Antrag der Länder Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen
Entschließung des Bundesrates - Nationale Minderheiten und Volksgruppen in das Grundgesetz aufnehmen

Schleswig-Holstein Kiel, 10. September 2019
Der Chef der Staatskanzlei

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen von Schleswig-Holstein, Sachsen und Brandenburg haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates - Nationale Minderheiten und Volksgruppen in das Grundgesetz aufnehmen zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 980. Sitzung am 20. September 2019 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Dirk Schrödter

Entschließung des Bundesrates - Nationale Minderheiten und Volksgruppen in das Grundgesetz aufnehmen

Begründung:

Die Verfassungen mehrerer Länder enthalten Bestimmungen zugunsten der hier beheimateten nationalen Minderheiten und Volksgruppen. Sie dokumentieren damit, dass diese Minderheiten und Volksgruppen integrierter Bestandteil der Gesellschaft sind und deshalb Anspruch auf Schutz und Förderung haben. Das Grundgesetz enthält eine solche Bestimmung jedoch bislang nicht. Die Aufnahme einer solchen Formulierung unterstreicht die gesamtstaatliche Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für den Schutz nationaler Minderheiten, die in der föderalen Struktur Deutschlands gemeinsam vom Bund und den Ländern wahrgenommen wird.

Darüber hinaus sendet Deutschland mit der Aufnahme einer verfassungsrechtlichen Bestimmung zum Minderheitenschutz auch ein starkes Signal der Unterstützung für deutschsprachige Minderheiten in Osteuropa, deren Förderung sich die Bundesrepublik Deutschland zu einem wesentlichen außenpolitischen Anliegen gemacht hat. Gerade gegenüber den Ländern, in denen heute deutsche Minderheiten leben, wäre eine Norm im Grundgesetz ein deutliches Zeichen für die Glaubwürdigkeit deutscher Minderheitenpolitik.

Mit der vorgeschlagenen Formulierung werden keine Individualrechte für die Angehörigen der anerkannten autochthonen Minderheiten und Volksgruppen geschaffen. Es handelt sich vielmehr um den kollektivrechtlichen Schutz der sprachlichen und kulturellen Identität der traditionell hier beheimateten nationalen Minderheiten und Volksgruppen. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass ausdrücklich nur der Schutz für die in der Ratifizierungserklärung zum Rahmenübereinkommen genannten nationalen Minderheiten und Volksgruppen in das Grundgesetz aufgenommen wird.