Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 24. Oktober 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung des Königreichs Belgien, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg zur Einrichtung und zum Betrieb eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit im gemeinsamen Grenzgebiet

A. Problem und Ziel

Seit Anfang 2003 arbeiten Polizei- und Zollbehörden von Deutschland, Belgien, Frankreich und Luxemburg in einer Gemeinsamen Stelle in Luxemburg-Stadt auf der Grundlage des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) sowie verschiedener bi- und multilateraler Abkommen zusammen. Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind der Informationsaustausch sowie die Unterstützung grenzüberschreitender Ermittlungen und Einsätze. Am 24. Oktober 2008 haben die beteiligten Staaten ein Übereinkommen gezeichnet, um für alle Beteiligten eine einheitliche rechtliche Grundlage der Zusammenarbeit und damit Rechtsklarheit und -sicherheit zu schaffen. Kernelemente des Übereinkommens sind

Das Übereinkommen bedarf nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes der Zustimmung in der Form eines Bundesgesetzes.

B. Lösung

Durch das Vertragsgesetz sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für das Inkrafttreten des Übereinkommens geschaffen werden.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Das Übereinkommen sieht auf deutscher Seite eine Beteiligung der Bundespolizei, der Bundeszollverwaltung, der Landespolizeien Rheinland-Pfalz und Saarland sowie bei Bedarf des Bundeskriminalamts an dem Gemeinsamen Zentrum der Polizei- und Zollzusammenarbeit vor. Da das Zentrum seit 2003 in Betrieb ist, fallen bereits jetzt jährliche Personalkosten bei der Bundespolizei in Höhe von 140 000 Euro, bei der Landespolizei Rheinland-Pfalz in Höhe von 110 000 Euro sowie bei der Polizei des Saarlandes in Höhe von 67 000 Euro an. Das Inkrafttreten des Übereinkommens ändert hieran nichts.

Die Zollverwaltung konnte sich bisher wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage nicht am Gemeinsamen Zentrum beteiligen. Auf Grundlage des Übereinkommens wird dies künftig möglich sein. Hierfür werden bei ihr jährliche Personalkosten in Höhe von ca. 100 000 Euro anfallen, die im Rahmen der bestehenden Haushaltsansätze aufgefangen werden.

Für Deutschland sind an weiteren laufenden Kosten des Zentrums jährlich ca. 22 000 Euro zu tragen. Auch diese Kosten fallen bereits jetzt an und werden vom Bund zu 50 Prozent und von den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland zu je 25 Prozent getragen.

2. Vollzugsaufwand

Die nach Artikel 15 des Übereinkommens möglichen Evaluierungen des Gemeinsamen Zentrums können geringfügigen Vollzugsaufwand bewirken.

E. Sonstige Kosten

Keine

F. Bürokratiekosten

Mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens werden zwölf neue Informationspflichten für die Verwaltung geschaffen.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 24. Oktober 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung des Königreichs Belgien, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg zur Einrichtung und zum Betrieb eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit im gemeinsamen Grenzgebiet

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 13. August 2010
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates

Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 24. Oktober 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung des Königreichs Belgien, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg zur Einrichtung und zum Betrieb eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit im gemeinsamen Grenzgebiet mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium des Innern.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Dr. Angela Merkel

Entwurf
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 24. Oktober 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung des Königreichs Belgien, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg zur Einrichtung und zum Betrieb eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit im gemeinsamen Grenzgebiet

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Dem in Luxemburg am 24. Oktober 2008 unterzeichneten Übereinkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung des Königreichs Belgien, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg zur Einrichtung und zum Betrieb eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit im gemeinsamen Grenzgebiet wird zugestimmt. Das Übereinkommen wird nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2

Begründung zum Vertragsgesetz

Zu Artikel 1

Auf das Übereinkommen vom 24. Oktober 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung des Königreichs Belgien, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg zur Einrichtung und zum Betrieb eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit im gemeinsamen Grenzgebiet ist Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes anzuwenden, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht. Die Zustimmung des Bundesrates ist nach Artikel 74 Absatz 2, 1 Nummer 25 des Grundgesetzes erforderlich, da Artikel 4 Absatz 7 des Übereinkommens in Verbindung mit Artikel 116 des Schengener Durchführungsübereinkommens eine Regelung zur Staatshaftung trifft.

Zu Artikel 2

Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.

Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 17 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Schlussbemerkung

Das Übereinkommen sieht auf deutscher Seite eine Beteiligung der Bundespolizei, der Bundeszollverwaltung, der Landespolizeien Rheinland-Pfalz und Saarland sowie bei Bedarf des Bundeskriminalamts an dem Gemeinsamen Zentrum der Polizei- und Zollzusammenarbeit vor. Da das Zentrum seit 2003 in Betrieb ist, fallen bereits jetzt jährliche Personalkosten bei der Bundespolizei in Höhe von 140 000 Euro, bei der Landespolizei Rheinland-Pfalz in Höhe von 110 000 Euro sowie bei der Polizei des Saarlandes in Höhe von 67 000 Euro an. Das Inkrafttreten des Übereinkommens ändert hieran nichts.

Die Zollverwaltung konnte sich bisher wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage nicht am Gemeinsamen Zentrum beteiligen. Auf Grundlage des Übereinkommens wird dies künftig möglich sein. Hierfür werden bei ihr jährliche Personalkosten in Höhe von ca. 100 000 Euro anfallen, die im Rahmen der bestehenden Haushaltsansätze aufgefangen werden.

Sollten die Öffnungszeiten des Zentrums, die derzeit Montag bis Freitag zwischen 8:00 Uhr und 12:00 Uhr sowie zwischen 13:00 Uhr und 16:00 Uhr liegen, verlängert werden, so könnte dies Personalmehrbedarf bewirken, der auch zu höheren Kosten für die öffentlichen Haushalte führen könnte. Eine Änderung des Übereinkommens oder des Vertragsgesetzes wäre für eine solche Maßnahme nicht erforderlich.

Für Deutschland sind an weiteren laufenden Kosten des Zentrums jährlich ca. 22 000 Euro zu tragen. Auch diese Kosten fallen bereits jetzt an und werden vom Bund zu 50 Prozent und von den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland zu je 25 Prozent getragen.

Die nach Artikel 15 des Übereinkommens möglichen Evaluierungen des Gemeinsamen Zentrums können geringfügigen Vollzugsaufwand bewirken.

Durch die Ratifizierung und das Inkrafttreten des Abkommens sind keine höheren sonstigen Kosten, insbesondere nicht für die Wirtschaft, zu erwarten. Ebenfalls sind keine Auswirkungen auf Einzelpreise, auf das Preisniveau sowie auf die Verbraucherinnen und Verbraucher zu erwarten.

Mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens werden zwölf neue Informationspflichten für die Verwaltung geschaffen. Durch Artikel 2 Absatz 3, Artikel 3 Absatz 2, Artikel 4 Absatz 1, 3 und 4, Artikel 8 Absatz 1, Artikel 17, 18 sowie 19 des Übereinkommens werden Unterrichtungspflichten für die Vertragsparteien begründet. Für die Wirtschaft sowie für die Bürgerinnen und Bürger werden weder neue Informationspflichten eingeführt noch bestehende Informationspflichten geändert oder aufgehoben.

Unbeabsichtigte Nebenwirkungen des Gesetzes sind nicht zu besorgen. Die Wirkungen des Übereinkommens entsprechen einer nachhaltigen Entwicklung, weil es die Polizei- und Zollzusammenarbeit der Vertragsparteien nachhaltig fördert.

Nach Artikel 15 des Übereinkommens kann auf Ersuchen einer Vertragspartei jederzeit durch eine aus Vertretern der Vertragsparteien bestehende gemeinsame Arbeitsgruppe die Durchführung des Übereinkommens geprüft werden. Eventuell erforderliche Ergänzungen oder Aktualisierungen können so festgestellt werden. Auf diese Weise besteht auch die Möglichkeit jederzeit zu prüfen, ob die beabsichtigten Wirkungen des Übereinkommens erreicht worden sind, ob die entstandenen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu den Ergebnissen stehen und welche Nebenwirkungen eingetreten sind.

Übereinkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung des Königreichs Belgien, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg, zur Einrichtung und zum Betrieb eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit im gemeinsamen Grenzgebiet

Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, die Regierung des Königreichs Belgien, die Regierung der Französischen Republik und die Regierung des Großherzogtums Luxemburg, - im Folgenden als "Vertragsparteien" bezeichnet -

Titel I
Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1
Einrichtung eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit

Titel II
Betrieb des Gemeinsamen Zentrums

Artikel 2
Einsatzgebiet und zuständige Stellen

Artikel 3
Aufgaben und Befugnisse

Artikel 4
Einrichtung einer gemeinsamen Datei, Datenschutzkontrolle, Rechte der Betroffenen

Artikel 5
Datensicherheit

Die Regierung des Großherzogtums Luxemburg trifft für das Gemeinsame Zentrum Maßnahmen, die geeignet sind:

Artikel 6
Inhalt der Vereinbarung über die gemeinsame Datei

Für die Datei nach Artikel 4 muss von den Vertragsparteien in einer Vereinbarung im Sinne des Artikels 16 insbesondere Folgendes festgelegt werden:

Artikel 7
Dienstregelung und Koordinierung

Artikel 8
Aktenhaltung

Artikel 9
Ausstattung

Artikel 10
Laufende Ausgaben

Artikel 11
Streitbeilegung

Artikel 12
Haftung und Schutz

Titel III
Anwendungsbestimmungen und Schlussbestimmungen

Artikel 13
Bestimmungen in Bezug auf die Anwendung oder Ablehnung

Jede Vertragspartei kann die Zusammenarbeit ganz oder teilweise ablehnen oder sie von bestimmten Bedingungen abhängig machen, wenn sie zu der Auffassung gelangt, dass die Anfrage nach einer Zusammenarbeit oder die Durchführung einer Zusammenarbeit die Souveränität, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, die Regelungen der Organisation oder des Betriebs der Justizbehörden oder andere wesentliche Interessen des Staates gefährdet oder gegen ihr innerstaatliches Recht verstößt.

Artikel 14
Aufhebungsbestimmung

Mit Inkrafttreten dieses Übereinkommens treten außer Kraft die Artikel 3 bis 7 des Abkommens vom 15. Oktober 2001 zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über die Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden und den Zollbehörden in ihren Grenzgebieten.

Artikel 15
Evaluierungsgruppen

Eine aus Vertretern der Vertragsparteien bestehende gemeinsame Arbeitsgruppe prüft auf Ersuchen einer der Vertragsparteien die Durchführung dieses Übereinkommens und stellt die eventuell erforderlichen Ergänzungen oder Aktualisierungen fest.

Artikel 16
Vereinbarungen

Für die Anwendung dieses Übereinkommens können die zuständigen Minister der Vertragsparteien Zusatzvereinbarungen schließen.

Artikel 17
Inkrafttreten

Jede Vertragspartei unterrichtet den Verwahrer, dass die innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieses Übereinkommens erfüllt sind. Der Verwahrer bestätigt diese Notifikation und unterrichtet davon die anderen Vertragsparteien des Übereinkommens.

Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach Eingang der letzten Notifikation in Kraft.

Artikel 18
Kündigung

Dieses Übereinkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Jede Vertragspartei kann das Übereinkommen durch eine an den Verwahrer gerichtete schriftliche Notifikation kündigen.

Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der schriftlichen Notifikation bei dem Verwahrer wirksam. Sie gilt nur für die Vertragspartei, die das Übereinkommen kündigt. Für die anderen Vertragsparteien bleibt das Übereinkommen in Kraft.

Dieses Übereinkommen tritt außer Kraft, wenn drei Vertragsparteien ihre Kündigung ausgesprochen haben.

Artikel 19
Verwahrer

Die Regierung des Großherzogtums Luxemburg wird zum Verwahrer dieses Übereinkommens bestimmt. Sie unterrichtet die anderen Vertragsparteien über das Inkrafttreten sowie etwaige nachträgliche Änderungen des Übereinkommens.

Die Registrierung des Übereinkommens beim Sekretariat der Vereinten Nationen nach Artikel 102 Absatz 1 der Charta der Vereinten Nationen wird unverzüglich nach seinem Inkrafttreten vom Verwahrer veranlasst. Er unterrichtet die anderen Vertragsparteien unter Angabe der VN-Registriernummer von der erfolgten Registrierung, sobald diese vom Sekretariat der Vereinten Nationen bestätigt worden ist.

Geschehen zu Luxemburg am 24. Oktober 2008 in vier Urschriften in deutscher, französischer und niederländischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland v. Morr Schäuble

Für die Regierung des Königreichs Belgien Patrick Dewael

Für die Regierung der Französischen Republik Michèle Alliot-Marie

Für die Regierung des Großherzogtums Luxemburg Frieden

Denkschrift

I. Allgemeines

Seit Anfang 2003 arbeiten Polizei- und Zollbehörden von Deutschland, Belgien, Frankreich und Luxemburg in einer Gemeinsamen Stelle in Luxemburg-Stadt auf der Grundlage des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) sowie verschiedener bi- und multilateraler Abkommen zusammen. Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind der Informationsaustausch sowie die Unterstützung grenzüberschreitender Ermittlungen und Einsätze. Am 24. Oktober 2008 haben die beteiligten Staaten ein Übereinkommen gezeichnet, um für alle Beteiligten eine einheitliche rechtliche Grundlage der Zusammenarbeit und damit Rechtsklarheit und -sicherheit zu schaffen. Kernelemente des Übereinkommens sind

Das Übereinkommen ergänzt die bilateralen völkerrechtlichen Verträge, die Deutschland je gesondert mit Belgien, Frankreich und Luxemburg geschlossen hat. Im Einzelnen sind dies das Abkommen vom 27. März 2000 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Belgien über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und Zollverwaltungen in den Grenzgebieten (BGBl. 2002 II S. 1532, 1533), das Abkommen vom 9. Oktober 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden in den Grenzgebieten ("Mondorfer Abkommen", BGBl. 1998 II S. 2479, 2480) sowie die Vereinbarung vom 24. Oktober 1995 zwischen dem Bundesminister des Innern der Bundesrepublik Deutschland sowie dem Justizminister und dem Minister der öffentlichen Macht des Großherzogtums Luxemburg über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzgebiet zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg (BGBl. 1996 II S. 1203).

Regelungen zur innerstaatlichen Durchführung des Übereinkommens durch ein Ausführungsgesetz sind nicht erforderlich.

II. Besonderes

Zu Artikel 1

Die Vorschrift richtet das Gemeinsame Zentrum der Polizei- und Zollzusammenarbeit der Vertragsparteien ein und bestimmt das Verhältnis des Übereinkommens zu weiteren völker-, gemeinschafts- und innerstaatlichen Regelungen. Zweck des Gemeinsamen Zentrums sind die Erleichterung der Koordinierung der Aufgabenerfüllung aller Polizei- und Zollbehörden im gemeinsamen Grenzgebiet sowie der Informationsaustausch.

Die geltenden völkerrechtlichen Übereinkünfte und das jeweilige innerstaatliche Recht bleiben bei der Zusammenarbeit der Vertragsparteien nach dem Übereinkommen unberührt. Das Gemeinschaftsrecht, insbesondere das Schengener Durchführungsübereinkommen und das Neapel-II-Übereinkommen zur Polizei- und Zollzusammenarbeit, geht dem Übereinkommen vor. Das gilt auch für mögliche zukünftige Regelungen des Gemeinschaftsrechts, die den Anwendungsbereich des Übereinkommens berühren. Auch bestehende sowie künftige zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte zwischen den Vertragsparteien zur strafrechtlichen Zusammenarbeit, insbesondere über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, bleiben durch das Übereinkommen unberührt.

Schließlich lässt das Übereinkommen Regelungen über weitere Gemeinsame Zentren unberührt, die durch das Abkommen vom 9. Oktober 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden in den Grenzgebieten ("Mondorfer Abkommen"), durch das Abkommen vom 5. März 2001 zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Königreichs Belgien sowie durch die einschlägigen Bestimmungen des Abkommens vom 15. Oktober 2001 zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg eingerichtet wurden. Für Deutschland gilt dies mithin im Hinblick auf das Gemeinsame Zentrum der deutschfranzösischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Kehl.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift bestimmt Luxemburg als Standort des Gemeinsamen Zentrums und definiert das gemeinsame Grenzgebiet der Vertragsparteien. Letzteres ist nach Artikel 1 Absatz 1 des Übereinkommens zugleich der örtliche Zuständigkeitsbereich des Gemeinsamen Zentrums, soweit es die Aufgabenerfüllung der Polizei- und Zollbehörden der Vertragsparteien durch seine Koordinierungsfunktion erleichtert.

Nach Absatz 2 umfasst das gemeinsame Grenzgebiet für Deutschland in Rheinland-Pfalz die Bezirke der Polizeipräsidien Rheinpfalz, Westpfalz und Trier sowie das gesamte Saarland.

Absatz 4 stellt klar, dass das Gemeinsame Zentrum keine eigenständige Behörde ist. Seine Bediensteten bleiben vielmehr auch für die Dauer ihrer Tätigkeit im Gemeinsamen Zentrum Angehörige ihrer Entsendebehörde und unterliegen deren Weisungen. Hinzu tritt eine Weisungsbefugnis des Koordinators, der die verschiedenen Dienststellen seines Staates in dem Gemeinsamen Zentrum vertritt (Artikel 7 Absatz 1 des Übereinkommens). Ferner unterliegen die Bediensteten im Gemeinsamen Zentrum den einschlägigen Regelungen des jeweiligen nationalen Rechts, das für ihre jeweiligen Entsendebehörden gilt. Darüber hinaus dürfen sie in keinem Fall selbständig operative Einsätze durchführen. Diese Regelung unterstreicht, dass das Gemeinsame Zentrum auf eine Dienstleistungsfunktion für die Polizei- und Zollbehörden der Vertragsparteien beschränkt bleibt.

Zu Artikel 3

Die Vorschrift regelt die Aufgaben und Befugnisse des Zentrums. Gegenstände der Zusammenarbeit sind nach Absatz 1 die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die vorbeugende und die repressive Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Dabei erfolgt die Zusammenarbeit abhängig davon, ob diese Kriminalität die Interessen von zwei oder von mehr Vertragsparteien berührt, bi- oder multilateral. Hieraus ergibt sich ein besonderer polizeifachlicher Mehrwert des Gemeinsamen Zentrums Luxemburg, das das erste in Europa ist, in dem Polizei- und Zollbehörden aus vier benachbarten Staaten zusammenwirken.

Im Bereich des Informationsaustauschs steht das Gemeinsame Zentrum nach Absatz 2 allen mit Polizei- und Zollaufgaben beauftragten Einheiten und Stellen jeder Vertragspartei zur Verfügung. Dies gilt uneingeschränkt für Informationen mit grenzregionalem Bezug. Fehlt es an diesem Bezug, so steht das Gemeinsame Zentrum nur insoweit für den Informationsaustausch zur Verfügung, wie völkerrechtliche Übereinkünfte, das Gemeinschaftsrecht oder das innerstaatliche Recht dies zulassen. Nach § 3 des Bundeskriminalamtgesetzes obliegt der zur Verhütung oder Verfolgung von Straftaten erforderliche Dienstverkehr der Polizeien des Bundes und der Länder mit den Polizei- und Justizbehörden sowie sonstigen insoweit zuständigen öffentlichen Stellen anderer Staaten grundsätzlich dem Bundeskriminalamt. Dies gilt jedoch nicht für den Dienstverkehr der Polizeien der Länder mit den zuständigen Behörden der Nachbarstaaten und der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, soweit dieser sich auf Kriminalität von regionaler Bedeutung im Grenzgebiet bezieht oder soweit Gefahr im Verzug ist. Ein solcher unmittelbarer Informationsaustausch im Gemeinsamen Zentrum Luxemburg ist danach unter diesen Voraussetzungen zulässig. Die Länder unterrichten das Bundeskriminalamt unverzüglich über solchen unmittelbaren Dienstverkehr. Ferner können bei abgrenzbaren Fallgestaltungen im Rahmen regionaler Schwerpunktmaßnahmen die Polizeien der Länder im Einvernehmen mit dem Bundeskriminalamt den erforderlichen Dienstverkehr mit den zuständigen Behörden anderer Staaten selbst und damit auch im Gemeinsamen Zentrum Luxemburg führen. Das Bundeskriminalamt beteiligt sich nach Artikel 2 Absatz 3 des Übereinkommens an dem Zentrum nur bei Bedarf.

Darüber hinaus erfüllt das Gemeinsame Zentrum nach Absatz 3 Unterstützungsaufgaben bei der Vorbereitung und der Koordinierung von punktuellen Einsatzmaßnahmen, bei grenzüberschreitenden Observations- und Nacheilehandlungen sowie bei der Überstellung von sich illegal aufhaltenden Ausländern.

Zu Artikel 4

Die Vorschrift schafft in Absatz 1 die Grundlage für die Einrichtung einer gemeinsamen Datei der Entsendebehörden (Artikel 2 Absatz 4 Satz 2 des Übereinkommens) im Gemeinsamen Zentrum. In dieser Datei können nach Maßgabe der weiteren Voraussetzungen insbesondere personenbezogene Daten gespeichert werden. Die folgenden Absätze gewährleisten den erforderlichen Datenschutz. Danach ist gewährleistet, dass das Datenschutzniveau zumindest dem entspricht, was sich aus dem Europarats-Übereinkommen vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (BGBl. 1985 II S. 538, 539), dem Zusatzprotokoll vom 8. November 2001 zu jenem Übereinkommen betreffend Kontrollstellen und grenzüberschreitenden Datenverkehr (BGBl. 2002 II S.1882, 1887) und den Grundsätzen der Empfehlung R (87) 15 des Ministerkomitees des Europarats vom 17. September 1987 über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich ergibt (Absatz 8). Die gemeinsame Datei unterliegt der datenschutzrechtlichen Kontrolle der nach Maßgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechts zuständigen Behörden (Absatz 6). In Deutschland sind dies für die Bundespolizei und die Bundeszollverwaltung der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, für die Landespolizei Rheinland-Pfalz der Landesbeauftragte für den Datenschutz Rheinland-Pfalz und für die Landespolizei des Saarlandes der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Saarland. Wegen weiterer Datenschutzregelungen verweist Absatz 7 auf die einschlägigen Regelungen des Schengener Durchführungsübereinkommens. Aus dessen Artikel 116, auf den ebenfalls verwiesen wird, kann sich ein Schadensersatzanspruch des Betroffenen ergeben. Hierbei handelt es sich mithin um eine Regelung zur Staatshaftung, die das Zustimmungserfordernis des Bundesrates zu dem vorliegenden Gesetzentwurf nach Artikel 74 Absatz 2, 1 Nummer 25 des Grundgesetzes begründet.

Zu Artikel 5

Die Vorschrift verpflichtet die Regierung des Großherzogtums Luxemburg, die erforderlichen Maßnahmen zur Datensicherheit im Gemeinsamen Zentrum zu treffen. Diese entsprechen denjenigen nach der Anlage zu § 9 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes.

Zu Artikel 6

Die gemeinsame Datei nach Artikel 4 bedarf nach Artikel 6 einer Zusatzvereinbarung nach Artikel 16 des Übereinkommens im Sinne einer Errichtungsanordnung.

Zu Artikel 7

Die Vorschrift verpflichtet jede Vertragspartei, einen Koordinator zu bestimmen, der die verschiedenen Dienststellen seines Staates in dem Gemeinsamen Zentrum vertritt (Absatz 1). Diese Vertretung umfasst damit nicht nur die Entsendebehörden, sondern auch solche Behörden, die sich nur bei Bedarf am gemeinsamen Zentrum beteiligen. Der Koordinator ist gegenüber allen Bediensteten seiner Vertragspartei im Gemeinsamen Zentrum weisungsbefugt.

In den Räumen, die zu ihrem ausschließlichen Gebrauch bestimmt sind, haben die Bediensteten jeder einzelnen Vertragspartei das Recht, für die Einhaltung der Disziplin zu sorgen (Hausrecht). Zu dessen Durchsetzung können sie bei Bedarf die Unterstützung der Bediensteten der anderen Vertragsparteien anfordern und haben grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass diese Unterstützung auch gewährt wird.

Die Koordinatoren regeln den Dienst im Gemeinsamen Zentrum im gegenseitigen Einvernehmen. Die technischen Einzelheiten werden durch eine einvernehmlich von den Koordinatoren zu erlassende Dienstvorschrift geregelt. Dazu gehören insbesondere die Öffnungszeiten des Zentrums.

Zu Artikel 8

Die Vorschrift regelt die Aktenhaltung im Gemeinsamen Zentrum. Diese erfolgt getrennt nach Entsendebehörden und nach Maßgabe deren jeweiliger Bestimmungen. Jeder Koordinator ist für die sichere Verwahrung der Akten verantwortlich.

Zu Artikel 9

Die Vorschrift verpflichtet die Regierung des Großherzogtums Luxemburg zur unentgeltlichen und betriebsfähigen Bereitstellung der Räumlichkeiten des Gemeinsamen Zentrums. Sie hat auch die Betriebskosten und die Kosten für die laufende Unterhaltung der Räumlichkeiten zu tragen. Die spezifische Ausstattung der Entsendebehörden sowie die persönliche Ausstattung der Bediensteten obliegt dagegen jeder Vertragspartei selbst.

Zu Artikel 10

Die Vorschrift sieht eine Zusatzvereinbarung der Vertragsparteien nach Artikel 16 des Übereinkommens für die Verteilung der laufenden Kosten vor, die beim Betrieb des Gemeinsamen Zentrums entstehen. Die Regierung des Großherzogtums Luxemburg streckt die erforderlichen Ausgaben zunächst vor. Es erfolgt dann eine jährliche Abrechnung nach Maßgabe der Zusatzvereinbarung.

Ausgenommen von dieser Regelung bleiben Kosten für die Ausstattung, die einer Vertragspartei gehört. Dazu zählen insbesondere Kosten für Reparatur und Ersatzbeschaffung. Diese Kosten werden von der jeweiligen Vertragspartei allein getragen.

Bevor eine Vertragspartei die Zahl ihrer Bediensteten im Gemeinsamen Zentrum in erheblichem Umfang erhöht, ist sie verpflichtet, die Stellungnahme der übrigen Vertragsparteien einzuholen. Dabei ist anzustreben, die Zusatzvereinbarung über die Verteilung der laufenden Kosten entsprechend anzupassen. Im Übrigen trifft das Übereinkommen keine Regelung über die Zahl der Bediensteten, die die Vertragsparteien zu entsenden haben. Erforderlich ist aber die Entsendung von so vielen Bediensteten jeder Entsendebehörde an das Gemeinsame Zentrum, dass dessen ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung gewährleistet ist.

Zu Artikel 11

Die Vorschrift regelt die Beilegung von Streitigkeiten, die grundsätzlich den Koordinatoren und nur im Bedarfsfall den Entsendebehörden obliegt.

Zu Artikel 12

Die Vorschrift verpflichtet die Regierung des Großherzogtums Luxemburg, den im Gemeinsamen Zentrum beschäftigten Bediensteten der übrigen Vertragsparteien Schutz zu gewähren. Für die Haftung der Vertragsparteien untereinander verweist die Vorschrift auf Artikel 43 des Schengener Durchführungsübereinkommens. Die Bediensteten der übrigen Vertragsparteien sind nach Maßgabe der Vorschrift berechtigt, ihre nationale Dienstkleidung sowie sichtbare Kennzeichen, insbesondere Hoheitszeichen, zu tragen. Dienstwaffen und jedes andere nach Maßgabe des nationalen Rechts zugelassene Zwangsmittel dürfen ebenfalls mitgeführt, aber nur zur Notwehr gebraucht werden.

Zu Artikel 13

Die Vorschrift gestattet jeder Vertragspartei, die Zusammenarbeit ganz oder teilweise abzulehnen oder sie von Bedingungen abhängig zu machen, soweit dies zum Schutz von im Einzelnen genannten Interessen, insbesondere zum Schutz des ordre public, geboten ist.

Zu Artikel 14

Die Vorschrift hebt völkervertragsrechtliche Regelungen im bilateralen Verhältnis zwischen der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg auf.

Zu Artikel 15

Die Vorschrift bestimmt eine Evaluierung des Gemeinsamen Zentrums durch eine Arbeitsgruppe von Vertretern der Vertragsparteien, wenn eine Vertragspartei darum ersucht. Im Rahmen einer solchen Evaluierung besteht insbesondere Gelegenheit, solche Petita erneut zu prüfen, die einzelne Vertragsparteien im Zuge der Verhandlungen über das Übereinkommen im Sinne einer Einigung vorläufig zurückgestellt hatten.

Zu Artikel 16

Die Vorschrift schafft die Möglichkeit von Zusatzvereinbarungen, die das Übereinkommen ergänzen. Solche Zusatzvereinbarungen sieht das Übereinkommen selbst in seinen Artikeln 6 (Errichtungsanordnung) und 10 (Teilung der laufenden Kosten) vor.

Zu Artikel 17

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Übereinkommens.

Zu Artikel 18

Die Vorschrift stellt das Recht jeder Vertragspartei zur Kündigung dieses Übereinkommens klar und trifft für diesen Fall weitere Regelungen.

Zu Artikel 19

Die Vorschrift bestimmt die Regierung des Großherzogtums Luxemburg zum Verwahrer des Übereinkommens und regelt dessen Registrierung beim Sekretariat der Vereinten Nationen.

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 1083:
Entwurf für ein Gesetz zu dem Übereinkommen vom 24. Oktober 2008 zwischen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg, der Regierung des Königreichs Belgien, der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik zur Einrichtung und zum Betrieb eines Gemeinsamen Zentrums der Polizei- und Zollzusammenarbeit im gemeinsamen Grenzgebiet

Der Nationale Normenkontrollrat hat das oben genannte Regelungsvorhaben auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Regelungsvorhaben werden für die Wirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürger keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben. Für die Verwaltung werden zwölf Informationspflichten eingeführt.

Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Bachmaier
Vorsitzender Berichterstatter