Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 7. Februar 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 2. Februar 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Hinweis: vgl.
AE-Nr. 052240 und
Drucksache 910/05 (PDF) = AE-Nr. 053181
Gemeinsam mit den Menschen über Europa diskutieren
Einleitung: die KLUFT überbrücken
Im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte ist die Europäische Union umgestaltet worden. Sie hat eine ganze Reihe von Aufgaben übernommen, die sich in vielfältiger Weise auf das Leben der Bürger auswirken. Die Kommunikation der EU mit den Bürgern hat mit dieser Entwicklung allerdings nicht Schritt gehalten.
Die Kluft zwischen der Europäischen Union und den Bürgern ist ein weithin bekanntes Phänomen. Bei den in den letzten Jahren durchgeführten Eurobarometer-Umfragen gaben viele der Befragten an, dass sie wenig über die EU wissen und bei den Entscheidungsprozessen nach eigenem Empfinden kaum Mitsprache haben. Kommunikation ist für eine gesunde Demokratie lebenswichtig. Sie ist keine Einbahnstraße. Demokratie kann nur dann reibungslos funktionieren, wenn die Bürger über aktuelle Entwicklungen informiert sind und in vollem Umfang daran teilhaben können.
Kommunikation kann nie von dem abgekoppelt werden, was kommuniziert wird. Die Bürger erwarten dass Europa im Zeitalter der Globalisierung für Wohlstand, Solidarität und Sicherheit sorgt. Für jede Kommunikationspolitik ist es daher von grundlegender Bedeutung, dass die EU ein effizientes politisches Programm vorlegt. Aber die Vorlage eines Programms allein reicht nicht aus.
Die Kommission hat im Vorjahr in einem Aktionsplan die konkreten Maßnahmen aufgelistet, die zur Verbesserung der Kommunikation mit den Bürgern geplant sind1. Dazu gehören beispielsweise eine Stärkung der Vertretungen der Kommission, die Verbesserung der internen Koordination und Planung, eine bürgernahe Sprache, eine wirksamere Präsentation sowie die Einrichtung von mehr Anlaufstellen für die Bürger.
Die Kommission hat ebenfalls den "Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion"2 auf den Weg gebracht, mit dem die Bürger in eine weit reichende Diskussion darüber eingebunden werden sollen, wofür die Europäische Union da ist, wohin sie sich bewegt und wofür sie sich einsetzen soll.
Damit diese Initiativen der Europäischen Kommission aber etwas bewirken können, müssen noch viele andere Kräfte eingebunden werden. Ein partnerschaftlicher Ansatz ist dabei von grundlegender Bedeutung. Der Erfolg dieser Initiativen steht und fällt mit der Beteiligung aller Schlüsselakteure, d.h. der übrigen Organe und Einrichtungen der EU, der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in den Mitgliedstaaten, der politischen Parteien Europas und der Zivilgesellschaft.
Mit diesem Weißbuch sollen in erster Linie Vorschläge für die künftige Vorgehensweise unterbreitet und alle Beteiligten dazu aufgerufen werden, ihre Ideen für eine optimale Zusammenarbeit zur Überbrückung der Kluft einzubringen. Dies wird in eine zukunftsorientierte Agenda für eine bessere Kommunikation zur Intensivierung der öffentlichen Debatte in Europa münden.3
Diese Agenda würde über den Aktionsplan der Kommission hinausgehen. Sie soll Behörden und Organisationen aller Ebenen in den Mitgliedstaaten einbeziehen und ist langfristig ausgelegt.
Das Weißbuch ermuntert zu einer lebendigen und offen geführten Diskussion. In Teil I wird dargelegt wie eine EU-Kommunikationspolitik nach Ansicht der Kommission gestaltet sein und was sie leisten sollte. In Teil II werden die Schlüsselbereiche beschrieben, in denen die Konsultation und künftige Maßnahmen durchgeführt werden sollen.
Wie wird der Konsultationsprozess ablaufen?
Die Bereiche, in denen die Kommission Anregungen unterbreitet und Meinungen einholt, werden im Weißbuch in Kästen hervorgehoben.
- - Das Parlament, der Rat und die übrigen Organe und Einrichtungen der EU können auf dem üblichen institutionellen Weg zu diesem Weißbuch Stellung nehmen. Die europäischen Bürger und sonstige Akteure können ihre Reaktionen über die nachstehende eigens eingerichtete mehrsprachige Webseite oder per Post an die unten stehende Anschrift übermitteln: Webadresse: http://europa.eu.int/comm/communication_white_paper Postanschrift: Konsultation zum Weißbuch Europäische Kommission Generaldirektion Kommunikation B- 1049 Brüssel Belgien
- - Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit anderen EU-Institutionen auch eine Reihe von Stakeholder-Foren für bestimmte Interessensgruppen (Nichtregierungsorganisationen, Unternehmensverbände und andere Akteure) einrichten.
- - Im Frühjahr 2006 werden mehrere Spezial-Eurobarometer-Umfragen zur Erhebung optimaler Daten für Analysezwecke anlaufen. Die Konsultation ist auf sechs Monate anberaumt. Anschließend wird die Kommission die eingegangenen Antworten zusammenfassen und Schlussfolgerungen ziehen, damit für jeden Arbeitsbereich Maßnahmen vorgeschlagen werden können.
Teil I
Die Kommunikation IN den Dienst der Bürger Stellen
1. Kommunikation ALS eigenständige Politik
Die "Kommunikationskluft" zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgern besteht schon lange. In EU-Kreisen wird darüber zumindest seit den Volksabstimmungen diskutiert, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht im Jahr 1992 stattgefunden haben.
In den letzten Jahren haben alle EU-Institutionen erneut verstärktes Augenmerk auf die Kommunikationsarbeit gelegt. Dennoch herrscht allgemein die Auffassung vor, dass noch mehr getan werden muss. Die Kommunikation ist zu sehr eine "Brüsseler Angelegenheit" geblieben. Man konzentriert sich weitgehend darauf, den Menschen zu vermitteln, was die EU leistet. Viel weniger beschäftigt man sich damit, den Menschen zuzuhören. Obwohl Konsultationsmechanismen mittlerweile gängige Praxis sind, bleiben sie auf spezifische politische Initiativen beschränkt, und Bürger haben oft den Eindruck, dass sie kaum oder gar nicht an der Diskussion teilnehmen können. Die institutionelle Kommunikation ist zwar von wesentlicher Bedeutung und wird laufend verbessert, hat aber bislang ganz offensichtlich nicht ausgereicht, um die Kluft zu schließen.
Die Europäische Kommission schlägt daher einen grundlegend neuen Ansatz vor:
Entscheidend dabei ist, auf mehr Dialog statt auf einseitige Kommunikation zu setzen, den Bürger und nicht die Institutionen in den Mittelpunkt der Kommunikation zu stellen sowie verstärkt dezentral statt von Brüssel aus tätig zu werden. Die EU sollte eine eigenständige Kommunikationspolitik im Dienste der Bürger entwickeln. Grundlage dafür sollte ein wirklicher Dialog zwischen den Menschen und den politischen Entscheidungsträgern sowie eine lebendige Diskussion zwischen den Bürgern selbst sein. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sollten das Recht auf ausgewogene und umfassende Informationen über die Europäische Union haben und darauf vertrauen können, dass ihre Ansichten und Anliegen bei den EU-Institutionen Gehör finden. Dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten und all denjenigen, die die europäischen Bürger vertreten, kommt eine besondere Rolle zu, da die Unterstützung des europäischen Projekts durch die Bevölkerung von gemeinsamem Interesse ist.
2. INTENSIVIERUNG von Diskussion und Dialog - eine Europäische öffentliche SPHÄRE
Im heutigen Europa üben die Bürger ihre politischen Rechte hauptsächlich auf nationaler und lokaler Ebene aus. Zwar verfügen sie bereits über politische Rechte auf europäischer Ebene wie etwa das Recht auf Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament, doch sie erhalten ihr Wissen über Politik und politische Angelegenheiten großteils über die nationalen Bildungssysteme und informieren sich darüber in den überregionalen, regionalen und lokalen Medien ihres Landes. Sie beschäftigen sich mit den Stellungnahmen politischer Parteien zu nationalen regionalen und lokalen Fragen und diskutieren diese Themen meist in ihrem persönlichen Umfeld.
Kurz gesagt handelt es sich bei der "öffentlichen Sphäre", in der sich politisches Leben in Europa abspielt, weitgehend um eine nationale Sphäre. Dies geht so weit, dass europäische Themen, wenn sie überhaupt aufgegriffen werden, von den meisten Bürgern aus einem nationalen Blickwinkel gesehen werden. Die Medien beschränken sich - teils aufgrund von Sprachbarrieren - weitgehend auf die nationale Ebene. Es gibt wenige Möglichkeiten für Europäer aus verschiedenen Mitgliedstaaten, sich über Themen von gemeinsamem Interesse auszutauschen.
Allerdings werden viele politische Entscheidungen, die sich auf das tägliche Leben der EU-Bevölkerung auswirken, auf europäischer Ebene getroffen. Die Menschen können sich keine Vorstellung von diesen Entscheidungen, dem Entscheidungsprozess und den EU-Institutionen machen. Gegenüber Brüssel herrscht ein Gefühl der Entfremdung, das teilweise die allgemeine Politikverdrossenheit widerspiegelt. Ein Grund dafür ist, dass keine entsprechende "europäische öffentliche Sphäre" geschaffen wurde, in der eine europapolitische Diskussion entstehen kann. Obwohl die Bürger das Recht haben, die Mitglieder des Europäischen Parlaments zu wählen, sind sie häufig der Ansicht, dass sie selbst kaum Gelegenheit haben, sich zu europäischen Themen Gehör zu verschaffen. Zudem gibt es kein sichtbares Forum, in dem sie diese Fragen diskutieren können. Eine gesamteuropäische politische Kultur mit europaweiten politischen Zusammenschlüssen und Grundlagen hat sich noch nicht in vollem Umfang herausgebildet.
Europa muss auch seinen Platz in der "öffentlichen Sphäre" finden, die auf nationaler, regionaler bzw. lokaler Ebene besteht. Die Diskussion über die Grenzen von Mitgliedstaaten hinweg muss intensiviert werden. Hier sind zuallererst die Behörden in den Mitgliedstaaten gefordert. Den Regierungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene obliegt es, die Bürger zur Politik - auch zur europäischen Politik und deren Auswirkungen auf ihr tägliches Leben - zu konsultieren und sie darüber zu informieren sowie Foren zur Belebung dieser Diskussionen zu schaffen.
Ferner ist es eindeutig vorteilhaft, die europäische Dimension in die nationale Diskussion einzubringen. Die Bürger spüren, dass einer nationalen Diskussion etwas fehlt, in der für sie direkt relevante Aspekte der Politik ausgeklammert sind. Eine stärkere Beachtung der europäischen Dimension im nationalen politischen Diskurs kann nur dessen Glaubwürdigkeit stärken und lässt keineswegs ein Konkurrenzverhältnis entstehen.
Daher müssen die nationalen Behörden, die Zivilgesellschaft und die Institutionen der Europäischen Union gemeinsam darum bemüht sein, Europas Platz in der öffentlichen Sphäre zu festigen.
Teil II
Die Dinge voranbringen
Eine Agenda für künftige Maßnahmen Die Kommission hat fünf Bereiche ermittelt, in denen Maßnahmen mit den anderen EU-Institutionen, den Mitgliedstaaten und der Zivilgesellschaft partnerschaftlich durchgeführt werden sollen. Diese Auswahl ist aber nicht ein für alle Mal festgelegt: Im Zuge des gesellschaftlichen und technologischen Wandels werden weitere Bereiche hinzukommen.
Im Rahmen des Konsultationsprozesses werden für jeden der fünf Bereiche mögliche Maßnahmen zur Diskussion gestellt.
1. gemeinsame Grundsätze festlegen
Das Recht auf Information und das Recht auf freie Meinungsäußerung sind für die Demokratie in Europa von zentraler Bedeutung. Diese Grundsätze wurden in den EU-Vertrag und in die Europäische Charta der Grundrechte4 aufgenommen. Sie müssen den Ausgangspunkt eines Prozesses darstellen, der darauf abzielt, gemeinsame Grundsätze festzulegen und zu einem Konsens über die Gestaltung einer EU-Kommunikationspolitik zu gelangen.
Andere wichtige Grundsätze spielen ebenfalls eine zentrale Rolle für die Kommunikation:
- Einbeziehung.
Alle Bürger sollten sich in ihrer Sprache über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse informieren können. Informationen sollten daher über verschiedenste Kanäle - u. a. die Massenmedien und neue Technologien wie das Internet - allgemein verfügbar gemacht werden. Dies bedeutet auch, dass Menschen aus allen Gesellschaftsschichten in sämtlichen EU-Ländern dabei unterstützt werden sollten, die nötigen Fertigkeiten zu erwerben, um diese Informationen zu beschaffen und zu nutzen.
Insbesondere trifft dies für Minderheiten, Menschen mit Behinderungen und sonstige Gruppen zu, die systematisch von der Beteiligung an der öffentlichen Sphäre ausgeschlossen sein könnten.
- Vielfalt.
Die Bürger Europas leben unter ganz unterschiedlichen sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen und vertreten die verschiedensten politischen Ansichten.
Die EU-Kommunikationspolitik muss die Meinungsvielfalt in der öffentlichen Debatte in ihrer gesamten Bandbreite respektieren.
- Teilnahme.
Bürger sollten ein Recht darauf haben, ihre Ansichten zu äußern und gehört zu werden sowie die Möglichkeit erhalten, in einen Dialog mit den Entscheidungsträgern zu treten. Dieser Grundsatz ist auf EU-Ebene von besonderer Bedeutung, da überdies die Gefahr einer großen Distanz zwischen den Institutionen und den Bürgern besteht.
Gemeinsame Grundsätze festlegen: Wie kommen wir voran?
Die gemeinsamen Grundsätze und Standards, die für die Informations- und Kommunikationsarbeit zu europäischen Themen maßgeblich sein sollen, könnten in einem Rahmendokument - zum Beispiel einer Europäischen Charta oder einem Europäischen Verhaltenskodex zur Kommunikation - festgeschrieben werden. Dadurch sollten alle Beteiligten (EU-Institutionen, nationale, regionale und lokale Regierungen,
Nichtregierungsorganisationen) sich dazu verpflichten, diese Grundsätze einzuhalten und für eine EU-Kommunikationspolitik im Interesse der Bürger zu sorgen. Diese Verpflichtung würde auf freiwilliger Basis eingegangen werden.
2. Die Rolle der Bürger stärken
Jede erfolgreiche EU-Kommunikationspolitik muss die Bedürfnisse der Bürger in den Mittelpunkt stellen. Sie sollte vor allem gewährleisten, dass Instrumente und Strukturen in Form von Diskussionsforen und Kanälen der öffentlichen Kommunikation bereit stehen, die möglichst vielen Menschen Informationen zugänglich machen und ihnen ermöglichen, ihren Anliegen Gehör zu verschaffen.
Mit künftigen Aktivitäten in diesem Bereich könnten drei Hauptziele verfolgt werden:
- - Die politische Bildung verbessern. Politische Bildung, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass die Menschen ihre politischen und bürgerlichen Rechte ausüben und in der öffentlichen Sphäre tätig werden können. Politische Bildung sollte nicht darauf beschränkt bleiben, Schülern Wissen über die Institutionen und die Politik der EU zu vermitteln. Sie sollte Menschen aller Altersstufen dazu befähigen, Instrumente wie das Internet zu nutzen, um sich über die Politik zu informieren und sich daran beteiligen zu können. Insbesondere trifft dies für Minderheiten, Menschen mit Behinderungen und sonstige Gruppen zu, die aus der öffentlichen Sphäre ausgeschlossen sein könnten. EU-Programme können direkt dazu beitragen, die europäische Dimension zu stärken. Programme wie Leonardo da Vinci, Sokrates, Erasmus und Jugend in Aktion bieten tausenden jungen Menschen in ganz Europa Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten. Informationstechnologie-Programme zielen darauf ab, die digitale Kluft zu verringern und Ausgrenzung zu bekämpfen.
- - Die Bürger miteinander in Kontakt bringen. Neue Foren für die öffentliche Diskussion europäischer Themen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, Respekt für einander aufzubringen und Bereitschaft zu zeigen, sich für gemeinsame Ziele einzusetzen. Die Kommunikationstechnologien sind zwar wichtig, persönlichen Begegnungen kommt aber nach wie vor entscheidende Bedeutung zu. Durch bestehende Initiativen (u. a. Plan D, Jugend in Aktion und Kultur) wurde deutlich gemacht, wie die EU dabei mithelfen kann, neue Foren für eine Bürgerdebatte ins Leben zu rufen.
- - Die Annahme des Programms Bürger/innen für Europa würde eine neue Möglichkeit eröffnen, Bürgerkontakte zu fördern und den Menschen mehr Mitsprache im Rahmen des europäischen Regierens einzuräumen. Mit dem Programm sollen auch europaweit tätige Organisationen der Zivilgesellschaft dabei unterstützt werden, länderübergreifende Projekte zur Förderung einer aktiven Unionsbürgerschaft sowie Diskussionsveranstaltungen zu Europathemen durchzuführen. Mehrere bestehende bzw. geplante EU-Programme könnten ebenfalls stärker dafür genutzt werden, Kontakte zwischen den europäischen Bürgern und eine Mobilisierung der Menschen zu fördern. Die Kommission könnte im Zuge einer Bestandsaufnahme des derzeitigen Instrumentariums vorbildliche Verfahren aufzeigen und verbreiten. Beispielsweise könnten wertvolle Anregungen aus den positiven Erfahrungen der Erasmus-Studenten gewonnen werden. Im Laufe der Jahre haben sie von sich aus ein Netzwerk von 150 000 Studierenden aus allen Mitgliedstaaten aufgebaut. Ihre Webseiten fungieren als Schnittstelle, über die Aktivitäten angekündigt, persönliche Treffen organisiert und weit reichende Diskussionen zu europäischen Themen initiiert werden.
- - Kontakte zwischen den Bürgern und öffentlichen Einrichtungen fördern. In einer gesunden Demokratie ist eine funktionierende interaktive Kommunikation zwischen Bürgern und öffentlichen Einrichtungen von wesentlicher Bedeutung. Die derzeitigen Bemühungen, die EU-Institutionen serviceorientierter, offener und zugänglicher zu gestalten, müssen weiter intensiviert werden. Dies gilt gleichermaßen für nationale, regionale und lokale Einrichtungen. Bei der Überbrückung der Kluft zwischen Europa und seinen Bürgern geht es darum, ausgehend von der lokalen bis hin zur europäischen Ebene Beziehungen zwischen den Bürgern und den Behörden aufzubauen und zu pflegen. Die EU-Institutionen bemühen sich intensiv um Fortschritte in diesem Bereich. Das Europäische Parlament hat Transparenz zum Leitmotiv erhoben, und der Europäische Rat von Sevilla hat beschlossen, dass Ratstagungen öffentlich ablaufen, wenn EU-Rechtsvorschriften in Mitentscheidung mit dem Europäischen Parlament erlassen werden. In dem 2005 vorgelegten Aktionsplan für eine bessere Kommunikationsarbeit der Kommission zu Europa5 wird unterstrichen, wie wichtig es ist, den Bürgern zuzuhören. Ferner wird darin ausgeführt, welche Maßnahmen die Kommission diesbezüglich plant, um "für Ordnung im eigenen Haus zu sorgen". Die Kommission hat bereits wesentliche Fortschritte hinsichtlich der Konsultationen zu wichtigen politischen Initiativen erzielt und Mindeststandards für Konsultationen eingeführt. Ferner hat sie auch ihre eigene Europäische Transparenzinitiative6 auf den Weg gebracht. Ferner wird erneut verstärktes Augenmerk auf die Umsetzung des Rechts der Bürger gelegt, mit den Institutionen in ihrer eigenen Sprache zu kommunizieren. Die Mehrsprachigkeit ist integraler Bestandteil der Legitimität, der Transparenz und der demokratischen Ausprägung des europäischen Projekts.
Wie kann der Bürger erreicht werden?
- - Die Verantwortung für politische Bildung liegt bei den nationalen oder regionalen Behörden. Die EU kann aber den Austausch vorbildlicher Verfahren und die Entwicklung gemeinsamer Unterrichtsmaterialien unterstützen, so dass die europäische Dimension verstärkt Berücksichtigung findet. Die Mitgliedstaaten könnten aufgerufen werden zu prüfen, wie in diesem Bereich tätige europäische Lehrer beispielsweise im Rahmen eines Netzwerkes, eines speziellen Programms innerhalb bestehender Strukturen (wie dem Europa-Kolleg) oder durch eine neue Struktur am besten miteinander in Kontakt gebracht werden können, um sich über innovative Ansätze auf dem Gebiet der politischen Bildung auszutauschen und sich neue Kompetenzen anzueignen.
- - Im Rahmen eines weiteren wichtigen Projekts könnten die Mitgliedstaaten Bibliotheken zu digital vernetzten europäischen Büchereien umgestalten. Diese würden als Informations- und Lernzentren dienen und gewährleisten, dass alle Bürger kostenlosen Zugang zu Informationstechnologien und relevanten Informationen erhalten.
- - Die Mitgliedstaaten könnten sich gemeinsam darum bemühen, neue Foren der Begegnung für Europäer aller Altersstufen und unterschiedlichster Herkunft zu schaffen und kulturelle und politische Veranstaltungen zu Europa auszurichten.
- - Die Institutionen und Einrichtungen der EU könnten gemeinsam ihre Besucherprogramme koordinieren, verbessern und ausweiten.
- - Die EU-Institutionen sollten die Möglichkeiten prüfen, EU-Webseiten durch Online-Foren ("virtuelle Treffpunkte") mit Links zu externen Informationsquellen zu ergänzen.
- - Die EU-Institutionen müssen ihre Bemühungen fortsetzen, die Kontakte mit den Bürgern zu verbessern. Die für die Kommission gültigen Mindeststandards für Konsultationen könnten überprüft werden, um eine ausgewogenere Vertretung von Interessensgruppen sowie ein angemesseneres Follow-up zu gewährleisten.
- - Die drei großen Institutionen könnten ebenfalls erwägen, als Ergänzung zu den Parlamentsdebatten gemeinsame offene Diskussion zu veranstalten und dabei auf Fragen von Vertretern der Öffentlichkeit oder von Journalisten einzugehen.
3. mit den Medien zusammenarbeiten und NEUE Technologien Nutzen
Den Medien kommt im Rahmen jeder europäischen Kommunikationspolitik eine Schlüsselrolle zu.
In den vergangenen Jahren haben sich alle europäischen Institutionen intensiv um eine bessere Medienarbeit bemüht. In verstärktem Maße wird daran gearbeitet, dass die Medien, die mit mehr als tausend akkreditierten Journalisten in Brüssel vertreten sind, über wichtige Entscheidungen in Echtzeit informiert werden. Über Europe by Satellite stellen die drei größten EU-Institutionen Videos sowie Ton- und Bildmaterial für die Medien zur Verfügung.
Das Europäische Parlament plant, sich der Öffentlichkeit über Web-TV zu präsentieren. "Europa" ist weltweit das größte Webportal.
Trotz dieser Bemühungen und der Fachkompetenz der in Brüssel tätigen Korrespondenten berichten die Medien über europäische Themen nach wie vor nur wenig und bruchstückhaft. Zwar gehen die überregionalen Zeitungen auf regelmäßig stattfindende Spitzentreffen wie die Tagungen des Europäischen Rates ein, in der übrigen Zeit gibt es jedoch keine umfassende EU-Berichterstattung. Regionale und lokale Zeitungen haben einen großen Leserkreis, widmen europäischen Themen in der Regel allerdings nur wenig Raum.
Da Fernsehen und Hörfunk ihre Programmkonzepte geändert haben, werden politische Themen und europäische Fragen immer schneller abgehandelt, und Sendezeit im Fernsehen ist zunehmend umkämpft.
Durch die Informationsrevolution wurde der Zugang zu Informationen in einer beispiellosen Weise vereinfacht und das Zeitalter der "interaktiven" Medien eingeleitet. Noch nie zuvor konnten so viele Menschen problemlos miteinander in Kontakt treten und sich an den unterschiedlichsten Netzwerken beteiligen. Doch es bleibt noch viel zu tun, um die Informationstechnologie in vollem Umfang zur Überbrückung der Informationskluft zu nutzen.
Schwerpunktmäßig sollten folgende Ziele verfolgt werden:
- - Europa ein menschliches Gesicht geben. Der Eindruck, dass die Europäische Union kein Gesicht hat, ist weit verbreitet. Der EU mangelt es an einer klaren öffentlichen Identität. Die Bürger brauchen Unterstützung bei der "Kontaktaufnahme" mit Europa. Politische Informationen sind wirkungsvoller, wenn sie einen persönlichen Bezug haben, so dass die Bürger die Bedeutung für ihr eigenes Leben erkennen können. Die EU-Institutionen und Behörden auf allen Ebenen können bei ihrer Informationsarbeit verstärkt für eine "menschliche Dimension" Sorge tragen.
- - Die nationale, regionale und lokale Dimension berücksichtigen. Die Bürger in Europa müssen kontinuierlich Zugang zu Informationen von gemeinsamem Interesse haben, um die europäische Dimension allgemein relevanter Themen erkennen zu können. Hier kommt gesamteuropäischen Medien und der Fachpresse eine wichtige Rolle zu. Doch europäische Fragen müssen auch vor dem Hintergrund der nationalen und lokalen Rahmenbedingungen erörtert werden. Dies könnte zum Teil durch ein stärkeres Engagement der nationalen und lokalen Politiker und Gremien gewährleistet werden, doch auch die EU-Institutionen müssen sich aktiver einbringen, nicht zuletzt um einen lokalen Bezug zur EU-Politik herzustellen.
- - Neue Technologien nutzen. Digitale Technologien wie das Internet können neue Kanäle für die Kommunikation über europäische Themen eröffnen, neuen Foren für Debatten mit der Zivilgesellschaft Raum bieten und neue Instrumente für die Ausübung von Demokratie über die Grenzen hinweg zur Verfügung stellen. Jedoch bedarf es politischer Führungskraft, um das volle Potenzial des Internets für Europa zu erschließen und zu gewährleisten, dass es nicht zu neuen Spaltungen in der Gesellschaft kommt. Mit der Initiative i2010 wird bereits versucht, die Kluft zu überbrücken, die zwischen jenen besteht, die an der Informationsgesellschaft teilhaben, und jenen, die keinen Zugang dazu haben. Dabei geht es um Fragen wie Gleichberechtigung, IKT-Fertigkeiten und die Ungleichheiten, die in Bezug auf den Zugang zum Internet zwischen den einzelnen europäischen Regionen bestehen.
Wie können die Medien effizienter in die Kommunikation über Europa einbezogen werden?
- - Im Rahmen einer europäischen Kommunikationspolitik sollten die Behörden auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene zu Folgendem ermuntert werden:
- - Bereitstellung von hochwertigen Informationen und aktuellem Nachrichtenmaterial für die Medien;
- - Vertiefung der Zusammenarbeit mit Rundfunkanstalten und Medienunternehmen;
- - Herstellung neuer Kontakte zu regionalen und lokalen Kommunikationssystemen;
- - proaktiver Einsatz neuer Technologien.
- - Die EU-Institutionen sollten über bessere Kommunikationsinstrumente und- kapazitäten verfügen. Diesbezüglich bieten sich die beiden folgenden Möglichkeiten an:
- - Ausbau von Europe by Satellite mit dem vorrangigen Ziel, hochwertige audiovisuelle Inhalte anzubieten, die von den Medien problemlos verarbeitet werden können und für die Bürger relevant sind, sowie Prüfung der Frage, ob die Schaffung eines nach entsprechenden fachlichen Standards arbeitenden interinstitutionellen Dienstes wünschenswert ist;
- - Ausarbeitung eines Europäischen Fortbildungsprogramms für öffentliche Kommunikation, um Bedienstete der europäischen Institutionen und der nationalen Behörden in den Bereichen Kommunikation und Medientechnologien zu schulen.
- - Die EU-Institutionen sollten mit einem breiten Kreis von Medienvertretern prüfen, wie die Medien (auf gesamteuropäischer, nationaler und lokaler Ebene) besser mit für sie relevantem Material versorgt werden können, das inhaltlich an die Bedürfnisse der einzelnen Länder und Bevölkerungsgruppen angepasst werden kann.
- - Über die bestehenden Initiativen zur Überbrückung der digitalen Kluft hinaus könnte ein Europäischer Runder Tisch für Demokratie - wie in "Plan D" angeregt - damit beauftragt werden, einen Bericht über Informationstechnologien und Demokratie in Europa zu erstellen.
4. EIN klares BILD von der öffentlichen Meinung IN Europa gewinnen
In modernen demokratischen Gesellschaften messen politische Entscheidungsträger der Analyse der öffentlichen Meinung durch Umfragen und Medienbeobachtung große Bedeutung bei. Diese Instrumente werden umso wichtiger, je mehr die Bürger dazu neigen, sich von den traditionellen Formen politischer Beteiligung (Parteimitgliedschaft, Beteiligung an Wahlen usw.) abzuwenden.
Die öffentliche Meinung in Europa ist komplex und vielschichtig; sie spiegelt unterschiedliche nationale Sichtweisen wider. Daher stellt es eine besondere Herausforderung dar ein klares Bild von der öffentlichen Meinung in Europa zu gewinnen.
Die Europäische Kommission ist führend bei der Entwicklung moderner Instrumente zur Analyse der öffentlichen Meinung in Europa; dazu gehören beispielsweise die Eurobarometer-Umfragen:
- - Eurobarometer hat sich zu einer wichtigen europäischen Datenbank entwickelt. Bei regelmäßigen Erhebungen werden in allen EU-Mitgliedstaaten und Kandidatenländern jedes Mal tausende von Bürgern befragt. Alle Umfrageergebnisse werden einer unabhängigen Kontrolle unterworfen und sowohl der Öffentlichkeit als auch Fachkreisen zur Verfügung gestellt.
- - Zu europäischen Themen werden immer neue unabhängige sozialwissenschaftliche Forschungen durchgeführt, die mit EU-Forschungsgeldern gefördert werden; seit 1994 wurden mehr als 350 länderübergreifende Projekte auf den Weg gebracht. Dank unabhängiger Analyse-Instrumente konnten so umfassende Erkenntnisse über die Erfolge und Unzulänglichkeiten der Interaktion zwischen den politischen Entscheidungsträgern auf europäischer Ebene und den Bürgern gewonnen werden.
- - An einer Verbesserung der Qualität und Relevanz der Eurobarometer-Umfragen wird laufend gearbeitet. Derzeit wird die Methodik überprüft, um dem wachsenden Bedürfnis nach einem umfassenderen und eingehenderen Verständnis der Meinungstrends in Europa Rechnung zu tragen.
Wie kann die öffentliche Meinung in Europa noch besser eingeschätzt werden?
Die EU-Institutionen könnten bei der Konzipierung und Planung von Eurobarometer-Umfragen und bei der Verbreitung der Ergebnisse enger zusammenarbeiten. Jede neue Eurobarometer-Umfrage könnte Gelegenheit zu öffentlichen Debatten zwischen den EU-Institutionen und Organisationen der Zivilgesellschaft bieten. Ein erster Schritt in diese Richtung wären mehrere Spezial-Eurobarometer-Umfragen und qualitative Studien zur EU-Kommunikation im Frühjahr 2006.
Damit Meinungstrends zu Fragen, die für die Zukunft Europas von entscheidender Bedeutung sind besser antizipiert und eingeschätzt werden können, ließen sich neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Institutionen und den Mitgliedstaaten prüfen.
Dafür bieten sich die folgenden beiden Möglichkeiten an:
- - Es könnte ein neues Netzwerk nationaler Sachverständiger im Bereich der Meinungsforschung aufgebaut werden, um den Austausch vorbildlicher Verfahren und die Erschließung von Synergien zwischen Forschern auf allen Ebenen zu fördern.
- - Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten könnten vorhandene Ressourcen bündeln, um ein unabhängiges Europäisches Meinungsforschungsinstitut einzurichten, das Meinungstrends ermitteln und umfassend analysieren soll.
5. Die Aufgabe gemeinsam angehen
Eine funktionierende europäische "öffentliche Sphäre" kann nicht einfach von Brüssel vorgegeben werden. Sie kann sich nur dann herausbilden, wenn sie von allen wichtigen Akteuren mitgetragen und auf allen Ebenen vorangetrieben wird. Die nationale Ebene bietet nach wie vor den besten Zugang zu politischen Debatten. Die Regierungen der Mitgliedstaaten und andere nationale Akteure müssen durch die Nutzung nationaler Kanäle für eine solide europapolitische Debatte sorgen.
Im Rahmen eines partnerschaftlichen Konzepts müssen alle wichtigen Akteure einbezogen werden:
- - Die Mitgliedstaaten sind zu einer langfristigen Zusammenarbeit mit den europäischen Institutionen aufgerufen, die darauf abzielt, die Menschen über Europa zu informieren und nationale Kontakte mit Brüssel aufzubauen. Obwohl einige Mitgliedstaaten die öffentliche Debatte - etwa über die vorgeschlagene EU-Verfassung - aktiv unterstützt haben, könnte noch viel mehr getan werden7.
- - Durch einen verstärkten Einsatz sollte sichergestellt werden, dass die EU-Institutionen gemeinsam an einer Verbesserung der Kommunikation arbeiten. Die an der Interinstitutionellen Gruppe "Information" beteiligten Organe und Einrichtungen der EU sollten die Dezentralisierung der EU-Kommunikation - durch Kontakte auf lokaler Ebene - unterstützen und die Mitgliedstaaten ermutigen, die Bürger aktiver als bisher über EU-Themen zu informieren.
- - Die Politik und Programme der EU werden vielfach auf regionaler und lokaler Ebene umgesetzt. Die lokalen und regionalen Behörden haben daher gute Voraussetzungen, um in einen Dialog mit den Bürgern zu treten und die Menschen vor Ort aktiv in EU-Themen einzubinden. Beispiele für erfolgreiche Partnerschaften gibt es bereits. So arbeiten die Kommission und die schottische Regierung an einem konkreten Projekt, um durch mehrere Initiativen zur Förderung der Interaktion zwischen Bürgern und Institutionen "Entscheidungen den Menschen näher zu bringen".
- - Die politischen Parteien üben einen wichtigen Einfluss auf die Meinung aus, die sich in der Öffentlichkeit zu EU-Themen herausbildet. Auch sie spielen eine wichtige Rolle dabei, die Debatte anzuregen und ihren Beitrag zur europäischen "öffentlichen Sphäre" zu leisten.
- - Den Organisationen der Zivilgesellschaft (einschließlich Berufs- und Branchenverbänden) kommt ebenfalls eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, die Öffentlichkeit für europäische Themen und politische Debatten zu sensibilisieren und die Menschen dazu zu bewegen, aktiv an diesen Debatten teilzunehmen. Wie wird die Partnerschaft funktionieren?
- - Die Zusammenarbeit zwischen nationaler und europäischer Ebene könnte neue Initiativen auf nationaler Ebene umfassen: öffentliche und parlamentarische Debatten über die jährlichen strategischen Prioritäten der Kommission; persönliche Gespräche zwischen nationalen Ministern und Mitgliedern der Europäischen Kommission, die in den Mitgliedstaaten im Rundfunk übertragen werden usw. Ein deutliches Schwergewicht könnte dabei auf Bereiche gelegt werden, in denen die EU und die Mitgliedstaaten bereits parallel tätig sind. Die Instrumente der Zusammenarbeit könnten finanzieller Art sein (etwa Verwaltungspartnerschaften nach dem Muster der zwischen der Kommission und den deutschen Behörden geschlossenen Vereinbarung) oder aber operativer Natur (Zusammenarbeit mit europäischen Netzen und Informationsstellen wie dem neuen Europe Direct-Netzwerk).
- - Neue, strukturierte Formen der Zusammenarbeit zwischen den mit der öffentlichen Kommunikation befassten nationalen Behörden sollten eingeführt werden, damit Erfahrungen über europapolitische Kommunikation ausgetauscht und gemeinsame Initiativen entwickelt werden können.
- - Nach neuen Formen einer engeren Zusammenarbeit muss insbesondere im Bereich der Außenbeziehungen gesucht werden. Die Kommunikation über die Rolle der EU in der Welt ist ein wirksames Mittel, um das Engagement der Bürger in Europa zu gewinnen und in der übrigen Welt mehr Unterstützung und Verständnis für die EU zu erhalten. Mehrere Modelle für eine Intensivierung der Zusammenarbeit in diesem Bereich könnten geprüft werden, unter anderem auch die Verstärkung der Kapazitäten im diplomatischen Bereich.
- - Die EU-Institutionen sollten einen koordinierteren Ansatz verfolgen, der stärker auf die Bürger ausgerichtet ist. Vor allem die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem Europäischen Parlament könnte ausgeweitet werden. Zudem könnten die derzeitigen Arbeitsvereinbarungen im Rahmen der Interinstitutionellen Gruppe "Information" (IGI) überarbeitet werden. Dies würde auch eine Überprüfung der Initiativen beinhalten, die derzeit aus den PRINCE-Haushaltslinien finanziert werden8.
- - Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen fördern bereits auf regionaler und lokaler Ebene Debatten mit der Zivilgesellschaft zu europapolitischen Themen. Die vor kurzem zwischen der Kommission und diesen Ausschüssen geschlossenen Kooperationsprotokolle ebnen den Weg für eine Intensivierung der gemeinsamen Bemühungen in diesem Bereich.
- - Die politischen Parteien könnten ihre Mitglieder stärker in die europapolitische Arbeit einbinden und die Debatte durch länderübergreifende Diskussionsforen beleben. Sie sollten dazu ermutigt werden, europapolitische Komponenten in ihre Parteiprogramme einzubeziehen.
- - Den Organisationen der Zivilgesellschaft kommt in der Debatte über Europa eine wichtige Rolle zu. Ihre Position könnte durch gezielte Kooperationsprojekte im Bereich der öffentlichen Kommunikation gestärkt werden.
6. Schlussfolgerung
Die Europäische Union ist ein gemeinsames Projekt, das von staatlichen Stellen auf allen Ebenen, von unterschiedlichsten Organisationen und von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten mitgetragen wird. Die Bürger haben ein Recht darauf, über Europa und seine konkreten Projekte informiert zu werden, ihre Ansichten zu Europa zu äußern und gehört zu werden. Die Herausforderung im Bereich der Kommunikation besteht darin, diesen Austausch sowie den Lernprozess und den Dialog zu erleichtern.
Damit Europa dieser Aufgabe gerecht werden kann, müssen sich alle beteiligten Akteure auf gemeinsame Ziele und ein gemeinsames Instrumentarium an Maßnahmen verständigen. Es geht darum, innovative Wege der Zusammenarbeit zu beschreiten.
In diesem Weißbuch wird dargelegt, worin die Herausforderung besteht und wie sie bewältigt werden könnte. Jetzt sind die europäischen Institutionen, die Mitgliedstaaten, die lokalen und regionalen Regierungen, die Nichtregierungsorganisationen, die Bürger und sonstigen Beteiligten in Europa aufgerufen, ihre Ansichten dazu zu äußern, wie Kontakte und Kommunikation optimal gestaltet werden können.
1 Aktionsplan: SEK(2005) 985 endg., 20. Juli 2005.
2 Plan D: KOM (2005) 494 endg., 13. Oktober 2005.
3 Bei der Erarbeitung dieses Weißbuchs berücksichtigte die Kommission in angemessener Weise die Empfehlungen der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Umsetzung der Informations- und Kommunikationsstrategie der Europäischen Union (Herrero-Bericht, (2004/2238(INI)). Sie erhielt auch wertvolle Anregungen durch mehrere öffentliche Veranstaltungen sowie von Sachverständigen und beteiligten Akteuren. Am 8. November 2005 organisierte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ein Stakeholder-Forum mit dem Motto "Die Kluft überbrücken" (http://www.esc.eu.int/stakeholders_forum/index_en.asp). Am 25. November diskutierte der Ausschuss der Regionen im Plenum über die Schlüsselbotschaften für das Weißbuch der Kommission. Während der Vorbereitungsphase übermittelte konkrete Vorschläge und Anregungen werden im Anschluss an den Konsultationsprozess zu diesem Weißbuch ebenfalls erneut geprüft.
4 Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union lautet:
- (1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.
- (2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet. Die Kommission wird ein eigenes webgestütztes Bürgerforum einrichten, um damit Meinungen zu Zweckmäßigkeit, Ziel und Inhalt eines solchen Rahmendokuments einzuholen. Zusätzlich zu dieser für sechs Monate anberaumten Konsultation werden Treffen mit Akteuren im Bereich der Kommunikation stattfinden. Ferner werden öffentliche Diskussionen veranstaltet, und die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, den Diskussions- und Konsultationsprozess im eigenen Land zu fördern. Die Webseite wird regelmäßig mit Informationen über die Entwicklungen auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene aktualisiert. Nach Ablauf der Konsultationsphase wird die Kommission die Ergebnisse der Konsultation vorlegen und dann erwägen, ob eine Charta, ein Verhaltenskodex oder ein anderes Instrument vorgeschlagen werden soll.
5 Aktionsplan: SEK(2005) 985 endg., 20. Juli 2005.
6 Europäische Transparenzinitiative, SEC(2005) 1300/6 vom 9. November 2005.
7 Möglicherweise nach dem Vorbild des "Irish National Forum on EU matters".
8 PRINCE wurde 1995 eingerichtet, um aus dem EU-Haushalt finanzierte Maßnahmen zu prioritären Informationsthemen zusammenzufassen. Im Jahr 2006 gehören dazu die fünf folgenden Themen: Wirtschafts- und Währungsunion; Zukunft Europas; Justiz, Freiheit und Sicherheit; Rolle der EU in der Welt; Erweiterung.
Finanzbogen
Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument.