Empfehlungen der Ausschüsse 816. Sitzung des Bundesrates am 4. November 2005
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und der Verordnung (EG) über persistente organische Schadstoffe
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates im Hinblick auf ihre Anpassung an die Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe KOM (2003) 644 endg.; Ratsdok. 15409/03


*) Erster Beschluss des Bundesrates vom II. Juni 2004, BR-Drucksache 062/04(Beschluss) PDF Zweiter Beschluss des Bundesrates vom 27. Mai 2005, BR-Drucksache 361/05(B) HTML PDF Wiederaufnahme der Beratungen gemäß § 45a Abs. 4 GO BR (jetzt: EU, U, Wi)


Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU),
der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) **) und
der Wirtschaftsausschuss (Wi)
empfehlen dem Bundesrat,
zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:

Anwendungsbereich der Verordnung

Registrierung

Drittländer

Umsetzung des OSOR-Ansatzes

Verwendungs- und Expositionskategorien

Tierschutz

Rolle der Agentur

Erleichterungen für KMU

Marktüberwachung

Anlage 1a

Registrierungsverfahren bei bestimmten Altstoffen (Phasein-Stoffe)

Datenergänzung

Die über den Grunddatensatz aus der zugeordneten Priorisierungstufe resultierende erforderliche Generierung weiterer Stoffangaben nach Anhang VI bis VIII wird zentral unter der Verantwortung der Agentur koordiniert.

Zunächst erhalten die Vorregistrierer Gelegenheit, diese Angaben vorzulegen. Erklärt sich kein Vorregistrierer hierzu bereit, werden die Arbeiten, beispielsweise auch an ein Konsortium, vergeben.

Es ist nicht davon auszugehen, dass Vorregistrierer vorhandene Daten zurückhalten, weil

Der Grunddatensatz sowie die u. U. auf Grund der Priorisierung noch zusätzlich erhobenen Daten werden den Vorregistrierern gegen Kostenerstattung zur Verfügung gestellt.

Registrierung

Die Vorregistrierer machen eine Stoffsicherheitsbeurteilung unter Berücksichtigung der angegebenen bestimmungsgemäßen Verwendungen.

Sie registrieren den Stoff unter Beifügung von

Das Verfahren bietet unter Umwelt- und Gesundheitsschutzaspekten folgende Vorteile:

Zusammensetzung des Grunddatensatzes

Der Grunddatensatz im Sinne des vorliegenden Papiers dient als Grundlage der nachfolgenden Registrierung. Er umfasst Angaben zu

Bei divergierenden Angaben der Hersteller/Importeure ist die Angabe maßgebend, die zur Zuordnung in eine höhere Risikoklasse führt.

Risikogesteuerte Priorisierung

Die vorregistrierten Stoffe werden anhand der Erkenntnisse des Grunddatensatzes risikogesteuert priorisiert, wobei langzeittoxische Stoffwirkungen zu berücksichtigen sind, falls hierzu über die Angaben zur Mutagenität hinaus entsprechende Erkenntnisse vorliegen. Die Berücksichtigung weiterer langzeittoxischer Daten kann sich zudem als Folge einer Zuordnung in eine Klasse mit hohem Risiko ergeben. Sie bleibt ansonsten dem späteren Bewertungsverfahren vorbehalten.

Das Risiko berücksichtigt folgende Faktoren:

Die Priorisierung eines Stoffs und deren Zuordnung in drei Risikoklassen erfolgt nach klar vorgegebenen Kriterien; es besteht insoweit kein Ermessenspielraum.

Die Zuordnung eines Stoffs in eine Risikoklasse bestimmt deren weitere Behandlung hinsichtlich

Die Kumulation der produzierten und importierten Mengen ist auch sinnvoll, um ein Unterlaufen von Mengenschwellen zu vermeiden. Einheimische Hersteller können im Vergleich zur außereuropäischen Konkurrenz nicht benachteiligt werden.

Anlage b

Vierstufiges Priorisierungsmodell für Phasein-Stoffe

Die Registrierung muss schnell, kostengünstig und risikoorientiert erfolgen. Eine an Risiko, Exposition und Menge ausgerichtete Registrierungsreihenfolge leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Nur so lassen sich Gefahrenabwehr, Arbeits- und Verbraucherschutz, Tierschutz, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit sowie schlanke Administration gemeinsam realisieren. Es reicht hierbei aus, wenn die Daten nach bewährten Standards gewonnen worden sind.

Die Reihenfolge bei der Registrierung von Stoffen sollte sich an dem vorhandenen Risiko jedes Stoffs orientieren und außer der jährlichen Produktionsmenge auch die Einstufung nach Richtlinie 67/548/EWG sowie die von der Verwendung abhängige Exposition von Mensch und Umwelt berücksichtigen. Dazu ist die Einführung einer "Priorisierung" notwendig. Diese sollte einfach gestaltet werden und sich auf grundlegende Stoffdaten (z.B. den Datensatz der VCI-Selbstverpflichtung) sowie ergänzende Angaben zur Einstufung und Exposition stützen. Dabei sind Stoffdaten, die im Einklang mit bewährten Industriestandards gewonnen wurden, für die Priorisierung grundsätzlich zu akzeptieren. Diese Daten lassen sich mit begrenztem finanziellen Aufwand gewinnen, ohne selbst KMU personell oder finanziell zu überfordern. Durch eine Priorisierung stehen bereits nach kurzer Zeit grundlegende Daten für die Gefahrenabwehr zur Verfügung, die überdies zur späteren Registrierung mit herangezogen werden können oder in vielen Fällen dafür sogar bereits ausreichen. Auf Basis einer solchen Priorisierung kann die Europäische Chemikalienagentur die Stoffe auf den für die spätere Registrierung zur Verfügung stehenden Zeitraum aufteilen. Außerdem lassen sich Prioritätsstufen definieren und mit den für die Registrierung festgelegten Datenanforderungen des derzeitigen Verordnungsentwurfs verknüpfen.

Im weiteren Entscheidungsprozess sollten die Vorschläge der Ratspräsidentschaft sowie die Beschlüsse der Ausschüsse und des Plenums des Europäischen Parlaments im Hinblick auf ein einfaches und effizientes Registrierungsverfahren genau geprüft werden. Ein innovativer Vorschlag für eine praktikable Form der Priorisierung ist nachstehend ausführlich dargestellt und sollte entsprechend berücksichtigt werden.

Bildung von Prioritäten für die Registrierung von Stoffen nach der Europäischen Chemikalienverordnung

Vorschlag

Priorisierung insbesondere mit folgenden Informationen:

Aus den genannten Informationen wird auf einfache Weise eine Punktzahl errechnet, die die Zuordnung zu vier Prioritätsstufen für die Registrierung erlaubt. Prioritätsstufe 1 bedeutet, dass ein Stoff vorrangig registriert werden sollte. Bei Prioritätsstufe 4 erscheint die Registrierung am wenigsten dringlich. Aus den Prioritätsstufen ergeben sich durch Verknüpfung mit den Anhängen V bis VIII grundsätzlich auch die bei der späteren Registrierung beizubringenden Daten. Prioritätsstufe 4 entspricht Anhang V, Prioritätsstufe 3 Anhang VI, Prioritätsstufe 2 Anhang VII und Prioritätsstufe 1 Anhang VIII. Auf im Einzelfall nicht relevante Daten kann im Einvernehmen mit der Europäischen Chemikalienagentur verzichtet werden.

Das Arbeitsschema passt auf ein Blatt Papier und stellt sich wie unten unter "Arbeitsschema" dar.

Diese vorgeschlagene Methode der Prioritätenbildung misst toxischen und ökotoxischen Eigenschaften eine besondere Bedeutung bei, weil es hier bezüglich der Altstoffe häufig an ausreichenden Daten mangelt. In diesem Zusammenhang muss jedoch beachtet werden, dass eine Priorisierung zwangsläufig Schwerpunkte setzen muss und auf Basis weniger Stoffdaten lediglich die Reihenfolge der Registrierung beeinflussen soll. Wichtig ist auch, dass eine hohe jährliche Produktionsmenge bei der vorgeschlagenen Methode nicht automatisch zu einer hohen Priorität führt, falls nicht andere Risikofaktoren hinzutreten.

Etwaige bei der Anwendung des Arbeitsschemas vorhandene individuelle Beurteilungsspielräume sind sicherlich minimierbar, wenn die Europäische Chemikalienagentur durch interne Vorgaben auf eine einheitliche Vorgehensweise hinwirkt.

Arbeitsschema zur Auswertung der für die Prioritätenbildung verwendeten Informationen:

(Kursive Schrift: Erläuterungen)

HerstellungsmengePunkte
1 - 10 t/a0
10 - 100 t/a1Mengenstufen wie im Entwurf der europäischen Chemikalienverordnung
100 - 1 000 t/a2
> 1 000 t/a3

Einstufung gemäß Richtlinie 67/548/EWG

sehr giftigT+ 3Einstufung in Anlehnung an Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG oder Selbsteinstufung (Daten
giftigT 2aus Sicherheitsdatenblättern, Stoffberichten
gesundheitsschädlichXn 1oder Datenbanken)

Exposition Mensch (oral, dermal, inhalativ)

keine Exposition bei bestimmungsgemäßem Umgang oder

Umgang in geschlossenen Systemen und keine Verwendung beim Endverbraucher Exposition nur bei Unfällen/Störungen möglich;

bekanntermaßen keine relevanten toxischen Eigenschaften 0

ubiquitär in der Umwelt vorhandene Stoffe, z.B. Mineralien, Pflanzenextrakte

geringe Exposition 1


Umgang weniger als 10% der Arbeitszeit,
dauerhafte Bindung in einer Matrix, z. B Pigmente in Lacken,
Exposition nur bei gelegentlichen Wartungs-, Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten

dauerhafte/wiederholte Exposition 2


Freisetzung bei bestimmungsgemäßem Verbrauch,
Endverbraucherverwendung (soweit im Geltungsbereich der europäischen Chemikalienverordnung), z.B. Lösemittel, Treibgase, Textilien

Exposition Umwelt (Luft, Wasser, Boden)


keine Exposition bei bestimmungsgemäßem Umgang oder
Umgang in geschlossenen Systemen und keine Verwendung beim Endverbraucher Exposition nur bei Unfällen/Störungen möglich

bekanntermaßen keine relevanten ökotoxischen Eigenschaften 0

ubiquitär in der Umwelt vorhandene Stoffe, z.B. Mineralien, Pflanzenextrakte

geringe Exposition 1

teilweise Eintrag durch offenen Umgang in die Umwelt, dauerhafte Bindung in einer Matrix, Gefahrstoffe in Erzeugnissen

dauerhafte/wiederholte Exposition 2


Freisetzung bei bestimmungsgemäßem Verbrauch,
Endverbraucherverwendung (soweit im Geltungsbereich der europäischen Chemikalienverordnung): z.B. Lösemittel in Anstrichmitteln, Reinigungsmittel, Stoffe zum Einsatz beim Ackerbau bzw. im Garten

CMR- und vPvB-Stoffe werden der 1. Prioritätsstufe zugeordnet.

Einstufung in Anlehnung an Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG oder Selbsteinstufung (Daten aus Sicherheitsdatenblättern, Stoffberichten oder Datenbanken)

Aus der Summe der Punkte folgt die Zuordnung zu einer Prioritätsstufe:

Prioritätsstufen1 •6 Punkte und mehr
2• 5 Punkte
3• 4 Punkte
4• 3 Punkte und weniger

Beispiel Dichlormethan CAS-Nummer 75-09-2

Herstellungsmenge: 100 000 bis 500 000 t/a (IUCLID)

Einstufung: Xn gesundheitsschädlich

Verwendung:

Dichlormethan dient als Abbeizmittel für Lacke, Entfettungsmittel und Extraktionsmittel für Koffein sowie als Lösungsmittel für Harze, Fette, Kunststoffe und Bitumen. Außerdem wird es als Kältemittel in Kühlaggregaten eingesetzt.

Herstellungsmenge Einstufung angelehnt an Richtlinie 67/548/EWG

67/548/EWG">
PunktePunkte
1 -10 t/a0
10 - 100 t/a1gesundheitsschädlich Xn1
100 - 1000 t/a2giftig T2
> 1000 t/a3sehr giftig T+3

Exposition Mensch (oral, dermal, inhalativ)

Punkte
keine Exposition bei bestimmungsgemäßem Umgang oder bekanntermaßen keine relevanten toxischen Eigenschaften0
geringe Exposition1
dauerhafte/wiederholte Exposition2

Exposition Umwelt (Luft, Wasser, Boden)

keine Exposition bei bestimmungsgemäßem Umgang oder bekanntermaßen keine relevanten ökotoxischen Eigenschaften0
geringe Exposition1
dauerhafte/wiederholte Exposition2

Aus der Summe der Punkte folgt die Zuordnung zu einer Prioritätsstufe:

Prioritätsstufen
1• 6 Punkte und mehr
2• 5 Punkte
3• 4 Punkte
4• 3 Punkte und weniger