Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG KOM (2009) 363 endg.; Ratsdok. 11892/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 23. Juli 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 16. Juli 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 17. Juli 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 767/02 = AE-Nr. 023060 und AE-Nr. 080864

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

Mit der von der Kommission vorgeschlagenen Verordnung wird die Richtlinie 2004/67/EG über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung1 aufgehoben. Angesichts der wachsenden Abhängigkeit von Importen und der steigenden Risiken bei Lieferung und Transit durch Drittländer sowie angesichts der zunehmenden Gasmengen und der Vollendung des Erdgasbinnenmarkts innerhalb der Gemeinschaft reicht die Richtlinie nicht mehr aus.

Als Reaktion auf die russischukrainische Gaskrise im Januar 2009, die zu einer beispiellosen Störung der durch die Ukraine geleiteten Erdgaslieferungen in die Gemeinschaft führte, haben der Europäische Rat und das Europäische Parlament eine beschleunigte Überprüfung der bestehenden Richtlinie gefordert. Auch ist nicht auszuschließen, dass es - sogar in naher Zukunft - zu einer weiteren größeren Störung der Erdgasversorgung kommt. Daher muss die Gemeinschaft auf künftige Störungen der Gasversorgung vorbereitet sein.

Die Krise im Januar hat gezeigt, dass die Erdgaswirtschaft, die Mitgliedstaaten und die Organe der Gemeinschaft ihre jeweilige Rolle genauer definieren müssen, um Versorgungsstörungen kurzfristig bewältigen zu können und um langfristig die notwendige Infrastruktur vorzuhalten. Aus der Krise lässt sich die Lehre ziehen, dass Maßnahmen nur dann ineinander greifen und wirksam sind, wenn sie rechtzeitig vorbereitet und auf Gemeinschaftsebene koordiniert werden.

Dieser Verordnungsvorschlag dient dem Aufbau eines funktionierenden Erdgasbinnenmarkts und der sicheren Energieversorgung und damit den Zielen der Union.

2. Anhörung von Interessierten Kreisen und Folgenabschätzung

Öffentliche Anhörungen

Am 13. November 2008 veröffentlichte die Gemeinschaft eine Mitteilung über die Umsetzung der bestehenden Richtlinie (KOM (2008) 769). Nach der Veröffentlichung fand von November 2008 bis März 2009 eine öffentliche Anhörung der interessierten Kreise, d. h. der Mitgliedstaaten, Branche, Regulierungsstellen und Bürger, statt. Auch in der Koordinierungsgruppe "Erdgas", in der die Mitgliedstaaten, die Erdgaswirtschaft und die Verbraucher über ihre jeweiligen europäischen Verbände (Eurogas, OGP, GIE, IFIEC, BEUC, Eurelectric) vertreten sind, fanden am 23. Februar, 2. April und 13. Mai Anhörungen zu den Einzelheiten einer neuen Rechtsgrundlage für die Sicherheit der Erdgasversorgung statt. Ferner kam es auf den Sitzungen des Energierats am 12. Januar und am 19. Februar 2009 zu einem Meinungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, wobei einige nachträglich ihre Kommentare schriftlich der Kommission übermittelten.

Folgenabschätzung

Bei der Folgenabschätzung wurden fünf Optionen in Betracht gezogen:

Zu den Optionen 1 und 2 führte die Kommission eine Bewertung der Umsetzung der bestehenden Richtlinie durch. Angesichts der wachsenden Abhängigkeit von Importen und der steigenden Risiken bei Lieferung und Transit durch Drittländer sowie angesichts der zunehmenden Gasmengen und der Vollendung des Erdgasbinnenmarkts innerhalb der Gemeinschaft kam sie zu dem Schluss, dass die bestehende Richtlinie nicht mehr ausreicht.

Die Option 3 hat den großen Nachteil, dass nicht sichergestellt ist, dass sich alle Betroffenen an freiwilligen Maßnahmen beteiligen und diese Maßnahmen aufeinander abstimmen. Ferner werden die für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit notwendigen zusätzlichen Kapazitäten nicht unbedingt durch die Marktkräfte bereitgestellt. Hinsichtlich der Optionen 4 und 5 (Wahl des Rechtsinstruments) ist die Kommission der Auffassung, dass eine Verordnung besser geeignet ist als eine Richtlinie und zwar aus folgenden Gründen:

Eine Verordnung ist von den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten, der Erdgaswirtschaft und den Kunden unmittelbar anzuwenden. Sie muss keinen langwierigen Umsetzungsprozess durchlaufen, sie gewährleistet klare und einheitliche Standards und Verpflichtungen für die gesamte Gemeinschaft und bezieht die Gemeinschaftsorgane direkt ein.

3. Rechtliche Aspekte

Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage des Vorschlags ist Artikel 95 EG-Vertrag. Wichtigstes Ziel des Vorschlags ist die Erhöhung der Erdgasversorgungssicherheit, indem Anreize für Investitionen in die zur Umsetzung des n-1-Prinzips notwendigen Verbindungsleitungen und in Transporte entgegen der vorherrschenden Gasflussrichtung geschaffen werden. Auch werden diese Verbindungsleitungen für das reibungslose Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts benötigt.

Die Verordnung setzt zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit vor allem auf den Erdgasbinnenmarkt. Die Bestimmungen sollen die Erdgasunternehmen in die Lage versetzen, ihre Kunden gemeinschaftsweit solange wie möglich und ohne nationale Einschränkungen zu beliefern. Der Verordnung zufolge darf die zuständige Behörde auf nicht marktgerechte Maßnahmen nur im Notfall und als äußerstes Mittel zurückgreifen, wenn alle marktgerechten Maßnahmen ausgeschöpft sind und die Erdgasunternehmen die Lieferstörungen nicht mehr auffangen können. Auch wird die Position der Kommission gestärkt, die sicherstellen muss, dass der Binnenmarkt möglichst lange funktioniert und die auf einzelstaatlicher Ebene beschlossenen Maßnahmen mit diesem Grundsatz vereinbar sind.

Subsidiaritätsprinzip

Mit diesem Vorschlag soll die Versorgungssicherheit der Gemeinschaft gestärkt werden. Die Unterbrechung der Erdgaslieferung im Januar 2009 machte deutlich, welch enorme und mit Vollendung des Energiebinnenmarkts zunehmende Bedeutung eine sichere Erdgasversorgung für die gesamte Gemeinschaft hat, weshalb die Einbeziehung der Gemeinschaftsorgane, insbesondere der Kommission, gerechtfertigt ist. Im Notfall ist die Kommission bestens positioniert, die Maßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu koordinieren und den Dialog mit Drittstaaten zu erleichtern. Die beste Garantie für die Versorgungssicherheit ist ein großer, gut vernetzter und wettbewerbsgeprägter Binnenmarkt, der sich auf diversifizierte Bezugsquellen und Lieferwege stützt und so die Auswirkungen einer Versorgungsstörung auf einzelne Mitgliedstaaten oder Versorgungsunternehmen streut. So lassen sich Versorgungsstörungen vermeiden und man ist auf sie vorbereitet.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er geht nicht über das zur Erreichung der Ziele notwendige Maß hinaus. Die Mitgliedstaaten werden auch in Zukunft für ihrer Versorgungssicherheit zuständig sein und diese unter Berücksichtigung ihrer nationalen Besonderheiten bei der Erdgasversorgung mit großer Flexibilität bei der Wahl der Vorkehrungen und Instrumente gewährleisten können.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag wird sich nur geringfügig auf den Gemeinschaftshaushalt auswirken. Insbesondere geht es um die Deckung der Kosten für Sitzungen der Koordinierungsgruppe "Erdgas" und der Kosten, die bei einem Einsatz der Task Force entstehen, die zur Überwachung und Protokollierung der Gasmengen innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft eingesetzt werden kann. Im Krisenfall können Dienstreisen außerhalb der Gemeinschaft aus Mitteln des Stabilitätsinstruments finanziert werden.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

Haben folgende Verordnung erlassen:

Artikel 1
Gegenstand

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Artikel 3
Zuständigkeit für die Sicherheit der Erdgasversorgung

Artikel 4
Aufstellung des Präventions- und des Notfallplans

Artikel 5
Inhalt des Präventionsplans

Artikel 6
Infrastrukturstandard

Artikel 7
Versorgungsstandard

Artikel 8
Risikobewertung

Artikel 9
Notfallplan und Krisenstufen

Artikel 10
Reaktionen der Gemeinschaft auf einen Notfall

Artikel 11
Koordinierungsgruppe "Erdgas"

Artikel 12
Informationsaustausch

Artikel 13
Erdgasversorgungssicherheit - Überwachung und Berichterstattung

Artikel 14
Überwachung

Artikel 15
Aufhebung

Artikel 16


Brüssel, den
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Anlage I
Berechnung des N-1-Indikators

1. Berechnung des n-1-Indikators

Mit dem n-1-Indikator wird die Fähigkeit einer Gasinfrastruktur zur Lieferung des Gases beschrieben, mit dem in einem berechneten Gebiet bei Ausfall der größten Infrastruktur die maximale Erdgasnachfrage gedeckt wird. "Berechnetes Gebiet" bezeichnet ein geografisches Gebiet, für das der "n-1-Indikator" berechnet und angewandt wird.

Die technische Kapazitat14 der übrigen Gasversorgungsinfrastruktur sollte bei Ausfall der größten Infrastruktur mindestens der Gesamtnachfrage des berechneten Gebiets nach Erdgas entsprechen, die unter der Annahme, dass für die Dauer von sechzig Tagen infolge einer extremen Kaltwetterperiode, wie sie statistisch gesehen einmal in zwanzig Jahren auftritt, außerordentlich hoch ist.

Der wie folgt berechnete n1-Indikator sollte mindestens 100 % betragen

Definitionen Angebotsseite:

Berechnung der Nachfrage

Anhang II
Liste marktgerechter Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung

Bei der Erstellung der Präventions- und Notfallpläne berücksichtigt die zuständige Behörde die folgende vorläufige und nicht erschöpfende Liste von Maßnahmen:

Angebotsseite

Nachfrageseite

Anhang III
Liste nicht marktgerechter Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung

Bei der Erstellung der Präventions- und Notfallpläne erwägt die zuständige Behörde, folgende Maßnahmen ausschließlich im Notfall zu ergreifen:

Angebotsseite

Nachfrageseite

Finanzbogen

Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument