Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 354/83 im Hinblick auf die Bestimmung des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz zum Standort der historischen Archive der Europäischen Organe - COM (2012) 456 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Das Europäische Parlament und der Europäische Datenschutzbeauftragte werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 546/99 = AE-Nr. 992680,
Drucksache 113/00 = AE-Nr. 000469 und AE-Nr. 022890

Europäische Kommission
Brüssel, den 16.8.2012
COM (2012) 456 final 2012/0221 (APP)

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 354/83 im Hinblick auf die Bestimmung des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz zum Standort der historischen Archive der Europäischen Organe

Begründung

1. Hintergrund des Vorschlags

1.1. Allgemeiner Kontext

Gemäß einer im Februar 1983 erlassenen Verordnung1 sind die Organe im Sinne von Artikel 1 der Verordnung verpflichtet, historische Archive zu erstellen und sie der Öffentlichkeit nach Ablauf einer Frist von dreißig Jahren zugänglich zu machen. Jedes Organ kann seine historischen Archive an dem seiner Ansicht nach geeignetsten Ort unterbringen.

Der italienische Staat stellt dem EHI unbefristet und kostenlos geeignete Räumlichkeiten für die Aufbewahrung der Archive zur Verfügung. Dadurch werden Aufbewahrung und Schutz des Archivmaterials entsprechend den anerkannten internationalen Normen gewährleistet.

Mit der Aufbewahrung der Archive der EU-Organe beim EHI sollen der Archivzugang an einem einzigen, zentralen Standort gewährleistet und die Konsultation der Archive und die Erforschung der Geschichte der europäischen Integration und der europäischen Institutionen gefördert werden.

1.2 Ziel des Vorschlags

Mit dem Vorschlag soll der Auftrag des EHI zur Verwaltung der historischen Archive der Organe bestätigt werden. Er soll eine solide rechtliche und finanzielle Grundlage für die Partnerschaft zwischen der EU und dem EHI legen.

1.3 Wesentliche Bestandteile des Vorschlags

Mit dem Vorschlag soll das EHI zum Standort der historischen Archive der Organe bestimmt werden. Sämtliche Organe mit Ausnahme des Europäischen Gerichtshofs und der Europäischen Zentralbank werden künftig ihre archivierten Unterlagen beim EHI hinterlegen, sobald sie gemäß der bestehenden Verordnung für die Öffentlichkeit freigegeben wurden.

Der Vorschlag bewirkt keine Änderung der Eigentumsverhältnisse: die archivierten Unterlagen bleiben Eigentum der hinterlegenden Organe. Ebenso wenig hat er Auswirkungen auf die bestehenden Regeln, nach denen die Organe darüber befinden, welche Dokumente sie nach 30 Jahren für die Öffentlichkeit freigeben.

Die Betriebs- und Personalkosten des EHI für die Verwaltung der Archive werden aus dem Gesamthaushalt der EU finanziert; davon ausgenommen sind Kosten für die Bereitstellung und Ausstattung der Gebäude und Anlagen, in denen die Archive und die Mitarbeiter untergebracht sind. Das EHI wird die historischen Archive der EU der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Organe sind jedoch hierdurch nicht daran gehindert, ihrerseits der Öffentlichkeit Zugang zu ihrem eigenen Archiv zu gewähren.

Im Vorschlag wird zwischen der Hinterlegung von Schriftgut in Papierform und in digitaler Form unterschieden. Archivalien in Papierform werden wie bisher beim EHI hinterlegt und aufbewahrt. Das EHI wird jedoch nicht verpflichtet, der Öffentlichkeit ein digitales Archiv zur Verfügung zu stellen. Für die langfristige Aufbewahrung ihres digitalen Archivs sind weiterhin die jeweiligen Organe zuständig.

Im Vorschlag wird präzisiert, wie das EHI in den historischen Archiven der Organe enthaltene personenbezogene Daten zu schützen hat. Ferner wird festgelegt, dass jedes Organ Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 354/83 mit Regeln für die Erhaltung, die Freigabe und den Schutz der in den historischen Archiven enthaltenen personenbezogenen Daten erlässt.

2. Ergebnisse der Konsultation interessierter Kreise

Für diesen Vorschlag ist keine Folgenabschätzung erforderlich.

Eine Konsultation hat stattgefunden. Das EHI als die aufbewahrende Einrichtung und Italien als Land des Archivsitzes befürworten den Vorschlag. Die Verwaltungsdienststellen der EU-Organe und der EU-Agenturen unterstützen ebenfalls das Ziel des Vorschlags.

Der Europäische Gerichtshof und die Europäische Zentralbank haben darum gebeten, von der Verpflichtung zur Hinterlegung ihrer historischen Archive beim EHI ausgenommen zu werden. Sie schließen allerdings eine freiwillige Hinterlegung ihrer Archive beim EHI für die Zukunft nicht aus. Diese Haltung trägt der besonderen Natur der betreffenden Archive und der aktuellen Praxis in vielen Mitgliedstaaten in Bezug auf die Archive gleichartiger Einrichtungen Rechnung.

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

3.1 Kernbestimmung des Vorschlags

Im Vorschlag wird bestimmt, dass die historischen Archive der Organe beim Europäischen Hochschulinstitut (EHI) in Florenz (Italien) hinterlegt werden, wo sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

3.2 Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für diesen Vorschlag ist Artikel 352 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Die Ratsverordnung Nr. 354/83 und der Änderungsrechtsakt im Jahr 2003 waren auf der Grundlage von Artikel 308 EGV, dem Vorläufer des Artikels 352 AEUV, erlassen worden.

Das zentrale Anliegen der Verordnung Nr. 354/83 , die Freigabe der Archive der Organe nach 30 Jahren, wird durch diesen Vorschlag nicht berührt. Durch diesen Änderungsvorschlag wird lediglich festgelegt, dass die Organe ihr Archivmaterial nach seiner Freigabe gemäß der bestehenden Verordnung beim EHI zu hinterlegen haben. Damit wird die bestehende Situation förmlich bestätigt, da die meisten Organe ihr freigegebenes Archivmaterial bereits beim EHI hinterlegen.

Gemäß Artikel 3 Absatz 3 EUV wahrt die EU den Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt und sorgt für den Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes Europas Die historischen Archive der Organe sind Teil des kulturellen Erbes Europas, und ihre Freigabe für die Öffentlichkeit dient somit in erster Linie wissenschaftlichen, bildungspolitischen und kulturellen Zielen. Die Union kann entsprechende Maßnahmen der Mitgliedstaaten unterstützen, koordinieren oder ergänzen, aber der Vertrag sieht nicht die erforderlichen Befugnisse in Bezug auf die historischen Archive der Organe vor.

Die Verwendung einer anderen Rechtsgrundlage würde dazu führen, dass eine neue Verordnung vorgeschlagen werden müsste, und damit würden sämtliche Bestimmungen der Ratsverordnung 354/83 einschließlich ihrer Grundsätze einer möglichen Neuverhandlung ausgesetzt. Das würde weit über das mit diesem Vorschlag angestrebte Ziel hinausgehen.

Die Möglichkeit eines Vorschlags auf der Grundlage von Artikel 15 Absatz 3 AEUV wurde geprüft, aber aus folgenden Gründen verworfen:

Mit der Einrichtung der historischen Archive wird vorrangig das Ziel verfolgt, Dokumente nach ihrem dauerhaften administrativen, historischen oder dokumentarischen Wert für die Wahrung und Weitergabe des historischen Erbes der Organe auszuwählen. Jedes Organ öffnet von sich aus seine historischen Archive nach 30 Jahren für die Öffentlichkeit und informiert darüber hinaus über den organisatorischen und operativen Kontext der Dokumente. Damit gehen sie weit über das öffentliche Recht auf Zugang zu Dokumenten nach Artikel 15 Absatz 3 AEUV hinaus, das vornehmlich die gute Verwaltungspraxis fördern und die Mitwirkung der Öffentlichkeit an den Entscheidungsprozessen der Organe gewährleisten soll.

Der Rückgriff auf Artikel 15 Absatz 3 AEUV würde den Geltungsbereich der Regeln für die Freigabe historischer Archive reduzieren, da die Europäische Zentralbank, die Europäische Investitionsbank und der Europäische Gerichtshof, für die die Verordnung Nr. 354/83 gilt, nur unter eine auf dieser Grundlage erlassene Verordnung fallen würden, soweit ihre Verwaltungstätigkeit betroffen ist.

3.3 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag beschränkt sich auf die Regelung der Aufbewahrung der historischen Archive der Organe beim EHI.

3.4 Wahl des Instruments

Eine Verordnung ist die einzige taugliche solide rechtliche und finanzielle Grundlage für die Partnerschaft zwischen der EU und dem EHI. Vorgeschlagen wird die geringfügige Änderung einer bestehenden Verordnung.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag, die Hinterlegung der historischen Archive der Organe beim EHI verbindlich vorzuschreiben, wird kurz- und mittelfristig keine Auswirkungen auf den Haushalt haben. Die langfristigen Haushaltsfolgen sind voraussichtlich unbedeutend.

Die drei größten Organe, das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission, sowie der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Europäische Rechnungshof und die Europäische Investitionsbank lassen ihre historischen Archive bereits vom EHI aufbewahren. Die Verwaltung dieser Archive in Florenz wird bereits seit der erstmaligen Hinterlegung von Archivmaterial beim EHI vor mehr als einem Vierteljahrhundert aus dem EU-Haushalt finanziert. Im Finanzbogen ist vorgesehen, dass diese Finanzierung fortgesetzt wird. Die Kosten tragen die hinterlegenden Organe anteilig zum Arbeitsaufwand des EHI für ihre jeweiligen Archive.

Die Räumlichkeiten für die Unterbringung der Archive und die Büroräume für die Archivverwaltung beim EHI stellt der italienische Staat zur Verfügung.

Die vorgeschlagene Änderung der Verordnung wird dazu führen, dass mehr Organe als bisher ihr Archiv beim EHI hinterlegen werden. Da die Freigabefrist für die historischen Archive 30 Jahre beträgt, wird noch beträchtliche Zeit vergehen, bevor andere Organe als die, die bereits jetzt ihre Archive vom EHI aufbewahren lassen, von dem Vorschlag betroffen sein werden. Außerdem wird die zunehmende Digitalisierung des Archivmaterials Größenvorteile bei seiner Aufbereitung und der Verbreitung durch das EHI ermöglichen.

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 354/83 im Hinblick auf die Bestimmung des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz zum Standort der historischen Archive der Europäischen Organe

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 352, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, nach Konsultation des Europäischen Datenschutzbeauftragten, gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

HAT folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1

Die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 354/83 wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anhang

Folgender Anhang wird angefügt:

"Anhang
Bestimmungen über die Hinterlegung der historischen Archive der Europäischen Organe beim Europäischen Hochschulinstitut in Florenz

Finanzbogen zu Rechtsakten

Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument.