Der Bundesrat hat in seiner 923. Sitzung am 13. Juni 2014 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Vermittlung von Anteilen an einer Genossenschaft, die ein Kreditinstitut im Sinne des KWG ist, unter folgenden Voraussetzungen von der Erlaubnispflicht nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Gewerbeordnung ausgenommen werden kann:
- a) Mit der Vermittlung der Genossenschaftsanteile werden gleichzeitig Bauspar- oder Versicherungsprodukte vermittelt,
- b) die Vermittlung der Genossenschaftsanteile erfolgt in Verbindung mit einer Kontoeröffnung bei der Genossenschaft,
- c) der Erwerb eines Genossenschaftsanteils ist laut Satzung der Genossenschaft Voraussetzung für die Kontoeröffnung,
- d) die Verpflichtungen aus den Genossenschaftsanteilen betragen insgesamt nicht mehr als 120 Euro und sind dem Kunden dargelegt worden und
- e) es besteht keine weitere Nachschusspflicht aus den Genossenschaftsanteilen.
Begründung:
Durch das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts wurde im Jahr 2012 in § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GewO eine Erlaubnispflicht für die Vermittlung von Genossenschaftsanteilen für freie Vermittler geschaffen. Ausweislich der Gesetzesbegründung hatte der Gesetzgeber dabei vor Augen, dass Anteile an Genossenschaften immer häufiger zum Zweck der Finanzanlage, z.B. zur Investition in Windparks, öffentlich vermittelt werden und daher aus Gründen des Anlegerschutzes die Erlaubnispflicht sinnvoll ist (vgl. BT-Drs. 17/6051, S. 44).
Schwierigkeiten bereitet diese Erlaubnispflicht für Genossenschaftsanteile allerdings bei der großen Gruppe der Genossenschaftsbanken. So mehren sich aktuell die Stimmen von Genossenschaftsbanken, die nach ihrer Satzung eine Kontoeröffnung von der Zeichnung eines Genossenschaftsanteils abhängig machen.
Diese Genossenschaftsbanken bieten aufgrund ihrer Größe und Struktur nicht selbst Finanzprodukte wie Bausparverträge oder Versicherungen an, sondern bedienen sich dafür Kooperationspartnern. Die für diese Kooperationspartner tätigen Mitarbeiter sind allerdings oft in die Abläufe der Bankfiliale integriert und bieten daher beim Abschluss eines Bausparvertrags oder eines Versicherungsprodukts regelmäßig auch die Vermittlung eines Kontos bei dieser Bank an, über das beispielsweise die laufenden Beiträge abgewickelt werden sollen. Aufgrund der Satzung der Genossenschaftsbank muss neben dem Konto bei der Bank auch ein Genossenschaftsanteil vermittelt werden.
An dieser Stelle treten die Schwierigkeiten auf:
Die Bauspar- oder Versicherungsvermittler benötigen nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GewO für die Vermittlung der Genossenschaftsanteile eine Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler. Zudem müssen sie aufgrund der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) bei der Vermittlung im Grunde eine WpHG-gemäße Kundenexploration und Dokumentation erstellen.
Anteile von Genossenschaftsbanken sind vom Grundsatz her sicherlich nicht ohne Risiko, auch wenn die Genossenschaftsbanken - anders als andere Genossenschaften - von der BaFin beaufsichtigt werden und mit ihrer Institutssicherungseinrichtung Vorsorge treffen.
Zu berücksichtigen sind aber auch die Relationen und die Umstände insgesamt: Der durch die Erlaubnis sowie die Dokumentationspflichten entstehende organisatorische Aufwand steht in keinem Verhältnis zu den Verpflichtungen von maximal 120 Euro, die für die Kunden mit den Genossenschaftsanteilen allenfalls verbunden sind. Zudem wollen die Kunden einen Bausparvertrag oder eine Versicherung abschließen und sind bereit, dafür ein Konto bei der Bank zu eröffnen. Der Genossenschaftsanteil ist dabei ein reines Zusatzprodukt.
Von daher macht es Sinn zu prüfen, ob die besonderen Strukturen bei den Genossenschaftsbanken eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GewO insgesamt rechtfertigen. Die Kriterien a bis e bieten die Möglichkeit, die Strukturen bei den Genossenschaftsbanken sachgerecht abzugrenzen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Artikelgesetz, mit dem neben EU-Vorgaben für die Heranziehung von Ratings bei Banken, Versicherungen und Fonds weitere finanzmarktbezogene Änderungen im Börsengesetz und im Genossenschaftsgesetz vorgenommen werden sollen. Die Problematik um die Genossenschaftsanteile hat aktuell hohe praktische Relevanz und einen unmittelbaren Bezug zum Finanzmarkt.
2. Zu Artikel 1 (WpHG), Artikel 2 (KWG), Artikel 3 (KAGB), Artikel 4 (VAG)
Der Bundesrat bittet, im Zusammenhang mit der Reduzierung der Nutzung externer Ratings zu aufsichtsrechtlichen Zwecken im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen,
- a) ob ein zeitlicher Gleichlauf der Aufhebung der bisherigen aufsichtsrechtlichen Bezugnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf externe Ratings mit der Verpflichtung der Unternehmen zur Aufsetzung interner Ratingverfahren und der Anwendung von Sanktionsregelungen bei Verletzung dieser Verpflichtung herzustellen ist und
- b) ob es angezeigt ist, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, durch die der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vorgegeben wird, in ihrer Aufsichtspraxis nicht mehr auf externe Ratings Bezug zu nehmen, wenn derartige Bezugnahmen beaufsichtigte Unternehmen veranlassen könnten, sich ausschließlich oder automatisch auf Ratings zu stützen.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Wesentliches Ziel des Gesetzentwurfs ist die Reduzierung der Nutzung externer - das heißt von Ratingagenturen erstellter - Ratings zu aufsichtsrechtlichen Zwecken. Derzeit werden externe Ratings noch auf Grund aufsichtsrechtlicher Vorgaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verwendet. So ist beispielsweise im BaFin-Rundschreiben 4/2011 (VA) - Hinweise zur Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsunternehmen - vorgegeben, "dass grundsätzlich nur von anerkannten Ratingagenturen geratete Vermögensanlagen, die über ein Investment-GradeRating verfügen, erworben werden" (Abschnitt B.3.1 d). Demgegenüber enthalten der Gesetzentwurf (Artikel 3 Nummer 4) und Artikel 5a der Verordnung (EU) Nr. 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen - "CRA III" - (ABl. L 146 vom 31.5.2013, S. 1) Regelungen zur Reduzierung des übermäßigen Rückgriffs auf externe Ratings durch Finanzinstitute. Danach müssen Finanzinstitute eigene Kreditrisikobewertungen vornehmen und dürfen sich nicht ausschließlich oder automatisch auf Ratings stützen. Die betroffenen Finanzinstitute sind aber daran gehindert, diese normativen Vorgaben zur Reduzierung der Nutzung externer Ratings zu erfüllen, solange sich aus aufsichtsrechtlichen Maßgaben der BaFin wie dem oben genannten Rundschreiben 4/2011 (VA) die Verpflichtung zur Verwendung externer Ratings ergibt.
Die aufsichtsrechtlichen Verlautbarungen der BaFin mit Bezugnahmen auf externe Ratings sollen überarbeitet werden. Im Vorgriff hat die BaFin im Oktober 2013 eine Überarbeitung der Hinweise zur Verwendung externer Ratings und zur Durchführung eigener Kreditrisikobewertungen veröffentlicht (geändert im April 2014). Vor kurzem hat die BaFin mit dem Bundesfinanzministerium und der Deutschen Bundesbank einen entsprechenden Maßnahmenplan veröffentlicht, um Bezugnahmen auf externe Ratings in Vorschriften, Gesetzen und Verordnungen zu reduzieren und für Marktteilnehmer Anreize zur Durchführung eigener Kreditrisikobewertungen zu setzen. Derzeit ist aber nicht mit hinreichender Bestimmtheit abzusehen, wann diese Maßnahmen insgesamt umgesetzt sein werden und die Verwaltungspraxis der BaFin entsprechend angepasst sein wird.
Daher erscheint es zur Vermeidung von Friktionen in der Praxis erforderlich, einen zeitlichen Gleichlauf der beabsichtigen Aufhebung der bisherigen aufsichtsrechtlichen Bezugnahmen der BaFin auf externe Ratings mit der in der Verordnung (EU) Nr. 462/2013 und im Gesetzentwurf enthaltenen Verpflichtung der Unternehmen zur Aufsetzung interner Ratingverfahren herzustellen. Dies gilt auch für die im Gesetzentwurf vorgesehenen Sanktionsregelungen bei Pflichtverletzungen.
Im Lichte dieser Erwägungen sollte noch einmal näher geprüft werden, ob es geboten ist, den Gesetzentwurf mit der Zielrichtung der Herbeiführung des beschriebenen zeitlichen Gleichlaufs zu ändern oder zu ergänzen.
Zu Buchstabe b:
Artikel 5b der Verordnung (EU) Nr. 462/2013 bestimmt, dass die Europäischen Aufsichtsbehörden und der Europäische Ausschuss für Systemrisiken in ihren Leitlinien, Empfehlungen und Entwürfen technischer Standards nicht auf Ratings Bezug nehmen, wenn eine derartige Bezugnahme für die zuständigen Behörden, die sektoralen zuständigen Behörden, die in Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung genannten Einheiten oder andere Finanzmarktteilnehmer Anlass sein könnte, sich ausschließlich und automatisch auf Ratings zu stützen. Diese Vorgabe richtet sich nur an EU-Stellen, nicht an die BaFin als nationale Behörde. Der Gesetzentwurf enthält keine dem Artikel 5b der Verordnung entsprechende Verpflichtung der BaFin, obwohl dies angemessen und konsequent wäre. Es ist nicht ersichtlich, warum eine entsprechende Verpflichtung nicht auch für die BaFin gelten sollte. Daher sollte näher geprüft werden, ob in Anlehnung an Artikel 5b der Verordnung eine Regelung zu schaffen ist, wonach die BaFin in ihrer Verwaltungspraxis - insbesondere ihren Rundschreiben - nicht auf Ratings Bezug nimmt, wenn eine solche Bezugnahme für die ihrer Aufsicht unterliegenden Unternehmen Anlass sein könnte, sich ausschließlich oder automatisch auf Ratings zu stützen. Eine solche Regelung könnte etwa in das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz eingestellt werden. In diesem Zusammenhang wäre es stringent, die BaFin auch - am Vorbild der Verordnung orientiert - zu verpflichten, bestehende Bezugnahmen auf Ratings in ihrer Verwaltungspraxis bis zu einem festzulegenden Zeitpunkt zu überprüfen und gegebenenfalls zu entfernen.
3. Zu Artikel 3 Nummer 5 Buchstabe a (§ 340 Absatz 3a Nummer 5 - neu - KAGB)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob zusätzlich zu den in § 340 Absatz 3a Nummer 1 bis 4 vorgesehenen Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen als neue Nummer 5 die Variante aufzunehmen ist, dass der Verpflichtete entgegen Artikel 8d Absatz 1 Satz 2 der Verordnung die dort genannte Dokumentation nicht richtig vornimmt.
Begründung:
Während der mit Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe b vorgesehene § 39 Absatz 2b WpHG-E, der mit Artikel 2 Nummer 8 Buchstabe c vorgesehene § 56 Absatz 4b KWG-E und der mit Artikel 4 Nummer 6 vorgesehene § 145 Absatz 2 VAG-E neben den Verstößen gegen Pflichten aus Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1, Artikel 5a Absatz 1 und Artikel 8c Absatz 1 und 2 der Ratingverordnung (§ 39 Absatz 2b Nummer 1 bis 4 WpHG-E, § 56 Absatz 4b Nummer 1 bis 4 KWG-E, § 145 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 VAG-E) auch die nicht richtige Vornahme der in Artikel 8d Absatz 1 Satz 2 der Ratingverordnung genannten Dokumentation als Variante ordnungswidrigen Handelns vorsehen (§ 39 Absatz 2b Nummer 5 WpHG-E, § 56 Absatz 4b Nummer 5 KWG-E, § 145 Absatz 2 Nummer 5 VAG-E), ist in § 340 Absatz 3a KAGB-E keine entsprechende Regelung enthalten.
Eine Prüfung im weiteren Gesetzgebungsverfahren, ob insoweit ein Gleichlauf zwischen den Ordnungswidrigkeiten-Tatbeständen in § 39 Absatz 2b WpHGE, § 56 Absatz 4b KWG-E und § 145 Absatz 2 VAG-E einerseits und § 340 Absatz 3a KAGB-E andererseits hergestellt werden sollte, erscheint angezeigt.
4. Zu Artikel 3 Nummer 5 Buchstabe b (§ 340 Absatz 4 Nummer 6 KAGB) und Buchstabe c (§ 340 Absatz 5 Nummer 6 KAGB)
Artikel 3 Nummer 5 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Buchstabe b sind in § 340 Absatz 4 Nummer 6 die Wörter "oder Artikel 15 eine Unterrichtung der Anleger" durch die Wörter "eine Unterrichtung der Anleger oder entgegen Artikel 15 eine Unterrichtung der zuständigen Behörde" zu ersetzen.
- b) In Buchstabe c sind in § 340 Absatz 5 Nummer 6 die Wörter "oder Artikel 16 eine Unterrichtung der Anleger" durch die Wörter "eine Unterrichtung der Anleger oder entgegen Artikel 16 eine Unterrichtung der zuständigen Behörde" zu ersetzen.
Begründung:
Während Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds und Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum jeweils Unterrichtungspflichten zugunsten der Anleger enthalten, hat die in Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds und in Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum vorgeschriebene Unterrichtung gegenüber der zuständigen Behörde zu erfolgen; eine Unterrichtung der Anleger ist in diesen Vorschriften nicht vorgesehen, so dass eine unterbliebene Unterrichtung von Anlegern auch nicht sanktioniert werden kann. Die vorgesehenen Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände in § 340 Absatz 4 Nummer 6 und Absatz 5 Nummer 6 KAGB-E stellen hingegen jeweils nur auf die Unterrichtung der Anleger ab und sollten entsprechend redaktionell angepasst werden.