Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts

Der Bundesrat hat in seiner 828. Sitzung am 24. November 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf insgesamt

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob der in dem Entwurf mehrfach verwendete, dogmatisch verfehlte Begriff der "Vertragserklärung" (vgl. z.B. § 2 Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 VVG-E) durch die Wörter "auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung" ersetzt werden kann.

Begründung:

Die Bezeichnung "Vertragserklärung" ist missverständlich. Es wird nicht klar, welche Art von Erklärungen darunter zu verstehen sein sollen. Sie ist auch dogmatisch falsch, richtig ist die Formulierung "auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung". Diese knüpft an die §§ 130, 133 und 145 BGB an.

Der Begriff der "Vertragserklärung" findet sich bereits in § 312c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 312d Abs. 6, § 492 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3, § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1 Abs. 3 Satz 2 BGB-InfoV, § 48b Abs. 3 Satz 2 und § 48c Abs. 1 Satz 1 VVG. Um die Zivilrechtsdogmatik nicht weiter in Widersprüche zu verstricken, wird angeregt, auch die genannten Vorschriften entsprechend zu ändern.

2. Zu Artikel 1 (§ 6 Abs. 1, § 61 Abs. 1 VVG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens § 6 Abs. 1 und § 61 Abs. 1 VVG-E an Artikel 12 Abs. 3 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung anzupassen.

Begründung:

Nach Artikel 12 Abs. 3 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. Nr. L 9 vom 15. Januar 2003, S. 3 ff.) - Versicherungsvermittlungsrichtlinie - hat der Versicherungsvermittler vor Abschluss eines Versicherungsvertrages, insbesondere anhand der vom Kunden gemachten Angaben, zumindest dessen Wünsche und Bedürfnisse sowie die Gründe für jeden diesem zu einem bestimmten Versicherungsprodukt erteilten Rat genau anzugeben. Diese Angaben sind der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages anzupassen. § 61 Abs. 1 des Entwurfs setzt die Richtlinie insoweit nicht vollständig um.

Nach der Richtlinie sind die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden sowie die Gründe für jeden diesem zu einem bestimmten Versicherungsprodukt erteilten Rat genau anzugeben (Artikel 12 Abs. 3 Satz 1 a. E. der Richtlinie). Hierbei handelt es sich um eine Mindestvorschrift, d.h. es können weitere Angaben erfolgen.

Die Einschränkung in Artikel 12 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie lässt diesen Mindestinhalt nicht entfallen, sie ermöglicht allenfalls eine erleichterte Darstellung.

Demgegenüber machen § 6 Abs. 1 und § 61 Abs. 1 VVG-E die Befragung des Kunden nach seinen Wünschen und Bedürfnissen, die Beratung sowie die Mindestangaben einer Dokumentation von mehreren Einschränkungen abhängig:

Einmal sind diese Maßnahmen nicht nötig, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder nach der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür kein Anlass besteht. Zum anderen können sie entfallen, wenn ansonsten kein angemessenes Verhältnis zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämie bestünde.

Die Versicherer trifft zwar nicht die gleiche europarechtliche Pflicht wie die Versicherungsvermittler. Aus Verbraucherschutzgründen können ihre Pflichten jedoch nicht hinter denen der Vermittler zurückstehen.

Die in der Gegenäußerung der Bundesregierung zu § 42c Abs. 1 Satz 1 VVG-E in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts (BT-Drs. 016/2475, S. 4) angegebene Begründung, dies sei der Kernpunkt eines Kompromisses zwischen Verbraucherschutzinteressen und der Belastung der Vermittler, trägt nicht. Dies gilt auch für die weitere Behauptung, durch die Streichung des "Anlassbezuges" für die Beratungs- und Dokumentationspflicht würde dem Vermittler die Möglichkeit genommen, den Aufwand individuell anzupassen. Denn die Zulässigkeit einer individuellen Anpassung der Dokumentationspflicht an die individuellen Umstände des Einzelfalls ist unstreitig. Die vorgeschlagene Regelung ermöglicht es allerdings dem Vermittler, seinen Mindestpflichten nicht nachzukommen und damit trotzdem bundesdeutschem Recht zu genügen. Dies ist mit der Richtlinie nicht vereinbar.

3. Zu Artikel 1 (§ 6 Abs. 4 Satz 1 VVG)

In Artikel 1 § 6 Abs. 4 Satz 1 ist nach der Angabe "Absatz 1 Satz 1" die Angabe "und 2" einzufügen.

Begründung:

Aus Gründen des Verbraucherschutzes sollte dem Versicherer außer der Verpflichtung zur anlassbezogenen weiteren Beratung nach Vertragsschluss konsequenterweise auch eine entsprechende Dokumentationspflicht auferlegt werden.

Wird der Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Versicherungsvertrages auf Umstände hingewiesen, die ihn zu einer Vertragsänderung bzw. zum Abschluss eines neuen Vertrages veranlassen, sollte er auch den Nachweis einer sachgerechten Beratung durch den Versicherer in den Händen halten.

4. Zu Artikel 1 (§ 15a - neu - VVG)

In Artikel 1 ist nach § 15 folgender § 15a einzufügen:

§ 15a Anpassung unwirksamer Versicherungsbedingungen

Begründung:

Die Aufnahme einer gesetzlichen Anpassungsregelung erscheint für alle Versicherungszweige notwendig da Versicherungsverträge in der Praxis regelmäßig eine lange Laufzeit aufweisen. Wird eine Klausel höchstrichterlich beziehungsweise durch bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärt, sollte für den Versicherer die Möglichkeit bestehen, unter engen Voraussetzungen die unwirksame Bedingung zu ersetzen. Da von der unwirksamen Bedingung grundsätzlich eine Vielzahl von Verträgen betroffen ist, erscheint es sachgerecht wenn in diesen speziellen Fällen nicht durch zahlreiche Individualvereinbarungen eine Neuregelung herbeigeführt werden muss. Eine Anpassungsmöglichkeit ist nicht nur für den Fall angezeigt, dass dies zur Fortführung des Vertrags notwendig ist, sondern auch, wenn das Festhalten an dem Vertrag für eine Partei eine unzumutbare Härte darstellen würde, da eine Unwirksamkeit des Vertrags nach § 306 Abs. 3 BGB vermieden werden sollte.

Als Folge müssten § 164 VVG-E gestrichen und in § 203 Abs. 4 VVG-E die Angabe "§ 164" durch die Angabe "§ 15a" ersetzt werden.

5. Zu Artikel 1 (§ 29a - neu - VVG)

In Artikel 1 ist nach § 29 folgender § 29a einzufügen:

§ 29a Kenntnis anderer Versicherer

Begründung:

Der Vorschlag der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (vgl. § 32 des Kommissionsentwurfs) zur Zurechnung der Kenntnis anderer Versicherer sollte mit der Maßgabe übernommen werden, dass eine Nachfragepflicht zwischen Versicherern, die dem selben Konzern angehören, statuiert wird. Gerade bei Verletzung der Anzeigepflicht berufen sich in der Praxis Versicherungsnehmer sehr häufig auf die Kenntnis des Versicherers auf Grund von Vorkommnissen im Zusammenhang mit anderen Versicherungsverträgen, da ihnen insbesondere die Spartentrennung kein Begriff ist. Besonders häufig ist dies zu beobachten, wenn Versicherungsnehmer eine weitere Personenversicherung bei einem Versicherer abschließen, bei dem sie z.B. bereits eine Krankenversicherung unterhalten. Erstattet der Krankenversicherer die Kosten für eine bestimmte Behandlung, so ist es für den Versicherten keinesfalls selbstverständlich dass er die der Behandlung zu Grunde liegende Erkrankung bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung angeben muss. Gehören die Versicherer demselben Konzern an, sollten sie zu dem von den Versicherungsnehmern unterstellten und technisch unschwer möglichen Informationsaustausch angehalten werden.

6. Zu Artikel 1 ( § 41 Satz 1 VVG)

In Artikel 1 § 41 Satz 1 sind die Wörter "kann der Versicherungsnehmer verlangen, dass die Prämie ab Zugang des Verlangens beim Versicherer angemessen herabgesetzt wird" durch die Wörter "hat der Versicherer unverzüglich nach Kenntniserlangung hiervon die Prämie in entsprechendem Umfang herabzusetzen" zu ersetzen.

Begründung:

Mit dem Wegfall gefahrerhöhender Umstände verringert sich das zu versichernde Risiko. Folglich hat der Versicherer keinen Anspruch mehr auf eine Prämie in der dem höheren Risiko entsprechenden Höhe. Aus Verbrauchersicht erscheint es unbillig, dass der Versicherungsnehmer in diesem Fall selbst aktiv werden und die Herabsetzung der Prämie verlangen muss. Da üblicherweise Kostenerhöhungen von den Versicherern unverzüglich an die Kunden weitergegeben werden ist es den Versicherern zumutbar, auch im umgekehrten Fall für eine unverzügliche Anpassung zu sorgen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Versicherungen den in aller Regel bestehenden Informationsvorsprung gegenüber den Versicherten ausnutzen und sich letztlich ungerechtfertigt bereichern, solange die Versicherungsnehmer nicht ihr Verlangen nach Prämiensenkung artikulieren.

7. Zu Artikel 1 (§ 77 Abs. 3 - neu - VVG)

In Artikel 1 ist dem § 77 folgender Absatz 3 anzufügen:

Begründung:

Aus Gründen des Verbraucherschutzes wird vorgeschlagen, dass der Versicherer vor einem Vertragsabschluss den Versicherungsnehmer auf die Mitteilungspflichten über mehrere Versicherungen hinzuweisen hat, um diesen vor hieraus möglicherweise resultierenden Problemen zu warnen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein mündiger Verbraucher - ausgehend von seinem Recht der Vertragsfreiheit und seiner Privatautonomie - sich der in Absatz 1 normierten Pflicht nicht hinreichend bewusst ist.

8. Zu Artikel 1 (§ 92 Abs. 1a - neu - VVG)

In Artikel 1 § 92 ist nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:

Begründung:

Das Kündigungsrecht des Versicherers nach Eintritt eines Schadensfalls erscheint aus Sicht eines Versicherungsnehmers, der regelmäßig seine Prämien gezahlt hat und sich nichts hat zuschulden kommen lassen, ungerecht. Es ist nicht ersichtlich, warum als Kündigungsgrund allein der Anlass herhalten soll, der überhaupt zum Abschluss der Versicherung geführt hat. Das Kündigungsrecht des Versicherers sollte daher auf Fälle beschränkt werden, in denen der Versicherungsnehmer den Schadensfall zumindest fahrlässig herbeigeführt, Obliegenheiten nicht erfüllt oder Gefahrerhöhungen vorgenommen oder geduldet hat und dies auf den Eintritt des Schadensfalls oder auf die Schadenermittlung Einfluss gehabt hat.

9. Zu Artikel 1 ( § 105 VVG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen ob die derzeit geltende Regelung des § 154 Abs. 2 VVG, wonach die Vereinbarung der Leistungsfreiheit des Versicherers im Falle eines Anerkenntnisses des Versicherungsnehmers grundsätzlich möglich ist, aufrechterhalten werden kann, soweit nicht Verbraucher betroffen sind.

Begründung:

Die Aufrechterhaltung der derzeit in § 154 Abs. 2 VVG niedergelegten Rechtslage ist insbesondere erforderlich, um die Versicherungsnehmer vor für sie nachteilhaften Anerkenntnissen zu schützen. Sollte die Vereinbarung der Leistungsfreiheit des Versicherers im Falle eines Anerkenntnisses des Versicherungsnehmers nicht mehr möglich sein, ist auf Grund der dann fehlenden Warnfunktion der entsprechenden Bestimmung mit einem Anstieg von Anerkenntnissen zu rechnen, die der tatsächlichen Rechtslage möglicherweise nicht entsprechen und zu einer Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers führen.

Gerade im gewerblichen Bereich wird seitens der Geschädigten häufig massiv auf ein Anerkenntnis des Versicherungsnehmers gedrungen. Diesem Druck konnte sich ein Versicherungsnehmer bislang durch Verweis auf die Versicherungsbedingungen entziehen welche im Falle eines Anerkenntnisses Leistungsfreiheit des Versicherers vorgesehen haben. Sollte eine solche Bestimmung nicht mehr möglich sein, dürften Versicherungsnehmer im Vertrauen auf das Einstehen des Versicherers weit häufiger zur Abgabe eines Anerkenntnisses neigen selbst wenn die Gefahr der eigenen Haftung für über die tatsächliche Rechtslage hinausgehende Ansprüche bekannt ist.

10. Zu Artikel 1 (§ 114 Abs. 2 Satz 1 VVG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens klarzustellen, dass mit der Formulierung "soweit dadurch die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung nicht gefährdet wird" Risikobegrenzungen in der Pflichtversicherung künftig möglich bleiben. In diesem Zusammenhang bittet der Bundesrat auch um Klarstellung, dass - im Falle der Einführung eines Direktanspruchs im Bereich der Pflichtversicherung - dieser Direktanspruch jedenfalls im Umfang der vertraglichen Deckungsbegrenzungen beschränkt ist.

Begründung:

Der Entwurf sieht vor, dass im Pflichtversicherungsvertrag Risikobegrenzungen künftig nur noch insoweit zulässig sind, als sie die Erreichung des jeweiligen Zwecks der Pflichtversicherung nicht gefährden oder durch Rechtsvorschrift ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Damit soll der angestrebte Drittopferschutz gesichert werden.

Es liegt im Wesen einer Pflichtversicherung, das Drittopfer möglichst umfassend zu schützen. Eine Beschränkung der Leistungspflicht im Außenverhältnis auf bestimmte Risiken wäre für den Dritten nicht erkennbar und entspräche daher meist nicht dem Zweck der Pflichtversicherung. Es besteht somit die Gefahr, dass § 114 Abs. 2 Satz 1 VVG-E von der Versicherungsaufsicht so ausgelegt wird, dass Risikobegrenzungen künftig vollkommen unzulässig sind.

Dies ist jedoch auch nach der Entwurfsbegründung nicht gewollt. Eine sinnvolle Begrenzung des Versicherungsschutzes muss im Interesse der Versichertengemeinschaft weiterhin möglich sein. Anderenfalls ist mit einer nicht unerheblichen Erhöhung der Beiträge für die Versicherten in vielen Bereichen der Pflichtversicherung zu rechnen.

Sollte - wie in § 115 VVG-E vorgesehen - im Bereich der Pflichtversicherung ein Direktanspruch des Geschädigten gesetzlich vorgeschrieben werden, muss deshalb auch dieser Anspruch in Höhe der Deckungsbegrenzungen beschränkt werden.

11. Zu Artikel 1 (§ 153 Abs. 1 Satz 1, 2 - neu - VVG)

Artikel 1 § 153 Abs. 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Regelungen zur Überschussbeteiligung sind in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 (1 BvR 80/95) auf den Bereich der kapitalbildenden Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung zu beschränken, da Bewertungsreserven nur für Zinsüberschüsse relevant sind. Für sonstige Versicherungen ist die Zinsüberschussbeteiligung dagegen regelmäßig von geringer Bedeutung. Dies gilt auch für die Zusatzversicherungen.

12. Zu Artikel 1 (§ 153 Abs. 3 Satz 1a - neu - VVG)

In Artikel 1 § 153 Abs. 3 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:

Begründung:

Es ist sicherzustellen, dass Bewertungsreserven aus festverzinslichen Anlagen bei der Überschussbeteiligung nicht erfasst werden. Sie lösen sich regelmäßig nach Zeitablauf, d.h. spätestens mit Fälligkeit auf. Der Versicherungsnehmer partizipiert an diesen Reserven durch die laufende Überschussbeteiligung.

13. Zu Artikel 1 (§ 158 Abs. 1 Satz 2 - neu -, § 181 Abs. 1 Satz 2 - neu - VVG)

In Artikel 1 ist dem § 158 Abs. 1 und dem § 181 Abs. 1 jeweils folgender Satz anzufügen:

Begründung:

Der Versicherungsnehmer benötigt Rechtssicherheit, dass die nicht vorhersehbare Entwicklung seines Gesundheitszustandes seinen Versicherungsschutz nicht gefährdet.

14. Zu Artikel 1 (§ 165 Abs. 1 Satz 1 VVG)

In Artikel 1 § 165 Abs. 1 Satz 1 sind nach dem Wort "prämienfreie" die Wörter "oder prämienreduzierte" einzufügen.

Begründung:

Den Versicherungsnehmern sollte neben der prämienfreien Versicherung ausdrücklich auch die Reduzierung der Versicherungsprämie ermöglicht werden.

Dies ist insbesondere für solche Versicherungsnehmer von Bedeutung, die ihre ursprünglich rein private Altersvorsorge nach Eintritt einer gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nicht mehr in voller Höhe fortsetzen können, gleichwohl aber einer ergänzenden privaten Altersvorsorge bedürfen.

15. Zu Artikel 1 (§ 192 Abs. 5 Satz 2 - neu - VVG)

In Artikel 1 ist dem § 192 Abs. 5 folgender Satz anzufügen:

Begründung:

Verdienstausfall muss unter besonderen Bedingungen auch bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit oder teilweise wiederhergestellter Arbeitsfähigkeit gezahlt werden. Die Wiederaufnahme von Arbeit bei teilweise wiederhergestellter Arbeitsfähigkeit liegt im Interesse von Versicherungsnehmern und Versicherern und muss gefördert werden und sollte keinesfalls wegen der Gefahr des Verlustes von Leistungen verzögert werden.

16. Zu Artikel 2 Nr. 2 (Artikel 1 Abs. 3 EGVVG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob eine Anpassung der von den Versicherern in Altverträgen verwendeten Allgemeinen Versicherungsbedingungen an die Vorschriften des neuen Versicherungsvertragsgesetzes auch erreicht werden kann, ohne dass den Versicherungsgesellschaften eine Pflicht zur Änderung ihrer sämtlichen Vertragsbedingungen auferlegt wird.

Hilfsweise wird darum gebeten, die an die Versicherer gerichtete Frist zur Anpassung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Altverträge um mindestens ein Jahr, d.h. bis zum 1. Januar 2010, zu verlängern.

Begründung:

Die Anpassung von etwa 280 Millionen Bestandsverträgen alleine in der Schadensversicherung an die Vorschriften des neuen Versicherungsvertragsgesetzes erfordert eine Umstellung unterschiedlichster Bedingungsgenerationen.

Jede Vertragsgeneration muss speziell geprüft und angepasst werden, eine pauschale Umstellung ist nicht zulässig. Dies erfordert einen enormen bürokratischen Aufwand. Denkbar wäre eine Regelung, die bestehende Versicherungsbedingungen unter Berücksichtigung des fiktiven Willens der Vertragsparteien für den Fall der Kenntnis der neuen Rechtslage auslegt.

Ein Zeitraum von einem Jahr ab dem geplanten Inkrafttreten des neuen Versicherungsvertragsgesetzes am 1. Januar 2008 erscheint für eine Anpassung durch die Versicherungen jedenfalls nicht ausreichend.

17. Zu Artikel 2 Nr. 2 (Artikel 4 Abs. 2 EGVVG)

In Artikel 2 Nr. 2 ist Artikel 4 Abs. 2 zu streichen.

Begründung:

Gemäß Artikel 4 Abs. 2 EGVVG-E soll die neue Rückkaufswertregelung (§ 169 VVG-E) einschließlich der hieran anknüpfenden Vorschriften der §§ 165 und 166 VVG-E ab dem 1. Januar 2008 auch auf bestehende Versicherungsverträge ausgedehnt werden. Da sich die Neuregelungen von den bisherigen Regelungen deutlich unterscheiden, insbesondere im Hinblick auf die Mindestwerte in den ersten Jahren, bedeutet dies einen gravierenden Eingriff in die bestehenden Verträge.

Eine Rückwirkung der Rückkaufswertregelung für bestehende Verträge hätte für die Lebensversicherungsunternehmen erhebliche finanzielle Zusatzbelastungen zur Folge. Die zusätzlichen Mittel müssten zu Lasten der Überschussbeteiligung der verbleibenden Versichertengemeinschaft aufgebracht werden.

Die beabsichtigte Rückwirkung der §§ 165, 166 und 169 VVG-E wird auch nicht vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung für erforderlich gehalten.

Insbesondere lässt sie sich nicht aus der in der Begründung zu Artikel 4 Abs. 2 EGVVG-E genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herleiten.