Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren

Der Bundesrat hat in seiner 841. Sitzung am 15. Februar 2008 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 2 Nr. 4 (§ 4a Abs. 1 Satz 1, 2 RVG)

Artikel 2 Nr. 4 § 4a Abs. 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagene Fassung von § 4a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG geht ohne Not über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinaus.

Das Bundesverfassungsgericht fordert eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot des Erfolgshonorars nur für den Fall, dass der Rechtsanwalt mit der Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers Rechnung trägt, die diesen sonst davon abhielten, seine Rechte zu verfolgen.

§ 4a Abs. 1 Satz 1 RVG-E lässt ein Erfolgshonorar dagegen stets zu, wenn damit besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird. Die vom Bundesverfassungsgericht beschriebene Ausnahmekonstellation wird zwar in § 4a Abs. 1 Satz 2 RVG-E angesprochen. Die Einleitung des Satzes mit "dies gilt insbesondere, wenn" unterstellt aber, dass es sich dabei nur um ein Beispiel handelt das andere Anwendungsfälle nicht ausschließt. Im Ergebnis wird ein Erfolgshonorar nicht nur ermöglicht, wenn der Mandant seine Rechte andernfalls nicht durchsetzen könnte, sondern in jeder Angelegenheit, die irgendeine Besonderheit aufweist.

Damit wird das Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars entgegen der Absicht des Gesetzentwurfs im Ergebnis völlig aufgegeben. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) bedenklich. Zudem wird eine erhebliche Rechtsunsicherheit geschaffen. Angesichts der Ausfüllungsbedürftigkeit der unbestimmten Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG-E muss der Rechtsanwalt im Erfolgsfall befürchten, dass sein Mandant zur Vermeidung der Zahlung des Erfolgshonorars im nachhinein das Vorliegen besonderer Umstände in Frage stellt.

Richtigerweise ist deshalb ein Erfolgshonorar nur in dem bisher in § 4a Abs. 1 Satz 2 RVG-E genannten Beispielsfall zuzulassen. § 4a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG-E sind daher unter Ausschluss weiterer Fälle zu verbinden.

2. Zu Artikel 2 Nr. 4 (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG) Artikel 4 Nr. 2 (§ 9a Abs. 3 Nr. 1 StBerG)

Begründung

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Fassung des § 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG-E stellt es dem Rechtsanwalt frei, ob er in der Erfolgshonorarvereinbarung zum Vergleich mit dem vereinbarten Erfolgshonorar die voraussichtliche gesetzliche Vergütung "oder" die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der er bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen, angibt. § 9a Abs. 3 Nr. 1 StBerG-E legt Steuerberatern gar nur die Pflicht auf, die erfolgsunabhängige Vergütung anzugeben, obwohl auch für sie gesetzliche Vergütungsvorschriften gelten (vgl. Steuerberatergebührenverordnung).

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Regelung wird den Interessen der Auftraggeber nicht gerecht und benachteiligt sie, weil der Rechtsanwalt oder Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigte bei der Festlegung einer fiktiven erfolgsunabhängigen Vergütung einen sehr weiten Ermessensspielraum hat. Es steht zu befürchten, dass der mögliche Auftraggeber durch die Nennung allein eines solchen Vergleichsbetrages nicht verlässlich wird entscheiden können, ob es für ihn wirtschaftlich sinnvoll ist, eine Erfolgshonorarvereinbarung zu treffen oder nicht. Zudem besteht die Gefahr, dass Rechtsanwälte, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte in Einzelfällen überhöhte Beträge nennen könnten, um auf diese Weise den Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung zu begünstigen.

Letztlich bietet allein die voraussichtliche gesetzliche Vergütung einen verlässlichen und transparenten Vergleichsmaßstab für die rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger. Allein dadurch werden sie in die Lage versetzt, den Erfolgszuschlag angemessen und vergleichbar zu erfassen. Deshalb sollte die Angabe der voraussichtlichen gesetzlichen Vergütung in der Erfolgshonorarvereinbarung zur Pflicht werden. Ist der Rechtsanwalt, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte nicht bereit, den Auftrag zu den gesetzlichen Gebühren zu übernehmen, hat er daneben auch die erfolgsunabhängige Vergütung in der Vereinbarung anzugeben zu der er bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen.

Dass der Gesetzentwurf in § 9a Abs. 3 Nr. 1 StBerG-E hinter der Formulierung des § 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG-E zurückbleibt und die gesetzliche Vergütung nicht einmal erwähnt, dürfte im Übrigen ein Redaktionsversehen darstellen. Insofern orientiert sich der Gesetzentwurf der Bundesregierung, wohl irrtümlicherweise, offenbar an § 43b Abs. 3 Nr. 1 PatAnwO-E. Dies geht jedoch fehl. Denn im Unterschied zur Tätigkeit der Patentanwälte sind für die Tätigkeit der Steuerberater - wie für die Tätigkeit der Rechtsanwälte - gesetzliche Vergütungen normiert, so dass § 9a Abs. 3 Nr. 1 StBerG-E jedenfalls entsprechend dem Wortlaut des § 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG-E hätte formuliert werden müssen.

3. Zu Artikel 2 Nr. 4 (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 RVG)

Artikel 2 Nr. 4 § 4a Abs. 2 Nr. 3 ist zu streichen.

Begründung

Nach § 4a Abs. 2 Nr. 3 RVG-E soll die Vereinbarung "die Höhe des Erfolgszuschlags" enthalten. Der Begriff des "Zuschlags" stellt auf die Differenz zwischen der erfolgsunabhängigen Vergütung und der Vergütung im Erfolgsfall ab. Eine Aussage über die Differenz zwischen der erfolgsunabhängigen Vergütung und der Vergütung im Erfolgsfall wird sich aber in vielen Fällen gar nicht treffen lassen. Dies gilt etwa im außergerichtlichen Bereich, wo Zeitvergütungen üblich sind, deren Höhe erst nach Abschluss der Angelegenheit feststeht.

Zu Beginn eines Mandats, wenn die Vergütungsvereinbarung zu treffen ist, ist die Zahl der anfallenden Stunden naturgemäß noch nicht bekannt. Im Fall der "quota litis" existiert gar kein Erfolgszuschlag, der angegeben werden könnte.

Richtigerweise sollte daher nicht die Differenz zwischen Erfolgshonorar und erfolgsunabhängiger Vergütung, sondern die für den Erfolgsfall vereinbarte Vergütung als solche angegeben werden. Dies sieht § 4a Abs. 2 Nr. 2 RVG-E bereits vor. Die Differenz zwischen der maximalen Vergütung im Erfolgsfall und der erfolgsunabhängigen Vergütung wird dem Mandanten bereits durch den Vergleich dieser Angabe mit der Angabe nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG-E verdeutlicht. § 4a Abs. 2 Nr. 3 RVG-E ist daher zu streichen.

4. Zu Artikel 3 Nr. 2 (§ 43b Abs. 2 PatAnwO) Artikel 4 Nr. 2 (§ 9a Abs. 2 Satz 1, 2 StBerG)

Artikel 3 Nr. 2 § 43b Abs. 2 und Artikel 4 Nr. 2 § 9a Abs. 2 sind jeweils wie folgt zu ändern:

Begründung

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagene Fassung von § 43b Abs. 2 PatAnwO und § 9a Abs. 2 Satz 1 und 2 StBerG geht ohne Not über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für den Bereich der Rechtsanwälte hinaus.

Das Bundesverfassungsgericht fordert eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot des Erfolgshonorars im Bereich der Rechtsanwälte nur für den Fall, dass der Rechtsanwalt mit der Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers Rechnung trägt, die diesen sonst davon abhielten, seine Rechte zu verfolgen. § 43b Abs. 2 PatAnwO-E und § 9a Abs. 2 Satz 1 und 2 StBerG-E lassen dagegen ein Erfolgshonorar stets zu, wenn damit besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird. Die vom Bundesverfassungsgericht beschriebene Ausnahmekonstellation wird zwar in § 43b Abs. 2 Satz 2 PatAnwO-E bzw. § 9a Abs. 2 Satz 2 StBerG-E angesprochen. Die Einleitung des Satzes mit "dies gilt insbesondere, wenn" unterstellt aber, dass es sich dabei nur um ein Beispiel handelt, das andere Anwendungsfälle nicht ausschließt. Im Ergebnis wird ein Erfolgshonorar nicht nur ermöglicht, wenn der Mandant seine Rechte andernfalls nicht durchsetzen könnte, sondern in jeder Angelegenheit, die irgendeine Besonderheit aufweist.

Damit wird das Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars entgegen der Absicht des Gesetzentwurfs im Ergebnis völlig aufgegeben. Zudem wird eine erhebliche Rechtsunsicherheit geschaffen. Angesichts der Ausfüllungsbedürftigkeit der unbestimmten Voraussetzungen des § 43b Abs. 2 Satz 1 PatAnwO-E bzw. des § 9a Abs. 2 Satz 1 StBerG-E muss der Patentanwalt bzw. Steuerberater im Erfolgsfall befürchten, dass sein Mandant zur Vermeidung der Zahlung des Erfolgshonorars im nachhinein das Vorliegen besonderer Umstände in Frage stellt.

Richtigerweise ist deshalb ein Erfolgshonorar nur in dem bisher in § 43b Abs. 2 Satz 2 PatAnwO-E bzw. § 9a Abs. 2 Satz 2 StBerG-E genannten Beispielsfall zuzulassen. Die jeweiligen Sätze 1 und 2 sind daher unter Ausschluss weiterer Fälle zu verbinden.

5. Zu Artikel 3 Nr. 2 (§ 43b Abs. 3 Nr. 3 PatAnwO)

Artikel 4 Nr. 2 (§ 9a Abs. 3 Nr. 3 StBerG)

Artikel 3 Nr. 2 § 43b Abs. 3 Nr. 3 und Artikel 4 Nr. 2 § 9a Abs. 3 Nr. 3 sind zu streichen.

Begründung

Nach § 43b Abs. 3 Nr. 3 PatAnwO-E bzw. § 9a Abs. 3 Nr. 3 StBerG-E soll die Vereinbarung "die Höhe des Erfolgszuschlags" enthalten. Der Begriff des "Zuschlags" stellt auf die Differenz zwischen der erfolgsunabhängigen Vergütung und der Vergütung im Erfolgsfall ab. Eine Aussage über die Differenz zwischen der erfolgsunabhängigen Vergütung und der Vergütung im Erfolgsfall wird sich aber in vielen Fällen gar nicht treffen lassen. Dies gilt etwa im außergerichtlichen Bereich, wo Zeitvergütungen üblich sind, deren Höhe erst nach Abschluss der Angelegenheit feststeht. Zu Beginn eines Mandats, wenn die Vergütungsvereinbarung zu treffen ist, ist die Zahl der anfallenden Stunden naturgemäß noch nicht bekannt. Richtigerweise sollte daher nicht die Differenz zwischen Erfolgshonorar und erfolgsunabhängiger Vergütung, sondern die für den Erfolgsfall vereinbarte Vergütung als solche angegeben werden. Dies sehen § 43b Abs. 3 Nr. 2 PatAnwO-E und § 9a Abs. 3 Nr. 2 StBerG-E bereits vor. Die Differenz zwischen der maximalen Vergütung im Erfolgsfall und der erfolgsunabhängigen Vergütung wird dem Mandanten bereits durch den Vergleich dieser Angabe mit der Angabe nach § 43b Abs. 3 Nr. 1 PatAnwO-E bzw. § 9a Abs. 3 Nr. 1 StBerG-E verdeutlicht. § 43b Abs. 3 Nr. 3 PatAnwO-E bzw. § 9a Abs. 3 Nr. 3 StBerG-E ist daher zu streichen.

6. Zu Artikel 5 (§ 55a Abs. 1 Satz 2 WiPrO)

Artikel 6 (§ 4 Abs. 2 Satz 2 RDGEG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die in Artikel 5 § 55a Abs. 1 Satz 2 WiPrO-E vorgenommene Verweisung auf das Steuerberatungsgesetz bzw. die in Artikel 6 § 4 Abs. 2 Satz 2 RDGEG-E vorgenommene Verweisung auf das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz stimmig sind.

Begründung

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung verweist in den genannten Bestimmungen einschränkungslos auf Vorschriften für Berufsgruppen, für die gesetzliche Vergütungsvorschriften bestehen. Für die Wirtschaftsprüfer bestehen gesetzliche Vergütungsvorschriften aber nicht, für die Berufsgruppen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz nicht in allen Fällen, etwa nicht für die Frachtprüfer oder die Inkassounternehmen (vgl. § 4 Abs. 1 und 4 RDGEG nebst Begründung zu § 4). Dies führt zu Unstimmigkeiten (etwa wenn § 55a Abs. 1 Satz 2 WiPrO auf § 9a Abs. 2 Satz 3 StBerG-E oder § 4 Abs. 2 Satz 2 RDGEG auf § 4a Abs. 2 Nr. 1 und § 4b RVG-E verweist).