Der Bundesrat hat in seiner 986. Sitzung am 13. März 2020 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Ausweitung der Pfandpflicht auf alle Getränkedosen und Einweg-Kunststoffflaschen
- 1. Der Bundesrat stellt mit Bedauern fest, dass Einwegverpackungen im Getränkebereich seit Jahren ungeachtet der ökologischen Nachteile vorherrschend sind. Darüber hinaus ist eine Zunahme von Getränkedosen und Einweg-Kunststoffflaschen, insbesondere auch bei denjenigen Getränken, die nicht der Pfandpflicht unterliegen, zulasten von Mehrwegalternativen sowie ökologisch vorteilhaften Verpackungsarten zu verzeichnen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Pfandpflicht mit dem Verpackungsgesetz ab 01.01.2019 auf Einweggetränkeverpackungen, in denen kohlensäurehaltige Frucht- und Gemüsenektare abgefüllt sind, erweitert wurde und die Ausnahme für Getränke mit einem Mindestanteil von 50 Prozent an Erzeugnissen, die aus Milch gewonnen werden, weggefallen ist. Er bedauert aber, dass bei der Pfanderhebungspflicht trotzdem noch immer Ausnahmen in Abhängigkeit von den abgefüllten Getränkearten bestehen bleiben, so dass die Regelungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin intransparent geblieben sind.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung auf die Wirtschaft einzuwirken, auf den Einsatz von Polyamid (PA) als Sauerstoffbarriere in Einwegkunststoffflaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) schnellstmöglich zu verzichten, um die Recyclingfähigkeit dieses wertvollen Stoffstroms zu erhöhen.
- 4. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass die Erhebung von Einwegpfand auf alle Getränkedosen und alle Einweg-Kunststoffflaschen unabhängig von den darin abgefüllten Getränkearten ausgedehnt wird, soweit dies nicht zu einer Verschlechterung der Qualität des durch die Flaschenrückgabe gewonnenen Rezyklats führt und soweit nicht hygienische Bedenken entgegenstehen, und dass darauf hingewirkt wird, dass keine Additive mehr zugegeben werden, die die Recyclingfähigkeit behindern. Eine sortenreine Sortierung muss sichergestellt werden.
- 5. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass Getränkeverpackungen zusätzlich dauerhaft, deutlich lesbar und an gut sichtbarer Stelle entweder als "EINWEG" oder "MEHRWEG" zu kennzeichnen sind.
- 6. Der Bundesrat bittet den Bund, bei der zur Umsetzung der europäischen Einweg-Kunststoff-Richtlinie (2019/904/EU) anstehenden Novelle des Verpackungsgesetzes entsprechende Regelungen aufzunehmen.
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Vorfeld einer Ausweitung der Pfandpflicht eine umfangreiche Kostenfolgeabschätzung durchzuführen.
- 8. Außerdem bittet der Bundesrat den Bund, in Abstimmung mit den Ländern Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, das Mehrweg-Leergutsystem und die Verwendung von Einheitsflaschen zu fördern und steuerlich nicht zu benachteiligen.
- 9. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass im Fall einer Ausweitung der Pfandpflicht auf alle Getränkedosen und Einweg-Kunststoffflaschen angemessene Übergangsfristen für den Handel festgelegt werden.
Begründung:
Die Regelungen zum Einwegpfand bedürfen vor dem Hintergrund der Zunahme an Getränkedosen und Einweg-Kunststoffflaschen gerade auch im Bereich derjenigen Getränkearten, die von der Pfandpflicht ausgenommen sind, dringend einer grundlegenden Änderung.
Auch wenn durch das Verpackungsgesetz der Anwendungsbereich der Pfandpflicht erweitert wurde, bestehen noch immer Ausnahmen in Abhängigkeit von den abgefüllten Getränkearten. Dadurch bleiben die Regelungen weiterhin für die Verbraucher intransparent und verwirrend.
Deshalb sollte die Pfandpflicht unabhängig von der Getränkeart soweit möglich auf alle Getränkedosen und Einweg-Kunststoffflaschen ausgedehnt werden, soweit dem keine technischen oder hygienischen Gründe entgegenstehen. Technische Gründe wären etwa eine Verschlechterung des aus den Einweg-Kunstoffflaschen gewonnenen Rezyklats, das eine Wiederverwertung des Kunststoffs im Sinne der Kreislaufwirtschaft erschwert oder unmöglich macht. Hygienische Gründe wären etwa das Auftreten von Fäulnis- und Gärungsprozessen in den Rücknahmeautomaten durch Restflüssigkeiten in den Flaschen.
Zur Stärkung des Mehrwegsystems soll die Verwendung von Einheitsflaschen gefördert werden. Es soll vermieden werden, dass diese eine steuerbilanzielle Benachteiligung gegenüber Individualleergut erfahren. Die Finanzverwaltung hat Einheits- und Individualleergut bislang steuerlich gleichbehandelt. Infolge der an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angepassten Verwaltungsauffassung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. Februar 2019, BStBl. I 2019, 210) wird Individualleergut gegenüber dem Einheitsleergut steuerlich nun insoweit begünstigt, als Pfandgelder bei Individualleergut gewinn- und damit steuerneutral sind, da die Gewinnerhöhung durch Erfassung der vereinnahmten Pfandgelder durch eine Gewinnminderung durch den Ansatz einer Verbindlichkeit ausgeglichen wird. Die Pfandgelder des Einheitsleerguts sind für den Zeitraum zwischen Veräußerung des Vollguts und Rücknahme des Leerguts dagegen ertrags- und damit steuerwirksam, da mangels Passivierungsfähigkeit einer Verbindlichkeit der gewinnerhöhende Ansatz der vereinnahmten Pfandgelder nicht ausgeglichen wird.