Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften

Punkt 34b) der 953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017

Für den Fall der Nichtannahme von Ziff. 29 in Drucksache 814/1/16 nimmt der Bundesrat zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung:

Zu Artikel 8 (Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes)

Nummer 2 wird gestrichen.

Begründung:

Zu Buchstabe a), b) und c)

Die vorgesehene Änderung ist durch Art. 108 Abs. 2 und 4 GG - auch durch den dort neu eigefügten Satz 3 - nicht gedeckt.

Nach Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG werden die Steuern durch die Landesfinanzbehörden verwaltet. Entsprechend der Regelung des § 20 Abs. 1 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) steht es daher den für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden zu, Art, Umfang und Organisation des Einsatzes der automatischen Einrichtungen für die Festsetzung und Erhebung von Steuern, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, zu bestimmen.

Durch die vorgesehen Änderung des § 20 Abs. 2 FVG würde die den Ländern zustehende Steuerverwaltungshoheit unter einen Genehmigungsvorbehalt des Bundes gestellt und die den Ländern nach Art. 108 Abs. 2 GG zustehende Souveränität in der Organisation und Umsetzung der Steuerverwaltung ausgehebelt. § 20 Abs. 1 FVG liefe leer.

Zwar gestattet Art. 108 Abs. 4 GG Ausnahmen von der grundsätzlich den Ländern obliegenden Steuerverwaltungshoheit, jedoch sind diese an das Vorliegen bestimmter weiterer Bedingungen geknüpft. So ist ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesfinanzbehörden nur vorgesehen, soweit der Vollzug der Steuergesetze dadurch erheblich verbessert oder erleichtert wird.

Eine Verbesserung des Vollzugs der Steuergesetze ergibt sich jedoch nicht bereits durch eine allgemeine Festschreibung eines Zusammenwirkens, wie sie nun in § 20 Abs. 2 Satz 1 FVG-neu vorgesehen ist, sondern ist - wie die bisherige Regelung auch - im Einzelnen näher auszuführen. So könnte eine Verbesserung beispielsweise durch den gleichzeitigen Einsatz bestimmter Programmleistungen oder Schwerpunkte bei der Entwicklung herbeigeführt werden, nicht aber durch eine pauschale Genehmigung des gesamten Einsatzes automatischer Einrichtungen nach Art, Umfang und Organisation. Statt einfachgesetzlich sollte die zur Konkretisierung erforderliche Einzelfallbeschreibung des Zusammenwirkens zur Verbesserung des Steuervollzugs durch eine Aufnahme im Verwaltungsabkommen Konsens erfolgen.

Eine generelle Genehmigungspflicht des Bundes der Art, wie sie § 20 Abs. 2 S. 1 FVG-neu nun vorsieht, widerspricht jedenfalls dem Regel-AusnahmeVerhältnis zwischen Absatz 1 bis 3 und Absatz 4 von Artikel 108 GG.

Zu Buchstabe d)

Gleiches gilt für die vorgesehene Regelung in Absatz 4 des § 20 FVG, der ohne konkrete Verbesserung des Steuervollzugs die gesamte IT-Regelungskompetenz einschließlich der damit einhergehenden Organisation auf den Bund verlagern möchte und damit das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Artikel 108 Absatz 1 bis 3 zu Artikel 4 GG ins Gegenteil verkehrt.

Darüber hinaus widerspricht die vom Bund in Absatz 4 des § 20 FVG vorgesehenen rechtlichen Regelung der Beschlusslage der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern vom 14. Oktober 2016.

Zur Stärkung der Rechte des Bundes beim IT-Einsatz in der Steuerverwaltung der Länder war dort in Ziffer 5 eine Anpassung des Verwaltungsabkommens Konsens vereinbart. Daran ist festzuhalten.

Die nun vom Bund vorgeschlagene Rechtsverordnung würde tiefe rechtliche Eingriffe in die föderale Struktur in der Finanzverwaltung ermöglichen, für die die Länder weiterhin die Kosten und die Verantwortung tragen. Die Folgen einer Regelung über eine Rechtsverordnung des Bundes wären für die Länder nicht mehr beherrschbar, insbesondere das Haushaltsrisiko nicht mehr überschaubar, da der Einsatz des Personals und die damit verbundene Personalplanung (Anzahl, Aufstockungen, Abbau) zukünftig von Bundesvorgaben der IT und ihr folgend der Organisation abhängig sein würden. Vom Bund vorgegebene IT-Projekte müssten realisiert werden, bis hin zu Beschaffungen für den Betrieb der IT in den Rechenzentren und in den Finanzämtern. Haushalterische Einwände könnten hingegen nicht mehr geltend gemacht werden, da die Länder verpflichtet wären, die Vorgaben verbindlich umzusetzen, wenn nicht eine Mehrheit der Länder widerspricht.

Zur Umsetzung der vereinbarten Stärkung der Position des Bundes im Bereich der Steuerverwaltung ist die vereinbarte Anpassung des Verwaltungsabkommens Konsens, in dem der Bund selbst heute schon Vertragspartner ist, ausreichend. Sie reduziert das Risiko für die Länder erheblich, da für eine Änderung des Verwaltungsabkommens die Zustimmung aller 16 Länder und des BMF erforderlich ist. Das Verwaltungsabkommen besteht als Ländervertrag seit mehr als 10 Jahren und stellt seither eine sehr gut funktionierende Abstimmung in allen Fragen von Organisation und IT sicher. Durch Änderung der dortigen Abstimmungsmodalitäten können die Bundesrechte gestärkt werden.