958. Sitzung des Bundesrates am 2. Juni 2017
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Verkehrsausschuss (Vk) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zu Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a (Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/59/EG)
- 1. Der Bundesrat geht davon aus, dass die freiwillige und ehrenamtliche Aufgabenwahrnehmung der Feuerwehren sowie der im Katastrophenschutz mitwirkenden anerkannten Hilfsorganisationen und kommunalen Aufgabenträger von den vorgesehenen Änderungen unberührt bleibt. Die Ausnahmen in der Richtlinie 2003/59/EG umfassen weiterhin vollumfänglich das Führen von Fahrzeugen der Feuerwehren und des Katastrophenschutzes für die eigenverantwortliche Erfüllung ihrer Aufgaben.
Durch Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags soll der Wortlaut der Ausnahmen, für welche Fahrzeuge die Richtlinie nicht gilt, geändert werden, damit diese klarer und mit der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 kohärent sind. So sollen die Ausnahmen um den Zusatz "wenn die Beförderung im Rahmen der diesen Diensten zugewiesenen Aufgaben ausgeführt wird" ergänzt werden. Diese Klarstellung schränkt die Gültigkeit der Ausnahmen durch das Erfordernis der zugewiesenen Aufgaben ein. Entsprechend der Begründung soll die Ausnahme dann zum Beispiel nicht mehr für Fahrer gelten, wenn ein Feuerwehrfahrzeug als Jahrmarktattraktion eingesetzt wird.
Der Rahmen der den Feuerwehren und anerkannten privaten Hilfsorganisationen zugewiesenen Aufgaben ist umfassender als nur der klassische Einsatzdienst. Die Aufgaben umfassen zum Beispiel auch Tätigkeiten im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, Nachwuchsgewinnung, Aufklärung, Beratung und Werbung.
So führen die Feuerwehren als Einrichtungen der Gemeinden die genannten Veranstaltungen im öffentlichen Auftrag der Gemeinden durch und sie sind somit als dienstliche Veranstaltungen zu werten. Das in der Begründung genannte und nicht näher erläuterte Beispiel des Feuerwehrfahrzeugs als Jahrmarktattraktion kann sich daher nicht auf Fälle beziehen, in denen der Einsatz des Feuerwehrfahrzeugs im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, Nachwuchsgewinnung, Werbung oder ähnlichen dienstlichen Veranstaltungen - auch wenn sie freiwillig und ehrenamtlich ausgeführt werden - erfolgt.
Dies gilt in gleichem Maße für Fahrzeuge des Katastrophenschutzes, die von den mitwirkenden privaten Hilfsorganisationen und den kommunalen Aufgabenträgern auch für eigene satzungsgemäße, jedoch nicht gewerbliche Zwecke genutzt werden können. Dies umfasst unter anderem die Erfüllung der den anerkannten Hilfsorganisationen zugewiesenen Aufgaben, entsprechend ihrer Satzung die Gemeinden bei der Aufklärung und Beratung der Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeiten der Selbsthilfe zu unterstützen.
Der Bundesrat geht daher ausweislich des Wortlautes des Richtlinienvorschlags davon aus, dass die freiwillige und ehrenamtliche Aufgabenwahrnehmung der Feuerwehren sowie der im Katastrophenschutz mitwirkenden anerkannten Hilfsorganisationen und kommunalen Aufgabenträger von den vorgesehenen Änderungen unberührt bleibt. Die Ausnahmen umfassen weiterhin vollumfänglich das Führen von Fahrzeugen der Feuerwehren und des Katastrophenschutzes für die eigenverantwortliche Erfüllung ihrer Aufgaben.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung sich in den Verhandlungen für eine entsprechende Auslegung eingesetzt hat.
- 3. Nach Auffassung des Bundesrates führt Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags zu einer Einschränkung der bisherigen Privilegierung für das Fahren von mit Fahrerlaubnis der Klassen C/C1 bzw. D/D1 zu führenden Fahrzeugen der Streitkräfte, des Katastrophenschutzes, der Feuerwehr und der Polizeibehörden.
- 4. Die Beschränkung auf rein dienstliche Aufgaben kann nach Ansicht des Bundesrates dazu führen, dass wesentliche Betätigungsfelder, beispielsweise der Freiwilligen Feuerwehren im Rahmen ihrer Vereinsarbeit (zum Beispiel Öffentlichkeitsarbeit, Nachwuchsgewinnung), nicht mehr von der Ausnahmeregelung erfasst werden. Eine solche Einschränkung ist aus Sicht des Bundesrates nicht hinnehmbar.
- 5. Die Regelung berücksichtigt zudem nicht, dass die Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehren - einschließlich des Führens der Fahrzeuge - ehrenamtlich durchgeführt werden. Eine rechtliche Gleichsetzung dieser ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger mit Berufskraftfahrern ist nicht sachgerecht.
- 6. Die Bundesregierung wird gebeten, sich bei der Kommission in den weiteren Verhandlungen dafür einzusetzen, dass es bei der bisherigen Reichweite der Ausnahmeregelung bleibt.
Zu Artikel 1 Absatz 4 (Artikel 9 Satz 1 der Richtlinie 2003/59/EG)
- 7. Im Änderungsbefehl zu Artikel 9 der Richtlinie sollte das Wort "Absatz" durch das Wort "Satz" ersetzt werden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Es handelt sich um eine Klarstellung des Gewollten.
Weiteres
- 8. Die Bundesregierung wird gebeten, sich bei der Kommission für eine Regelung einzusetzen, mit der die Nutzung des "Réseau permis de conduire" (Führerscheininformationssystems - (RESPER)) zur Überprüfung der Gültigkeit von Berufskraftfahrer-Qualifikationen ermöglicht wird. Der Anwendungsbereich von RESPER ist zu erweitern, um es als Instrument für die Polizei-und Justizbehörden zum Austausch von Informationen zu nutzen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Für Polizeibehörden wäre es sinnvoll, RESPER auch für andere Fälle, wie etwa die Überprüfung der Gültigkeit von Berufskraftfahrer-Qualifikationen, zu nutzen, um vor Ort Zugang zu allen Informationen zu bekommen. Auf diese Weise soll ein rechtzeitiges Handeln ermöglicht werden, um Fahrern ohne gültige Fahrerlaubnis die Teilnahme am Straßenverkehr zu untersagen (vergleiche Protokoll des Führerscheinausschusses der Kommission vom 7. Oktober 2016).
- 9. Die Bundesregierung wird gebeten, zur Umsetzung der Änderungen des Artikels 10 Absatz 1 der Richtlinie (Unionscode) einen bundesweiten Fahrerqualifizierungsnachweis (FQN) einzuführen, damit die zuständigen deutschen Behörden bei entsprechendem Verlangen durch einen Bürger der EU auf Basis des in Deutschland erworbenen Befähigungsnachweises einen FQN ausstellen können.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die im Richtlinienvorschlag vorgesehene Änderung von Artikel 10 Absatz 1 der Richtlinie 2003/59/EG sieht vor, dass, wenn ein Unionscode nicht auf dem Führerschein vermerkt werden kann, die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Befähigungsnachweis erlangt wurde, dem Fahrer einen FQN ausstellen. In der Praxis bedeutet dies, dass für Grenzgänger, die in Deutschland eine Weiterbildung absolvieren, regelmäßig ein FQN auszustellen sein wird, sofern sich ein Mitgliedstaat weigert, die Schlüsselzahl 95 im Führerschein einzutragen.
Da es sich nicht mehr, wie bisher um Einzelfälle entlang der Grenze zu Frankreich handeln wird, sondern alle Länder betroffen sein werden, reicht die im Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz vorgesehene Ermächtigung für die Länder zur Einführung eines FQN nicht aus. Aus Gründen der Rechtsklarheit, des bundeseinheitlichen Verwaltungshandelns und des Bürokratieabbaus in Deutschland sollte ein FQN bundesweit einheitlich eingeführt werden.
Der Bundesrat bekräftigt daher seine Stellungnahme vom 18. März 2016, BR-Drucksache 072/16(B) .
B
- 10. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik, der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.
* Der In empfiehlt Ziffer 1 als Hauptempfehlung zu Ziffern 3 bis 6.