936. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2015
A
Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgendem Grund einberufen wird:
1. Zu Artikel 11 Nummer 1 (§ 21a Satz 2 BZRG)
Artikel 11 Nummer 1 ist zu streichen.
Begründung:
Gegenüber dem Gesetzentwurf, wie er Gegenstand des ersten Durchgangs war (vgl. BR-Drucksache 123/15 (PDF) ), ist in das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz auf Empfehlung seines Innenausschusses (vgl. BT-Drucksache 18/5415) eine Ergänzung der Vorschrift des § 21a Satz 2 BZRG aufgenommen worden.
Sie sieht vor, dass die Vorschriften der § 492 Absatz 4a StPO und § 8 ZStV für das Bundeszentralregister entsprechend gelten sollen.
§ 492 Absatz 4a Satz 1 StPO selbst bestimmt, dass die Registerbehörde für das Zentrale staatsanwaltliche Verfahrensregister eine Ähnlichkeitsabfrage vornimmt, wenn sie einen Datensatz nicht eindeutig einer bestimmten Person zuordnen kann. Sie übermittelt dann alle Datensätze an die ersuchende Stelle zur Identitätsfeststellung von Personen mit ähnlichen Personalien, die die ersuchende Stelle ihrerseits selbst auswerten muss, um die Identität zu bestimmen. Anschließend sind alle übermittelten Daten, die sich nicht auf den Betroffenen beziehen, zu löschen.
Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs der automatisierten Ähnlichkeitsanfrage oder des -services ist abzulehnen, weil durch seine Einführung in das Bundeszentralregister ein Vielfaches an persönlichen Daten preisgegeben werden würde, als es sinnvollerweise zum Zwecke der Verbesserung der Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden erforderlich wäre.
Es ist nicht zu erkennen, dass die weitergehendere Datenübermittlung gegenüber dem bisherigen schonenderen Verfahren nach den §§ 3 und 41 BZRG erforderlich ist.
Während gegenwärtig bei fehlerhaften, unvollständigen oder zweifelhaften Daten zur Identitätsfeststellung ein Mitarbeiter der Registerbehörde durch weitere Rückfragen und Korrekturen des Bundeszentralregisters den benötigten eindeutigen Datensatz ermittelt und zur Verfügung stellt, würde in Zukunft eine Liste von personenbezogenen Datensätzen übermittelt, die zur Ermittlung der Identität des Betroffenen in Betracht kommen. Dies führt zu einem in der Breite weitaus stärkeren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht all derer, die dadurch in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten. Daran ändert auch die nachträgliche Löschungspflicht nichts.
Zum anderen würde die automatisierte Datenabfrage aufgrund der insoweit uneingeschränkten Verweisung nicht nur zugunsten der Verfassungsschutzbehörden anzuwenden sein, sondern alle auskunftsberechtigten Stellen nach § 41 BZRG betreffen (Gerichte, oberste Landesbehörden, Finanzämter, Jagdbehörde, Gnadenbehörde u.a. m.). Die originäre Zielsetzung des Gesetzes gerät dabei aus dem Blick.
2. Hilfsempfehlung zu Ziffer 1
Zu Artikel 11 Nummer 1 (§ 21a Satz 2 BZRG)
Artikel 11 Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:
'1. § 21a Satz 2 wird wie folgt geändert:
a) Nach dem Wort "entsprechend" wird der Punkt am Ende durch ein Semikolon ersetzt.
- b) Folgender Halbsatz wird angefügt:
"für Auskunftsersuchen der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen Abschirmdienstes gelten darüber hinaus § 492 Absatz 4a der Strafprozessordnung und § 8 der Verordnung über den Betrieb des Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregisters entsprechend." '
Begründung:
Gegenüber dem Gesetzentwurf, wie er Gegenstand des ersten Durchgangs war (vgl. BR-Drucksache 123/15 (PDF) ), ist in das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz auf Empfehlung seines Innenausschusses (vgl. BT-Drucksache 18/5415) eine Ergänzung der Vorschrift des § 21a Satz 2 BZRG aufgenommen worden.
Sie sieht vor, dass die Vorschriften der § 492 Absatz 4a StPO und § 8 ZStV für das Bundeszentralregister entsprechend gelten sollen.
§ 492 Absatz 4a Satz 1 StPO selbst bestimmt, dass die Registerbehörde für das Zentrale staatsanwaltliche Verfahrensregister eine Ähnlichkeitsabfrage vornimmt, wenn sie einen Datensatz nicht eindeutig einer bestimmten Person zuordnen kann. Sie übermittelt dann alle Datensätze an die ersuchende Stelle zur Identitätsfeststellung von Personen mit ähnlichen Personalien, die die ersuchende Stelle ihrerseits selbst auswerten muss, um die Identität zu bestimmen. Anschließend sind alle übermittelten Daten, die sich nicht auf den Betroffenen beziehen, zu löschen.
Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs der automatisierten Ähnlichkeitsanfrage oder des -services ist abzulehnen, weil durch seine Einführung in das Bundeszentralregister ein Vielfaches an persönlichen Daten preisgegeben werden würde, als es sinnvollerweise zum Zwecke der Verbesserung der Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden erforderlich wäre.
Es ist nicht zu erkennen, dass die weitergehendere Datenübermittlung gegenüber dem bisherigen schonenderen Verfahren nach den §§ 3 und 41 BZRG erforderlich ist.
Während gegenwärtig bei fehlerhaften, unvollständigen oder zweifelhaften Daten zur Identitätsfeststellung ein Mitarbeiter der Registerbehörde durch weitere Rückfragen und Korrekturen des Bundeszentralregisters den benötigten eindeutigen Datensatz ermittelt und zur Verfügung stellt, würde in Zukunft eine Liste von personenbezogenen Datensätzen übermittelt, die zur Ermittlung der Identität des Betroffenen in Betracht kommen. Dies führt zu einem in der Breite weitaus stärkeren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht all derer, die dadurch in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten. Daran ändert auch die nachträgliche Löschungspflicht nichts.
Zum anderen würde die automatisierte Datenabfrage aufgrund der insoweit uneingeschränkten Verweisung nicht nur zugunsten der Verfassungsschutzbehörden anzuwenden sein, sondern alle auskunftsberechtigten Stellen nach § 41 BZRG betreffen (Gerichte, oberste Landesbehörden, Finanzämter, Jagdbehörde, Gnadenbehörde u.a. m.). Die originäre Zielsetzung des Gesetzes gerät dabei aus dem Blick.
B
3. Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat für den Fall, dass der Bundesrat die Anrufung des Vermittlungsausschusses aus anderen Gründen beschließt, zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes auch aus folgendem Grund zu verlangen:
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c (§ 5 Absatz 1 Satz 2 BVerfSchG)
In Artikel 1 Nummer 2 ist Buchstabe c aufzuheben.
Begründung:
Der Bundesrat lehnt die vorgesehene Erweiterung operativer Zuständigkeiten des Bundesamts für Verfassungsschutz für sämtliche, auch nicht länderübergreifende gewaltorientierte Bestrebungen ab. Aus dem schlichten Gewaltbezug allein kann noch nicht auf eine generelle Betroffenheit des Bundes geschlossen werden. Die politische Verantwortlichkeit für die darauf gestützten Maßnahmen ist nicht mehr klar zuzuordnen. Die im Gesetz vorgesehene bloße Kenntnisgabe ("Benehmen") reicht nicht aus; der Bundesrat erachtet eine Änderung durch Einführung eines echten Zustimmungsvorbehalts ("Einvernehmen") im Sinne der föderalen Sicherheitsarchitektur für zwingend geboten.