Der Bayerische Ministerpräsident München, 13. Juni 2018
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung wird die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zum Bürokratieabbau im Steuerrecht mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Es wird gebeten, die Vorlage unter Wahrung der Rechte aus § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 969. Sitzung am 6. Juli 2018 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder
Entschließung des Bundesrates zum Bürokratieabbau im Steuerrecht
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Bürokratie wirkt wie Sand im Getriebe, der die konjunkturelle Entwicklung bremst. Wenn die Umsetzung von Investitionen verzögert wird, wenn Unternehmensgründungen erschwert werden, beeinträchtigt dies vor allem auch die Wettbewerbsfähigkeit eines Wirtschaftsstandortes. Der Bundesrat begrüßt daher, dass die Bundesregierung die eingeschlagene Strategie eines konsequenten Bürokratieabbaus fortsetzen will.
- 2. Trotz zweier Bürokratieentlastungsgesetze und vieler weiterer Initiativen verharren die bürokratischen Belastungen in Deutschland im internationalen Vergleich auf hohem Niveau. Die Anstrengungen zur Reduzierung der Bürokratiekosten müssen daher weiter erhöht werden. Vor diesem Hintergrund darf sich das angekündigte Bürokratieentlastungsgesetz III nicht auf die Verringerung von Statistikpflichten konzentrieren. Aus Sicht des Bundesrates könnten vor allem auch vom Steuerrecht spürbare Impulse zur Reduzierung des Erfüllungsaufwands ausgehen. Hierbei sollten folgende Maßnahmen in Betracht gezogen werden:
- − Bei neu gegründeten Unternehmen sollte auf die Pflicht zur generellen Abgabe monatlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen verzichtet werden. Dies wäre ein wichtiger Baustein, um die bürokratischen Belastungen in der Start-und Übergangsphase auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Gründungsgeist und Unternehmertum spielen für die Zukunftsfähigkeit einer Volkswirtschaft eine nicht zu unterschätzende Rolle. Jungen, innovativen Unternehmen sollten daher keine bürokratischen Hürden in den Weg gelegt werden.
- − Die Wertgrenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter sollte auf 1.000 Euro angehoben werden. Dadurch werden nicht nur die Investitionsbedingungen gerade für mittelständische Handwerksbetriebe weiter verbessert. In diesem Fall könnten auch die Regelungen zum Sammelposten, bei dem die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern bis 1.000 Euro gleichmäßig über 5 Jahre steuerlich geltend gemacht werden können, vollständig entfallen.
- − Eine substanzielle Bürokratiekostenentlastung könnte darüber hinaus durch eine Verkürzung der handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchführungsunterlagen erreicht werden. Der Bundesrat verkennt dabei nicht, dass dies in einem gewissen Spannungsfeld zu einer effektiven Bekämpfung von Steuerstraftaten steht. Anknüpfend an die Empfehlung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe aus dem Jahr 2012 sollte daher eine Reduzierung um 20 Prozent auf 8 Jahre in Betracht gezogen werden.
- − Mit erheblichen Kosten für die Unternehmen ist nicht zuletzt die digitale Vorhaltung von Buchführungsunterlagen verbunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach einem Softwarewechsel alte EDV-Systeme weiterhin betriebsbereit gehalten werden müssen. Der Bundesrat bittet in diesem Zusammenhang zu prüfen, in welchen Fällen der Datenzugriff auf die Möglichkeit der Datenträgerüberlassung beschränkt werden kann. Denkbar wäre beispielsweise, nach einem Wechsel der Buchführungssoftware die Pflicht zum Weiterbetrieb des Altsystems auf einen bestimmten Zeitraum zu begrenzen. Daneben sollte geprüft werden, ob nach Abschluss einer Betriebsprüfung der Datenzugriff mittels Datenträgerüberlassung generell ausreicht.
- − In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Regelungen zur Festlegung des Wirtschaftsjahres für Land- und Forstwirte zu unflexibel sind. Daher sollte diesen Betrieben generell auch die Möglichkeit eingeräumt werden, ein dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr zu wählen, das bei der Mehrzahl der Gewerbebetriebe letztlich Standard ist. Dadurch würde mitunter die Erstellung und Überprüfung der Umsatzsteuerjahreserklärungen erheblich vereinfacht.
- − Im Rahmen der Reform der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für kleine land- und forstwirtschaftliche Betriebe wurde u.a. der Freibetrag von 1.534 Euro abgeschafft, der für Gewinne aus forstwirtschaftlicher Nutzung und bestimmte Sondergewinne gewährt wurde. Dadurch müssen auch geringfügige Gewinne - etwa aus der Eigennutzung von Brennholz - ermittelt und versteuert werden. Dies führt zu einem unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand. Der Freibetrag sollte daher insbesondere für Gewinne aus forstwirtschaftlicher Nutzung unter Anhebung auf 1.800 Euro wiedereingeführt werden.
- 3. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die aufgezeigten Maßnahmen im angekündigten Bürokratieentlastungsgesetz III zu berücksichtigen.
- 4. Darüber hinaus muss eine Bürokratiewelle abgewendet werden, die auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe zuzurollen droht, nachdem die EU-Kommission gegen Deutschland zur Frage des Anwendungsbereichs und der Höhe der Pauschalsätze bei der Durchschnittssatzbesteuerung ( § 24 Umsatzsteuergesetz) ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Die Möglichkeit der Pauschalierung ist ein wichtiges Instrument der Vereinfachung und Entbürokratisierung bei land-und forstwirtschaftlichen Unternehmen wie auch bei der Finanzverwaltung. Diese muss beibehalten werden. Die gegen Deutschland erhobenen Vorwürfe der EU-Kommission können ausgeräumt werden. Bei der Pauschalierung nach § 24 Umsatzsteuergesetz handelt es sich nicht um eine Subvention, sondern um eine echte Verwaltungsvereinfachung. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für den Erhalt der Umsatzsteuerpauschalierung im bisherigen Umfang einzusetzen.