A. Problem und Ziel
Der Gouverneursrat der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA), deren Mitglied die Bundesrepublik Deutschland seit 1985 ist, hat mit Zustimmung der Bundesregierung eine Änderung des Gründungsübereinkommens gebilligt. Eine Reihe von Veränderungen sind vorgesehen, insbesondere die Abdeckung von alleinstehenden Darlehen ("stand alone debt"), die Ausdehnung des Verfahrens zur Registrierung von Investoren ("investor registration"), die Ausdehnung des Anwendungsbereichs zur Risikoabdeckung von bestehenden Investitionen ("coverage for existing assets") und die Abschaffung der Voraussetzung einer gemeinsamen Antragstellung von Investor und Gastland zur Autorisierung der Abdeckung von spezifischen nicht kommerziellen Risiken.
Die Änderungen des Gründungsübereinkommens sind durch die Mitgliedstaaten nach deren jeweiligen innerstaatlichen Verfahren anzunehmen.
B. Lösung
Durch das Vertragsgesetz werden die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für das Inkrafttreten der Änderungen des Übereinkommens geschaffen.
C. Alternativen
Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Für die öffentlichen Haushalte ergeben sich keine Auswirkungen. Insbesondere hat die MIGA zugesagt, die Erweiterung des Direktoriums kostenbewusst umzusetzen.
2. Vollzugsaufwand
Kein Vollzugsaufwand.
E. Sonstige Kosten
Keine.
F. Bürokratiekosten
Mit dem Gesetzentwurf werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Verwaltung eingeführt, geändert oder aufgehoben.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Übereinkommens vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 4. Februar 2011
Die Bundeskanzlerin
An die Präsidentin des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Übereinkommens vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 18. 03. 11
Entwurf
Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Der im Gouverneursrat der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA) am 30. Juli 2010 unterzeichneten Entschließung zur Änderung des Übereinkommens vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (BGBl. 1987 II S. 454, 455) wird zugestimmt. Die Entschließung wird nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.
Artikel 2
Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird ermächtigt, Änderungen des Übereinkommens vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur nach Artikel 59 und 60 des Übereinkommens, die sich im Rahmen der Ziele des Übereinkommens halten und nicht Artikel 47 des Übereinkommens betreffen, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates in Kraft zu setzen.
Artikel 3
- (1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- (2) Der Tag, an dem die Änderungen des Übereinkommens zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur nach Artikel 60 des Übereinkommens für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Zu Artikel 1
Auf die Änderungen des Übereinkommens vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA-Übereinkommen) ist Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes anzuwenden, da sie sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift schafft eine Ermächtigung für den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, künftige Änderungen des MIGA-Übereinkommens nach dessen Artikel 59 und 60 durch Rechtsverordnung in deutsches Recht umzusetzen.
Nach seinem Artikel 59 kann das MIGA-Übereinkommen durch die Stimmen von drei Fünfteln des Gouverneursrates der MIGA geändert werden. Jede Änderung des MIGA-Übereinkommens bedürfte zur innerstaatlichen Umsetzung der Zustimmung und Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften.
Eine Umsetzung künftiger Änderungen durch Rechtsverordnung erscheint nicht nur zur Entlastung des Gesetzgebers, sondern auch deswegen geboten, da nach Artikel 59 MIGA-Übereinkommen die Änderungen auch für die überstimmten Staaten in Kraft treten, sofern das Quorum der erforderlichen Zustimmungen erreicht wird und nicht ausnahmsweise Einstimmigkeit vorgesehen ist. Zudem ist der nach Artikel 60 MIGA-Übereinkommen vorgesehene 90-Tage-Zeitraum für das Inkrafttreten der Änderungen regelmäßig nicht ausreichend, um ein Vertragsgesetz zu erlassen.
Zu Artikel 3
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem die Änderungen des MIGA-Übereinkommens nach dessen Artikel 60 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur
Gouverneursrat
Entschließung Nr. 86
Modernisierung des Auftrags der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur: Änderung des MIGA-Übereinkommens
(Übersetzung)
Da Artikel 59 des Übereinkommens zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur ("MIGA-Übereinkommen") Folgendes vorsieht: "Dieses Übereinkommen und seine Anlagen können mit den Stimmen von drei Fünfteln der Gouverneure, die vier Fünftel der Gesamtstimmenzahl innehaben, geändert werden", und da Artikel 60 des MIGA-Übereinkommens Folgendes vorsieht: "Alle Vorschläge zur Änderung dieses Übereinkommens, gleichviel ob sie von einem Mitglied, einem Gouverneur oder einem Direktor ausgehen, sind dem Vorsitzenden des Direktoriums zuzuleiten, der sie dem Direktorium vorlegt. Wird der Änderungsvorschlag vom Direktorium empfohlen, so wird er dem Rat zur Genehmigung nach Artikel 59 vorgelegt. Ist die Änderung vom Rat ordnungsgemäß genehmigt worden, so bestätigt die Agentur dies in einer an alle Mitglieder gerichteten amtlichen Mitteilung. Änderungen treten für alle Mitglieder neunzig Tage nach dem Tag der amtlichen Mitteilung in Kraft, sofern nicht der Rat einen anderen Zeitpunkt festlegt", beschließt der Gouverneursrat hiermit Folgendes:
1. Artikel 11 des MIGA-Übereinkommens lautet nunmehr wie folgt:
Artikel 11
Gedeckte Risiken
- a) Vorbehaltlich der Buchstaben b und c kann die Agentur für berücksichtigungsfähige Investitionen eine Garantie gegen Verlust übernehmen, der sich aus dem Eintritt einer oder mehrerer der folgenden Risikoarten ergibt:
- i) Transfer von Währungsbeträgen jede der Gastregierung zurechenbare Einführung von Beschränkungen hinsichtlich des Transfers ihrer Währung außerhalb des Gastlands in eine frei verwendbare Währung oder eine andere für den Garantienehmer annehmbare Währung, einschließlich des Versäumnisses der Gastregierung, dem Antrag dieses Garantienehmers auf einen solchen Transfer innerhalb einer angemessenen Frist zu entsprechen;
- ii) Enteignung und ähnliche Maßnahmen jede der Gastregierung zurechenbare Gesetzgebungs- oder Verwaltungsmaßnahme oder -unterlassung, die bewirkt, dass dem Garantienehmer das Eigentum an seiner Investition oder seine Kontrolle darüber beziehungsweise ein erheblicher Nutzen aus seiner Investition entzogen wird; ausgenommen sind allgemein anwendbare, nicht diskriminierende Maßnahmen, welche die Regierungen üblicherweise zur Regelung der Wirtschaftstätigkeit in ihrem Hoheitsgebiet treffen;
- iii) Vertragsverletzung jede Nichtanerkennung oder jede Verletzung eines Vertrags mit dem Garantienehmer durch die Gastregierung, wenn
- a) der Garantienehmer kein Gericht oder Schiedsgericht anrufen kann, um einen Anspruch wegen der Nichtanerkennung oder Verletzung feststellen zu lassen, oder
- b) eine Entscheidung dieses Gerichts nicht innerhalb einer angemessenen Frist ergeht, wie sie in den Garantieverträgen auf Grund der Vorschriften der Agentur bestimmt ist, oder
- c) eine solche Entscheidung nicht durchgesetzt werden kann, und
- iv) Krieg und zivile Unruhen militärische Handlungen oder zivile Unruhen in einem Hoheitsgebiet des Gastlands, auf das dieses Übereinkommen nach Artikel 66 anwendbar ist.
- b) Außerdem kann das Direktorium mit besonderer Mehrheit die Ausweitung der Deckung aufgrund dieses Artikels auf bestimmte andere nichtkommerzielle Risiken als die unter Buchstabe a bezeichneten genehmigen, keinesfalls jedoch auf das Risiko der Währungsabwertung oder -entwertung.
- c) Verluste, die sich aus folgenden Vorkommnissen ergeben, sind nicht abgedeckt:
- i) jede Handlung oder Unterlassung der Gastregierung, der der Garantienehmer zugestimmt hat oder für die er verantwortlich ist, und
- ii) jede Handlung oder Unterlassung der Gastregierung vor Abschluss des Garantievertrags oder jedes andere vor diesem Zeitpunkt eintretende Ereignis.
2. Artikel 12 des MIGA-Übereinkommens lautet nunmehr wie folgt:
Artikel 12
Berücksichtigungsfähige Investitionen
- a) Zu den berücksichtigungsfähigen Investitionen gehören Kapitalbeteiligungen, einschließlich der von Anteilseignern des betreffenden Unternehmens gewährten oder garantierten mittel-oder langfristigen Darlehen, sowie die vom Direktorium gegebenenfalls festgelegten Formen von Direktinvestitionen.
- b) Andere als die unter Buchstabe a genannten Darlehen sind für eine Deckung berücksichtigungsfähig,
- i) wenn sie dazu dienen, eine bestimmte Investition oder ein bestimmtes Vorhaben zu finanzieren, oder damit anderweitig in Zusammenhang stehen, sofern dabei eine andere Form von Direktinvestition vorliegt, gleichviel ob die Agentur dafür eine Garantie gewährt hat und unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem diese andere Investition erfolgt ist, oder
- ii) wenn das Direktorium mit besonderer Mehrheit etwas anderes genehmigt.
- c) Das Direktorium kann mit besonderer Mehrheit festlegen, dass auch andere mittel- oder langfristige Investitionsformen berücksichtigungsfähig sind.
- d) Die Garantien sind im Allgemeinen auf Investitionen beschränkt, deren Durchführung nach der Eintragung des Garantieantrags durch die Agentur oder nach dem Eingang anderer ausreichender Beweise für die Absicht eines Investors, Garantien von der Agentur zu erlangen, bei der Agentur beginnt. Diese Investitionen können Folgendes umfassen:
- i) einen Devisentransfer zum Zweck der Modernisierung, Erweiterung oder Entwicklung einer vorhandenen Investition; in diesem Fall können sowohl die ursprüngliche Investition als auch die zusätzliche Investition als berücksichtigungsfähig für eine Deckung betrachtet werden;
- ii) die Verwendung der Erträge aus vorhandenen Investitionen, die sonst aus dem Gastland transferiert werden könnten;
- iii) den Erwerb einer vorhandenen Investition durch einen neuen berücksichtigungsfähigen Investor;
- iv) vorhandene Investitionen, soweit sich ein berücksichtigungsfähiger Investor um die Versicherung eines Bündels vorhandener und neuer Investitionen bemüht;
- v) vorhandene Investitionen im Eigentum eines berücksichtigungsfähigen Investors, sofern es sich um die Verbesserung oder Erweiterung des zugrundeliegenden Vorhabens handelt oder der Investor auf andere Art ein mittel- oder langfristiges Engagement für das Vorhaben beweist und die Agentur sich vergewissert hat, dass das Vorhaben nach wie vor große entwicklungspolitische Wirksamkeit im Gastland aufweist, sowie vi) andere gegebenenfalls vom Direktorium mit besonderer Mehrheit genehmigte Investitionen.
- e) Bei der Übernahme einer Garantie für eine Investition muss sich die Agentur über Folgendes vergewissern:
- i) die wirtschaftliche Solidität der Investition und ihren Beitrag zur Entwicklung des Gastlands;
- ii) die Übereinstimmung der Investition mit den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des Gastlands;
- iii) die Übereinstimmung der Investition mit den erklärten Entwicklungszielen und -prioritäten des Gastlands und
- iv) die Investitionsbedingungen im Gastland, einschließlich der Verfügbarkeit einer gerechten und angemessenen Behandlung und eines Rechtsschutzes für die Investition.
Denkschrift
I. Allgemeiner Teil
Die Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur (MIGA) wurde 1988 als jüngste Tochter der Weltbankgruppe durch das Übereinkommen vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA-Übereinkommen) gegründet. Ihre im MIGA-Übereinkommen verankerte Aufgabe ist die Förderung ausländischer Direktinvestitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern durch die Absicherung gegen politische Risiken wie Enteignung, Kriege und Bürgerkriege, Devisentransferbeschränkungen sowie Vertragsbruch seitens der Regierung des Investitionsstandortes.
Durch die Entschließung des Gouverneursrats der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur vom 30. Juli 2010 wird das MIGA-Übereinkommen erstmals substanziell verändert. Die Entschließung ändert nicht das Kernmandat der MIGA, ausländische Direktinvestitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern zu fördern. Ziel der Änderungen ist vielmehr die Anpassung der MIGA an aktuelle Marktentwicklungen und die Möglichkeit, effizienter ihr Entwicklungsmandat zu verfolgen. Dies erlaubt auch eine effektive Unterstützung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel in Entwicklungsländern und trägt damit zu einer nachhaltigen Entwicklung bei. Die
Änderungen des Übereinkommens haben keine gleichstellungsrelevanten Auswirkungen. Das Vorhaben ist mit dem Recht der EU vereinbar.
II. Besonderer Teil
Um den Tätigkeitsbereich der MIGA und damit ihren entwicklungspolitischen Wirkungskreis auszudehnen, sieht die Entschließung des Gouverneursrats der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur vom 30. Juli 2010 eine Änderung der Artikel 11 und 12 des MIGA-Übereinkommens vor.
§ 1 der Entschließung ändert Artikel 11 des MIGA-Übereinkommens, um die Voraussetzung einer gemeinsamen Antragstellung von Investor und Gastland zur Autorisierung der Abdeckung von spezifischen nicht kommerziellen Risiken abzuschaffen.
§ 2 der Entschließung ändert Artikel 12 des MIGA-Übereinkommens zur Abdeckung von alleinstehenden Darlehen ("stand alone debt"), der Ausdehnung des Verfahrens zur Registrierung von Investoren ("investor registration") und der Ausdehnung des Anwendungsbereichs zur Risikoabdeckung von bestehenden Investitionen ("coverage for existing assets").