909. Sitzung des Bundesrates am 3. Mai 2013
A
- 1. Der federführende Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zu Artikel 2 (§ 24 Absatz 1a SGB IV)
Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in Ermangelung von Übergangsregelungen in dem Gesetzentwurf nicht durch die Einbeziehung von § 24 SGB IV in die Regelung des § 217f Absatz 3 Satz 1 SGB V die mit dem Wegfall des § 24 Absatz 1a SGB IV verbundenen Ungleichbehandlungen von Altschuldnern und Neuschuldnern beseitigt werden können.
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen könnte dann - gesetzlich legitimiert - eine Lösung für den einheitlichen Umgang mit den, insbesondere in der Vergangenheit nach § 24 Absatz 1a SGB IV erhobenen, Säumniszuschlägen treffen.
Begründung:
Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I Seite 378) wurde in § 24 Absatz 1a SGB IV (abweichend von Absatz 1) in der gesetzlichen Krankenversicherung für freiwillig Versicherte, Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V und nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 KVLG für Beiträge, mit denen sie länger als einen Monat säumig sind, ein erhöhter Säumniszuschlag von fünf vom Hundert des rückständigen Beitrages gesetzlich normiert.
Aus der seinerzeitigen Gesetzesbegründung (vergleiche BT-Drucksache 016/3100, Seite 182) ergibt sich, welche sachlichen Gründe für diese unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend gewesen sind. Aufgrund der bis zum 31. März 2007 geltenden Regelung des § 191 Nummer 3 SGB V endete die Mitgliedschaft freiwillig Krankenversicherter immer dann, wenn Versicherte dieses Personenkreises zweimal die Beiträge nicht entrichtet hatten. Durch die Aufhebung dieser Regelung bleibt jedoch dieser Personenkreis seit dem 1. April 2007 von dieser - im Einzelfall sehr scharfen, weil unumkehrbaren - Konsequenz des Verlustes einer Krankenversicherung verschont. Unter dem Gesichtspunkt der Durchsetzung der Verpflichtung zur Beitragszahlung war die Neuregelung im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden weiten Ermessens grundsätzlich schlüssig, denn die Sanktionsmöglichkeit durch Säumniszuschlagserhebung in Höhe von einem Prozent wurde als nicht ausreichend angesehen.
Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass der erhöhte Säumniszuschlag von 60 Prozent pro Jahr das Problem der Beitragsrückstände nicht löst, sondern zusätzlich verschärft. Angestiegene, auch auf den höheren Säumniszuschlägen beruhende, Rückstandsquoten bekräftigen dies. Es ist abzusehen, dass eine große Zahl der überschuldeten (zumeist selbständigen) Mitglieder die Beiträge und Säumniszuschläge nicht beziehungsweise nicht mehr zahlen können. Die Aufhebung des § 24 Absatz 1a SGB IV ist daher zu begrüßen.
Der mit dem Gesetzentwurf geplante Wegfall des § 24 Absatz 1a SGB IV führt dazu, das für den oben genannten Personenkreis künftig ebenfalls der reguläre Säumniszuschlag von einem Prozent des rückständigen Beitrags nach § 24 Absatz 1 SGB IV zu zahlen ist. Die Regelung wirkt dabei ausschließlich in die Zukunft, was eine Ungleichbehandlung von Altschuldnern und Neuschuldnern mit sich bringt.
Entsprechende (Übergangs-)Regelungen sind im Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Da die Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse (Anzahl der Schuldner, Höhe der Säumniszuschläge und so weiter) bei den Krankenkassen liegt, ist eine Verortung der Zuständigkeit für einen nach § 24 Absatz 1a SGB IV berechneten säumniszuschlägebezogenen, eventuellen Schuldenschnitt oder die Festlegung einer Verfahrensweise für den einheitlichen Umgang mit den in Rede stehenden Säumniszuschlägen beim Spitzenverband Bund der Krankenkassen sachgerecht.
B
- 2. Der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.