Punkt 17 der 883. Sitzung des Bundesrates am 27. Mai 2011
Der Bundesrat möge beschließen, zu dem Gesetzentwurf anstelle von Ziffer 1 der BR-Drucksache 202/1/11 wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat begrüßt die generelle Zielsetzung des Regierungsentwurfs für ein Bundeskinderschutzgesetz, insbesondere das ausgewogene Verhältnis zwischen der Stärkung des Schutzauftrags und dem präventiven Schutz von Kindern und Jugendlichen. Gleichzeitig bedauert er jedoch ausdrücklich, dass der Gesetzentwurf Prävention in diesem Sinne als alleinige Aufgabe der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) - Kinder- und Jugendhilfe ausgestaltet. Der eigenständige rechtliche und politische Stellenwert des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) als Teil des Bundeskinderschutzgesetzes begründet sich vor allem dadurch, dass "Frühe Hilfen" gemeinsame Aufgabe sowohl der Kinder- und Jugendhilfe als auch des Gesundheitsbereichs sind.
Im Rahmen der "Frühen Hilfen" spielt die gesunde Entwicklung von Kindern eine wesentliche Rolle. Insofern wäre es konsequent und notwendig, auch die Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - Gesetzliche Krankenversicherung zur frühzeitigen Unterstützung von Familien in belasteten Lebenssituationen zu verbessern. Hierzu legte eine gemeinsam von Gesundheitsministerkonferenz (GMK) und Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) eingesetzte Arbeitsgruppe im Jahr 2009 einen Bericht vor, der Regelungslücken an der Schnittstelle von SGB V und SGB VIII benennt und entsprechende Änderungsvorschläge aufzeigt. Die Vorschläge wurden im Gesetzentwurf größtenteils nicht aufgegriffen, obwohl er selbst die Notwendigkeit der Verbesserung der Rechtsgrundlagen in der Kinder- und Jugendhilfe und im Bereich der Schnittstelle zum Gesundheitswesen konstatiert. Sie sollten daher weiterverfolgt werden.
- b) Der Bundesrat unterstützt die Intention des Gesetzes, die lokalen Netzwerke "Früher Hilfen" durch den Einsatz von Hebammen zu stärken. Er teilt die Haltung der Bundesregierung, dass Hebammenleistungen im Zusammenhang mit der Geburt und unmittelbar danach für Prävention und Gesundheitsförderung bei dem Neugeborenen und der Mutter wichtig sind. Hebammen können Familien, zu denen sie typischerweise einen guten Zugang haben, frühzeitig unterstützen; damit können sie eine wichtige Brückenfunktion zur Jugendhilfe erfüllen. Der auf der Rechtsgrundlage des § 134a SGB V zwischen den Berufsverbänden der Hebammen und den Spitzenverbänden der Krankenkassen abgeschlossene Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe enthält in der als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügten Hebammen-Vergütungsvereinbarung Bestimmungen über die gegenüber der Krankenkasse abrechnungsfähigen Leistungen. Ohne eine ärztliche Anordnung sind innerhalb der ersten zehn Tage maximal 20 Leistungen (Wochenbettbetreuung und Beratung) abrechnungsfähig, zwischen dem elften Tag nach der Geburt bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Geburt sind insgesamt bis zu 16 weitere Leistungen abrechnungsfähig.
Da viele gesundheitliche Schwierigkeiten (Wochenbett-Depressionen, Schreikinder, Fragen der Ernährung des Kindes, usw.) erst nach dem zweiten Monat auftreten, ist die Ausweitung der Hebammenleistungen seit einigen Jahren immer wieder ein Thema in der Fachdiskussion. Eine bei Bedarf mögliche zeitliche Verlängerung der Hebammenleistungen kann einen wichtigen Beitrag zur Prävention vor gesundheitlichen Schäden des Kindes auch durch Vernachlässigung oder Misshandlung leisten. Die Ausweitung zielt auf die Förderung des gesunden Aufwachsens des Kindes. Sie erspart gesundheitliche Folgekosten und ist daher gesundheitspolitisch sinnvoll und geboten. Der Bundesrat fordert daher, die Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung nach dem SGB V für Hebammenleistungen zeitlich auf sechs Monate zu verlängern (ohne die Zahl der 36 abrechenbaren Besuche zu erhöhen).