Der Bayerische Ministerpräsident München, 10. September 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung wird die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates "Reformbedarf im Erneuerbare-Energien-Gesetz: Nationale Spielräume nutzen, Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben, Eigenversorgung erleichtern und Fehlsteuerungen für stromintensive Unternehmen beseitigen" mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Es wird gebeten, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 980. Sitzung am 20. September 2019 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder
Entschließung des Bundesrates "Reformbedarf im Erneuerbare-Energien-Gesetz: Nationale Spielräume nutzen, Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben, Eigenversorgung erleichtern und Fehlsteuerungen für stromintensive Unternehmen beseitigen"
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Nach dem Energiesammelgesetz besteht aus Sicht des Bundesrates weiterer Reformbedarf im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Wichtige energiepolitische Weichenstellungen stehen nach wie vor aus, da entsprechende Diskussionen in der Arbeitsgruppe Akzeptanz / Energiewende (AG) der Koalitionsfraktionen im Bundestag noch andauern. Gleichzeitig eröffnet das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. März 2019 zur Beihilfefreiheit des EEG 2012 dem deutschen Gesetzgeber neue Handlungsspielräume. Vor diesem Hintergrund möchte der Bundesrat Impulse für eine Änderung des EEG geben. Erforderlich sind insbesondere die bessere Synchronisation des Ausbaus erneuerbarer Energien mit den Netzkapazitäten, bessere Rahmenbedingungen für den Ausbau von Photovoltaik, die Stärkung der Eigenversorgung für neue Impulse im Sinne einer dezentralen Energiewende sowie die Beseitigung von Fehlsteuerungen für stromintensive Unternehmen.
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, diejenigen Restriktionen für Investitionsförderungen, die auf der Beihilfeeigenschaft der EEG-Förderung beruhen, aufzuheben, sofern das aktuelle EEG in Folge des EuGH-Urteils nicht mehr als Beihilfe anzusehen ist. Insbesondere ist § 80a EEG entsprechend anzupassen.
- 3. Der Bundesrat betont die Notwendigkeit, den Ausbau der Erneuerbaren Energien und den Übertragungsnetzausbau zu synchronisieren. Dies ist erforderlich, um die Kosten des Netzengpassmanagements (Einspeisemanagement und Redispatch) zu begrenzen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag vereinbarte regionale Steuerung beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien so schnell wie möglich umzusetzen.
- 4. Der Bundesrat sieht es als erforderlich an, die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Photovoltaik zu verbessern. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die in § 49 Absatz 5 EEG vorgesehene Reduzierung des anzulegenden Wertes auf Null, wenn die Summe der installierten Solarleistung 52.000 Megawatt überschreitet (so genannter 52-GW-Deckel), ersatzlos zu streichen. Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, folgende Maßnahmen zu prüfen:
- a) Anreize für den Ausbau großer Photovoltaik-Dachanlagen über 750 KWp,
- b) Höhere Vergütungssätze für Photovoltaik-Anlagen in der Festvergütung unter Berücksichtigung der deutlich gestiegenen Installationskosten,
- c) Ermöglichung innovativer Versuchsanlagen im Bereich der Agro-PV zur Evaluierung ihrer Auswirkungen auf die Akzeptanz in der Bevölkerung, das Landschaftsbild und die Landschaftsverträglichkeit.
- 5. Der Bundesrat hält eine Reform der Regelungen der Eigenversorgung im EEG für erforderlich. Die Umsetzung von Art. 21 der Richtlinie (EU) Nr. 2018/2001
vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, der neue Vorgaben zum Institut des Eigenversorgers im Bereich erneuerbare Elektrizität enthält, bietet hierzu Gelegenheit. Ziel dieser Reform sollte sein, die Möglichkeiten zur Eigenversorgung in angemessener Weise zu erweitern und für bestimmte Mehrpersonenkonstellationen zu öffnen. Der Bundesrat hält im Rahmen dieser Reform insbesondere folgende Maßnahmen für sinnvoll und bittet die Bundesregierung um Prüfung, ob diese im Rahmen der Reform umgesetzt werden können:
- a) Durch eine Anpassung der EEG-Definitionen des Eigenversorgers und des Anlagenbetreibers sollte der gemeinsame Anlagenbetrieb durch verschiedene Personen ermöglicht werden.
- b) Bei der Eigenversorgung aus Stromerzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 40 Kilowatt sollte in Zukunft die EEG-Umlage ausnahmslos entfallen.
- c) Bei der Eigenversorgung aus Stromerzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 100 Kilowatt sollte dem Anlagenbetreiber während der potenziellen Förderdauer die Möglichkeit eingeräumt werden, durch einen Verzicht auf eine effektive Förderung des eingespeisten Stroms eine vollständige Befreiung von der EEG-Umlage für den selbst verbrauchten Strom zu erlangen.
- d) Für Strom aus Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 100 Kilowatt sollte eine Überschussstromabnahme eingeführt werden, welche angesichts ihrer Vergütungshöhe nicht als effektive Förderung behandelt wird.
- e) Im Rahmen der Überschussstromabnahme könnte eine Vergütung gewährt werden, die sich grundsätzlich am Monatsmarktwert für die jeweilige Anlagenart orientiert. Dieser Wert sollte um einen Betrag verringert werden, welcher nicht nur die entstehenden Vermarktungskosten abdeckt, sondern einen zusätzlichen Betrag zur Entlastung des EEG-Kontos generiert und den grundsätzlichen Anreiz zur Direktvermarktung fortbestehen lässt.
- f) Für den Fall einer auslaufenden Einspeisevergütung könnte ein automatischer Wechsel in die Überschussstromabnahme vorgesehen werden, dem der Anlagenbetreiber widersprechen kann, wenn er diesen Wechsel nicht wünscht.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung um Prüfung, wie durch eine Umgestaltung der Besonderen Ausgleichsregelung in § 64 EEG strukturelle Nachteile für kleine und mittlere Unternehmen sowie Sprünge bei der Begrenzungshöhe vermieden und somit Wettbewerbsverzerrungen und Fehlanreize vermindert werden können. Gleichzeitig sollte in diesem Zusammenhang geprüft werden, wie die Rahmenbedingungen für gemeinsam genutzte Produktionseinrichtungen verbessert werden können, so dass auch hier bestehende Fehlanreize vermindert werden.