Der Bundesrat hat in seiner 812. Sitzung am 17. Juni 2005 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vorgelegt hat. Auch aus Sicht der Länder ist es gerade vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen, die mit den Regelungen des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes von 1991 gemacht wurde, zwingend geboten, die Verfahren für Zulassungsentscheidungen von Infrastrukturvorhaben effizienter zu gestalten und erheblich zu beschleunigen.
- b) Der Bundesrat stellt jedoch fest, dass diese Ziele mit dem Gesetzentwurf in der Form, wie ihn die Bundesregierung vorgelegt hat, nur unzulänglich erreicht werden. Der Bundesrat ist daher trotz des Erfordernisses einer rechtzeitigen Folgeregelung für das zum 31. Dezember 2005 auslaufende Planungsbeschleunigungsgesetz der Auffassung, dass der Gesetzentwurf einer weiteren Überarbeitung bedarf.
- c) Mit Blick auf das weitere Verfahren fordert der Bundesrat die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag auf, sich bei der Überarbeitung des Gesetzentwurfs an folgenden Eckpunkten zu orientieren:
- d) Der Bundesrat begrüßt die Bemühungen der Bundesregierung um die Beschleunigung und Effizienzsteigerung von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren und fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Aufnahme entsprechender Regelungen in das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes zu erarbeiten, dem sich die Länder hinsichtlich ihrer Verwaltungsverfahrensgesetze anschließen können, um unnötigen Rechtszersplitterungen vorzubeugen.
- e) Der Gesetzentwurf schreibt weiterhin eine Geltungsdauer von fünf Jahren für Planfeststellungsbeschlüsse fest. Sofern mit der Durchführung nicht innerhalb des vorgenannten Zeitraumes begonnen worden ist, muss ein Verlängerungsverfahren durchgeführt werden. Auf Fachebene wurde stets darauf hingewiesen, dass das Verlängerungsverfahren mit integrierter Anhörung aufwändig und mit Rechtsunsicherheit behaftet ist. Dies könnte erspart werden, wenn abweichend vom Gesetzentwurf bei Planfeststellungsbeschlüssen nach Ablauf der Geltungsdauer von fünf Jahren auf das Verlängerungsverfahren, welches die Geltungsdauer maximal um weitere fünf Jahre verlängert, verzichtet wird, indem für Planfeststellungsbeschlüsse eine Geltungsdauer von insgesamt zehn Jahren (ohne Verlängerungsverfahren) im Gesetz festgeschrieben wird. Abgesehen von der Ersparnis des Verfahrensaufwandes würden dem Bund und den Ländern auch erhebliche Kosten erspart werden, die sonst bei Durchführung des Verlängerungsverfahrens anfallen.
- f) Besonders nachteilig und in keiner Weise verfahrensbeschleunigend wirkt sich die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung aus, nach der ein Planfeststellungsbeschluss 15 Jahre nach Baubeginn außer Kraft tritt. Diese Regelung würde dazu führen, dass für ein bereits begonnenes Vorhaben die vorhandene Genehmigung zum Weiterbau wegfallen würde. Folglich müsste ein neues Genehmigungsverfahren durchgeführt werden, d.h. die Länder müssten erneut Planungsmittel investieren. Falls das Genehmigungsverfahren - aus welchen Gründen auch immer - scheitern würde, bestünde ein Planungstorso, der ggf. zurückgebaut werden müsste; auch hierfür müssten finanzielle Mittel aufgewendet werden. Aus den genannten Gründen muss die vorgesehene Befristung entfallen.
- g) Der Gesetzentwurf sieht für die Durchführung von Genehmigungsverfahren nicht mehr wie bisher die Anwendung der Verfahrensgesetze der Länder vor, sondern verweist ausschließlich auf die Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes. Dies widerspricht rechtssystematisch der Regelung in § 1 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes, weil in der vorgenannten Regelung die Subsidiarität dieses Gesetzes gegenüber den Verfahrensvorschriften der Länder festgeschrieben ist. Zu bedenken ist weiter, dass die Länder in ihren Verwaltungsverfahrensgesetzen teilweise abweichende Regelungen, z.B. andere Fristen, getroffen haben. Sofern in den Fachplanungsgesetzen des Bundes jetzt die Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes festgeschrieben wird, hätte dies in der Praxis eine unterschiedliche Ausgestaltung der Genehmigungsverfahren für Vorhaben nach Bundes- und nach Landesrecht zur Folge. Die derzeit vorhandene Einheitlichkeit der Verfahrensabläufe für Vorhaben nach Bundes- und Landesrecht, die der Transparenz dient und dem Bürger die Nachvollziehbarkeit der komplexen Zusammenhänge erleichtert, wird aufgegeben. Daher müssen die Verfahrensgesetze der Länder weiterhin anwendbar sein.
- h) Der Gesetzentwurf sieht nicht nur die Beteiligung von anerkannten Naturschutzvereinen, sondern darüber hinausgehend auch von anerkannten und sonstigen Vereinigungen vor. Insoweit wird darauf hingewiesen, dass bislang keine Rechtsvorschriften für eine etwaige Beteiligung anerkannter und sonstiger Vereinigungen existieren. Es besteht auch kein sachlicher Grund dafür, die Beteiligung von noch nicht existierenden Vereinigungen im vorliegenden Gesetzentwurf festzuschreiben.
- i) Soweit in der Begründung des Gesetzentwurfs auf die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen hingewiesen wird, ist festzustellen, dass diese ein unselbständiger Teil des verwaltungsbehördlichen Genehmigungsverfahrens ( § 2 Abs. 1 UVPG) sind. Die Umweltverträglichkeitsprüfungen werden nach geltendem Recht europarechtlich und nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unbeanstandet durchgeführt. Daher besteht weder eine rechtliche Notwendigkeit noch ein praktisches Bedürfnis für die Institutionalisierung von weiteren Beteiligungsrechten, die Verfahrensaufwand, zeitliche Verzögerungen und Kosten verursachen.
- j) Der Gesetzentwurf sieht die Präklusionsregelungen (Ausschluss von Einwendungen / Möglichkeit zur Stellungnahme) bei Vereinigungen nur im Planfeststellungsverfahren nicht aber auch bei Planänderungen vor. Insoweit ist der Gesetzentwurf zu ergänzen.
- k) In mehreren Straßengesetzen der Länder ist vorgesehen, dass auf eine Anonymisierung der Grunderwerbsverzeichnisse verzichtet werden kann und die Namen und Anschriften der nach dem Grundbuch bezeichneten Grundstückseigentümer in die Grunderwerbsverzeichnisse, die offen gelegt werden, eingetragen werden können. Dies erspart der Verwaltung Aufwand und erleichtert dem Bürger das Erkennen seiner Betroffenheit. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält diese praktikable Regelung bedauerlicherweise nicht und ist insoweit im Bereich des Fernstraßenrechts zu ergänzen.
- l) Artikel 8 ist grundlegend zu überarbeiten. Dabei ist insbesondere sicherzustellen, dass die angestrebten Planungsbeschleunigungen gleichermaßen für Strom- und Gasleitungen gelten und keine Sonderregelungen für Erdkabel getroffen werden.
- m) Der Bundesrat überweist die zu Protokoll genommenen Einzelanträge der Länder dem Deutschen Bundestag als Material für das weitere Gesetzgebungsverfahren.
Zu Artikel 10 Nr. 1 (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 7 VwGO)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen,
- a) ob in Artikel 10 Nr. 1 (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO-E) die Wörter "mit mehr als einhunderttausend Volt Nennspannung" durch die Wörter "mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder mehr" zu ersetzen sind und
- b) ob in § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO das Wort ", Magnetschwebebahnen" zu streichen ist.
Begründung
Zu Buchstabe a)
Die vorgesehene Neufassung von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO soll augenscheinlich die im Rahmen von § 11a EnWG-E (Artikel 8 Nr. 1) vorgesehenen Änderungen in die Vorschriften über die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts übertragen. Insoweit sollte erwogen werden, nunmehr auch die Angaben zur Leitungskapazität in beiden Bestimmungen anzugleichen.
Zu Buchstabe b)
Artikel 6 des Gesetzentwurfs sieht in § 2d MBPlG-E die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für Vorhaben nach § 1 Abs. 1 MBPlG-E vor. Damit dürfte die bisherige Regelung zur diesbezüglichen erstinstanzlichen Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts obsolet werden.