Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen
Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
(Deutsch-Britische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerGBRV)

A. Problem und Ziel

Nach den einschlägigen Regelungen der von Deutschland mit anderen Staaten bilateral abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (Abkommen) können die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten unter anderem Schwierigkeiten und Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen beseitigen (sog. Konsultationsvereinbarungen). Allerdings können solche Vereinbarungen nach Auffassung der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 2. September 2009 - I R 90/08 und I R 111/08-) Bindungswirkung nur für die Verwaltung, nicht aber für die Gerichte und die betroffenen Steuerpflichtigen entfalten, solange sie nicht zumindest in Form einer Rechtsverordnung im Sinn des Artikel 80 des Grundgesetzes in innerstaatlich verbindliches Gesetzesrecht umgesetzt worden sind. Dies trifft auch auf die Konsultationsvereinbarung zu, die nach Artikel 26 Absatz 3 des deutschbritischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 30. März 2010 (BGBl. 2010 II S. 1333, 1334) zwischen den zuständigen deutschen und britischen Behörden geschlossen worden ist. Ziel der Verordnung ist es, die umfassende rechtliche Bindungswirkung für die durch sie umgesetzte Konsultationsvereinbarung mit Großbritannien sicherzustellen.

B. Lösung

Durch die Verordnung, zu deren Erlass das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund des durch Artikel 9 Nummer 2 des Jahressteuergesetzes 2010 geschaffenen § 2 Absatz 2 der Abgabenordnung ermächtigt wird, wird die mit Großbritannien geschlossene Konsultationsvereinbarung vom 8. November 2011 (BStBl 2011 I S. 1221) über die Zuordnung des Besteuerungsrechts bei Abfindungen an Arbeitnehmer in verbindliches nationales Recht umgesetzt.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Verordnung, die lediglich bestehenden, für die Verwaltung bereits ohnehin bindenden Vereinbarungen eine Bindungswirkung auch für andere rechtsanwendende Organe verleiht, treten keine finanziellen Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte ein.

E. Erfüllungsaufwand

Es entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.

F. Weitere Kosten

Der Wirtschaft, einschließlich mittelständischer Unternehmen, entstehen keine direkten sonstigen Kosten.

Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen
Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Deutsch-Britische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerGBRV)

Der Chef des Bundeskanzleramtes
Berlin, den 23. Mai 2012

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium der Finanzen zu erlassende Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Deutsch-Britische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerGBRV) mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla

Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Deutsch-Britische Konsultationsvereinbarungsverordnung - KonsVerGBRV)

Vom ...

Auf Grund des § 2 Absatz 2 Satz 1 der Abgabenordnung, der durch Artikel 9 Nummer 2 Buchstabe b des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. 2010 I S. 1768) angefügt worden ist, und des Artikels 97 § 1 Absatz 9 Satz 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung, der durch Artikel 16 Nummer 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. 2010 I S. 1768) angefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium der Finanzen:

§ 1 Abkommen

Als Abkommen im Sinn dieser Verordnung gilt das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 30. März 2010 (BGBl. 2010 II S. 1333, 1334) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 2 Abfindungen an Arbeitnehmer

§ 3 Anwendungszeitpunkt

Diese Verordnung ist erstmals auf Besteuerungssachverhalte seit dem 29. Dezember 2011 anzuwenden.

§ 4 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Nach den einschlägigen Regelungen der von Deutschland mit anderen Staaten bilateral abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (Abkommen) können die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten unter anderem Schwierigkeiten und Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen beseitigen. Die hierzu von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten getroffenen Vereinbarungen werden als Konsultationsvereinbarungen bezeichnet (§ 2 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung). Nach der von der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. BFH-Urteile vom 2. September 2009 -I R 90/08 und I R 111/08 -) handelt es sich bei solchen Konsultationsvereinbarungen lediglich um Verwaltungsabkommen und damit der Rechtsnatur nach um Verwaltungsvorschriften, die nur die beteiligten Verwaltungen, nicht aber andere rechtsanwendende Organe, insbesondere die Rechtsprechung, zu binden vermögen, solange sie nicht auf einer ihrerseits demokratisch legitimierten Rechtsverordnung im Sinn des Artikel 80 Absatz 1 des Grundgesetzes beruhen und auf diese Weise in verbindliches innerstaatliches Gesetzesrecht umgesetzt worden sind. Dies trifft auch auf die nach Artikel 25 Absatz 3 des deutschbritischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 30. März 2010 (BGBl. 2010 II S. 1333, 1334) zwischen den zuständigen deutschen und britischen Behörden geschlossene Konsultationsvereinbarung zu. Die Verordnung soll die innerstaatliche Bindungswirkung der durch sie umgesetzten Konsultationsvereinbarung mit Großbritannien für die deutschen rechtsanwendenden Organe und damit die widerspruchsfreie Anwendung des Abkommens durch die beiden Vertragsstaaten sicherstellen. Sie beruht auf dem durch Artikel 9 Nummer 2 Buchstabe b des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl. 2010 I S. 1768) eingefügten § 2 Absatz 2 der Abgabenordnung, der das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrats Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zu erlassen.

Gleichstellungspolitische Relevanzprüfung

Im Zuge der gemäß § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien vorzunehmenden Relevanzprüfung sind unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenssituation von Frauen und Männern keine Auswirkungen erkennbar, die gleichstellungspolitischen Zielen zuwiderlaufen.

Nachhaltigkeit

Das Vorhaben entspricht einer nachhaltigen Entwicklung, indem es das Steueraufkommen des Gesamtstaates sichert.

B. Besonderer Teil

Zu § 1 (Abkommen):

§ 1 definiert den in der Verordnung verwendeten Begriff "Abkommen".

Zu § 2 (Abfindungen an Arbeitnehmer):

§ 2 setzt die Konsultationssvereinbarung vom 8. November 2011 (BMF-Schreiben vom 2. Dezember 2011, BStBl 2011 I, S. 1221) zur Zuordnung des Besteuerungsrechts von Abfindungen um.

Zu § 3 (Anwendungsregelung):

§ 3 bestimmt, dass die Verordnung ab dem 29. Dezember 2011 anzuwenden ist.

Er macht damit von der durch Artikel 16 Nummer 1 des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl. 2010 I S. 1768) eingefügten Ermächtigungsgrundlage des Artikels 97 § 1 Absatz 9 EGAO Gebrauch.

Zu § 4 (Inkrafttreten):

§ 4 bestimmt, dass die Verordnung am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft tritt.