Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2005/35/EG über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen für Verstöße KOM (2008) 134 endg.; Ratsdok. 7616/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 18. März 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 11. März 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 12. März 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 179/03 (PDF) = AE-Nr. 030952 und
Drucksache 334/03 (PDF) = AE-Nr. 031633

Begründung

1. Kontext des Vorschlages

Gründe und Ziele des Vorschlags

Besorgt wegen zahlreicher Fälle rechtswidriger Schadstoffeinleitungen durch Schiffe ins Meer und nach mehreren schweren Öltankerunfällen unterbreitete die Kommission 2003 auf der Grundlage von Artikel 80 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft einen Vorschlag für eine Richtlinie "über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen, einschließlich strafrechtlicher Sanktionen, für Verschmutzungsdelikte" und auf der Grundlage der Artikel 29, 31 und 34 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Europäische Union einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss "zur Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe". Der Richtlinienvorschlag sah vor, dass eine von Schiffen verursachte Verschmutzung als mit strafrechtlichen Sanktionen bedrohte Straftat einzustufen ist. Mit dem vorgeschlagenen Rahmenbeschluss sollte in erster Linie die Höhe der strafrechtlichen Sanktionen angeglichen werden.

Den Kommissionsvorschlägen zufolge sollten die Bestimmungen über Art (strafrechtliche Sanktionen) und Form der Sanktionen (Freiheitsstrafen oder Geldbußen) in das Gemeinschaftsinstrument und die Bestimmungen über die Höhe der strafrechtlichen Sanktionen in das zwischenstaatliche Instrument aufgenommen werden. Als über die Vorschläge verhandelt wurde, war die Aufteilung strafrechtlicher Fragen zwischen der ersten und der dritten Säule in den EU-Organen umstritten. Schließlich wurden die beiden Rechtsinstrumente 2005 wie folgt angenommen:

Die Richtlinie 2005/35/EG über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen für Verstöße enthält eine genaue Definition der Verstöße und schreibt vor, dass diese "Gegenstand wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen sind, die auch strafrechtliche oder verwaltungsrechtliche Sanktionen umfassen können". Die Bestimmungen über Art, Form und Höhe der strafrechtlichen Sanktionen wurden in den gleichzeitig ausgearbeiteten Rahmenbeschluss 2005/667/JI aufgenommen.

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 13. September 2005 (Rechtssache C-176/03) entschieden hatte, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber unter bestimmten Bedingungen Maßnahmen in Bezug auf das Strafrecht ergreifen kann, beschloss die Kommission, ein Verfahren zur Nichtigerklärung des Rahmenbeschlusses 2005/667/JI anzustrengen da dieser auf der falschen Rechtsgrundlage angenommen worden sei (Rechtssache C-440/05).

Am 23. Oktober 2007 erklärte der EuGH den Rahmenbeschluss für nichtig und stellte fest, dass dessen Artikel zur Definition von Straftaten und über die Art der Sanktionen (Artikel 2, 3 und 5) auf der Grundlage von Artikel 80 Absatz 2 EG-Vertrag hätten erlassen werden können und dass der Rahmenbeschluss gegen Artikel 47 EU-Vertrag verstößt, da er die der Gemeinschaft zugewiesenen Zuständigkeiten beeinträchtige.

Nach der Nichtigerklärung des Rahmenbeschlusses vom 23. Oktober 2007 muss die entstandene Rechtslücke in Bezug auf einen einheitlichen Ansatz für etwaige Sanktionen zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung durch Bestimmungen geschlossen werden, die auf der richtigen Rechtsgrundlage, nämlich Artikel 80 Absatz 2 EG-Vertrag, angenommen werden.

Mit der Einführung eines Systems von Sanktionen soll den seltenen Fällen von Verschmutzung begegnet werden, in denen das Verhalten des Schiffsbetreibers als inakzeptabel anzusehen ist und mit strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden muss.

Umweltbewusste Schiffsbetreiber werden von diesem System profitieren, mit dem die wenigen Betreiber, die derzeit das Image der Schiffsindustrie schädigen, wirksam zur Verantwortung gezogen werden können.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind aus folgenden Gründen notwendig, um die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsregeln zur Sicherheit des Seeverkehrs zu gewährleisten:

Allgemeiner Kontext

Die Bekämpfung der Umweltkriminalität ist ein zentrales Anliegen der Europäischen Union.

Der Europäische Rat forderte auf seiner Tagung vom 15./16. Oktober 1999 in Tampere, dass Anstrengungen zur Festlegung gemeinsamer Definitionen von Straftaten und Sanktionen unternommen werden, die sich auf eine begrenzte Anzahl besonders wichtiger Bereiche wie die Umweltkriminalität konzentrieren sollten. Nachdem im November 2002 der Tanker Prestige gesunken war, erklärte der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 12./13. Dezember 2002 in Kopenhagen, die Europäische Union sei fest entschlossen, alle Maßnahmen zu treffen die erforderlich sind, um weitere Katastrophen zu verhindern. Der Rat begrüßte vor allem die Absicht der Kommission zu prüfen, ob weitere spezifische Maßnahmen, darunter auch Maßnahmen, die die Verantwortlichkeit betreffen, ergriffen werden müssen und welche Sanktionen angemessen sind. Auf der Tagung vom 19. Dezember 2002 nahm der Rat "Justiz und Inneres" eine Erklärung an, in der er sich verpflichtete, alle ergänzenden Maßnahmen zu prüfen mit denen der Umweltschutz, insbesondere auf See, durch das Strafrecht verstärkt werden kann.

Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Der Vorschlag stützt sich auf die Richtlinie 2005/35/EG und übernimmt die wesentlichen Inhalte des für nichtig erklärten Rahmenbeschlusses 2005/667/JI.

Vereinbarkeit mit anderen Maßnahmen und Zielen der Union Die vorgeschlagene Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie wurde namentlich im Einklang mit den in Kapitel VI der Charta verankerten justiziellen Rechten ausgearbeitet und dient dazu, gemäß Artikel 37 der Charta ein hohes Umweltschutzniveau in die Politiken der Union einzubeziehen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sicherzustellen.

2. Anhörung von interessierten Kreisen und Folgenabschätzung

Anhörung von interessierten Kreisen

Die Anhörung von interessierten Kreisen wurde im vorliegenden Fall nicht für notwendig erachtet da in diesen Vorschlag genau dieselben Bestimmungen aufgenommen wurden, die bereits der einstimmig vom Rat angenommene, inzwischen für nichtig erklärte Rahmenbeschluss enthielt. Mit Nichtigerklärung des Rahmenbeschlusses 2005/667/JI vom 23. Oktober 2005 durch den Europäischen Gerichtshof entstand außerdem in Bezug auf den einheitlichen Ansatz für etwaige Sanktionen zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung eine Rechtslücke, die so rasch wie möglich geschlossen werden muss.

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Externes Expertenwissen war nicht erforderlich.

Folgenabschätzung

Eine Folgenabschätzung wurde nicht für notwendig erachtet, da mit diesem Vorschlag lediglich Bestimmungen in das Gemeinschaftsrecht aufgenommen werden, die - wie zuvor erwähnt - bereits der einstimmig vom Rat angenommene, inzwischen für nichtig erklärte Rahmenbeschluss 2005/667/JI enthielt.

3. Rechtliche Aspekte

Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme

In der vorgeschlagenen Richtlinie werden Verstöße im Sinne von Artikel 4 der Richtlinie 2005/35/EG als Straftaten definiert.

Die Beihilfe und die Anstiftung zu solchen Taten sollten ebenfalls als Straftat eingestuft werden.

Straftaten sollten mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen geahndet werden die im Falle natürlicher Personen strafrechtlicher Natur sein müssen. Wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen sollten auch gegen juristische Personen verhängt werden wenn diese als verantwortlich im Sinne der Richtlinie anzusehen sind.

Rechtsgrundlage

Die Bestimmungen dieser Richtlinie betreffen die Seeschifffahrt. Daher wurde Artikel 80 Absatz 2 EG-Vertrag als Rechtsgrundlage gewählt.

Subsidiaritätsprinzip

Das Subsidiaritätsprinzip gelangt zur Anwendung, da der Vorschlag nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt.

Die Ziele des Vorschlags können von den Mitgliedstaaten aus folgenden Gründen nicht ausreichend verwirklicht werden:

Die Meeresverschmutzung hat in der Regel Schäden mit grenzüberschreitenden Dimensionen zur Folge. Daher ist es wichtig, dass sich die Mitgliedstaaten darauf verständigen, welche

Verstöße im Zusammenhang mit der Meeresverschmutzung Straftaten darstellen und dass diese Verstöße mit strafrechtlichen Sanktionen zu ahnden sind, zumindest wenn die Straftaten von natürlichen Personen begangen wurden. Unterschiedliche nationale Konzepte beeinträchtigen eine effiziente justizielle Zusammenarbeit und ermöglichen es Straftätern, sich der Strafverfolgung zu entziehen.

Da die Meeresverschmutzung häufig grenzüberschreitende Auswirkungen hat und die Täter grenzübergreifend agieren, würde das Problem durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten allein nicht wirksam gelöst.

Die Ziele des Vorschlags können aus folgenden Gründen besser durch Maßnahmen der Gemeinschaft erreicht werden:

Eine Mindestnorm für die Tatbestandsmerkmale von Umweltdelikten und das Erfordernis strafrechtlicher Sanktionen für natürliche Personen müssen auf Gemeinschaftsebene festgelegt werden. Damit wird gewährleistet sein, dass Verschmutzungsdelikte durch Schiffe in allen Mitgliedstaaten in ähnlicher Weise geahndet werden und sich die Straftäter innerhalb der EU nicht der Strafverfolgung entziehen können.

Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird die Einstufung der Handlungen, die in jedem Fall als Straftaten anzusehen sind, lediglich bis zu einem Mindestmaß harmonisiert; es wird nur allgemein festgelegt, dass strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen zu verhängen sind. Die Entscheidung darüber, ob strafrechtliche Sanktionen auch auf juristische Personen anwendbar sind, bleibt den Mitgliedstaaten überlassen.

Der Vorschlag steht daher mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht aus folgenden Gründen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Die gewählte Maßnahme ist eine Richtlinie, die den Mitgliedstaaten bei der Durchführung, einschließlich der Festlegung der Arten und der Höhe der Sanktionen, breiten Spielraum lässt.

Nur eine Mindestnorm wird festgelegt. Es steht den Mitgliedstaaten frei, strengere Maßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen und beispielsweise weitere Straftaten zu bestimmen oder auch für juristische Personen strafrechtliche Sanktionen einzuführen. Dies geht eindeutig aus Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 2005/35/EG hervor.

Die Umsetzung der Richtlinie in einzelstaatliches Recht ist mit keiner wesentlichen finanziellen oder administrativen Belastung verbunden, da alle Mitgliedstaaten bereits über die erforderlichen strafrechtlichen und gerichtlichen Strukturen verfügen.

Wahl des Instruments

Vorgeschlagenes Instrument: Richtlinie.

Andere Instrumente wären aus folgendem Grund nicht angemessen:

Die geltende Richtlinie 2005/35/EG muss mit dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-440/05 in Einklang gebracht werden. Eine Richtlinie kann nur durch eine Änderungsrichtlinie geändert werden.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

5. Weitere Angaben

Entsprechungstabelle Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, mit denen sie diese Richtlinie umgesetzt haben, sowie eine Entsprechungstabelle zu übermitteln.

Europäischer Wirtschaftsraum Der vorgeschlagene Rechtsakt ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.

Einzelerläuterung zum Vorschlag

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2005/35/EG über die Meeresverschmutzung durch Schiffe und die Einführung von Sanktionen für Verstöße (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 80 Absatz 2, auf Vorschlag der Kommission2, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments3, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses4, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen5, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1

Die Richtlinie 2005/35/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Artikel 3

Artikel 4


Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates
Der Präsident
Der Präsident