Der Ministerpräsident des Saarlandes Saarbrücken, den 18. Februar 2004
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dieter Althaus
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Regierung des Saarlandes hat beschlossen, die als Anlage beigefügte
- Entschließung des Bundesrates zur Förderung und Fortentwicklung des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) und des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ)
in den Bundesrat einzubringen.
Ich bitte, gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Beratung der Entschließung in den Ausschüssen zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Müller
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Förderung und Fortentwicklung des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) und des Freiwilligen Ökologischen Jahres(FÖJ)
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass die Bundesregierung neben einer Verkürzung des Zivildienstes von derzeit zehn auf neun Monate ab Oktober dieses Jahres beabsichtigt, den Zivildienst im Jahr 2010 abzuschaffen. Nach dem Bericht der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission "Impulse für die Zivilgesellschaft" soll der Zivildienst künftig durch einen Freiwilligendienst abgelöst werden, bei dem sich Frauen und Männer jeden Alters bewerben können. Bei einem Wegfall des 1961 eingeführten Zivildienstes sieht der Bundesrat ebenso wie die Kommission die Gefahr, dass viele der von den derzeit 95.000 Zivildienstleistenden ausgeübten Dienstleistungen, die ein Höchstmaß von Verlässlichkeit und menschlicher Zuwendung erfordern, über den Arbeitsmarkt nicht abgedeckt werden können.
- 2. Der Bundesrat begrüßt daher, dass alle Träger den Freiwilligendiensten eine verstärkte Bedeutung zumessen und darin ein geeignetes Instrument sehen, Gemeinsinn und Verantwortung für die Gesellschaft zu stärken, und generationenübergreifend einen Beitrag zur Betreuung von Alten, Kranken und Behinderten zu leisten. Vor allem unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung wird die Bedeutung von Freiwilligendiensten in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Darüber hinaus dienen die Freiwilligendienste besonders auch der Berufsorientierung und Berufsbildung. Sie sind Orientierungsjahre für die Entwicklung von jungen Menschen und können ihnen Unterstützung für ihre persönliche Lebensplanung geben.
Der Bundesrat begrüßt, dass über 15.000 junge Männer und Frauen (Stand 2002) sozialen und ökologischen Freiwilligendienst leisten. Die Dienstleistenden im FSJ sind dabei am häufigsten in Alteneinrichtungen (23,7 Prozent), in Krankenhäusern (17,1 Prozent), in Kindertagesstätten (13,3 Prozent) sowie in Einrichtungen der stationären Behindertenhilfe (13,1 Prozent) und seit zwei Jahren auch im Rettungsdienst in Hessen sowie im Saarland eingesetzt.
- 3. Im Förderzeitraum 2002/2003 hat die Zahl der FSJ-/FÖJ-Helferinnen und Helfer bei zahlreichen Trägern enorm zugenommen. Bei einzelnen Trägern ist sogar eine Steigerung der Teilnehmerzahlen von bis zu 35 Prozent zu verzeichnen. Trotz dieses Anstieges hat die Bundesregierung das Fördervolumen nicht erhöht, sondern die Fördermittel auf dem Stand des Vorjahres eingefroren. Obwohl sich die Bundesregierung bislang für die Notwendigkeit der Förderung der Freiwilligenarbeit bei der Jugend ausgesprochen hat, wurden für das Jahr 2003/2004 lediglich die Mittel in Höhe des Jahres 2002/2003 ausgezahlt. Wegen des gestiegenen Interesses und der höheren Teilnehmerzahlen werden dadurch die Träger mit erheblichen Mehrkosten belastet.
- 4. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, das FSJ und das FÖJ für junge Menschen attraktiver zu gestalten und weiterzuentwickeln. Insbesondere muss die inhaltliche Gestaltung und pädagogische Begleitung den geänderten Anforderungen angepasst werden. Die von der Kommission gemachten Vorschläge und Empfehlungen sollen umgehend unter Beachtung der föderalen Ordnung und des sozialrechtlichen Subsidiaritätsprinzips sowie unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebots der Gleichstellung von Frauen und Männern geprüft und entsprechende Änderungen wie etwa die Schaffung von Anreizen für die Aufnahme eines freiwilligen sozialen Jahres möglichst zeitnah umgesetzt werden.
Des Weiteren wird die Bundesregierung aufgefordert, die finanzielle Förderung des FSJ und des FÖJ fortzuschreiben und entsprechend den tatsächlich eingesetzten FSJ-/FÖJ-Teilnehmern anzupassen. Im Rahmen der Umsetzung der Haushaltsmittel für Freiwilligendienste aus dem KJP sollte eine Gleichbehandlung des FSJ und FÖJ der Höhe nach erfolgen, da viele kleine Träger die notwendige Eigenbeteiligung an den entstehenden Teilnehmerkosten nicht aufbringen können. Insbesondere wäre es zweckmäßig mit den Mitteln, die im Zivildienst nicht in Anspruch genommen werden die Unterstützung im FSJ-/FÖJ- Bereich aufzustocken.
- 5. Der Bundesrat missbilligt, dass die Bundesregierung die Träger, die sich in den vergangenen Jahren für eine Stärkung der Freiwilligenarbeit eingesetzt haben mit Mehrkosten belastet. Die Bundesregierung verhindert mit ihrem Verhalten die Gewinnung von Freiwilligen und die Entwicklung eines bürgerschaftlichen Engagements in der Gesellschaft.