982. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2019
Der federführende Finanzausschuss und der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfehlen dem Bundesrat, die Entschließung in folgender Fassung anzunehmen:
"Entschließung des Bundesrates: Unterstützung der Landwirte gegen witterungsbedingte Risiken"
- 1. Der Bundesrat stellt mit Sorge fest, dass die Landwirtschaft durch den Klimawandel immer stärker dem Risiko von Wetterextremen ausgesetzt ist. Starkregen, Überschwemmungen, Spätfröste, Trockenheit und Dürre der letzten Jahre verursachten mit unterschiedlicher regionaler bzw. lokaler Betroffenheit immer häufiger witterungsbedingte Schäden in existenzbedrohendem Ausmaß für die Betriebe.
- 2. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Landwirte in ihrer Eigenschaft als Unternehmer zuvorderst die Verantwortung für das einzelbetriebliche Risikomanagement zu tragen haben. Vor dem Hintergrund zunehmender extern verursachter Unsicherheiten, darunter vor allem auf den Klimawandel zurückzuführender Wetterextreme, ist jedoch mit steigenden Risiken zu rechnen, die einzelbetrieblich kaum beherrschbar sind. Der Bundesrat betont in diesem Zusammenhang die wachsende Bedeutung von Versicherungen im Rahmen des Risiko- und Krisenmanagements in der Landwirtschaft.
- 3. Der Bundesrat betont, dass die Rahmenbedingungen für das betriebliche Risikomanagement innerhalb der Mitgliedstaaten der EU sehr unterschiedlich ausgestaltet sind und Mehrgefahrenversicherungen nur in Mitgliedstaaten mit staatlicher Unterstützung eine nennenswerte Marktdurchdringung und Akzeptanz erreichen.
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, betriebliche Maßnahmen im Risikomanagement zu erleichtern.
Dazu gehören:
a) Prävention durch agrotechnische Maßnahmen
Hierbei geht es darum, die landwirtschaftlichen Unternehmen dabei zu unterstützen, die Betriebsorganisation an die Klimaentwicklung anzupassen und Schäden - wo möglich - zu verhindern.
Zu nennen sind beispielsweise Investitionen in Hagelschutznetze oder vergleichbare Schutzmaßnahmen und in (gemeinschaftliche) Einrichtungen der Wasserinfrastruktur (Bewässerung und Frostschutzberegnung).
5.b) Risikoabsicherung über (Mehrgefahren-)Versicherungen gegen witterungsbedingte Risiken
In Deutschland bestehen für eine Reihe von Witterungsrisiken und für einzelne Kulturen bisher keine oder keine in nennenswertem Umfang nachgefragten Versicherungsangebote am Markt, da die Versicherungsprämien sehr hoch und für die landwirtschaftlichen Unternehmen kaum tragbar sind. Deshalb ist es erforderlich, die landwirtschaftlichen Betriebe beim Abschluss von (Mehrgefahren-)
Versicherungen gegen witterungsbedingte Risiken zu unterstützen. Solche Versicherungen sind für unvorhersehbare Ereignisse mit existenzgefährdendem Schadenspotenzial, denen nicht oder nicht mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand vorgebeugt werden kann, erforderlich. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, einen Prämienzuschuss zu Versicherungen insbesondere für Sektoren und Risiken vorzusehen, in denen noch kein für die Betriebe wirtschaftlich tragbares Versicherungsangebot am Markt ist oder große Wettbewerbsunterschiede innerhalb der EU bestehen. Dabei sollten sich die etwaigen Prämienzuschüsse auf den zur Absicherung existenzgefährdender Risiken notwendigen Versicherungsumfang beschränken. Deshalb sollte ein angemessener Selbstbehalt vorgesehen werden.
6.c) Absenkung des Versicherungsteuersatzes für die Risiken Trockenheit und Ertragsausfälle bei Tierseuchen
Während für die Schadrisiken Hagel, Sturm, Starkregen und Überschwemmungen ein ermäßigter Steuersatz von 0,03 Prozent der Versicherungssumme angewendet wird, gilt für das Risiko Dürre (Trockenheit) bisher ein Steuersatz von 19 Prozent der Versicherungsprämie. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Bundesregierung, für das Risiko Dürre ebenfalls den ermäßigten Steuersatz von 0,03 Prozent der Versicherungssumme anzuwenden, da dies zu einer Kostenentlastung führt und ein wichtiger Impuls für die Versicherungswirtschaft zur Erweiterung ihres Angebots ist. Analog sollte mit Ertragsschadensausfallversicherungen, die gegen Tierseuchen (z.B. Afrikanische Schweinepest) und deren Folgen abgeschlossen werden, verfahren werden. Die entsprechenden Änderungen des Versicherungsteuergesetzes sollten zeitnah umgesetzt werden.
7. Unterstützung der Bildung von finanziellen Risikorücklagen
- a) Der Bundesrat bittet zudem, die Einführung von weiteren Instrumenten staatlicher Unterstützung, wie zum Beispiel Instrumente für die Bildung von Risikorücklagen, zu prüfen.
- 8.b) Der Bundesrat spricht sich zudem dafür aus, analog zum Förderbereich Forst eine Erweiterung der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) um einen neuen Fördergrundsatz von "Maßnahmen zur Bewältigung der durch den Klimawandel verursachten Folgen für die Landwirtschaft" zur Unterstützung der Entwicklung einer vielfältigen, klimastabilen Landwirtschaft sowie eine entsprechende Aufstockung und Mittelbereitstellung der GAK zeitnah zu prüfen.
- 9. Angesichts der Bedeutung einer verbesserten Risikoabsicherung für eine leistungs- und wettbewerbsfähige, auf künftige Anforderungen ausgerichtete Landwirtschaft und die nachhaltige Leistungsfähigkeit ländlicher Gebiete, deren integraler Bestandteil eine umwelt- und ressourcenschonende Landwirtschaft ist, steht dabei eine gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern im Fokus. Daher bittet der Bundesrat die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag, zusätzliche Mittel für die Unterstützung von Versicherungen gegen Elementargefahren bereitzustellen und die rechtlichen und haushälterischen Voraussetzungen zu schaffen, diese Mittel im Rahmen der GAK möglichst zeitnah zur Verfügung zu stellen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Zu Nummern 1 bis 8:
Die Neufassung greift den Beschluss der Agrarministerkonferenz vom 27. September 2019 zum Risiko- und Krisenmanagement in der Landwirtschaft auf.