen werden.
Der Bundesrat begrüßt, dass in den Anhang X der Europäischen Chemikalienverordnung auch Aspekte des Tierschutzes eingeflossen sind, die jedoch bei weitem nicht ausreichen. Nicht zuletzt die Umsetzung der vorgenannten Forderungen würde den Tierschutz erheblich voranbringen. Darüber hinaus sollte bei sämtlichen weiteren Regelungen der Verordnung gezielt geprüft werden, ob diese für den Tierschutz relevant und noch entsprechend optimierbar sind. In den Anhang X muss aufgenommen werden, dass alle von der OECD anerkannten tierversuchsfreien Methoden zur Gewinnung von Stoffdaten und alle von EU-Behörden validierten Alternativmethoden zulässig sind und in der Regel verwendet werden sollten. Außerdem sollte eine aktuelle Liste der zugelassenen Alternativmethoden eingefügt werden.
Die Bundesregierung wird gebeten, in den Gremien der EU darauf hinzuwirken, dass nicht nur die Förderanstrengungen zur Entwicklung tierversuchsfreier Prüfstrategien intensiviert werden, sondern auch verstärkter Druck auf die OECD zur zügigeren Anerkennung validierter Alternativmethoden ausgeübt wird.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Derzeit wird der Tierschutz im Verordnungsentwurf unzureichend berücksichtigt. Daher sind weitere Ergänzungen notwendig. Insbesondere ist es zur Gefahrenabwehr ausreichend und in der Regel kostengünstiger, wenn von der
OECD anerkannte oder von EU-Behörden validierte Alternativen zu Tierversuchen eingesetzt werden, falls dem nicht Vermarktungswünsche außerhalb der EU entgegenstehen. Für die weltweite Dimension des Tierschutzes genauso wichtig ist es deshalb, dass die OECD validierte Alternativen schneller zulässt. Z. B. existieren seit langem validierte Alternativen zu der besonders häufig notwendigen und für die Versuchstiere leidvollen Prüfung zur Reizung der Haut, sodass sich die in Anhang X Teil B genannte "Invivo-Methode" erübrigen dürfte.
Rolle der Agentur
- 35. Der Agentur kommt im REACH-System eine wichtige Stellung zu. Sie ist entsprechend auszustatten und mit den erforderlichen Kompetenzen zu versehen.
Neben der Zuständigkeit in der Bewertungsphase hat sie eine koordinierende Funktion im Registrierungsverfahren.
- 36. Die Agentur ist bei der Registrierung für Phasein-Stoffe verantwortlich für
- - Entgegennahme der Vorregistrierungsunterlagen,
- - Zusammenstellung des Grunddatensatzes aus den eingereichten Unterlagen bzw. Beauftragung zur Vervollständigung des Grunddatensatzes,
- - Veröffentlichung des Stoffregisters,
- - Entgegennahme der Registrierung.
Isoliert betrachtet, ist der der Agentur zugedachte Aufgabenumfang erheblich. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass in der Gesamtbetrachtung (personeller, finanzieller und organisatorischer Aufwand sowohl auf Seiten der Agentur als auch bei allen Registrierern) der Aufwand - zu Gunsten der Betriebe - sinken wird. Insbesondere für KMU ist damit zu rechnen, dass das Verhältnis Registrierungsaufwand zum Umsatz günstiger wird.
- 37. Die Europäische Chemikalienagentur muss für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen. Deshalb muss die Europäische Chemikalienagentur umfassende Kompetenzen für alle administrativen Maßnahmen und Verfahren im Rahmen der Umsetzung der Europäischen Chemikalienverordnung erhalten und um einheitliche Standards bemüht sein. Ihre Stellung im Verfahren ist zu stärken.
- 38. Unter anderem soll die Europäische Chemikalienagentur für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen. Deshalb muss sie für alle administrativen Maßnahmen und Verfahren im Rahmen der Umsetzung der europäischen Chemikalienverordnung zuständig sein.
- 39. Insoweit begrüßt der Bundesrat die Diskussions-Entwicklungen im Rat. Die Europäische Chemikalienagentur muss neben der Stoffbewertung auch für die Zulassung von Stoffen zuständig sein. Dabei sollen die Behörden in den Mitgliedstaaten involviert sein.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Durch eine starke Europäische Chemikalienagentur wird ein einheitlicher europäischer Vollzug sichergestellt. Nur dadurch kann verhindert werden, dass sich betroffene Produzenten oder Importeure denjenigen Mitgliedstaat aussuchen, der die für sie angenehmsten Standards anbietet. Eine solche Politik würde zwangsläufig zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten führen.
Erleichterungen für KMU
- 40. Das in der Anlage 1a skizzierte Registrierungsverfahren für Phasein-Stoffe bietet, {wie vorstehend auch bereits ausgeführt,} eine Reihe verfahrensbedingter Vorteile, von denen insbesondere die KMU profitieren:
- - Das Registrierungsverfahren wird zentral koordiniert; die Registrierungspflichtigen haben es in jedem Schritt des Verfahrens nur mit einer Behörde zu tun.
- - Der personelle, finanzielle und organisatorische Aufwand für die Firmen wird vermindert.
- - Der Knowhow-Schutz ist an jeder Stelle des Verfahrens gewährleistet; dies gilt insbesondere für nachgeschaltete Anwender auf Grund der Möglichkeit, eine Nachmeldung von Verwendungen nach Veröffentlichung der Stoffliste vorzunehmen.
- - Jeder Stoff wird tatsächlich nur einmal geprüft; Doppelprüfungen und unnötige Tierversuche werden konsequent vermieden.
- - Die Kriterien für die Priorisierung sind klar vorgegeben; es besteht kein Ermessensspielraum; dadurch besteht Rechtssicherheit; für jeden Stoff ist klar, zu welchem Zeitpunkt er zu registrieren ist und welche Datenergänzungen erforderlich sind.
- - Die Hersteller bleiben dennoch in der Verantwortung für den sicheren Umgang mit ihren Stoffen.
- - Die Bildung von Konsortien ist möglich, aber nicht zwingend erforderlich. Ein Abstimmungsaufwand (und ggf. Offenlegung von Betriebsgeheimnissen), wie innerhalb von Konsortien erforderlich, ist nicht gegeben.
- - Das Verfahren ermöglicht in jedem Stadium eine transparente und gerechte Kostenaufteilung zwischen allen Registrierungspflichtigen; die Kostenaufteilung erfolgt durch die Agentur.
- - Bei der Priorisierung werden in der 1. Stufe die kumulativen Stoffmengen bis zur einer Höhe von 100 jato (statt bis 10 jato) berücksichtigt. Dies kommt den KMU entgegen, da der Datenumfang gering gehalten wird. Darüber hinaus sind Erleichterungen für KMU in folgenden Punkten zu prüfen:
- - Gebührenerleichterungen (beispielsweise durch mengenabhängige Staffelung);
- - Schaffung von Anreizen, um möglichst frühzeitig eine komplette Registrierung abzugeben;
- - Unterstützung durch nationale Behörden. Wettbewerbsverzerrungen
- 42. Wettbewerbsverzerrungen müssen auch dadurch vermieden werden, dass finanzielle Aufwendungen, die Unternehmen bei der Umsetzung der Chemikalienverordnung leisten, europaweit steuerlich gleich behandelt werden.
Auf europäischer Ebene sollte zur Gewährleistung der Wettbewerbsgleichheit auf harmonisierte Steuer- und Bilanzierungsvorschriften für REACH-Aufwendungen hingewirkt werden. Eine mehrjährige Abschreibung von Aufwendungen im Rahmen der Registrierung entlastet vor allem KMU.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Derzeit kann es durch unterschiedliche nationale Vorschriften zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen kommen. So ist es z.B. auf Grund des deutschen Handelsgesetzbuchs grundsätzlich nicht möglich, Aufwendungen für Forschung, Patente und Rechte o. Ä. über einen längeren Zeitraum abzuschreiben, um bei den betroffenen Firmen jährlich nur anteilige finanzielle Belastungen auszulösen. Derartige Betriebsausgaben müssen vielmehr grundsätzlich insgesamt in dem Jahr berücksichtigt werden, in dem sie anfallen. In anderen europäischen Ländern (z.B. Finnland oder Italien) werden solche Aufwendungen bilanzrechtlich anders behandelt. Damit haben die dort ansässigen Unternehmen u. U. im Rahmen von Aufwendungen für die Registrierungspflicht nach der Chemikalienverordnung einen Liquiditätsvorteil. Dieser Vorteil kann weitere Begünstigungen, z.B. Refinanzierungsvorteile durch niedrigere Zinssätze bei Kreditinstituten auf Grund der Regelungen von Basel II, mit sich bringen. Solche Wettbewerbsverzerrungen treffen vor allem KMU und könnten durch Angleichung der entsprechenden Regelungen vermieden werden.
Marktüberwachung
- 43. Zur Sicherheit und Wettbewerbsgleichheit ist eine harmonisierte Marktüberwachung notwendig. In die Chemikalienverordnung sind Regelungen bezüglich einer harmonisierten europäischen Marktüberwachung zu integrieren. Ein europaweit harmonisiertes System existiert bereits bei der Überwachung der Vorschriften auf dem Gebiet der Produktsicherheit (European Market Surveillance System - ICSMS). Es könnte als Vorbild für eine Überwachung auf dem Gebiet der Chemikaliensicherheit dienen oder entsprechend ausgebaut werden. Insofern könnte dieses vorhandene System der Marktüberwachung für chemikalienbezogene Überwachungsaufgaben mitgenutzt oder entsprechend erweitert werden. Der Erfolg der Europäischen Chemikalienverordnung und letztlich auch der Lissabon-Strategie steht und fällt mit einer glaubwürdigen Kontrolle und Durchsetzung, insbesondere gegenüber Nicht-EU-Staaten.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die EU ist nicht nur ein großer Binnen-, sondern auch ein beachtlicher Importmarkt. Es muss unbedingt verhindert werden, dass sich durch vermeidbare Überwachungslücken und mangelhaften Informationsaustausch der Überwachungsbehörden Wettbewerbsvorteile für Marktteilnehmer ergeben, die die Vorschriften der Europäischen Chemikalienverordnung nicht einhalten. Die Versuchung, dies zu tun, ist insbesondere im Bereich des Imports in die EU sehr hoch, weil die entsprechenden Produktionsstätten der EU-Überwachung entzogen sind.
Anlage 1a
Registrierungsverfahren bei bestimmten Altstoffen (Phasein-Stoffe)
- 44. Die Registrierungsphase von Phasein-Stoffen gliedert sich in die Teilschritte
- - Vorregistrierung einschließlich Zusammenstellung und ggf. Ergänzung des Grunddatensatzes (s. u. "Zusammensetzung des Grunddatensatzes"),
- - risikogesteuerte Priorisierung,
- - Datenergänzung und
- - Registrierung.
Die Vorregistrierung umfasst die weiteren Teilschritte
- - Meldung gegenüber der Agentur unter Mitteilung von
- - - Name, Adresse des Vorregistrierers sowie
- - - Stoffname und Stoffidentität sowie
- - - produzierter und importierter Menge sowie
- - - vorhandenen Stoffdaten zum Grunddatensatz sowie
- - - bekannten bestimmungsgemäßen Verwendungen mit Verwendungs- und Expositionskategorien und
- - - Vorschlägen zur Prioritätseinstufung durch den Hersteller/Importeur.
- - Zentrale Zusammenstellung des Grunddatensatzes durch die Agentur. Bei ggf. noch fehlenden Daten wird ein/werden mehrere Vorregistrierer mit der Ergänzung beauftragt.
- - Vorregistrierung aller Stoffe und Veröffentlichung in einem Stoffregister.
- - Veröffentlichung einer Stoffliste unter Angabe von Stoffname und Identitätsmerkmal (CAS-Nr. usw.) und gemeldeten bestimmungsgemäßen Verwendungs- und Expositionskategorien.
- - Nachgeschaltete Anwender werden frühzeitig ins Verfahren eingebunden und haben die Möglichkeit, nach Veröffentlichung der Stoffliste noch nicht gemeldete Verwendungen nachzumelden. Die Nachmeldung kann gegenüber der Agentur oder dem Hersteller erfolgen. Sofern die Nachmeldung an den Hersteller erfolgt, hat dieser die weitere Verwendung an die Agentur nachzumelden. Die so erfolgte Einbindung der nachgeschalteten Anwender sichert deren erforderlichen Knowhow-Schutz. Die nachgemeldeten Verwendungs- und Expositionskategorien werden bei der weiteren Behandlung der Registrierung von Phasein-Stoffen mit berücksichtigt.
Die risikogesteuerte Priorisierung berücksichtigt drei Stufen in Abhängigkeit von
- 45.EU
- - kumulierter Stoffmenge,
- - Toxizität und
- - Expositionssituation.
Die Einstufung eines Stoffs in eine Risikostufe bestimmt den Zeitpunkt der Registrierung des Stoffs sowie Art und Umfang möglicher weiterer Stoffprüfungen.
Datenergänzung
Die über den Grunddatensatz aus der zugeordneten Priorisierungstufe resultierende erforderliche Generierung weiterer Stoffangaben nach Anhang VI bis VIII wird zentral unter der Verantwortung der Agentur koordiniert.
Zunächst erhalten die Vorregistrierer Gelegenheit, diese Angaben vorzulegen. Erklärt sich kein Vorregistrierer hierzu bereit, werden die Arbeiten, beispielsweise auch an ein Konsortium, vergeben.
Es ist nicht davon auszugehen, dass Vorregistrierer vorhandene Daten zurückhalten, weil
- - sie nur so eine teilweise Kostenerstattung für ihre bereits getätigten Ausgaben erreichen können,
- - die Daten ansonsten ohnehin in einem vorgegebenen Zeitrahmen erhoben würden und so eine Geheimhaltung keinen Sinn für einen Hersteller/Importeur macht,
- - der Hersteller/Importeur einen Priorisierungsvorschlag macht, durch den er in die Verantwortung genommen werden könnte. Bei Vorenthaltung von Erkenntnissen und Daten könnte er Haftungsfragen ausgesetzt sein.
Der Grunddatensatz sowie die u. U. auf Grund der Priorisierung noch zusätzlich erhobenen Daten werden den Vorregistrierern gegen Kostenerstattung zur Verfügung gestellt.
Registrierung
Die Vorregistrierer machen eine Stoffsicherheitsbeurteilung unter Berücksichtigung der angegebenen bestimmungsgemäßen Verwendungen.
Sie registrieren den Stoff unter Beifügung von
- - Stoffsicherheitsbericht (ab 10 t; verbleibt bei der Agentur),
- - aktualisiertem Sicherheitsdatenblatt (bei als gefährlich eingestuften Stoffen).
Das Verfahren bietet unter Umwelt- und Gesundheitsschutzaspekten folgende Vorteile:
- - Der Grunddatensatz nach Anhang V für jeden Stoff ist gegenüber dem Verordnungsvorschlag um drei Parameter erweitert. Dies ist insbesondere aus Arbeitsschutz- und Umweltschutzgründen erforderlich.
- - Zu jedem Stoff liegt bereits nach wenigen Jahren ein aussagekräftiger Grunddatensatz vor, der eine erste Beurteilung des von dem Stoff ausgehenden Risikos ermöglicht.
- - Die Abkehr von dem überwiegend auf die Produktionsmengen bezogenen Ansatz des Kommissionsvorschlags hin zu einer risikogesteuerten Priorisierung als Grundlage ergänzender Stoffuntersuchungen stellt sicher, dass risikoreiche Stoffe zuerst untersucht und registriert werden. Falsche Selektionsanreize werden dadurch vermieden.
- - Ein so gestaltetes Verfahren führt im Vergleich zum Kommissionsvorschlag auch zu einer zeitlichen Entzerrung der anstehenden Registrierungen, da die Motivation entfällt, möglichst spät zu registrieren, und stattdessen finanzielle Anreize für eine frühe Registrierung vorgesehen sind.
Zusammensetzung des Grunddatensatzes
Der Grunddatensatz im Sinne des vorliegenden Papiers dient als Grundlage der nachfolgenden Registrierung. Er umfasst Angaben zu
- - kumulierter Menge eines Stoffs,
- - bekannten Verwendungs- und Expositionskategorien,
- - Stoffeigenschaften nach Anhang V ergänzt um die Parameter akute Toxizität und biologische Abbaubarkeit und Hemmung von Algenwachstum und
- - Prioritäteneinstufung der Hersteller/Importeure.
Bei divergierenden Angaben der Hersteller/Importeure ist die Angabe maßgebend, die zur Zuordnung in eine höhere Risikoklasse führt.
Risikogesteuerte Priorisierung
Die vorregistrierten Stoffe werden anhand der Erkenntnisse des Grunddatensatzes risikogesteuert priorisiert, wobei langzeittoxische Stoffwirkungen zu berücksichtigen sind, falls hierzu über die Angaben zur Mutagenität hinaus entsprechende Erkenntnisse vorliegen. Die Berücksichtigung weiterer langzeittoxischer Daten kann sich zudem als Folge einer Zuordnung in eine Klasse mit hohem Risiko ergeben. Sie bleibt ansonsten dem späteren Bewertungsverfahren vorbehalten.
Das Risiko berücksichtigt folgende Faktoren:
- - die kumulierte Menge der in der EU hergestellten bzw. in sie importierten Mengen eines Stoffs (1 bis 100 t; 100 bis 1000 t; mehr als 1000 t),
- - die toxischen Eigenschaften eines Stoffs (entsprechend den Kriterien der Richtlinie 67/648/EWG inkl. der Mutagenität),
- - die Expositionssituation bei der Verwendung (offen/Verbraucheranwendung bzw. geschlossen).
Die Priorisierung eines Stoffs und deren Zuordnung in drei Risikoklassen erfolgt nach klar vorgegebenen Kriterien; es besteht insoweit kein Ermessenspielraum.
Die Zuordnung eines Stoffs in eine Risikoklasse bestimmt deren weitere Behandlung hinsichtlich
- - des Zeitpunkts der Registrierung (nach 3, 5 oder 11 Jahren) sowie
- - Art und Umfang der zusätzlichen Stoffdaten, die über den Grunddatensatz hinaus nach Anhang VI bis VIII erforderlich sind.
Die Kumulation der produzierten und importierten Mengen ist auch sinnvoll, um ein Unterlaufen von Mengenschwellen zu vermeiden. Einheimische Hersteller können im Vergleich zur außereuropäischen Konkurrenz nicht benachteiligt werden.
Anlage b
Vierstufiges Priorisierungsmodell für Phasein-Stoffe
Die Registrierung muss schnell, kostengünstig und risikoorientiert erfolgen. Eine an Risiko, Exposition und Menge ausgerichtete Registrierungsreihenfolge leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Nur so lassen sich Gefahrenabwehr, Arbeits- und Verbraucherschutz, Tierschutz, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit sowie schlanke Administration gemeinsam realisieren. Es reicht hierbei aus, wenn die Daten nach bewährten Standards gewonnen worden sind.
Die Reihenfolge bei der Registrierung von Stoffen sollte sich an dem vorhandenen Risiko jedes Stoffs orientieren und außer der jährlichen Produktionsmenge auch die Einstufung nach Richtlinie 67/548/EWG sowie die von der Verwendung abhängige Exposition von Mensch und Umwelt berücksichtigen. Dazu ist die Einführung einer "Priorisierung" notwendig. Diese sollte einfach gestaltet werden und sich auf grundlegende Stoffdaten (z.B. den Datensatz der VCI-Selbstverpflichtung) sowie ergänzende Angaben zur Einstufung und Exposition stützen. Dabei sind Stoffdaten, die im Einklang mit bewährten Industriestandards gewonnen wurden, für die Priorisierung grundsätzlich zu akzeptieren. Diese Daten lassen sich mit begrenztem finanziellen Aufwand gewinnen, ohne selbst KMU personell oder finanziell zu überfordern. Durch eine Priorisierung stehen bereits nach kurzer Zeit grundlegende Daten für die Gefahrenabwehr zur Verfügung, die überdies zur späteren Registrierung mit herangezogen werden können oder in vielen Fällen dafür sogar bereits ausreichen. Auf Basis einer solchen Priorisierung kann die Europäische Chemikalienagentur die Stoffe auf den für die spätere Registrierung zur Verfügung stehenden Zeitraum aufteilen. Außerdem lassen sich Prioritätsstufen definieren und mit den für die Registrierung festgelegten Datenanforderungen des derzeitigen Verordnungsentwurfs verknüpfen.
Im weiteren Entscheidungsprozess sollten die Vorschläge der Ratspräsidentschaft sowie die Beschlüsse der Ausschüsse und des Plenums des Europäischen Parlaments im Hinblick auf ein einfaches und effizientes Registrierungsverfahren genau geprüft werden. Ein innovativer Vorschlag für eine praktikable Form der Priorisierung ist nachstehend ausführlich dargestellt und sollte entsprechend berücksichtigt werden.
Bildung von Prioritäten für die Registrierung von Stoffen nach der Europäischen Chemikalienverordnung
Vorschlag
Priorisierung insbesondere mit folgenden Informationen:
- - gesamte vom jeweiligen Hersteller/Importeur jährlich hergestellte/ importierte Menge,
- - grundlegende Stoffdaten (analog der Selbstverpflichtung des VCI in Deutschland: physikalischchemische Grunddaten wie z.B. Wasserlöslichkeit und Dampfdruck; akute Toxizität; akute aquatische Toxizität; biologische Abbaubarkeit; ggf. soweit erforderlich zu weiteren Parametern, z.B. Anhaltspunkte für CMR-Eigenschaften),
- - Einstufung in Anlehnung an Richtlinie 67/548/EWG,
- - Verwendung und daraus abgeleitet die Exposition (vereinfacht und standardisiert).
Aus den genannten Informationen wird auf einfache Weise eine Punktzahl errechnet, die die Zuordnung zu vier Prioritätsstufen für die Registrierung erlaubt. Prioritätsstufe 1 bedeutet, dass ein Stoff vorrangig registriert werden sollte. Bei Prioritätsstufe 4 erscheint die Registrierung am wenigsten dringlich. Aus den Prioritätsstufen ergeben sich durch Verknüpfung mit den Anhängen V bis VIII grundsätzlich auch die bei der späteren Registrierung beizubringenden Daten. Prioritätsstufe 4 entspricht Anhang V, Prioritätsstufe 3 Anhang VI, Prioritätsstufe 2 Anhang VII und Prioritätsstufe 1 Anhang VIII. Auf im Einzelfall nicht relevante Daten kann im Einvernehmen mit der Europäischen Chemikalienagentur verzichtet werden.
Das Arbeitsschema passt auf ein Blatt Papier und stellt sich wie unten unter "Arbeitsschema" dar.
Diese vorgeschlagene Methode der Prioritätenbildung misst toxischen und ökotoxischen Eigenschaften eine besondere Bedeutung bei, weil es hier bezüglich der Altstoffe häufig an ausreichenden Daten mangelt. In diesem Zusammenhang muss jedoch beachtet werden, dass eine Priorisierung zwangsläufig Schwerpunkte setzen muss und auf Basis weniger Stoffdaten lediglich die Reihenfolge der Registrierung beeinflussen soll. Wichtig ist auch, dass eine hohe jährliche Produktionsmenge bei der vorgeschlagenen Methode nicht automatisch zu einer hohen Priorität führt, falls nicht andere Risikofaktoren hinzutreten.
Etwaige bei der Anwendung des Arbeitsschemas vorhandene individuelle Beurteilungsspielräume sind sicherlich minimierbar, wenn die Europäische Chemikalienagentur durch interne Vorgaben auf eine einheitliche Vorgehensweise hinwirkt.
Arbeitsschema zur Auswertung der für die Prioritätenbildung verwendeten Informationen:
(Kursive Schrift: Erläuterungen)
Herstellungsmenge | Punkte | |
1 - 10 t/a | 0 | |
10 - 100 t/a | 1 | Mengenstufen wie im Entwurf der europäischen Chemikalienverordnung |
100 - 1 000 t/a | 2 | |
> 1 000 t/a | 3 |
Einstufung gemäß Richtlinie 67/548/EWG
sehr giftig | T+ 3 | Einstufung in Anlehnung an Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG oder Selbsteinstufung (Daten |
giftig | T 2 | aus Sicherheitsdatenblättern, Stoffberichten |
gesundheitsschädlich | Xn 1 | oder Datenbanken) |
Exposition Mensch (oral, dermal, inhalativ)
keine Exposition bei bestimmungsgemäßem Umgang oder
Umgang in geschlossenen Systemen und keine Verwendung beim Endverbraucher Exposition nur bei Unfällen/Störungen möglich;
bekanntermaßen keine relevanten toxischen Eigenschaften 0
ubiquitär in der Umwelt vorhandene Stoffe, z.B. Mineralien, Pflanzenextrakte
geringe Exposition 1
Umgang weniger als 10% der Arbeitszeit,
dauerhafte Bindung in einer Matrix, z. B Pigmente in Lacken,
Exposition nur bei gelegentlichen Wartungs-, Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten
dauerhafte/wiederholte Exposition 2
Freisetzung bei bestimmungsgemäßem Verbrauch,
Endverbraucherverwendung (soweit im Geltungsbereich der europäischen Chemikalienverordnung), z.B. Lösemittel, Treibgase, Textilien
Exposition Umwelt (Luft, Wasser, Boden)
keine Exposition bei bestimmungsgemäßem Umgang oder
Umgang in geschlossenen Systemen und keine Verwendung beim Endverbraucher Exposition nur bei Unfällen/Störungen möglich
bekanntermaßen keine relevanten ökotoxischen Eigenschaften 0
ubiquitär in der Umwelt vorhandene Stoffe, z.B. Mineralien, Pflanzenextrakte
geringe Exposition 1
teilweise Eintrag durch offenen Umgang in die Umwelt, dauerhafte Bindung in einer Matrix, Gefahrstoffe in Erzeugnissen
dauerhafte/wiederholte Exposition 2
Freisetzung bei bestimmungsgemäßem Verbrauch,
Endverbraucherverwendung (soweit im Geltungsbereich der europäischen Chemikalienverordnung): z.B. Lösemittel in Anstrichmitteln, Reinigungsmittel, Stoffe zum Einsatz beim Ackerbau bzw. im Garten
CMR- und vPvB-Stoffe werden der 1. Prioritätsstufe zugeordnet.
Einstufung in Anlehnung an Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG oder Selbsteinstufung (Daten aus Sicherheitsdatenblättern, Stoffberichten oder Datenbanken)Aus der Summe der Punkte folgt die Zuordnung zu einer Prioritätsstufe:
Prioritätsstufen | 1 • | 6 Punkte und mehr |
2 | • 5 Punkte | |
3 | • 4 Punkte | |
4 | • 3 Punkte und weniger |
Beispiel Dichlormethan CAS-Nummer 75-09-2
Herstellungsmenge: 100 000 bis 500 000 t/a (IUCLID)
Einstufung: Xn gesundheitsschädlich
Verwendung:
Dichlormethan dient als Abbeizmittel für Lacke, Entfettungsmittel und Extraktionsmittel für Koffein sowie als Lösungsmittel für Harze, Fette, Kunststoffe und Bitumen. Außerdem wird es als Kältemittel in Kühlaggregaten eingesetzt.
Herstellungsmenge Einstufung angelehnt an Richtlinie 67/548/EWG
Punkte | Punkte | |||
1 - | 10 t/a | 0 | ||
10 - 100 t/a | 1 | gesundheitsschädlich Xn | 1 | |
100 - 1000 t/a | 2 | giftig T | 2 | |
> 1000 t/a | 3 | sehr giftig T+ | 3 |
Exposition Mensch (oral, dermal, inhalativ)
Punkte | |
keine Exposition bei bestimmungsgemäßem Umgang oder bekanntermaßen keine relevanten toxischen Eigenschaften | 0 |
geringe Exposition | 1 |
dauerhafte/wiederholte Exposition | 2 |
Exposition Umwelt (Luft, Wasser, Boden)
keine Exposition bei bestimmungsgemäßem Umgang oder bekanntermaßen keine relevanten ökotoxischen Eigenschaften | 0 |
geringe Exposition | 1 |
dauerhafte/wiederholte Exposition | 2 |
Aus der Summe der Punkte folgt die Zuordnung zu einer Prioritätsstufe:
Prioritätsstufen | |
1 | • 6 Punkte und mehr |
2 | • 5 Punkte |
3 | • 4 Punkte |
4 | • 3 Punkte und weniger |