Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Bessere Ausrichtung der Beihilfen für Landwirte in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen KOM (2009) 161 endg.; Ratsdok. 8858/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 24. April 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das

Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 24. April 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 23. April 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 565/04 (PDF) = AE-Nr. 042514 und
Drucksache 571/04 (PDF) = AE-Nr. 042575
Drucksache 389/09 (PDF)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Bessere Ausrichtung der Beihilfen für Landwirte in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen

1. Kontext

Die im Jahr 1975 eingeführte Beihilferegelung zugunsten von Landwirten in benachteiligten Gebieten sieht einen Fördermechanismus vor, der die Fortführung der Ausübung landwirtschaftlicher Tätigkeiten und damit die Erhaltung der Landschaft in Berggebieten, in anderen benachteiligten Gebieten, die nicht Berggebiete sind (sogenannten "benachteiligten Zwischengebieten"), und in Gebieten mit spezifischen Nachteilen sicherstellen soll.

Berggebiete machen fast 16 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der EU aus und werden anhand einer begrenzten Zahl physischer Indikatoren1 als benachteiligte Gebiete eingestuft. Bei der Einstufung von Gebieten als benachteiligte Zwischengebiete (rund 31 % der landwirtschaftlichen Fläche der EU) wird dagegen ein breites Spektrum unterschiedlicher Indikatoren angewendet, was nach Ansicht des Europäischen Rechnungshofes zu einer ungleichen Behandlung führen kann2. Nur ein geringer Teil der landwirtschaftlichen Betriebe in diesen Gebieten (7 % sämtlicher landwirtschaftlichen Betriebe in der EU) erhält eine Ausgleichszahlung, und der durchschnittliche Ausgleichsbetrag schwankt zwischen den Mitgliedstaaten und reicht von 16 EUR/ha in Spanien bis 215 EUR/ha in Belgien.

Die Interventionslogik der Ausgleichsregelung für benachteiligte Gebiete wurde 2005 überarbeitet.

Um den zur Umsetzung der EU-Strategie für eine nachhaltige Entwicklung geleisteten Beitrag der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums zu verstärken, wurde beschlossen, die Ziele der Regelung eindeutig auf die Landbewirtschaftung auszurichten.

Dass die sozioökonomische Komponente aus den Hauptzielen der Zahlungen für benachteiligte Gebiete (nunmehr "Zahlungen für naturbedingte Nachteile" genannt) herausgenommen wurde, ist so zu verstehen, dass hierdurch gezieltere Maßnahmen zur Sicherstellung des Einkommens der Landwirte und zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und der Wirtschaft im ländlichen Raum insgesamt durchgeführt werden können. In einem marktorientierten Kontext wird das Einkommen der Landwirte hauptsächlich durch entkoppelte Direktzahlungen und durch Beihilfen für die ländliche Entwicklung gestützt die die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe verbessern sollen. Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den ländlichen Gebieten wird vorwiegend durch Maßnahmen im Rahmen der Politik zur ländlichen Entwicklung und der Kohäsionspolitik3 vorangetrieben die die Diversifizierung hin zu nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten, die Entwicklung von Kleinst- und kleinen und mittleren Betrieben sowie von Fremdenverkehrstätigkeiten und die Bereitstellung von Grundversorgungsdiensten fördern.

Artikel 50 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1698/20054 enthält eine neue Definition für Gebiete mit naturbedingten Nachteilen, die nicht Berggebiete sind und nicht zu den Gebieten mit spezifischen Nachteilen gehören; diese Gebiete müssen "von anderen naturbedingten Nachteilen betroffen sein, insbesondere einer geringeren Bodenproduktivität oder von schwierigen klimatischen Verhältnissen, und [Gebiete sein,] in denen die Erhaltung einer extensiven Landwirtschaft wichtig für die Landbewirtschaftung ist". 2005 konnte sich der Rat jedoch nicht auf ein durchführbares, gemeinschaftsweites System für die Einstufung dieser Gebiete einigen, das der neuen Definition und den neuen politischen Zielen entspricht. So wurde beschlossen, das frühere System für eine begrenzte Zeit beizubehalten. Die Kommission wurde beauftragt, die Beihilferegelung für benachteiligte Gebiete zu überarbeiten und einen Vorschlag für ein künftiges Ausweisungs- und Zahlungssystem vorzulegen, das ab 2010 anzuwenden ist.

Trotz der intensiven Zusammenarbeit mit nationalen Behörden und Interessenträgern und der von der Kommission seit 2005 durchgeführten wissenschaftlichen Konsultationen ist es der Kommission aufgrund der bei gesamteuropäischen Daten gegebenen Grenzen nicht möglich, einen Legislativvorschlag vorzulegen, der durch eine umfassende Analyse einer möglichen neuen Regelung zur Abgrenzung der Gebiete untermauert ist. Die für eine detaillierte Beurteilung eines neuen Abgrenzungskonzepts notwendigen Informationen sind nur auf nationaler Ebene verfügbar bzw. können nur auf dieser Ebene erhoben werden.

Mit dieser Mitteilung erstattet die Kommission daher vor allem Bericht über den Stand der Überarbeitung der Beihilferegelung für benachteiligte Gebiete und beabsichtigt, die Mitgliedstaaten stärker in die Analyse einzubeziehen, um über eine solide Grundlage für die Ausarbeitung eines Vorschlags für eine neue Abgrenzungsregelung zu verfügen, die mit den Zielen der EU für die Zahlungen zugunsten der Gebiete mit naturbedingten Nachteilen im Einklang steht und von Dauer ist.

2. Alte Massnahme - neue Interventionslogik

Nach den Ergebnissen der im Auftrag der Kommission durchgeführten und 2006 abgeschlossen Bewertung5 hat die Beihilferegelung für benachteiligte Gebiete erfolgreich zur Fortsetzung der Landbewirtschaftung in Randgebieten der EU beigetragen.

Auch wenn es sich bei der Beihilferegelung für Gebiete mit naturbedingten Nachteilen um keine neue Maßnahme handelt, bleiben ihre Kernziele, die in der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates festgelegt sind, weiterhin relevant, was die Bedürfnisse weiter Teile der Kulturlandschaft in der EU anbelangt: In den Gebieten, in denen aufgrund der physischen Gegebenheiten keine Intensivierung der Bewirtschaftung stattgefunden hat, trägt die fortgesetzte Landbewirtschaftung in der Regel zur Erhaltung offener Landschaften, naturnaher Lebensräume und der Biodiversität bei. Sie leistet ferner Hilfestellung bei der Bekämpfung von Waldbränden und unterstützt eine gute Boden- und Wasserwirtschaft.

Die Zahlungen für naturbedingte Nachteile unterscheiden sich unverkennbar von den anderen Politikinstrumenten durch die Rolle, die sie im Gesamtgefüge der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) spielen wobei sie andererseits jedoch eindeutig mit anderen flächenbezogenen Beihilferegelungen verknüpft sind.

Während die einheitliche Betriebsprämie 2003 in erster Linie eingeführt wurde6, um das Einkommen der Landwirte durch eine direkte Einkommensstützung sicherzustellen, zielen die Zahlungen für naturbedingte Nachteile darauf ab, die Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen in Gebieten, die besonders von Marginalisierung bedroht sind, durch einen Ausgleich für die spezifischen Nachteile, durch die dieses Risiko entsteht, zu verhindern.

Die einheitliche Betriebsprämie ist an die Verpflichtung geknüpft, die landwirtschaftliche Fläche in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu halten, um eine unangebrachte Bewirtschaftung und die Aufgabe dieser Flächen zu vermeiden. Für Betriebe in benachteiligten Gebieten, in denen die Hektarerträge niedriger sind, ist es gegebenenfalls kostspieliger, den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erhalten. Gleichzeitig ist die einheitliche Betriebsprämie pro Hektar in benachteiligten Gebieten aufgrund der für gewöhnlich geringen Erträge niedriger als bei landwirtschaftlichen Flächen außerhalb der benachteiligten Gebiete. In diesen Gebieten, in denen die fortschreitende Aufgabe von Flächen wahrscheinlicher als anderswo und die Landbewirtschaftung aus umweltspezifischer Perspektive besonders wichtig ist, stellen die Zahlungen für naturbedingte Nachteile ein besonderes Instrument zur Unterstützung einer fortgesetzten Landbewirtschaftung dar.

Der Anwendungsbereich dieser Ausgleichszahlungen unterscheidet sich auch wesentlich von den Agrarumweltzahlungen, die die Einkommenseinbußen und die Kosten für die Einhaltung von über die Grundanforderung hinausgehenden Verpflichtungen abdecken. Die Zahlungen für naturbedingte Nachteile gleichen dagegen nur die durch die naturbedingten Nachteile entstehenden zusätzlichen Kosten und Einkommenseinbußen aus. Sie stellen somit eine Grundförderung dar, die es ermöglicht, geeignete Bewirtschaftungsformen zu erhalten.

Obwohl sich die Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile strukturell von den Agrarumweltmaßnahmen unterscheiden, tragen sie doch eindeutig zur Erreichung der Umweltziele bei. Sie fallen unter Schwerpunkt 2 der Politik für die Entwicklung des ländlichen Raums und sollen zur dauerhaften Nutzung landwirtschaftlicher Flächen und so zur Erhaltung der Landschaft sowie zur Erhaltung und Förderung von nachhaltigen Bewirtschaftungsformen beitragen.

Schließlich hat diese Überarbeitung nur eine begrenzte Reichweite; sie umfasst keine eingehende Analyse der Rolle der Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile im Rahmen der reformierten GAP und der Interaktion dieser Zahlungen mit anderen flächenbezogenen Zahlungen an Landwirte;

Diese Fragen können zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Diskussionen über die künftige Entwicklung der GAP debattiert werden.

3. Schwachstellen bei der Durchführung

Im Gegensatz zu den genannten Stärken wurden in dem oben erwähnten Bericht des Rechnungshofes von 2003 eine Reihe erheblicher Schwachstellen bei der Durchführung der Regelung zur Förderung benachteiligter Gebiete aufgezeigt, die die Wirksamkeit und effiziente Anwendung der Regelung insbesondere in Bezug auf die Abgrenzung der benachteiligten Zwischengebiete in einem weniger günstigen Licht präsentieren.

Einige der vom Rechnungshof angesprochenen kritischen Punkte wurden bereits angegangen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 wurden die Methoden zur Berechnung der Zahlung und zur Einstufung der benachteiligten Zwischengebiete überarbeitet und beide eindeutig an die naturbedingten Nachteile für die Landwirtschaft geknüpft, wodurch das Risiko einer Überkompensation gering gehalten wird. Auch sind die Empfänger der Zahlungen für naturbedingte Nachteile nun an die Einhaltung "anderweitiger Verpflichtungen" ("Cross-Compliance")7 gebunden; hierdurch soll ein einfacheres und kohärenteres Vorgehen erzielt werden, als es bei dem bisher geltenden Konzept der "guten landwirtschaftlichen Praxis" der Fall war. Im Rahmen des gemeinsamen Begleitungs- und Bewertungsrahmens, der für sämtliche Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums im Zeitraum 2007-2013 gilt, wurde die Begleitung und Bewertung dieser Maßnahme verstärkt, und mit der Verordnung (EG) Nr. 1975/20068 wurden spezifische Kontrollverfahren und Sanktionen festgelegt.

Die im Rahmen der laufenden Überarbeitung noch zu lösenden Probleme betreffen den Mangel an Transparenz bei den von den Mitgliedstaaten angewendeten Systemen für die Einstufung von benachteiligten Zwischengebieten und die unzureichende Ausrichtung der Beihilfe auf nachhaltige Bewirtschaftungsformen, weshalb sich die Bemühungen vor allem auf die Fälle, in denen die Gefahr der Landaufgabe am größten ist, und auf die Festlegung einer gemeinsamen Methode für die Gebietseinstufung konzentrieren sollten.

4. Wirksameres System für die Abgrenzung von benachteiligten Gebieten

4.1. Unzulänglichkeiten bei der derzeitigen Einstufung von benachteiligten

Zwischengebieten Betrachtet man die derzeitige Einstufung der benachteiligten Zwischengebiete, die sich auf drei Arten von Indikatoren (aufgelistet in Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 1257/19999) stützt, so stellt sich ernsthaft die Frage, ob die für diese Regelung bereitgestellten Mittel auch wirklich wirksam und gezielt eingesetzt werden, und dies hauptsächlich aus zwei Gründen.

Die derzeitige Abgrenzung stützt sich zum Teil auf sozioökonomische Kriterien, die nicht länger die Hauptziele der Ausgleichsregelung für naturbedingte Nachteile widerspiegeln und die auf dem ursprünglichen Konzept der Regelung basieren, das inzwischen überholt ist. Darüber hinaus wurde der Entwicklung der demografischen und wirtschaftlichen Daten nicht Rechnung getragen, um die Abgrenzung der Gebiete zu aktualisieren.

Ferner stützt sich die Abgrenzung auf ein breites Spektrum von nationalen Indikatoren, die häufig auf europäischer Ebene nicht vergleichbar sind. Diese Vielfalt schränkt die Transparenz erheblich ein und kann zu einer angesichts der Ziele der Maßnahme unzureichenden Kanalisierung der Beihilfe führen.

2005 hat der Gesetzgeber die Gebiete mit naturbedingten Nachteilen, die nicht Berggebiete sind und nicht zu den Gebieten mit spezifischen Nachteilen gehören, neu definiert als Gebiete mit ausgeprägten naturbedingten Nachteilen (siehe Abschnitt 1). Ausgehend von dieser neuen Definition wollte der Rat eine Reihe gemeinsamer objektiver Kriterien für die Ausweisung der Fördergebiete festlegen, wie aus den Erwägungsgründen der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 hervorgeht.

Bei den Diskussionen, die der Verabschiedung der Verordnung vorangingen, zeigte sich, dass keine Einigung über eine Einstufungsmethode erzielt werden konnte, die sich auf Ersatzindikatoren stützt, welche die schlechte Bodenqualität oder ungünstige klimatische Bedingungen widerspiegeln (z.B. durchschnittliche Getreideerträge, Anteil des Dauergrünlands, Bestandsdichte). Es wurde deutlich, dass eine enge technische Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten erforderlich ist, um objektive, wissenschaftlich fundierte Abgrenzungskriterien festzulegen.

Zunächst betrauten die Kommissionsdienststellen die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS) mit der Aufgabe, eine Reihe von Boden- und Klimakriterien auszuwählen, die als Grundlage für ein neues System zur Abgrenzung der benachteiligten Zwischengebiete dienen könnten. Zu diesem Zweck wurde eine Gruppe von hochrangigen Bewertungssachverständigen für Boden, Klima und Topografie eingesetzt deren Arbeiten von der GFS koordiniert wurden. Die Sachverständigengruppe ermittelte acht Boden- und Klimakriterien, die bei Überschreitung bestimmter Grenzwerte auf große Beschränkungen für die Landwirtschaft in Europa hinweisen. Diese Kriterien sind im technischen Anhang zu dieser Mitteilung aufgeführt, der auch einige technische Einzelheiten zu ihrer Definition und Begründung enthält.

Die von der Sachverständigengruppe im Rahmen des GFS-Netzes ermittelten biophysikalischen Kriterien können europaweit dazu angewendet werden, die Flächen abzugrenzen, in denen die Möglichkeiten für die landwirtschaftliche Tätigkeit erheblich eingeschränkt sind, sofern die verfügbaren Boden- und Klimadaten räumlich und semantisch detailliert genug sind.

Mit ihnen lassen sich die Gebiete mit naturbedingten Nachteilen für die Landwirtschaft relativ einfach ausweisen: Ein Gebiet gilt als von ausgeprägten naturbedingten Nachteilen betroffen, wenn ein Großteil seiner landwirtschaftlichen Nutzfläche (mindestens 66 %) mindestens eines der in der Tabelle aufgelisteten Kriterien erfüllt mit dem darin angegebenen Schwellenwert. Die biophysikalischen Kriterien sind daher nicht kumulativ. Jeder einzelne Indikator reicht für die Einstufung als Fördergebiet aus, sofern die mit dem betreffenden Kriterium verbundenen Merkmale eingehalten und in dem Gebiet zu dem entsprechenden Schwellenwert gemessen werden.

Die Schwellenwerte sind als Grad der Benachteiligung anzusehen, der für eine Einstufung als Gebiet mit Einschränkungen für die landwirtschaftliche Tätigkeit erreicht sein muss. Die Mitgliedstaaten könnten den Schwellenwert anheben, sofern dies nicht zu Diskriminierung führt und die nationalen Gegebenheiten dies rechtfertigen.

4.2. Vorbewertung der biophysikalischen Kriterien und Datenlücken

Die erwähnten biophysikalischen Kriterien bieten einen vielversprechenden Ansatz für ein objektives und transparentes System zur Ausweisung der Gebiete nach Artikel 50 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005. Sie wurden daher bei drei von vier Optionen für die Überarbeitung der Ausgleichsregelung für benachteiligte Gebiete, die am 22. Mai 2008 zur öffentlichen Konsultation vorgelegt wurden und in der dieser Mitteilung beiliegenden Folgenabschätzung beschrieben sind, als Basiskriterien für die Gebietsabgrenzung herangezogen.

In über hundert Sitzungen der Kommissionsdienststellen und der Mitgliedstaaten, die seit November 2007 stattgefunden haben, wurde dieses Thema ausgiebig erörtert. Nach den Ergebnissen der bisher in Zusammenarbeit mit den nationalen Sachverständigen durchgeführten Studien sind diese Kriterien zuverlässig wissenschaftlich fundiert und ermöglichen eine in der gesamten Union einheitliche Einstufung der Flächen. Sie bilden ein einfaches und vergleichbares System für die Ausweisung von benachteiligten Gebieten, das sich eindeutig auf die für die Landwirtschaft nachteiligen Boden- und Klimafaktoren stützt und in allen Mitgliedstaaten trotz des erforderlichen Verwaltungsaufwands in relativ kurzer Zeit umgesetzt werden kann.

Da bisher auf europäischer Ebene keine angemessenen Daten verfügbar sind, kann die bisher vorgenommene Bewertung der gemeinsamen Kriterien nicht als endgültig angesehen werden. Die auf gesamteuropäischer Ebene zur Verfügung stehenden Daten sind für die Anwendung dieser Kriterien auf einer niedrigen Gebietsebene und die Beurteilung ihrer Wirkungen auf dieser Ebene nicht geeignet. Aus diesem Grund und um unstimmige Ergebnisse zu vermeiden, sollen die zuständigen nationalen Behörden aktiv an den künftigen Analysearbeiten beteiligt werden; dies ist ein erforderlicher Zwischenschritt, bevor ein Legislativvorschlag vorgelegt werden kann.

Die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten ist vor allem gefordert, um die Anwendung der gemeinsamen Kriterien auf der Grundlage hinreichend detaillierter Boden- und Klimadaten simulieren zu können.

Andererseits sollte die Simulation Faktoren berücksichtigen, die gewährleisten, dass Gebiete, in denen die naturbedingten Nachteile überwunden wurden, nicht mehr als benachteiligte Gebiete eingestuft werden (siehe folgender Abschnitt).

5. Ausrichtung der Beihilfe auf die extensive Landwirtschaft, die wichtig für die Landbewirtschaftung ist

5.1. Ausschluss der Gebiete, in denen die Landwirtschaft die bestehenden naturbedingten Nachteile überwunden hat

Die Intensität, mit der die landwirtschaftlichen Betriebe bewirtschaftet werden, spiegelt häufig die natürlichen Bedingungen wieder: Gebiete, in denen die naturbedingten Nachteile nicht durch menschliches Eingreifen oder den technischen Fortschritt ausgeglichen wurden, sind in der Regel aufgrund natürlicher Zwänge durch extensive, ertragsarme Bewirtschaftungsformen gekennzeichnet.

Dank technischer Fortschritte und durch menschliches Eingreifen ist es den Landwirten in einigen Fällen gelungen, die naturbedingten Nachteile zu überwinden, so dass sie in Gebieten, in denen die natürlichen Ausgangsbedingungen eher ungünstig waren, nun eine rentable Landwirtschaft betreiben können. In diesen Fällen bleiben die gebietsspezifischen natürlichen Merkmale unverändert, so dass das betreffende Gebiet ausschließlich auf Basis biophysikalischer Kriterien als Gebiet mit erheblichen Einschränkungen für die Landwirtschaft eingestuft würde. Da der betreffende naturbedingte Nachteil jedoch keine Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktivität hat, gibt es keinen Grund, um das Gebiet als Gebiet mit naturbedingten Nachteilen einzustufen. So wurden beispielsweise viele Feuchtgebiete künstlich entwässert und sind nun sehr fruchtbar. Die künstliche Entwässerung hat jedoch an den eigentlichen Merkmalen der Bodenart nichts geändert, die immer noch unter die schlecht entwässerten Böden fällt.

Für die Fälle, in denen die naturbedingten Nachteile überwunden werden können, muss die Gebietsabgrenzung daher verfeinert werden, indem die biophysikalischen Kriterien zusammen mit geeigneten produktionsbezogenen Indikatoren angewendet werden.

Die Nachteile, die die Landwirte am häufigsten durch Investitionen, Bewirtschaftungstechniken und geeignete Sortenwahl ausgleichen können, hängen mit Bedingungen wie schlecht entwässerten Böden, Bodentextur, steiniger Struktur, Wurzeltiefe und chemischen Eigenschaften sowie mit der Bodenwasserbilanz zusammen. Die auf der Grundlage dieser Kriterien durchgeführten Simulationen sollten daher systematisch folgende Gebiete ausschließen:

Im technischen Anhang zu dieser Mitteilung ist näher beschrieben, welche Anpassungen der Gebietsabgrenzung für die verschiedenen Arten von naturbedingten Nachteilen und die entsprechenden biophysikalischen Indikatoren erforderlich sind.

5.2. Auf Betriebsebene anzuwendende Förderkriterien

Die Fördergebiete müssen unbedingt auf diejenigen begrenzt werden, die tatsächlich unter naturbedingten Nachteilen leiden, wenn die Beihilfe gezielt auf Gebiete ausgerichtet werden soll, die von Marginalisierung und Landaufgabe bedroht sind und in denen die extensive Landwirtschaft ein wichtiger Faktor für die Landbewirtschaftung ist.

Nachdem die Abgrenzung stattgefunden hat, ist die Anwendung von geeigneten Förderkriterien, mit denen die Beihilfe in dem als benachteiligt eingestuften Gebiet auf die Betriebe konzentriert werden soll die den Zielen dieser Regelung entsprechen, ein nützliches Mittel, um die Beihilfe den Gebieten zugute kommen zu lassen, in denen das Risiko der Landaufgabe am größten ist. In der Tat können im selben Gebiet verschiedene landwirtschaftliche Praktiken nebeneinander existieren, soweit bei einigen Bewirtschaftungsformen die naturbedingten Nachteile durch Intensivierung überwunden werden konnten.

Die Mitgliedstaaten wenden bereits jetzt weitgehend Förderkriterien auf Betriebsebene an, auch wenn der Bewertung zufolge viele davon für die Hauptziele der Maßnahme keine besondere Bedeutung haben und eine Vielfalt von Zielen und Verwaltungsanforderungen reflektieren. Ihre Kohärenz mit den Zielen der Regelung und den internationalen Verpflichtungen der EU könnte verstärkt werden, wobei jedoch gemäß dem Subsidiaritätsprinzip ein ausreichender Handlungsspielraum bleiben sollte, um auf lokale Besonderheiten eingehen zu können.

Die Anwendung und Festlegung von auf Betriebsebene anzuwendenden Förderkriterien wird in den Optionen angesprochen, die in der laufenden Folgenabschätzung und in dem Bericht zu dieser Mitteilung beschrieben werden. Diese Komponente des Zahlungssystems wird im Rahmen der Ausarbeitung des Legislativvorschlags eingehender geprüft, wobei auch - basierend auf den von den Mitgliedstaaten aufgrund dieser Mitteilung durchgeführten Simulationen - den Auswirkungen eines möglichen neuen Abgrenzungssystems Rechnung getragen werden soll.

6. Vereinfachungspotenzial

Die Festlegung von gemeinsamen Abgrenzungskriterien würde die Umsetzung der Ausgleichsregelung für naturbedingte Nachteile auf EU-Ebene vereinfachen, da die rund 100 Indikatoren, die von den Mitgliedstaaten zurzeit mit unterschiedlichen Schwellenwerten angewendet werden, durch acht klar definierte Kriterien ersetzt würden, die in der gesamten Union mit denselben Mindestschwellenwerten angewendet würden.

Der aus dieser Vereinfachung resultierende Transparenzgewinn würde dazu beitragen, dass sich die Wirksamkeit der Durchführung verbessert, was die Umsetzung und Einhaltung der Zielvorgaben anbelangt.

Ein einziges biophysikalisches Kriterium würde für die Einstufung eines Gebiets als von naturbedingten Nachteilen betroffenes Gebiet ausreichen, während ein Gebiet bei der derzeitigen Regelung alle drei Arten von Nachteilen, die in Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 aufgeführt sind, aufweisen muss, um als Fördergebiet eingestuft zu werden (vgl. Fußnote 9).

Die Anwendung von gemeinsamen biophysikalischen Kriterien ist selbstverständlich mit Einstiegskosten verbunden, die je nach Menge und Qualität der verfügbaren Boden- und Klimadaten von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich hoch sein werden.

Zurzeit wenden 13 Mitgliedstaaten für die Ausweisung von benachteiligten Zwischengebieten "Indexsysteme" an. Es handelt sich dabei um Verfahren, die auf mehreren kombinierten Indikatoren basieren die zur Berechnung eines Index dienen, der für die Einstufung von Gebieten nach spezifischen Schwellenwerten oder Kategorien erforderlich ist. Die verschiedenen Indexsysteme, die von den Mitgliedstaaten angewendet werden, sind sich in einigen Fällen ähnlich. Sie lassen sich jedoch nur schwer miteinander vergleichen, denn selbst wenn sie sich auf dieselbe Art von Informationen stützen, werden doch unterschiedliche Gewichtungsmethoden oder Klassifizierungen angewendet um den Index zu berechnen.

Die Komplexität der "Indexsysteme" variiert, sie ist in der Regel jedoch ausgeprägter als die der biophysikalischen Indikatoren, die für diese Überarbeitung herangezogen wurden. Viele Verfahren zur Festlegung von Indizes greifen auf die von den Sachverständigen ermittelten biophysikalischen Kriterien zurück, die im technischen Anhang zu dieser Mitteilung aufgelistet sind. In einigen Fällen sind die "Indexsysteme" durchaus weiter entwickelt als die biophysikalischen Kriterien und können daher vorhandene Nachteile in einem Gebiet besser erfassen. Allerdings wäre die Aufstellung eines gemeinsamen Indexsystems, das in allen Mitgliedstaaten einheitlich anzuwenden wäre, mit erheblichen Anstrengungen bei der Gestaltung, Datenerfassung, Analyse und Umsetzung verbunden.

Die Einführung eines europaweiten Indexsystems als Mittel zur Erfassung vorhandener naturbedingter Nachteile wäre daher weder nützlich noch realistisch.

In den Mitgliedstaaten, in denen sich die geltende Methode für die Abgrenzung von benachteiligten Gebieten auf Ersatzindikatoren für die schlechte Bodenproduktivität stützt, wären für ein Abgrenzungsverfahren, das auf gemeinsamen biophysikalischen Kriterien basiert, sehr wahrscheinlich Maßnahmen erforderlich, um auf der geeigneten Ebene Boden- und Klimadaten zu erfassen und zu harmonisieren.

Angesichts dieser Größenordnungsprobleme könnten die Mitgliedstaaten bei der Simulation der Anwendung der biophysikalischen Kriterien feststellen, wie sich ein Kompromiss zwischen Vereinfachung und Einführung von neuen wirksamen Abgrenzungsmethoden herstellen lässt. Sofern dies von Bedeutung ist, sollten die Ergebnisse in der dem Legislativvorschlag der Kommission vorangehenden Folgenabschätzung berücksichtigt werden.

7. Haushaltsauswirkungen

Diese Überarbeitung hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt und die nationalen Haushalte, da die Mittelzuweisungen der Ausgleichsregelung für benachteiligte Gebiete, die sich aus dem Beitrag des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und einem nationalen Kofinanzierungsbeitrag zusammensetzen, in den einzelnen Programme für die Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen der Gesamtmittel festgesetzt werden, die dem betreffenden Mitgliedstaat für Fördermaßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums in einem bestimmten Programmplanungszeitraum zugewiesen wurden. Bei einer durch eine bessere Zielausrichtung bewirkten Änderung des Mittelbedarfs würden die freigesetzten Mittel innerhalb des Programms auf andere Maßnahmen umgeschichtet.

8. Schlussfolgerungen und Zeitplan

Die Beihilferegelung zugunsten von Landwirten in Gebieten mit naturbedingten Nachteilen muss überarbeitet werden, um das Abgrenzungs- und Zahlungssystem für benachteiligte Gebiete an die 2005 beschlossenen Landbewirtschaftungsziele anzupassen, die Transparenz und Objektivität der Regelung zu verbessern, wobei gleichzeitig den nationalen und regionalen Besonderheiten Rechnung getragen und die Beihilfe auf die Fälle konzentriert werden soll, in denen die Gefahr der Landaufgabe am größten ist.

Das Abgrenzungssystem würde in der gesamten EU an Transparenz, Zuverlässigkeit und Kohärenz gewinnen wenn auf der Grundlage gemeinsamer objektiver Kriterien ein gemeinsamer Rahmen für die Einstufung von Gebieten mit naturbedingten Nachteilen, die nicht Berggebiete sind und nicht zu den Gebieten mit spezifischen Nachteilen gehören, geschaffen würde.

Die der Kommission auf gesamteuropäischer Ebene zur Verfügung stehenden Daten reichen nicht aus, um eine detaillierte Simulation der Anwendung der im Rahmen der Wirkungsanalyse ermittelten gemeinsamen Kriterien vorzunehmen, auf welche sich ein Legislativvorschlag stützen kann, mit dem die Wirksamkeit der Ausgleichsregelung für naturbedingte Nachteile verbessert werden soll.

Um der Gemeinschaft die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erleichtern und insbesondere eine solide Grundlage für die Ausarbeitung des notwendigen Legislativvorschlags zu schaffen, schlägt die Kommission vor, die Mitgliedstaaten aufzufordern, die Anwendung der in dieser Mitteilung aufgelisteten biophysikalischen Kriterien in ihrem Hoheitsgebiet zu simulieren und Karten der aus diesen Simulationen hervorgehenden Fördergebiete zu erstellen. Um Gebiete auszuschließen, in denen die naturbedingten Nachteile bereits überwunden wurden, sollten bei diesen Simulationen die Fördergebiete hervorgehoben und gegebenenfalls anhand feinabgestimmter biophysikalischer Kriterien nach den Angaben im technischen Anhang zu dieser Mitteilung abgegrenzt werden.

Die Simulationen sollten auf einer ausreichend kleinen Gebietsebene (z.B. LAU 2) der gemeinsamen Klassifikation der Gebietseinheiten für die Statistik durchgeführt werden.

Diese Simulationen sind nicht als eine neue Abgrenzung der benachteiligten Gebiete anzusehen, aber sie sind ein gutes Mittel, um die Durchführbarkeit der ins Auge gefassten Optionen für die Überarbeitung der Regelung zu beurteilen, und können als Grundlage für einen künftigen Legislativvorschlag dienen, mit dem der Rahmen für eine neue langfristig gültige Abgrenzung der benachteiligten Gebiete geschaffen werden soll.

Das Europäische Parlament, der Rat, der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden ersucht, die wesentlichen Punkte dieser Mitteilung zu erörtern. Die Mitgliedstaaten sollten aufgefordert werden, die oben erwähnten Simulationen durchzuführen und den Kommissionsdienststellen die anhand der Ergebnisse dieser Simulationen erstellten Karten innerhalb von sechs Monaten nach Genehmigung dieser Mitteilung zu übermitteln.