947. Sitzung des Bundesrates am 8. Juli 2016
Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In), der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Das bisher geltende Mikrozensusgesetz läuft am 31. Dezember 2016 aus. In Bezug auf mehrere Haushaltsstatistiken besteht EU-rechtlich bedingt Anpassungsbedarf. Vor diesem Hintergrund unterstützt der Bundesrat das Ziel des Gesetzentwurfs, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Fortführung des Mikrozensus unter Einbeziehung der Erhebungen über Arbeitskräfte, über Einkommen und Lebensbedingungen sowie zur Informationsgesellschaft, soweit Einzelpersonen und Haushalte betroffen sind, zu schaffen und auf diese Weise Synergieeffekte zu erzielen.
- b) Aus Sicht des Bundesrates ist der systematische Ansatz, die bestehenden Haushaltsstatistiken in eine gemeinsame Erhebung zu integrieren, zu begrüßen. Dieser Ansatz ist mit dem Ziel umzusetzen,
- - auf vermeidbaren Mehraufwand für das Statistische Bundesamt und die statistischen Landesämter zu verzichten sowie unvermeidbaren Aufwand auf das geringstmögliche Maß zu begrenzen,
- - die Kohärenz der Ergebnisse der einzelnen Statistiken zu verbessern und - in Bezug auf die Auskunftspflichten die Erhebungen belastungsarm und akzeptanz- und mitwirkungsfördernd zu gestalten.
- c) Im Einzelnen sieht der Bundesrat noch den Bedarf und auch die Möglichkeiten, den Gesetzentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren im Hinblick auf die unter Buchstabe b dargelegte Zielrichtung zu überprüfen und zu optimieren. Das gilt nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des mit dem Gesetzentwurf einhergehenden erheblichen Erfüllungsaufwands, von dem die Länder mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erstmals im Einzelnen Kenntnis erhalten haben und bei dem es an einer nachvollziehbaren und schlüssigen Darstellung, auch im Bezug zu den Haushaltsangaben ohne Erfüllungsaufwand, sowie an einer fundierten Begründung mangelt. Dies führt dazu, dass sich der Bundesrat mit einem aus der Sicht der Länder wesentlichen Aspekt des Gesetzentwurfs nur unzureichend auseinandersetzen kann.
- d) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Dienstaufsichtsbehörden der statistischen Landesämter künftig bereits im Rahmen der Länderanhörung zu Rechtssetzungsentwürfen im Einzelnen über den von ihr prognostizierten Erfüllungsaufwand sowie die den Ländern voraussichtlich entstehenden Kosten zu informieren, so dass diese Gelegenheit erhalten, Gesetzentwürfe auch unter diesen Gesichtspunkten angemessen prüfen und hierzu Stellung nehmen zu können. Das entspricht im Übrigen auch dem "Leitfaden zur Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands in Regelungsvorhaben der Bundesregierung", nach dem in der Phase der Ressortbeteiligung sowie der Beteiligung der Länder der Erfüllungsaufwand zu vervollständigen oder zu präzisieren ist. Soweit Ausführungen zu Erfüllungsaufwand und Kosten erst nach der Verbändeanhörung fertig gestellt werden, ist den Ländern - anders als im vorliegenden Gesetzgebungsverfahren, in dem die Stellungnahmen der Länder unter Kostenvorbehalt ergangen sind - vor einer abschließenden Entscheidung des Bundeskabinetts Gelegenheit zur ergänzenden Prüfung und Stellungnahme zu geben.
2. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 1 Satz 2 MZG)
In Artikel 1 § 4 Absatz 1 Satz 2 ist das Wort "Erhebungseinheiten" durch das Wort "Auswahlbezirke" zu ersetzen.
Begründung:
Beim Mikrozensus handelt es sich um eine Flächenstichprobe (vgl. § 4 Absatz 1 Satz 1 MZG-E). Demnach werden nicht die Erhebungseinheiten (die meldepflichtigen Personen sowie Haushalte und Wohnungen) durch mathematischstatistische Verfahren bestimmt, sondern ausschließlich die Auswahlbezirke ohne Bezug zu einzelnen Personen.
Die auf den ersten Blick vernachlässigbare Ungenauigkeit im Gesetzentwurf könnte bei eventuellen Gerichtsverfahren, die beim Mikrozensus im Vergleich zu anderen Statistiken relativ zahlreich sind und von den statistischen Landesämtern zu bestreiten wären, Probleme bereiten. Deshalb kann durch eine präzise Formulierung im Gesetz die künftige Feldarbeit der Statistischen Landesämter erleichtert und vereinfacht werden.
3. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe b MZG)
In Artikel 1 § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 ist Buchstabe b wie folgt zu fassen:
"b) Höhe des Nettoeinkommens und des Haushaltsnettoeinkommens nach Einkommensklassen in einer Staffelung von mindestens 150 Euro in dem Kalendermonat vor der Berichtswoche,".
Folgeänderung:
In Artikel 1 § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe c ist Doppelbuchstabe cc zu streichen.
Begründung:
Einkommensfragen werden von privaten Auskunftspflichtigen als besonders sensibel empfunden. Aufgrund der Erfahrungen aus der Erhebungspraxis ist damit zu rechnen, dass bei einer Abfrage des konkreten Einkommens die Auskunftsbereitschaft sinkt und die Verärgerung wächst, so dass Falschangaben oder Auskunftsverweigerungen zunehmen werden. In der Konsequenz bedeutet dies - abgesehen von weniger validen Daten - einen erheblichen Mehraufwand in Form von Nachfrage-, Erinnerungs- und Mahnaufwand. Um den Mehraufwand so weit wie möglich zu begrenzen und zur Sicherung von Akzeptanz und Mitwirkungsbereitschaft der Auskunftspflichtigen ist daher - entsprechend der bisherigen Rechtslage (§ 4 Absatz 1 Nummer 3 MZG 2005) - anstelle des individuellen Einkommens auf Einkommensklassen abzustellen.
Weiterhin ist es geboten, das Merkmal "Haushaltseinkommen" in Einkommensklassen auch zukünftig als Merkmal in der Gesamtstichprobe zu erheben. Das Haushaltsnettoeinkommen ist nicht nur wichtig für die Hochrechnung anderer Haushaltserhebungen, sondern auch ein zentrales Merkmal für die Sozialberichterstattung der Länder. So dient es unter anderem als Basis für die Berechnung von regionalisierten Armutsrisikoquoten. Es ist nicht absehbar, welche Auswirkungen es hat, dieses Merkmal ausschließlich über eine Summierung der klassierten Angaben zu den persönlichen Einnahmen zu bilden.
4. Zu Artikel 1 (§ 7 Absatz 1 Nummer 5 - neu - MZG)
In Artikel 1 ist dem § 7 Absatz 1 folgende Nummer anzufügen:
"5. Behinderung:
- a) amtlich festgestellte Behinderteneigenschaft,
- b) Grad der Behinderung."
Folgeänderungen:
In Artikel 1 ist § 7 wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe d ist der Punkt am Ende durch ein Komma zu ersetzen.
- b) Absatz 2 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Nummer 2 Buchstabe e ist das Komma am Ende durch einen Punkt zu ersetzen.
- bb) Nummer 3 ist zu streichen.
Begründung:
Während die in § 7 Absatz 1 MZG-E genannten Erhebungsmerkmale jährlich erhoben werden, ist für die in § 7 Absatz 2 bis 4 MZG-E genannten Merkmale die Erhebung nur im Intervall von vier Jahren vorgesehen. Betroffen davon sind auch die in § 7 Absatz 2 Nummer 3 MZG-E aufgeführten Erhebungsmerkmale zu
"Behinderung:
- a) amtlich festgelegte Behinderteneigenschaft,
- b) Grad der Behinderung".
Die Aufnahme dieser Merkmale ist zu begrüßen. Durch die Aufnahme der Angaben kann die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen vielschichtig betrachtet werden. So kann zum Beispiel ihre Lage auf dem Arbeitsmarkt, ihre Gesundheit und Bildung dargestellt und mit der Situation bei Menschen ohne Behinderung verglichen werden. Damit kann auch die Behindertenpolitik im jeweiligen Bereich bewertet werden. Darüber hinaus ist im Zuge der Alterung der Gesellschaft zudem mit einer weiteren Zunahme der Zahl von Menschen mit Behinderungen auszugehen.
Mit Bezug auf die aus Artikel 31 UN-Behindertenrechtskonvention resultierenden Verpflichtungen für die Vertragsstaaten sind die Merkmale nach § 7 Absatz 2 Nummer 3 MZG-E als jährlich zu erfassende Erhebungsmerkmale in § 7 Absatz 1 MZG-E aufzunehmen. Für eine zeitnahe kontinuierliche Analyse und Berichterstattung zur Auswertung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt bedarf es eines jährlichen Betrachtungszeitraums. Die Integration in den Arbeitsmarkt ist eines der entscheidenden Kriterien zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen.
5. Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe c bis e MZG):
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im Katalog der Erhebungsmerkmale im Zusammenhang mit Einkommen, Vermögen, Renten und Pensionen, öffentlichen Zahlungen und Unterhaltszahlungen anstelle konkretindividueller Beträge auf Einkommens- bzw. Einkunftsklassen abgestellt werden kann.
Begründung:
Fragen nach dem Einkommen, dem Vermögen oder nach Renten und Pensionen werden von privaten Auskunftspflichtigen als besonders sensibel empfunden. Das gilt in besonderem Maße, wenn - wie im Gesetzentwurf vorgesehen - nach den konkreten individuellen Zahlen und nicht auf Einkunftsklassen abgestellt wird.
Aufgrund der Erfahrungen aus der Erhebungspraxis ist damit zu rechnen, dass bei einer Abfrage konkreter Einkunfts- und Vermögenszahlen die Auskunftsbereitschaft sinkt und die Verärgerung wächst, so dass Falschangaben oder Auskunftsverweigerungen zunehmen werden. In der Konsequenz bedeutet dies - abgesehen von weniger validen Daten - einen erheblichen Mehraufwand in Form von Nachfrage-, Erinnerungs- und Mahnaufwand.
Um den Mehraufwand so weit wie möglich zu begrenzen sowie die Akzeptanz und Mitwirkungsbereitschaft der Auskunftspflichtigen im Hinblick auf korrekte Auskünfte zu sichern, sollte daher noch einmal vertieft geprüft werden, anstelle auf konkrete Einkommens- bzw. Einkunftsbeträge auf Einkommens- bzw. Einkunftsklassen abzustellen.
6. Zu Artikel 1 (§ 10 Absatz 1 MZG)
In Artikel 1 § 10 Absatz 1 sind nach dem Wort "werden" die Wörter "bei Personen, die keinen eigenen Haushalt führen," einzufügen.
Begründung:
Für in Gemeinschaftsunterkünften wohnende Personen, die einen eigenen Haushalt führen (zum Beispiel: Hausmeisterwohnung, betreutes Wohnen), soll nach dem Erhebungskonzept das komplette Programm des § 6 MZG-E abgefragt werden.
Die auf den ersten Blick vernachlässigbare Ungenauigkeit im Gesetzentwurf könnte bei eventuellen Gerichtsverfahren, die beim Mikrozensus im Vergleich zu anderen Statistiken relativ zahlreicher sind und von den statistischen Landesämtern zu bestreiten wären, Probleme bereiten. Deshalb kann durch eine präzise Formulierung im Gesetz die künftige Feldarbeit der statistischen Landesämter erleichtert und vereinfacht werden.
7. Zu Artikel 1 (§ 11 Absatz 2 Nummer 01 - neu - MZG)
In Artikel 1 § 11 Absatz 2 ist der Nummer 1 folgende Nummer voranzustellen:
"01. Name der Gemeinschaftsunterkunft,".
Begründung:
Der Name der Gemeinschaftsunterkunft ist zur eindeutigen Adressierung sowie Lokalisierung und damit zur technischen Erhebungsdurchführung erforderlich. Er ist deshalb als weiteres Hilfsmerkmal bei der Erhebung in Gemeinschaftsunterkünften aufzunehmen.
Durch eine umfassende und präzise Formulierung im Gesetz kann die künftige Feldarbeit der statistischen Landesämter erleichtert und vereinfacht werden.
8. Zu Artikel 1 (§ 13 Absatz 3 Satz 1 MZG)
In Artikel 1 § 13 Absatz 3 Satz 1 sind nach dem Wort ", die" die Wörter "wegen einer Krankheit oder Behinderung" einzufügen.
Begründung:
Die Ergänzung dient der Klarstellung, dass Personen, die zum Beispiel auf Grund örtlicher Abwesenheit nicht Auskunft geben können, von der Regelung nicht umfasst sind. Die beispielhafte Aufzählung der genannten Gründe in der Gesetzesbegründung ist hierfür nicht ausreichend. Die seitherige Gesetzesformulierung würde zur Manifestation der - sicherlich nicht gewollten - stellvertretenden Befragung (sogenannte Proxy-Befragung) örtlich nicht anwesender volljähriger Haushaltsmitglieder führen.
Durch eine umfassende und präzise Formulierung im Gesetz kann die künftige Feldarbeit der statistischen Landesämter erleichtert und vereinfacht werden.
9. Zu Artikel 1 (§ 13 MZG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren den Umfang der Auskunftspflicht mit dem Ziel zu überprüfen, auf eine Auskunftspflicht in Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 1177/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Juni 2003 für die Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) zu verzichten, die Auskunftspflicht volljähriger Auskunftspflichtiger für andere Haushaltsangehörige einschränkend im Gesetzestext klarzustellen und im Übrigen den Katalog der pflichtigen Erhebungsmerkmale auf das geringstmögliche Maß zu begrenzen.
Begründung:
Nach den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1177/2003 sind die Angaben zu Einkommen und Lebensbedingungen für die zu Befragenden freiwillig. Die Einführung einer Auskunftspflicht in der Bundesrepublik Deutschland geht insoweit weit über die EU-Vorgaben hinaus.
Aufgrund der hohen Sensibilität der EU-rechtlich vorgegebenen Erhebungsmerkmale in Bezug auf Einkommen und Lebensbedingungen ist mit einer Zunahme von Auskunftsverweigerungen und erheblicher Verärgerung seitens auskunftspflichtiger Privatpersonen zu rechnen. Als Konsequenz ist mit einer deutlich sinkenden Bereitschaft zur vollständigen und richtigen Beantwortung der Erhebungsmerkmale sowie mit deutlich steigendem Nachfrage-, Erinnerungs- und Mahnaufwand seitens der zuständigen Statistikstellen zu rechnen. Zudem dürfte der Wahrheitsgehalt von Angaben aufgrund der normativen Unbestimmtheit vieler Erhebungsmerkmale (siehe im Einzelnen: § 8 Absatz 1 Nummer 5 MZG-E, zum Beispiel "hochwertige Mahlzeit" oder "abgewohnte Möbel") vielfach erst gar nicht erkennbar sein; diese begriffliche Unbestimmtheit dürfte zugleich eine Durchsetzbarkeit der wahrheitsgemäßen Auskunftserteilung in vielen Fällen unmöglich machen. Insgesamt ist somit bei der Normierung einer entsprechenden Auskunftspflicht insbesondere im Hinblick auf die Erhebungen zur Umsetzung der Anforderungen der EU-SILC-Verordnung von gravierenden Qualitätseinbußen auszugehen, die nicht zuletzt die Durchführbarkeit und den gebotenen Zielverwirklichungsgrad des Gesetzentwurfs generell in Frage stellen. Aus diesem Grund sollten insbesondere auch die in § 8 Absatz 1 Nummer 5 MZG-E enthaltenen Merkmale der materiellen Deprivation auf freiwilliger Basis erhoben werden.
Im Übrigen stellt eine auskunftspflichtige Erhebung sehr privater, sehr sensibler und vielfach subjektiv geprägter Fragen einen Paradigmenwechsel in der amtlichen Statistik dar, infolgedessen im Ergebnis sogar ein über den in Rede stehenden Bereich hinausgehender Imageschaden zu befürchten ist, der negative Auswirkungen für die Durchführung und den Zielverwirklichungsgrad auch anderer Statistiken haben und entsprechende Erhebungen erschweren könnte. Substanzielle Bedenken bestehen in dem Zusammenhang insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass in der Bundesrepublik Deutschland bislang keine Machbarkeitsstudie durchgeführt worden ist und auch in nahezu allen anderen EU-Mitgliedstaaten EU-SILC als freiwillige Erhebung durchgeführt wird.
Die vorstehenden Bedenken gegen eine Auskunftspflicht in Bezug auf Einkommen und Lebensbedingungen sowie die damit einhergehenden Konsequenzen gelten in besonderem Maße auch im Hinblick auf § 13 Absatz 3 Satz 1 MZG-E, demzufolge für den Fall, dass auskunftspflichtige Haushaltsmitglieder nicht selbst Auskunft geben können, jedes andere volljährige Hausmitglied auskunftspflichtig wird. Denn selbst in Familien oder Lebenspartnerschaften ist es einerseits nicht selbstverständlich, dass alle Haushaltmitglieder den anderen Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen legen wollen. Anderseits ergeben sich aufgrund der Unbestimmtheit des Tatbestandsmerkmals "die selbst nicht Auskunft geben können" erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten. Das gilt etwa in zeitlicher Hinsicht (wie ist zum Beispiel die Auskunftspflicht für den Fall eines längeren Urlaubs oder Auslandsaufenthalts zu bewerten) und es kommt hinsichtlich der Fähigkeit zur Auskunftserteilung auf objektive oder auch subjektive Umstände im Hinblick auf den originären Auskunftspflichtigen an. Klarstellungs- und Harmonisierungsbedarf folgt insbesondere aber auch im Hinblick darauf, dass im Wortlaut des § 13 Absatz 3 Satz 1 MZG-E der Vertretungsfall allein daran anknüpft, dass "volljährige Haushaltsmitglieder" nicht Auskunft geben können, während ausweislich der Einzelbegründung zu § 13 MZG-E (Auskunftsplicht) zu Absatz 3 die Auskunftspflicht für eine andere im Haushalt lebende Person sich daraus ergibt, dass "zum Beispiel wegen einer Behinderung oder einer Krankheit" eine im Haushalt lebende Person nicht selbst Auskunft geben kann.
10. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Gesetzgebungsverfahren darauf hinzuwirken, bei der statistischen Erhebung im Rahmen des Mikrozensus zeitnah neue Beschäftigungsformen, die im Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt stehen, zu erfassen. Insbesondere geht es hier um die statistische Erfassung von Crowdworkern, die in zunehmendem Maße unsere Arbeitswelt prägen und verändern.
Begründung:
Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist in vollem Gange. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigte sowie auf die Gesellschaft als Ganzes. Unternehmen streuen Arbeitsaufträge zunehmend über externe Online-Plattformen, um schnell an benötigte Ressourcen außerhalb ihrer Strukturen heranzukommen und Arbeitspakete mit speziellen Bedarfen an Fähigkeiten zu verteilen. Das Auslagern von Projekten an Crowdworker hat sich als neues Wertschöpfungsmodell für Unternehmen etabliert.
Während Unternehmen weltweiten Zugang zu einer Vielzahl an Arbeitskräften und Experten erhalten, konkurrieren Crowdworker im freien Wettbewerb auf dem Markt, um entsprechende Aufträge zu übernehmen. Crowdworker arbeiten zeit- und ortsunabhängig und sind keine Arbeitnehmende im klassischen Sinne. Auch wenn nicht jede Tätigkeit des Crowdworking zwangsläufig prekär sein muss, fehlen diesen Beschäftigungsformen oftmals zahlreiche Schutzrechte (wie zum Beispiel: Kündigungsschutz, bezahlter Urlaub, Entgeltfortzahlung bei Krankheit und an Feiertagen, Mindestlohn, Mutterschutz), der solidarische Schutz durch die Sozialversicherung, der kollektivrechtliche Schutz durch Tarifverträge oder durch Organe der betrieblichen Mitbestimmung (Betriebsrat). Im Ergebnis sind daher die Risiken des Einzelnen gegenüber Arbeitnehmenden wesentlich höher.
Derzeit existieren keine statistischen Daten zur Verbreitung und Nutzung von Crowdworking in der Bundesrepublik Deutschland. Ebenso existieren keine validen Erkenntnisse zur wirtschaftlichen und sozialen Lage, zu den Arbeitsbedingungen und zu den Verdiensten von Crowdworkern. Es fehlen damit aktuelle und zuverlässige Informationen für politische Gestaltungsprozesse. Eine soziale Marktwirtschaft ist jedoch gefordert, den aktuellen Wandel im Blick zu behalten und gegebenenfalls die Anforderungen an die institutionellen Rahmenbedingungen des Arbeitsmarkts und des Sozialstaats zu überprüfen, weiterzuentwickeln und faire Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Der Mikrozensus ist eine wichtige Informationsquelle sowohl für politische und gesellschaftliche Institutionen als auch für Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung und kann einen wichtigen Beitrag leisten, darauf hinzuwirken gute digitale Arbeit zu schaffen und gleichzeitig die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme langfristig zu sichern.