Der federführende Rechtsausschuss (R),
der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS) und
der Wirtschaftsausschuss (Wi)
empfehlen dem Bundesrat,
zu dem Gesetzentwurf
gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes
wie folgt Stellung zu nehmen:
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft(SEEG)
A. Zum Gesetzentwurf insgesamt
- 1. Mit Blick auf die zum 1. Oktober 2004 geforderte Umsetzung der Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 hat die Bundesregierung nunmehr einen Gesetzentwurf zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und damit auch zur Regelung der Mitbestimmung in dieser Gesellschaft vorgelegt. Der Bundesrat stellt fest, dass die kurze Frist, die den Ländern zur Prüfung der Vorlage zur Verfügung stand, der Bedeutung und Komplexität des Vorhabens nicht angemessen war.
- 2. Auch wenn der von der Richtlinie vorgegebene und im Entwurf umgesetzte Vorrang der Verhandlungslösung positiv zu bewerten ist, weil die Verhandlungslösung die Möglichkeit bietet, eine für jedes Unternehmen adäquate Regelung der Mitbestimmung zu vereinbaren, so sieht der Bundesrat jedoch die Gefahr, dass deutsche Unternehmen auf europäischer Ebene als Partner für eine Europäische Gesellschaft nicht in Betracht kommen werden.
- 3. Die Bundesregierung hat den von der Richtlinie vorgegebenen Spielraum zur Abwendung dieser Gefahr nicht genutzt.
Sie will die Auffangregelung für die Mitbestimmung in Teil 3 des Anhangs der Richtlinie 2001/86/EG vielmehr ohne Ausnahmen in deutsches Recht umsetzen.
Nach den Regelungen zur Mitbestimmung kraft Gesetzes (§§ 34 ff. SEBG-E) bemisst sich der Anteil der Arbeitnehmer zwingend nach dem höchsten Arbeitnehmeranteil im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der beteiligten Gesellschaften vor Gründung der SE. Diese Regelung greift immer dann, wenn die Verhandlungen nicht innerhalb der vorgegebenen Frist zu einer Mitbestimmungsvereinbarung geführt haben und auch ein Beschluss über den Abbruch der Verhandlungen nicht gefasst wurde.
Es ist davon auszugehen, dass sich der höchste Arbeitnehmeranteil bei der Beteiligung eines deutschen Unternehmens aus dem deutschen Mitbestimmungsmodell ergibt. Da dieses bei ausländischen Investoren auf Bedenken stößt dürfte deren Bereitschaft, mit deutschen Unternehmen eine Europäische Gesellschaft zu gründen, eher gering sein.
Hieraus kann sich ein gravierender Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen und in der Folge auch für den deutschen Arbeitsmarkt ergeben.
Der Bundesrat erkennt an, dass die Sicherung erworbener Mitbestimmungsrechte fundamentaler Grundsatz und erklärtes Ziel der Richtlinie 2001/86/EG ist und damit nicht zur Disposition des nationalen Gesetzgebers steht.
Um dennoch die Attraktivität der Europäischen Gesellschaft im Hinblick auf die Fusion deutscher Unternehmen mit europäischen Partner zu steigern, wird die Bundesregierung aufgefordert, die nach der Richtlinie 2001/86/EG möglichen Maßnahmen hiergegen zu ergreifen und von der Ermächtigung in Artikel 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/86/EG Gebrauch zu machen.
Die Mitgliedstaaten können danach für den Fall der Verschmelzung von der Umsetzung der Auffangregelung zur Mitbestimmung (Anhang Teil 3) absehen.
Der Schutz der Mitbestimmung ist auch in diesen Fällen gewährleistet, da die Registrierung einer Europäischen Gesellschaft gemäß Artikel 12 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft davon abhängt, dass eine Vereinbarung nach Artikel 4 der Richtlinie 2001/86/EG über die Modalitäten der Beteiligung der Arbeitnehmer - einschließlich der Mitbestimmung - geschlossen wurde oder, dass keine der beteiligten Gesellschaften zuvor mitbestimmt war. Entsprechende ergänzende Regelungen sind im SEAG-E (Artikel 1 SEEG) zu treffen.
Eine solche Umsetzung der Richtlinie 2001/86/EG würde einerseits dazu beitragen, die Europäische Gesellschaft auch für eine Fusion mit deutschen Unternehmen attraktiver zu machen und andererseits Impulse für die Vereinbarung spezifischer auf das Unternehmen zugeschnittener Mitbestimmungsregelungen geben.
- 4. Der Bundesrat bittet darüber hinaus, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen wie die Mitbestimmung im monistischen System entsprechend dem in Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2001/86/EG festgeschriebenen Vorher-Nachher-Prinzip verfassungs- und europarechtskonform umgesetzt werden kann.
Mitbestimmung im dualistischen System nach deutschem Recht bedeutet bisher im Wesentlichen die Wahrnehmung von Kontroll- und Überwachungsaufgaben im Aufsichtsrat.
Nach dem Entwurf soll jedoch der Arbeitnehmeranteil aus dem Mitbestimmungsrecht des dualistischen Systems 1:1 in das auch für die Geschäftsführung zuständige Verwaltungsorgan nach dem monistischen System übertragen werden.
Da sich die Aufgaben in einem Aufsichtsgremium erheblich von denen in einem Verwaltungsorgan unterscheiden, wird diese Lösung dem Grundgedanken des Vorher-Nachher-Prinzips nicht gerecht.
- 5. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, in welcher Weise Vorkehrungen gegen den Missbrauch ausländischer Gesellschaftsformen getroffen werden können.
Begründung
Erfahrungen bei den Handelsregistern zeigen, dass sich die englische Gesellschaftsform "Ltd." zunehmender Beliebtheit erfreut, wohl deswegen, weil ihre Gründungsanforderungen sehr niedrig sind. Die künftige Wahlfreiheit lässt erwarten, dass sich dieser Trend verstärken wird. Es wird dann zunehmend zur Gründung englischer europäischer Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland kommen. Deutschland sollte dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen, sondern umgehend prüfen, auf welche Weise auf diese Herausforderung reagiert werden kann.
In der Praxis der Registergerichte stellt sich zunehmend das Problem, dass die Gründung einer englischen "Ltd." dazu missbraucht wird, deutsche Gewerbeverbote zu umgehen, etwa indem eine mit einem Gewerbeverbot belegte Person das Direktorenamt einer englischen Gesellschaft übernimmt. Auch dies sollte bei den zu treffenden Maßnahmen Berücksichtigung finden.
- 6. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Anwendung des Gesetzes für die Gerichte, aber auch für die Wirtschaft vereinfacht und damit verbessert werden kann.
Begründung
Das gesetzgeberische Grundkonzept, die Europäische Gesellschaft für den deutschen Bereich nicht einheitlich, sondern in Form verschiedener Rechtsakte (EU-Ratsverordnung, Richtlinie des Rates, Deutsches Ausführungsgesetz, Allgemeines Aktienrecht) mit entsprechend komplexer Verweisungstechnik - gerichtliche Stellungnahmen sprechen von Verweisungskaskaden - zu regeln, mag für den Gesetzgeber der einfachere Weg sein. Für den Rechtsanwender ist diese Konzeption in jedem Fall erheblich nachteilig, weil sie die Rechtserkenntnis und die Rechtsanwendung massiv erschwert. Allein von daher wird eine Umsetzung des Entwurfs mit einer deutlichen Mehrbelastung der mit einschlägigen Fragen befassten Gerichte verbunden sein. Die floskelhafte Bemerkung der Entwurfsbegründung (allgemeine Begründung, Abschnitt IV, S. 75), wonach durch den Entwurf eine nennenswerte Belastung der Haushalte der Länder nicht zu erwarten sei, wird sich als Illusion erweisen.
- 7. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der Richtervorbehalt in § 17 Nr. 1 RPflG um die Europäische Gesellschaft zu ergänzen ist.
Begründung
Eine Ergänzung von § 17 Nr. 1 RPflG erscheint erforderlich, um die im Rechtspflegergesetz vorgesehene Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Richtern einerseits sowie Rechtspflegern andererseits einheitlich zu gestalten.
Ohne die Einführung eines Richtervorbehaltes wäre für alle Register- und Handelssachen betreffend die SE die Rechtspflegerzuständigkeit begründet, sofern die registergerichtliche Praxis - was unsicher sein könnte - nicht den Richtervorbehalt über die Aktiengesellschaft auf die SE entsprechend anwendet. Demgegenüber wäre die Rechtspflegerzuständigkeit wegen des bei den anderen Kapitalgesellschaften für die in § 17 Nr. 1 RPflG aufgeführten Angelegenheiten vorgesehenen Richtervorbehalts systemwidrig.
Der vorzusehende Richtervorbehalt stünde auch im Gleichklang mit der nach § 17 Nr. 2 Buchstabe a RPflG bestehenden Richterzuständigkeit für die nach Artikel 8 Abs. 8 und Artikel 25 Abs. 2, 26 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 zu erteilenden Bescheinigungen. Diese ergibt sich durch den Verweis auf § 145 FGG ohne Normierung von weiteren Ausnahmetatbeständen in § 17 Nr. 2 Buchstabe a RPflG.
Zu den einzelnen Vorschriften
- 8. Zu Artikel 1 ( § 2 SEAG)
In § 2 ist das Wort "Verwaltung" durch das Wort "Hauptverwaltung" zu ersetzen.
Begründung
Bei der Europäischen Gesellschaft ist zu erwarten, dass wegen der Beteiligung mehrerer Gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten Teile der Verwaltung in unterschiedlichen Mitgliedstaaten geführt werden. Deshalb sollte die Satzung den Ort bestimmen, an dem die Hauptverwaltung geführt wird. Der beabsichtigte Gleichlaut der Formulierung mit § 5 Abs. 2 AktG erscheint gegenüber der dadurch geschaffenen Unsicherheit über die Feststellung des tatsächlichen Sitzes nachrangig. Mit dem Begriff "Hauptverwaltung", den auch Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates verwendet, kann dieser Ort zuverlässig an Hand der Erreichbarkeit des Leitungsorgans festgestellt werden. Auch in § 52 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a SEAG-E wird der Begriff "Hauptverwaltung" gewählt.
- 9. Zu Artikel 1 ( § 2 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in § 2 SEAG-E als weitere mögliche Sitze der Societas Europaea nicht nur der Ort, an dem die Gesellschaft einen Betrieb hat, sondern auch der Ort, an dem sich die Geschäftsleitung befindet, aufgenommen werden sollte.
Begründung
Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 verlangt lediglich, dass der Sitz der Societas Europaea sich im selben Land befinden muss wie deren Hauptverwaltung. Er sieht nicht zwingend vor, dass Sitz und Verwaltung am selben Ort sein müssen. Indem § 2 SEAG-E eine solche Festlegung schafft, werden für die SE engere Vorgaben gemacht als für die Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, die nach § 5 AktG als Sitz auch den Ort der Geschäftsleitung oder einen Ort, an dem sie einen Betrieb hat, auswählen kann. Diese Flexibilität sollte auch der SE gewährt werden, insbesondere, um bestehende Aktiengesellschaften, die sich an einer SE beteiligen wollen, nicht zur Sitzverlegung zu zwingen.
- 10. Zu Artikel 1 ( § 4 Satz 1 SEAG)
In § 4 Satz 1 ist nach der Angabe "Artikel 25 Abs. 2" die Angabe "und 3" einzufügen.
Begründung
Die Vorschrift des Artikels 25 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates nimmt ausdrücklich Bezug auf das in Deutschland vorgesehene Spruchverfahren (vgl. Einzelbegründung zu § 6 SEAG-E). Deshalb liegt es nahe, auch insofern das zuständige Gericht zu bestimmen. Hierfür bietet sich an, das für die Bescheinigung nach Artikel 25 Abs. 2 der vorgenannten Verordnung zuständige Gericht auch im Anwendungsbereich des Absatzes 3 zu benennen.
- 11. Zu Artikel 1 (§§ 5, 7, 9, 12 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in § 7 Abs. 1 Satz 3, § 9 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 Satz 3 SEAG-E ein ausdrücklicher Hinweis auf § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG erfolgen sollte, um zu verhindern, dass das möglicherweise vom Wortlaut her umfangreiche Abfindungsangebot schon bei der Veröffentlichung nach § 5 SEAG-E und Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vollständig mitveröffentlicht wird und nicht nur ein Hinweis auf die Modalitäten des Angebots.
Begründung
Es sollte verhindert werden, dass umfangreiche Veröffentlichungen ohne Rechtsgrundlage vorgenommen werden. So fehlerhaft durch die Registergerichte veranlasste Veröffentlichungskosten könnten nicht an die Beteiligten weitergegeben werden. Der Hinweis auf die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans "als Gegenstand der Beschlussfassung" wird von der gerichtlichen Praxis als zu unklar angesehen.
- 12. Zu Artikel 1 (§ 6 Abs. 1 Satz 2 - neu - SEAG)
In § 6 ist Absatz 1 folgender Satz anzufügen:
- Auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit des Umtauschverhältnisses der Anteile kann die Klage in diesem Fall nicht gestützt werden.
Begründung
Der neu vorgeschlagene Satz 2 greift eine Rechtsprechung auf, die bereits im geplanten Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) berücksichtigt wird. Auch dort ist ein Ausschluss von Anfechtungsklagen wegen bewertungsbezogener Informationsmängel vorgesehen. Das SEAG wird auf Grund von Artikel 9 bereits am 9. Oktober 2004 in Kraft treten. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Gesetzgebungsverfahren zum UMAG kaum abgeschlossen sein. Angesichts dessen ist eine klarstellende Regelung gerade auch für die Aktionäre des ausländischen Gründungsunternehmens sinnvoll, wenn sich die entsprechende Regelung nur aus der Rechtsprechung ableiten lässt und nach Inkrafttreten des UMAG durch den Verweis auf die Regelungen des innerstaatlichen Aktienrechts dieses Ergebnis ohnehin einstellt.
Das Ziel der Verordnung und der Ergänzung im innerstaatlichen Recht besteht in der Schaffung der Voraussetzung für die Gründung einer Europäischen Gesellschaft. Wenn ein Aktionär eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses darauf stützt, dass die für die Ermittlung des Umtauschverhältnisses erforderlichen Informationen nicht auf der Hauptversammlung gegeben wurden, kann sich der Vollzug der Verschmelzung erheblich verzögern, obwohl es den Aktionären vielfach "nur" darum geht, die Hauptrüge, das Angebot sei zu niedrig, zu begründen. Der Bundesgerichtshof nimmt daher im Anwendungsbereich von § 210 UmwG an, dass Verstöße gegen das Auskunftsrecht gleichzusetzen sind mit einem zu niedrigen Barabfindungsangebot oder einem nicht erfolgten oder nicht ordnungsgemäßen Angebot im Umwandlungsbeschluss (vgl. BGHZ 146, 179 ff.; BGH, NJW 2001, 1428 ff.).
- 13. Zu Artikel 1 ( § 6 Abs. 2 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der in § 6 Abs. 2 SEAG-E vorgesehene Barabfindungsanspruch nicht durch die Möglichkeit zur Gewährung einer Ausgleichszahlung in Aktien flexibler gestaltet werden sollte.
Begründung
Die Barabfindung schränkt die Handlungsmöglichkeiten der verschmelzenden Gesellschaft ein, ohne dass dies sachlich geboten wäre. Auch bei anderen als Barabfindungsansprüchen könnte das gerichtliche Spruchverfahren, das zu einer spürbaren Verfahrensverkürzung führt, zur Anwendung kommen.
- 14. Zu Artikel 1 ( § 7 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Ausdehnung der Austrittsrechte für Aktionäre nicht angemessen zu beschränken ist.
Begründung
Die europarechtlich nicht vorgegebene Erweiterung des Minderheitenschutzes benachteiligt Deutschland als Standort. Gründungen und Sitzverlegungen unter Beteiligung deutscher Gesellschaften werden durch kostspielige Bewertungs- und Prüfungsverfahren zur Frage einer angemessenen Abfindung erheblich erschwert. Mancherlei Blockademöglichkeiten würden geschaffen. Der zu weit gehende Minderheitenschutz kollidiert mit der Idee des gemeinsamen Binnenmarktes und steht im Widerspruch zur jüngeren EuGH-Rechtsprechung.
- 15. Zu Artikel 1 (§ 7 Abs. 5 Satz 2 - neu - SEAG)
In § 7 ist Absatz 5 folgender Satz anzufügen:
- Auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit der Barabfindung im Verschmelzungsplan kann die Klage in diesem Fall nicht gestützt werden.
Begründung
Der neu vorgeschlagene Satz 2 greift eine Rechtsprechung auf, die bereits im geplanten Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) berücksichtigt wird. Auch dort ist ein Ausschluss von Anfechtungsklagen wegen bewertungsbezogener Informationsmängel vorgesehen. Das SEAG wird auf Grund von Artikel 9 bereits am 9. Oktober 2004 in Kraft treten. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Gesetzgebungsverfahren zum UMAG kaum abgeschlossen sein. Angesichts dessen ist eine klarstellende Regelung gerade auch für die Aktionäre des ausländischen Gründungsunternehmens sinnvoll, wenn sich die entsprechende Regelung nur aus der Rechtsprechung ableiten lässt und nach Inkrafttreten des UMAG durch den Verweis auf die Regelungen des innerstaatlichen Aktienrechts dieses Ergebnis ohnehin einstellt.
Das Ziel der Verordnung und der Ergänzung im innerstaatlichen Recht besteht in der Schaffung der Voraussetzungen für die Gründung einer Europäischen Gesellschaft. Wenn ein Aktionär eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses darauf stützt, dass die für die Ermittlung der Barabfindung erforderlichen Informationen nicht auf der Hauptversammlung gegeben wurden, kann sich der Vollzug der Verschmelzung erheblich verzögern, obwohl es den Aktionären vielfach "nur" darum geht, die Hauptrüge, das Angebot sei zu niedrig, zu begründen. Der Bundesgerichtshof nimmt daher im Anwendungsbereich von § 210 UmwG an, dass Verstöße gegen das Auskunftsrecht gleichzusetzen sind mit einem zu niedrigen Barabfindungsgebot oder einem nicht erfolgten oder nicht ordnungsgemäßen Angebot im Umwandlungsbeschluss (vgl. BGHZ 146, 176 ff.; BGH, NJW 2001, 1428 ff.).
- 16. Zu Artikel 1 (§§ 8, 13 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie die Vorschriften zum Gläubigerschutz verbessert werden können.
Begründung
Die Regelungen lassen offen, auf welche Weise das Gericht die Überprüfung, dass die Beteiligten allen Gläubigern Sicherheit geleistet haben, vornehmen soll. Das Gericht ist regelmäßig auf die Angaben der Beteiligten angewiesen.
Auch Artikel 8 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates äußert sich nicht zur Art und Weise des Nachweises. In der Praxis hat sich die strafbewehrte Versicherung der zur Anmeldung Verpflichteten bewährt. Daher sollte geprüft werden, ob die bestehenden Regelungen einer Strafbarkeit falsche Angaben gegenüber dem Registergericht abdecken.
Gesellschaften können auch unabhängig von einer Sitzverlegung Vermögen ins Ausland verlagern. Mit dieser Begründung kann somit eine Sicherheitsleistung nicht gerechtfertigt werden. Auf der anderen Seite folgt die Vollstreckung von Forderungen im Ausland anderen rechtlichen Voraussetzungen als im Inland und weist trotz europäischer Abkommen bzw. Verordnungen in der Praxis für den Unternehmer, der seinen Anspruch im Glauben an eine inländische Geltendmachung erlangt hat, unter anderem auch kostenintensive Besonderheiten auf. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine Sitzverlegung durch Sicherheitsleistungen unangemessen verzögert oder gar verhindert werden kann.
Bei Berücksichtigung dieser Erwägungen erscheinen die vorgeschlagenen Vorschriften noch nicht ausgereift, da auch die Begründung wenig zu einer sachgerechten Lösung beiträgt. Möglicherweise könnte durch Regelbeispiele deutlicher zum Ausdruck gebracht werden, wann von einer Gefährdung der Gläubigerinteressen auszugehen ist.
- 17. Zu Artikel 1 (§§ 15 bis 19 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Vorschriften über das dualistische System der Ergänzung bedürfen.
Begründung
In den §§ 15 ff. SEAG-E wird die Möglichkeit des dualistischen Systems geregelt. Danach sind wie im deutschen Aktienrecht ein Aufsichts- und ein Leitungsorgan vorgesehen.
Nach deutschem Registerrecht werden nur die (geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten) Mitglieder des Leitungsorgans in Spalte 4 des Handelsregisters eingetragen. Die Mitglieder des Aufsichtsorgans sind lediglich mitzuteilen und zu veröffentlichen.
Der Gesetzesanwender kann nun vermuten, dass dies für die Europäische Gesellschaft ebenfalls gelten soll. Allerdings enthält das Gesetz hierzu keine expliziten Regeln. Insoweit halten die Gerichte den Entwurf für dringend ergänzungsbedürftig.
- 18. Zu Artikel 1 (§§ 20 bis 49 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, auf welche Weise die monistische Leitungsstruktur flexibler gestaltet werden kann.
- 19. Dabei ist auch darauf zu achten, dass die vorgesehenen Mitbestimmungsrechte nicht dazu führen dürfen, die Europäische Gesellschaft in Deutschland völlig unattraktiv zu machen.
Begründung
Vom Verwaltungsratssystem wird wegen der nachteiligen Mitbestimmungsfolgen nur selten Gebrauch gemacht werden. Das deutsche Paritätsmodell , das bei ausländischen Investoren auf Unverständnis stößt und ein ernsthaftes Investitionshindernis darstellt, wird in der Regel für die Europäische Gesellschaft zu übernehmen sein. Darüber hinaus erinnern die detaillierten Regeln und die Satzungsstrenge in den §§ 20 ff. SEAG-E sehr an das dualistische System. Ein echter Wettbewerb der Systeme - wie von der Verordnung vorgesehen - ist deshalb kaum zu erwarten. Daher sollte geprüft werden, in welchem Umfang der Gesetzgeber den einzelnen Gesellschaften mehr Gestaltungsspielraum in den Satzungen belassen kann.
Offen bleibt die Frage, wer für die Vergütung des Verwaltungsrates verantwortlich ist. Der Verwaltungsrat trägt die Leitungsverantwortung für die Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung (§ 22 Abs. 1 SEAG-E). Mit dieser Rechtsstellung ist es kaum zu vereinbaren, die Mitglieder des Verwaltungsrates etwa im Bereich der Vergütung (§ 38 Abs. 1 SEAG-E) pauschal auf die für den deutschen Aufsichtsrat geltenden Vorschriften zu verweisen.
Empfehlen könnte sich ferner eine Regelung über Stimmverbote bei der Beschlussfassung im Verwaltungsrat (§ 35 SEAG-E).
Sehr problematisch - wiederum mit Blick auf die Leitungsfunktion des Verwaltungsrates - erscheint die insbesondere durch § 36 Abs. 4 SEBG-E vorgegebene Mitwirkung von Arbeitnehmervertretern im Verwaltungsrat.
- 20. Die hier vorgesehenen Rechte bedeuten einen Bruch mit den bisherigen Regelungen in Deutschland zur Mitbestimmung, da diese bisher im Wesentlichen auf Überwachungsaufgaben beschränkt ist.
- 21. Zu Artikel 1 (§§ 21, 22 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, in welcher Weise die §§ 21 und 22 SEAG-E klarer gefasst werden können.
Begründung
§ 21 Abs. 2 Satz 3 SEAG-E über die der Anmeldung beizufügenden Urkunden erweckt den Anschein, als sei die Liste abschließend und deshalb insbesondere ein Gründungsbericht und der Prüfungsbericht der Gründer nicht vorzulegen.
Dass der Prüfungsbericht des Verwaltungsrates an Stelle derjenigen des Vorstands und Aufsichtsrates bzw. des Leitungs- und des Aufsichtsorgans vorzulegen ist, ergibt sich jedoch aus § 22 Abs. 6 SEAG-E. § 21 Abs. 2 Satz 3 SEAG-E ist daher, aber auch wegen der Verweisung in § 3 SEAG-E in das Aktienrecht überflüssig und geeignet, Unsicherheit bei den Beteiligten darüber hervorzurufen welche Unterlagen der Anmeldung beizufügen sind.
Die Abgabe einer Versicherung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SEAG-E ist mangels Eintragungserfordernisses und Vertretungsbefugnis des Verwaltungsrates unverständlich, zumal das Gesetz den Verwaltungsrat von der Funktion her eher dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft als einem Leitungsorgan gleichstellt, wie sich aus § 21 Abs. 5 dieses Entwurfs und § 40 Abs. 1 Nr. 3 AktG ergibt.
- 22. Zu Artikel 1 (§ 23 Abs. 1 Satz 3 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 23 Abs. 1 Satz 3 SEAG-E nicht gestrichen werden sollte.
Begründung
Um das Gesetz so flexibel wie möglich auszugestalten, sollten Festlegungen bezüglich der Zahl der Organmitglieder unterbleiben. Nach verbreiteter Auffassung ist deren Zahl im deutschen Aktienrecht weit überhöht.
- 23. Zu Artikel 1 ( § 40 Abs. 8 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob hinsichtlich der in § 40 Abs. 8 SEAG-E vorgeschlagenen Verweisung auf § 93 AktG nicht eine weiter gehende Differenzierung vorgenommen werden muss.
Begründung
Die in § 40 Abs. 8 SEAG-E vorgeschlagene Regelung zur analogen Anwendung von § 93 AktG für die Bestimmung der Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der geschäftsführenden Direktoren durch einen pauschalen Verweis auf die entsprechende Vorschrift des Aktiengesetzes erscheint problematisch. Von den in § 93 AktG normierten Bestimmungen zur Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft erscheinen zwar noch die Regelungsgehalte der Absätze 1, 2, 5 und 6 auf die geschäftsführenden Direktoren einer SE übertragbar. Im Hinblick auf die in § 22 SEAG-E vorgegebene Leitungsfunktion des Verwaltungsrates, bei der sich aus der Einzelbegründung (S. 91) ergibt, dass dessen Aufgaben weiter reichen als diejenigen des Aufsichtsrats im dualistischen Modell, erscheint es jedoch zweifelhaft, ob auch die in § 93 Abs. 3 und 4 AktG enthaltenen Kriterien für die Schadensersatzpflichten von Vorstandsmitgliedern bzw. den Ausschluss der Ersatzpflicht 1:1 auf die Verantwortlichkeit der geschäftsführenden Direktoren übertragen werden können. Zumindest hinsichtlich der zuletzt genannten Bestimmungen erscheint es daher sinnvoll, gegebenenfalls in das SEAG selbst eine Regelung zu der Frage einzustellen, wie sich die Haftung der geschäftsführenden Direktoren zu den Verantwortlichkeiten des Verwaltungsrates im Einzelnen verhält.
- 24. Zu Artikel 1 ( § 41 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 41 SEAG-E mit Artikel 38 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vereinbar ist.
Begründung
Die Vertretungsregelung, die den Verwaltungsrat von der Vertretung ausschließt, führt dazu, dass in einem wesentlichen Bereich der Geschäftsführung, nämlich im Auftreten der Gesellschaft nach außen, wieder eine dualistische Struktur eingeführt wird. Während § 22 Abs. 6 SEAG-E nicht eindeutig darüber aufklärt, ob § 41 SEAG-E die Vertretungsbefugnis des Verwaltungsrats ausschließt ergibt sich dies aus den Änderungen der Handelsregisterverordnung in Artikel 7.
- 25. Zu Artikel 1 (§§ 41, 46 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die §§ 41 und 46 SEAG-E zu überarbeiten sind.
Begründung
Die §§ 20 ff. SEAG-E enthalten die Regeln, die für eine Europäische Gesellschaft gelten, wenn sie ein monistisches System mit einem einheitlichen Verwaltungsrat wählt. Diesem obliegt die Aufsicht und Geschäftsführung.
Nach § 41 SEAG-E sind allerdings (nur) die geschäftsführenden Direktoren, welche nicht unbedingt Mitglieder des Verwaltungsrates sein müssen, vertretungsberechtigt. Bisherigem deutschen Registerrecht würde es entsprechen, auch nur diese mit ihrer jeweiligen Vertretungsbefugnis einzutragen.
Nicht vertretungsberechtigte Mitglieder des Verwaltungsrates würden nach deutschem Registerrecht nicht eingetragen. Bei der (Erst-) Bestellung finden sich hierzu auch keine ausdrücklichen Regelungen. Aus § 21 SEAG-E ergibt sich die Pflicht zur Eintragung aller Mitglieder des Verwaltungsrates nicht. In der Begründung zu § 21 SEAG-E wird deshalb auch ausgeführt, dass die geschäftsführenden Direktoren und nicht die Mitglieder des Verwaltungsrates anzugeben sind. § 46 Abs. 1 SEAG-E kann jedoch entnommen werden, dass alle Änderungen des Verwaltungsrates, also offensichtlich auch bei den nicht vertretungsberechtigten Mitgliedern, eintragungspflichtig sein sollen. Darum müssten aber im Umkehrschluss bereits ursprünglich alle Verwaltungsratsmitglieder eingetragen werden. Hiervon geht offenbar auch Artikel 7 Nr. 4 (§ 43 Nr. 4 HRV-E) aus.
Wenn dies beabsichtigt ist, wird dringend angeregt, auch bei der Ersteintragung eine ausdrückliche Regelung dahin gehend vorzusehen, dass sowohl alle Verwaltungsratsmitglieder als auch alle geschäftsführenden Direktoren, letztere mit ihrer jeweiligen Vertretungsbefugnis (in allgemeiner und besonderer Form) eingetragen werden sollten.
- 26. Zu Artikel 1 ( § 46 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Stellung der Mitglieder des Verwaltungsrates nicht weiterer Klärung bedarf.
Begründung
Da die Mitglieder des Verwaltungsrates nach der Entwurfsfassung nicht im Handelsregister einzutragen sind, besteht auch keine Notwendigkeit der Abgabe einer Versicherung durch diese Mitglieder nach den §§ 21 und 46 Abs. 2 SEAG-E. Eine Anzeigepflicht zur Information des Handelsregisters wäre ausreichend.
Die Verweisung in § 46 Abs. 3 SEAG-E auf § 81 Abs. 4 AktG könnte auch eine Unterschriftszeichnung durch die Mitglieder des Verwaltungsrates erforderlich machen. Gegen dieses Erfordernis für die Mitglieder des Verwaltungsrates spricht jedoch § 21 Abs. 2 Satz 4 SEAG-E.
Durch einen Verzicht auf die Verweisung und eine gesetzliche Klarstellung des Gewollten sollte hier Klarheit geschaffen werden.
- 27. Zu Artikel 1 ( § 53 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der Strafrahmen in den §§ 399 ff. AktG künftig ausreicht.
Begründung
Durch die Verweisung in § 53 SEAG-E auf das Aktiengesetz kommen die §§ 399 ff. AktG zur Anwendung. Ob der in diesen Vorschriften auf drei Jahre Freiheitsstrafe beschränkte Strafrahmen der Bedeutung der beabsichtigten Vorschriften gerecht wird, ist fraglich. Denkbar erscheint es, den Strafrahmen angemessen zu erhöhen.
- 28. Zu Artikel 1 ( § 53 SEAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die in § 53 SEAG-E enthaltenen Verweisungen auf die Straf- bzw. Bußgeldvorschriften des Aktiengesetzes, des Handelsgesetzbuchs und des Umwandlungsgesetzes noch weiter ausdifferenziert werden müssen.
Begründung
Die mit § 53 SEAG-E vorgesehene Überleitung der einschlägigen Straf- und Bußgeldbestimmungen aus dem Aktiengesetz, dem Handelsgesetzbuch sowie dem Umwandlungsgesetz auf die SE begegnet in der vorgesehenen Form Bedenken. Da die aktienrechtlichen Straf- und Bußgeldvorschriften auf Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder zugeschnitten sind und zwischen diesen auch differenzieren, erscheint es nicht unproblematisch, durch eine pauschale Verweisung diese strafrechtlichen Sanktionsbestimmungen auch für die Mitglieder des Verwaltungsrates sowie für die geschäftsführenden Direktoren zur Anwendung gelangen zu lassen, ohne dass im Einzelnen hinreichend verdeutlicht wird, welche Vorschriften jeweils auf welchen Personenkreis Anwendung finden sollen. Da nicht ausgeschlossen ist, dass für Mitglieder des Verwaltungsrates möglicherweise sowohl die Strafvorschriften für Vorstandsmitglieder als auch diejenigen für Aufsichtsratsmitglieder gelten, für geschäftsführende Direktoren hingegen die Vorschriften für Vorstandsmitglieder, besteht die Gefahr, dass bei der Anwendung der jeweiligen Straf- bzw. Bußgeldvorschriften rechtliche Unsicherheiten entstehen, die mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht mehr vereinbar wären.
- 29. Zu Artikel 2 ( § 4 SEBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren klarzustellen, ob bei der Gründung einer Europäischen Gesellschaft durch Verschmelzung bei Aktiengesellschaften, die keinen Betriebsrat haben, die einzelnen Arbeitnehmer unter Einzelzuleitungsnachweis informiert werden müssen.
Begründung
Bei der Gründung einer Europäischen Gesellschaft durch Verschmelzung ist nach Artikel 25 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates die Beteiligung der Arbeitnehmer durch die Registergerichte zu prüfen. Nach § 17 UmwG umfasst die Prüfung auch den Nachweis der rechtzeitigen Zuleitung des Verschmelzungsplans an den Betriebsrat. Dieser Nachweis entfällt bislang bei Aktiengesellschaften, die keinen Betriebsrat haben. § 4 Abs. 2 SEBG-E verlangt nun auch bei fehlender Arbeitnehmervertretung eine Information der einzelnen Arbeitnehmer. Daraus ergibt sich die Frage, ob auch in diesen Fällen ein Einzelzuleitungsnachweis zu fordern ist, was das Eintragungsverfahren für die Gründungsgesellschaften der Europäischen Gesellschaft wie auch für das Registergericht erheblich erschweren würde.
- 30. Zu Artikel 5 Nr. 3 Buchstabe b ( § 4 Abs. 2 SpruchG)
In Artikel 5 Nr. 3 ist Buchstabe b wie folgt zu fassen:
- "b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
- aa) Satz 1 wird wie folgt geändert:
- aaa) Nummer 2 wird aufgehoben.
- bbb) In Nummer 4 wird Satz 1 wie folgt gefasst:
< ... wie Gesetzentwurf >
- bb) Folgender Satz wird angefügt:
Auf Verlangen des Antragsgegners ist der Nachweis der Antragsberechtigung gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist in der Form des § 3 Satz 3 zu erbringen."
- aa) Satz 1 wird wie folgt geändert:
Begründung
§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SpruchG schreibt vor, dass die Antragsbegründung auch die Darlegung der Antragsberechtigung nach § 3 SpruchG enthalten muss. § 3 Satz 2 SpruchG verlangt indes, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung Anteilsinhaber ist. Für die Wahrung der Frist ist nach der Konzeption des Gesetzes auf den Eingang bei Gericht abzustellen. Andererseits muss der Nachweis zwingend durch Urkunden, mithin in erster Linie durch die Bescheinigung der depotführenden Bank geführt werden. In dem Augenblick, in dem der Antragsteller den Nachweis seiner Bank erhält, kann er indes noch nicht wissen, wann der Antrag bei Gericht eingeht. Letztlich müsste der Antragsteller - wie dies auch zum Teil erfolgt - bei Gericht eine Bescheinigung erbitten wann der Antrag eingegangen ist, damit er bezogen auf diesen Zeitpunkt einen Nachweis einer depotführenden Bank vorlegen kann. Dies hätte letztlich zur Konsequenz, dass der Antragsteller die ihm vom Gesetz eingeräumte Antragsfrist nicht ausschöpfen kann. Insoweit bestehen erhebliche Bedenken, inwieweit es mit dem grundrechtlich geschützten Recht auf effektiven Rechtsschutz vereinbar ist, wenn das Verfahrensrecht so ausgestaltet ist, dass eine gesetzlich eingeräumte Frist nicht ausgeschöpft werden kann.
Es muss daher als ausreichend angesehen werden, wenn der Antragsteller die Urkunden erst dann vorlegt, wenn der Antragsgegner die Antragsberechtigung bestreitet. Ein grundlegender Widerspruch zu dem Wesen des Spruchverfahrens, das nach dem FGG konzipiert ist, ist darin nicht zu sehen. Denn auch im Anwendungsbereich von § 12 FGG bleibt es dem Gericht unbenommen, aus dem ausdrücklichen Zugeständnis oder einem Nichtbestreiten Rückschlüsse auf die Richtigkeit zu ziehen. Zudem hat gerade das Spruchverfahrensgesetz dieses Verfahren in einigen wesentlichen Punkten deutlich dem streitigen Verfahren der Zivilprozessordnung angenähert. Der Ansatz, den Nachweis durch die Vorlage von Urkunden nur dann zu verlangen, wenn die Antragsberechtigung vom Antragsgegner ausdrücklich gerügt wird, kann in einem gewissen Umfang auch zur Entlastung der Gerichte durch das Unterbleiben der Übermittlung einer Reihe von Schriftsätzen und Unterlagen beitragen.
- "b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
- 31. Zu Artikel 7 (Änderung der Handelsregisterverordnung)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Eintragung des Stellvertreterzusatzes eine Regelung nahe legt.
Begründung
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der stellvertretende Geschäftsführer einer GmbH ohne den Stellvertreterzusatz in das Handelsregister einzutragen (vgl. Entscheidung des BGH vom 10. November 1997, NJW 1998, 1071). Es liegt nahe, diese Frage auch für die Europäische Gesellschaft und die anderen Kapitalgesellschaften zu regeln. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Problem für die Europäische Gesellschaft und die anderen Kapitalgesellschaften im Registerverfahren erneut aufgeworfen wird.
- 32. Zu Artikel 7 Nr. 7 (§ 62 Nr. 4 Satz 3 HRV)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Änderung in § 62 Nr. 4 Satz 3 HRV-E durch Artikel 7 Nr. 7 SEEG-E eine Anpassung des § 13e HGB erfordert.
Begründung
In § 62 Nr. 4 Satz 3 HRV-E wird festgelegt, dass die Ernennung eines ständigen Vertreters der Europäischen Gesellschaft mit Sitz im Ausland für die inländische Zweigniederlassung einzutragen ist. Es sollte geprüft werden, ob aus systematischen Gründen § 13e HGB an diese geänderte Rechtslage angepasst werden muss.
- 33. Zu § 7 Abs. 1 VAG
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 7 Abs. 1 VAG nicht der Erweiterung bedarf.
Begründung
Um auch Versicherungsunternehmen die Beteiligung an einer europäischen Gesellschaft zu ermöglichen, müsste § 7 Abs. 1 VAG um diese Rechtsform erweitert werden.
B.
- 34. Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben.
C.
- 35. Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner, zu dem Gesetzentwurf folgende Entschließung zu fassen:
Zur Beteiligung der Länder Das Bundesministerium der Justiz hat mit Schreiben vom 22. April 2004, bei den Landesjustizverwaltungen eingegangen am 23. April 2004, den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen (Aktien-) Gesellschaft unter Hinweis auf seine Homepage zugänglich gemacht. Gelegenheit zur Stellungnahme wurde bis zum 3. Mai 2004 gegeben. Diese im Hinblick auf die Bedeutung der Angelegenheit völlig unangemessene Frist ließ die sachlich zwingend gebotene Beteiligung der gerichtlichen Praxis nicht zu. Stellungnahmen innerhalb dieses Zeitraums konnten nicht erwartet und auch nicht abgegeben werden.
Leider handelt es sich nicht um einen bedauerlichen Einzelfall, in dem bestimmte Sachgründe zu dieser Zuspitzung führten. Vielmehr ist die Einbeziehung der Länder schon seit längerer Zeit in hohem Maße unbefriedigend, was dem Recht nicht dient.
Der Bundesrat bittet daher, im Interesse einer Verbesserung der Gesetzgebung wieder zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückzukehren.