Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 3322 - vom 7. Juli 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 8. Juni 2005 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den im Jahr 2004 erzielten Forschritten bei der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Artikel 2 und 39 des Vertrags über die Europäische Union)
Das Europäische Parlament,
- - gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. unter Hinweis auf seine jüngsten Entschließungen vom 11. März 20041 bzw. 14. Oktober 20042, in denen es bereits eine Bilanz der Umsetzung des Programms von Tampere erstellt und seine ersten Empfehlungen an den Europäischen Rat verfasst hatte, der am 5. November 2004 das Haager Programm annahm, mit dem die Leitlinien für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die nächsten fünf Jahre festgelegt wurden,
B. unter Berücksichtigung der Aussprache vom 11. April 2005 und der Antworten des Rates und der Kommission auf die mündlichen Anfragen (B6-0164/2005 und B6-0165/2005),
C. im Bewusstsein der Tatsache, dass die erwünschten Fortschritte im Laufe des vergangenen Jahres mit Ausnahme des Übergangs zum Mitentscheidungsverfahren für einen Teil der im Bereich der illegalen Einwanderung vorgesehenen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nicht stattgefunden haben, trotz der bedeutenden Entwicklungen in anderen Bereichen der gemeinschaftlichen Tätigkeit oder gar der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigungspolitik oder der Sicherheitspolitik,
D. in Kenntnis der Tatsache, dass es auch im Europäischen Rat allmählich zu einer festgefahrenen Situation gekommen ist, da dieser im Laufe des Jahres 2004 dreimal Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Beschlüsse der Union, insbesondere im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen und insbesondere bei der Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität einräumen musste,
E. besorgt über die Tatsache, dass bis heute und trotz wiederholter Aufforderung neun der alten und sechs der neuen Mitgliedstaaten das Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch ratifizieren müssen, und dass elf Länder das Protokoll vom 27. November 2003 zum Europol-Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben,
F. besorgt über die Verzögerungen und die von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erwähnten Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Europäischen Haftbefehls, sowie über die Zurückhaltung bei den Initiativen im Bereich der Prozesskostenhilfe oder der Mediation in Zivilsachen, die einige ausschließlich auf grenzüberschreitende Fälle beschränken möchten, und in Erwägung der Tatsache, dass all diese Aspekte den Mangel an Vertrauen zeigen, das die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten kennzeichnet,
G. im Bewusstsein der Tatsache, dass einige Mitgliedstaaten als Ausweg aus dieser festgefahrenen Situation außerhalb des Rahmens der Verträge Formen der Zusammenarbeit entwickelt haben wie die G5 oder Gremien, die praktisch Entscheidungsbefugnisse besitzen, wie die FATF (Financial Action Task Force on Money Laundering) für die Geldwäsche, die "Dublin-Gruppe" für die Bekämpfung des Drogenproblems, die "Bern-Gruppe" für den Informationsaustausch, allesamt Gremien, die keiner demokratischen Kontrolle unterliegen; in der Überzeugung, dass Initiativen, wenngleich sie wünschenswert und angebracht sind, die Form einer "verstärkten Zusammenarbeit" (wie die so genannte Initiative Schengen+) annehmen sollten,
H. in der Überzeugung, dass all diese Aspekte sich auf die politische Glaubwürdigkeit der Union und die Legitimität ihres Vorgehens auswirken, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem große Herausforderungen bewältigt werden müssen, sei es im Rahmen der Migrationspolitik, der Grenzkontrollen, der Förderung der Freiheiten oder der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und des Terrorismus, und dass der Aufbau eines gemeinsamen Raumes unbedingt dringend weitergeführt, das gegenseitige Vertrauen zwischen den 25 Mitgliedstaaten gestärkt und der Beitritt der Bewerber- und Kandidatenländer vorbereitet werden muss, Unverzügliche Beseitigung des demokratischen Defizits und Förderung eines einheitlichen Rechtsrahmens im Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
- 1. bekräftigt erneut seine Aufforderung an den Rat, einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Politiken im Zusammenhang mit dem Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen, die justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit in Anwendung von Artikel 42 des Vertrags über die Europäische Union unverzüglich in den Gemeinschaftsrahmen zu übertragen, und die qualifizierte Mehrheit im Rat gemäß Artikel 67 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie den Rückgriff auf das Verfahren der Mitentscheidung für alle Politiken im Zusammenhang mit dem Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zur Regel zu machen;
- 2. weist den Rat darauf hin, dass die Beibehaltung des Status quo in Erwartung der Ratifizierung des Verfassungsvertrags nicht nur das demokratischen Defizit verschlimmern, sondern die Beschlussfassung mit fünfundzwanzig Mitgliedern unmöglich und die Durchführung dieser Beschlüsse praktisch nicht verifizierbar machen wird (wie dies aus den vom Europäischen Rat durchgeführten Bewertungen hervorgeht);
- 3. fordert die Kommission daher auf, bis September 2005 einen Vorschlag für einen Beschluss auf der Grundlage von Artikel 42 des Vertrags über die Europäische Union auszuarbeiten, der vorsieht, dass die Maßnahmen im Sinne von Artikel 29 unter Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft fallen, und gleichzeitig festlegt, dass zu ihrer Annahme die qualifizierte Mehrheit erforderlich ist; fordert den Rat auf, einen neuen Beschluss auf der Grundlage von Artikel 67 des EG-Vertrags anzunehmen, der festlegt, dass die im Titel IV vorgesehenen Gemeinschaftsmaßnahmen unter das Verfahren der Mitentscheidung fallen, und mit dem die Einschränkung der Befugnisse des Gerichtshofs aufgehoben wird;
- 4. fordert den Rat auf, wie wiederholt vom Europäischen Parlament und auch in den Rechtssachen C-52/05P und C-39/05P gefordert, so bald wie möglich seine Geschäftsordnung zu ändern, um die Texte aller vorbereitenden Rechtsakte, einschließlich der in diesem Zusammenhang erstellten Rechtsgutachten sowie die Standpunkte der Mitgliedstaaten zugänglich zu machen, und öffentlich zu erörtern und zu beraten, wenn es sich um Bereiche handelt, die den Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts betreffen; fordert seinen zuständigen Ausschuss auf, zu prüfen, ob es angebracht sein könnte, in diesen Fällen zu intervenieren, um Transparenz zu gewährleisten, wenn es darum geht, Maßnahmen anzunehmen, welche die europäischen Bürger betreffen;
- 5. lenkt die Aufmerksamkeit des Rates auf die Notwendigkeit, dass alle Initiativen im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auf der Grundlage einer loyalen Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und unter Achtung des demokratischen Grundsatzes durchgeführt werden müssen, dem zufolge das Europäische Parlament von Anfang an in die Ausarbeitung der europäischen Rechtsvorschriften eingebunden sein muss und nicht erst, nachdem bereits eine politische Einigung erzielt worden ist;
- 6. schlägt der Kommission vor, ein Verfahren einzuführen, das eine regelmäßige Unterrichtung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über die außenpolitischen Aspekte des Europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vorsieht, insbesondere was die Aushandlung von Übereinkommen sowie den politischen Dialog mit Drittländern und internationalen Organisationen betrifft; fordert die Kommission auf, das "TRANS-JAI" genannte Pilotprojekt zum Abschluss zu bringen, mit dem es möglich sein sollte, die mit den Legislativverfahren im Bereich des Europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts verbundenen Aktivitäten und Dokumente täglich zu verfolgen, vorausgesetzt, dass seine Informationen und Dokumente in den Registern der Organe zugänglich sind; fordert die nationalen Parlamente auf, sich an diesem Pilotprojekt zu beteiligen, indem sie die vorbereitenden Arbeiten für jedes Legislativverfahren betreffend die Annahme oder die Umsetzung von Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich des Europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts über das Internet zugänglich machen;
- 7. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Union im Bereich internationaler Abkommen nicht vorzugreifen und sich dafür einzusetzen, dass in die internationalen Übereinkommen "Anschlussklauseln" eingefügt werden, die es der Europäischen Union und der Gemeinschaft ermöglichen, diesen Übereinkommen beizutreten, oder wenigstens "Trennungsklauseln", mit denen der Besitzstand der Europäischen Union in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten in den Bereichen, die Gegenstand dieser Übereinkommen sind, erhalten werden kann;
- 8. ermutigt alle Organe der Europäischen Union, einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den Verbänden und der Bürgergesellschaft zu pflegen und die Einbeziehung der Bürger in das öffentliche Leben zu fördern und zu erleichtern; fordert die Kommission auf, so bald wie möglich einen Vorschlag zu erarbeiten, der konkrete Schritte in diese Richtung aufzeigt;
Freiheit, Sicherheit, Recht und Solidarität
- 9. ist der Auffassung, dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Entwicklung des Europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in den Gemeinschaftsrahmen integriert werden müssen, nicht nur vom juristischen Standpunkt aus, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der politischen Ziele, die in einem Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den Bürgern umgesetzt werden müssen; ist der Auffassung, dass der Rat Justiz und Inneres zu diesem Zweck seine Arbeit nicht länger hinter verschlossenen Türen durchführen sollte und insbesondere sich beraten sollte mit
- - den Fachräten Entwicklung, allgemeine Angelegenheiten und soziale Angelegenheiten bei der Festlegung der Einwanderungs- und Integrationspolitik und der Politik der Rückübernahme,
- - den Fachräten Haushalt und allgemeine Angelegenheiten bei der Festlegung der Maßnahmen in Bezug auf die finanzielle Solidarität sowohl bei der Umsetzung der Systeme zur Grenzkontrolle und der Asylpolitik sowie der Rückführungspolitik als auch bei der Durchführung der beim Zivilschutz und zur Verhütung von Katastrophen und Terroranschlägen erforderlichen Infrastrukturen und Ressourcen;
Einbeziehung der Förderung der Grundrechte
- 10. bekräftigt seine Überzeugung, dass die Umsetzung des Europäischen Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein noch stärkeres Engagement seitens der europäischen und nationalen Institutionen erfordert, um ein möglichst hohes Niveau des Schutzes der Grundrechte zu fördern, sowohl im Interesse der Menschen, als auch um zu verhindern, dass die angenommenen Maßnahmen anschließend nur zögerlich umgesetzt werden bzw. deren Umsetzung verweigert wird; schlägt deshalb vor, dass
- - jeder neue Legislativvorschlag, insbesondere im Zusammenhang mit dem Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mit einer begründeten Folgenabschätzung über die Grundrechte einhergeht; fordert im Übrigen die für die Grundrechte zuständige Arbeitsgruppe der Kommissionsmitglieder auf, den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten regelmäßig über ihre Tätigkeiten zu unterrichten und die effiziente Koordinierung ihrer jeweiligen Tätigkeiten sicherzustellen;
- - das Parlament bei der Annahme von Maßnahmen zur Durchführung von Rechtsakten der Gemeinschaft und der Union durch die Kommission über die gleichen Rechte wie der Rat verfügt, wenn diese Rechtsakte die Grundrechte berühren könnten, wie dies in den Bereichen im Zusammenhang mit dem Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts oft der Fall ist;
- - die künftigen jährlichen Aussprachen des Europäischen Parlaments über den Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auch Gelegenheit bieten sollten, den Schutz der Grundrechte in der Union zu bewerten, und zwar auf der Grundlage der spezifischen Themenberichte, die zu diesem Zweck einerseits von der Kommission im Rahmen des gemäß Artikel 212 des EG-Vertrags vorgesehenen Gesamtberichts und andererseits von der Agentur für Grundrechte verfasst werden, entsprechend dem in seiner Entschließung vom 26. Mai 2005 zur Förderung und zum Schutz der Grundrechte: die Rolle der nationalen und der europäischen Institutionen, einschließlich der Agentur für Grundrechte enthaltenen Vorschlag3;
- 11. hält folgende Maßnahmen zur Förderung der Grundrechte für dringlich:
- - die Annahme geeigneter Maßnahmen zur Förderung der Integration der Minderheiten und der Bekämpfung jeder Form der Diskriminierung (Artikel 13 EG-Vertrag) einschließlich der Annahme des Rahmenbeschlusses über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nach erneuter Konsultation des Europäischen Parlaments;
- - im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten die Entwicklung eines Programms betreffend die Qualität der Strafjustiz in Europa gemäß seiner Empfehlung an den Rat vom 22. Februar 2005 zur Qualität der Strafjustiz4 und zur Harmonisierung des Strafrechts in den Mitgliedstaaten;
- - die Annnahme gemeinsamer Maßnahmen im Bereich des Zugangs zur Zivil- und Strafgerichtsbarkeit in Europa (unter Vermeidung "doppelter Standards" für grenzüberschreitende Fälle);
- - die Stärkung der Verfahrensgarantien bei Gerichtsverfahren; fordert den Rat auf, rasch einen diesbezüglichen Rahmenbeschluss anzunehmen und dabei der Stellungnahme des Parlaments gebührend Rechnung zu tragen; fordert die Kommission auf, bis Ende 2005 die angekündigten Legislativvorschläge zu folgenden Themen vorzulegen:
- - gegenseitige Anerkennung während des Ermittlungsverfahrens vor dem Prozess,
- - Überwachungsmaßnahmen, die keinen Freiheitsentzug nach sich ziehen,
- - Grundsatz des "ne bis in idem in absentia"
- - faire Erlangung und fairen Einsatz von Beweismitteln,
- - von der Unschuldsvermutung abgeleitete Rechte,
- - Verabschiedung von Maßnahmen zur Solidarität mit den Opfern, insbesondere wenn es sich um Kinder handelt;
- - die offizielle Übernahme des Europäischen Kodex der Polizeiethik5 durch die EU, der bereits am 28. Oktober 20046 inoffiziell vom Rat "Justiz und Inneres" gebilligt wurde und die Stärkung der Rolle der Europäischen Polizeiakademie (CEPOL);
Festlegung der genauen Ziele der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten
- 12. fordert die Kommission auf, dem nächsten Europäischen Rat ein Programm zur Umsetzung des Programms von Den Haag vorzulegen, das:
- - die genauen Ziele nennt, die in Absprache mit den Mitgliedstaaten in den nächsten fünf Jahren im Bereich der Reduzierung der Kriminalität, des Schutzes der Menschen und der Stärkung der Freiheitsrechte erreicht werden sollen,
- - auf europäischer und nationaler Ebene einen transparenten Mechanismus zur Begleitung der Umsetzung dieser Ziele und eine angemessene Analyse der eventuellen Schwachstellen vorsieht;
Justiz
- 13. ruft in Erinnerung, dass die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen einerseits auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Justizbehörden und den Bürgern sowie zwischen den Justizbehörden untereinander und andererseits auf der gegenseitigen Anerkennung beruht und dass diese Ziele durch die Erarbeitung von gemeinsamen Regeln und dank eines besseren Informationsaustausches zwischen den Betroffenen sowie durch eine Schulung der Richter und Staatsanwälte in europäischen Sachfragen erreicht werden und dass in diesem Bereich die Stärkung von Eurojust mit dem Ziel der Errichtung einer europäischen Staatsanwaltschaft unverzichtbar ist;
- 14. wünscht die Fortsetzung der Initiativen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, insbesondere auf dem Gebiet des Familien- und des Handelsrechts;
Politik in den Bereichen Migration, Asyl und Grenzüberschreitung
- 15. fordert die Kommission auf, den Vorschlag für einen Überwachungsmechanismus, der den derzeitigen Schengen-Bewertungsmechanismus ersetzen soll, bis Ende 2006 vorzulegen;
- 16. fordert eine echte europäische Asyl- und Einwanderungspolitik, die gerecht und ausgewogen ist und die Grundrechte der Migranten achtet;
- 17. lehnt die Auslagerung der Asyl- und Einwanderungspolitik und die Einrichtung von Lagern oder Erstaufnahmeeinrichtungen für Einwanderer außerhalb der Europäischen Union ab;
- 18. fordert die Kommission und den Rat auf sicherzustellen, dass es auf der Grundlage des zwischen der Union und Libyen getroffenen Übereinkommens über eine verstärkte Zusammenarbeit in Einwanderungsfragen, das vor Kurzem vom Rat "Justiz und Inneres" angenommen wurde, nicht zu kollektiven Ausweisungen oder Festnahmen im Rahmen von Verwaltungsmaßnahmen an Orten, wo die Grundrechte krass verletzt werden, kommt, und dass ferner in Übereinstimmung mit der Genfer Flüchtlingskonvention die Rechte der Asylbewerber in Libyen anerkannt werden;
- 19. erinnert daran, dass eine gemeinsame Einwanderungspolitik nötig ist, die sich nicht nur auf die Bekämpfung der illegalen Einwanderung beschränkt; fordert nachdrücklich die Umsetzung einer legalen Einwanderungspolitik;
- 20. ruft in Erinnerung, dass eine europäische Migrationspolitik mit einer europäischen Integrationspolitik einhergehen muss, die unter anderem eine ordnungsgemäße Integration in den Arbeitsmarkt, das Recht auf Schul- und Ausbildung, den Zugang zu den Sozial- und Gesundheitsdiensten und die Einbeziehung der Einwanderer in das soziale, kulturelle und politische Leben ermöglicht;
- 21. nimmt das Grünbuch der Kommission über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration (KOM (2004) 0811) zur Kenntnis; ruft in Erinnerung, dass die Einwanderung aus wirtschaftlichen Gründen sich in Europa nicht auf den Bedarf auf dem europäischen Arbeitsmarkt beschränken darf, sondern alle Migrationsarten berücksichtigen muss, einschließlich der Familienzusammenführung; bringt nachdrücklich seinen Wunsch zum Ausdruck, dass die Einwanderung aus wirtschaftlichen Gründen in Europa von einer Harmonisierung unterstützt wird, die von den in der Europäischen Union geltenden Regeln für die Annahme von Migranten geprägt ist und zur Bekämpfung der Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt beiträgt;
- 22. fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, die internationale Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienmitglieder, die am 18. Dezember 1990 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde, und die Konventionen 97 und 143 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Wanderarbeitnehmer zu ratifizieren; fordert die Kommission auf, alle Bestimmungen der Konvention der Vereinten Nationen in die Beschlüsse und Rahmenbeschlüsse aufzunehmen;
- 23. ist sehr besorgt wegen der Rückführungspolitik der Europäischen Union, insbesondere wegen der gemeinsamen Flüge zum Zwecke der Abschiebung; erinnert daran, dass die Rückübernahmeabkommen mit Drittstaaten auf einem echten Dialog basieren und deren Bedürfnissen Rechnung tragen müssen und dass dieser Dialog die politische Zusammenarbeit und die Entwicklungszusammenarbeit ermöglichen muss, um die Ursachen der Migrationsbewegungen zu bekämpfen;
- 24. drängt die Kommission, dafür Sorge zu tragen, dass schutzbedürftigen Menschen ein sicherer Zugang zur Europäischen Union garantiert wird, dass ihre Forderungen ordnungsgemäß bearbeitet werden und dass die strenge Einhaltung der Standards der internationalen Menschenrechte und des Flüchtlingsrechts und insbesondere des Grundsatzes der Non-Profileration gewährleistet ist;
- 25. erinnert die Kommission, die Hüterin der Verträge, an ihre Pflicht, über die Einhaltung des Asylrechts in der Europäischen Union gemäß Artikel 6 des EU-Vertrags und Artikel 63 des EG-Vertrags zu wachen, da in der jüngsten Vergangenheit Kollektivausweisungen aus einigen Mitgliedstaaten einen Schatten auf die Einhaltung der Verpflichtungen dieser Mitgliedstaaten gemäß dem Gemeinschaftsrecht geworfen haben;
- 26. erinnert daran, dass die Einwanderungs- und Asylpolitik der Gemeinschaft auf der Öffnung der legalen Einwanderungswege und auf der Definition gemeinsamer Standards für den Schutz der Grundrechte der Einwanderer und der Asylbewerber in der gesamten Europäischen Union beruhen muss, wie dies 1999 vom Europäischen Rat von Tampere festgelegt und durch das Programm von Den Haag bestätigt wurde;
- 27. wiederholt seine großen Vorbehalte gegen einen Ansatz mit dem geringsten gemeinsamen Nenner in dem Entwurf für eine Richtlinie des Rates über Asylverfahren und fordert die Mitgliedstaaten auf, eine umgehende Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG sicherzustellen;
Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus
- 28. bekräftigt seine Überzeugung, dass jede Sicherheitspolitik in der Union nicht nur gegenseitiges Vertrauen erfordert, sondern ebenfalls die Festlegung gemeinsamer Ziele und angemessener Ressourcen sowie eines Rechtsrahmens und Garantien für die Bürger; ist der Auffassung, dass es unter diesem Gesichtspunkt bedauerlich ist, dass es
- - einerseits noch keine echte innenpolitische europäische Sicherheitsstrategie gibt, mit der konkrete Ziele, die Zuständigkeit für die Durchführung, die erwarteten Ergebnisse und objektive Kriterien zur Bewertung der Leistung festgelegt werden,
- - und dass die Mitgliedstaaten andererseits trotz dieser vagen Formulierung in Bezug auf die zu erreichenden Ziele auf europäischer Ebene die Annahme allgemeiner Maßnahmen zum Einholen von und zum Zugang zu Daten fordern, ob diese jetzt operationeller Art sind (in Anwendung des Grundsatzes der Verfügbarkeit der Daten) oder im Zusammenhang mit alltäglichen Aktivitäten von Personen stehen (Reisen, Kommunikation);
- 29. beschließt, mangels angemessener Informationen seitens des Rates zu diesem Thema, seinen zuständigen parlamentarischen Ausschuss zu beauftragen, zu prüfen, welche strategischen und operationellen Maßnahmen derzeit auf europäischer Ebene getroffen werden, um gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität vorzugehen; ist daher der Auffassung, dass der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten bis Ende 2005 folgenden Personen anhören sollte:
- - die Verantwortlichen des Sitcen und der Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit der Kommission, die mit politischen Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität befasst sind;
- - die Verantwortlichen von Europol, Eurojust und Olaf, um den derzeitigen Stand der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Organisationen der Union und die glaubwürdigen Perspektiven dieser Zusammenarbeit zu überprüfen;
- - den Leiter von Interpol, um den derzeitigen Stand und die Perspektiven der Zusammenarbeit zwischen Interpol und den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und ihren Agenturen oder Systeme zum Austausch von Informationen zu überprüfen;
- - die einzelstaatlichen Justiz - und Polizeibehörden, um den genauen Umfang der Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten, sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union und ihren Agenturen zu überprüfen (Datenaustausch, gemeinsame Teams, bilaterale Abkommen);
- - die Vertreter der nationalen Parlamente, die mit den oben genannten Themen befasst sind;
- 30. fordert die Kommission auf,
- - eine gemeinschaftliche Rechtsgrundlage für Europol vor dem Inkrafttreten des Verfassungsvertrags vorzulegen, verstärkte Formen der Zusammenarbeit zwischen Europol und Eurojust sowie angemessene Modalitäten zur Kontrolle dieser beiden Organe durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente vorzusehen;
- - die Rechtsgrundlage für die Erstellung einer europäischen Liste der Personen, Gruppen und Aktivitäten zu erstellen, die im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus von restriktive Maßnahmen betroffen sind, sowie der Personen, die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen können (Artikel 96 und 99 des Schengen-Übereinkommens);
Eine allgemeine Politik der Überwachung, die Erfordernisse der Verhältnismäßigkeit und der Datenschutz
- 31. teilt den Ansatz des Europäischen Rates, die Informationen, über welche die Union und die Mitgliedstaaten verfügen, rationell zu verwalten; weist jedoch darauf hin, dass alle IT-Systeme, die für die Sicherheitspolitik der Union potenziell relevante Daten verarbeiten, zu bestimmten Zwecken und unter Achtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit konzipiert worden sind und ihrer Verwendung in demokratischen Gesellschaften daher aus Gründen des Datenschutzes Grenzen gesetzt werden können;
- 32. weist darauf hin, dass diese Grenzen nicht missachtet werden können, indem man sich einfach auf neue Erfordernisse bei der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität beruft, sondern dass man sich im Voraus auf bestimmte Ziele einigen und somit festlegen muss, welche Informationen zur Erzielung der erwünschten Ergebnisse unumgänglich sind, und den zuständigen Behörden lediglich diese Daten für einen angemessenen Zeitraum zur Verfügung stellt; wiederholt seine Forderung, bei der Vermittlung von Daten an die amerikanischen Behörden von einem "Pull"-Verfahren zu einem "Push"-Verfahren überzugehen und äußert weiterhin erhebliche Vorbehalte in Bezug auf die Schaffung eines europäischen PNR-Systems, das von Europol zu verwalten ist, wie in der Mitteilung der Kommission zur Übermittlung von Fluggastdatensätzen (PNR): Ein sektorübergreifendes EU-Konzept (KOM (2003) 0826) vorgesehen ist; fordert die Kommission und den Rat auf, seine Entschließung vom 31. März 2004 zum PNR7 bei allen Verhandlungen mit Drittländern oder internationalen Organisationen, insbesondere mit der International Civil Aviation Organisation (ICAO), zu berücksichtigen;
- 33. weist den Rat auf die Risiken der Interoperabilität der Informationssysteme hin;
- 34. wiederholt seine Forderung, im Bereich des Datenschutzes auf dem Gebiet der Sicherheit gemeinsame Kriterien festzulegen, wobei als Grundlage die vom Europäischen Rat und von der Europäischen Konferenz der Datenschutzbehörden8 festgelegten Grundsätze zugrunde zu legen sind, und bekräftigt seine Forderung, im Rahmen der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit eine gemeinsame Datenschutzbehörde zu schaffen, indem die nationalen europäischen Behörden im Rahmen von Europol, Eurojust, SIS und SID einbezogen werden;
- 35. erinnert an die Notwendigkeit, die Sicherheit von Reisedokumenten zu erhöhen; hält die gewählte technische Lösung jedoch für außerordentlich wichtig, denn nur auf diese Weise wird die Wirksamkeit des Einsatzes der Biometrie sichergestellt und der physische Schutz der Daten, insbesondere vor unberechtigtem Zugang, gewährleistet; erachtet es als wichtig, dass gleichzeitig die technischen Spezifikationen geschützt sind, wobei Lösungen zu empfehlen sind, die sich durch ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis auszeichnen und die sich für das Sammeln, die Verarbeitung, die Speicherung und die Nutzung dieser Daten als sicher erweisen; weist darauf hin, dass es von keinerlei Nutzen für die Europäische Union wäre, sich verfrüht für eine Lösung zu entscheiden, die sich als unangemessen erweisen könnte;
- 36. erinnert daran, dass die Arbeitsgruppe "Artikel 29" und der europäische Datenschutzbeauftragte die Auffassung vertreten, dass die nationalen Initiativen vom April 2004, die sich mit Datenspeicherung beschäftigen, nicht vollständig mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar sind;
- 37. unterstreicht, dass die Kosten für die Analyse der gesammelten Daten von jeder Stelle getragen werden sollten, die sie anfordert, um eine unverhältnismäßig hohe Anzahl von Anfragen zu vermeiden;
- 38. bedauert ein weiteres Mal den Mangel an Transparenz und öffentlicher Debatte bei der Wahl dieser Art von Technologien und bei den Verhandlungen sowohl auf der Ebene der technischen Gruppen der ICAO als auch mit der Regierung der USA; weist erneut auf seine Vorbehalte in Bezug auf "RFID"-Chips in den Reisepässen der Unionsbürger hin und fordert die Kommission auf, eingehende Überprüfungen dieser Technologien durchzuführen, bevor für Hunderte von Millionen dieser Dokumente verbindlich vorgeschrieben werden.
- 39. fordert seinen Präsidenten auf, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Rat und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
1 AB1. C 102 E vom 28.4.2004, S. 819.
2 Angenommene Texte, P6_TA(2004)0022.
3 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0208.
4 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0030.
5 Europäischer Kodex der Polizeiethik, Empfehlung Nr. 010/2001, am 19. September 2001 vom Ministerkomitee des Europarates angenommen.
6 (Rat der Europäischen Union, Entwurf der Schlussfolgerungen des Rates über polizeiliche Berufsstandards bei der internationalen Polizeizusammenarbeit, Brüssel, 28. Oktober 2004, 11977/2/04).
7 AB1. C 103 E vom 29.4.2004, S. 665.
8 Siehe Angenommene Texte vom 7. Juni 2005, P6_TA(2005)0223.