936. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2015
Der federführende Rechtsausschuss (R), der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ) und der Ausschuss für Familie und Senioren (FS), empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 2 Nummer 2 ( § 249 Absatz 2 FamFG)
In Artikel 2 ist die Nummer 2 zu streichen.
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht bislang vor, das vereinfachte Verfahren auf die Fälle zu beschränken, in denen der Schuldner seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§ 249 Absatz 2 FamFG-E). Die Begründung des Gesetzentwurfs führt hierzu aus, dass ein Verfahren mit Auslandsbezug zu hohem Zeit- und Kostenaufwand führe, der insbesondere durch notwendige Übersetzungen und Auslandszustellungen entstehe. Außerdem könnten im Ausland lebende Unterhaltspflichtige, die häufig der deutschen Sprache nicht mächtig seien, die Rechtsfolgen formularmäßiger Einwendungen nur schwer erfassen.
Das vereinfachte Verfahren hat in der Praxis der Jugendämter bei der Titulierung von Kindesunterhaltsforderungen in Auslandsfällen eine herausragende Bedeutung. Die Mehrzahl der durch die öffentlichen Träger bewirkten gerichtlichen Titulierungen wird in dieser Verfahrensart erwirkt. Die Gründe hierfür sind darin zu sehen, dass die Antragstellerseite in der Regel keine Kenntnisse über die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners hat und auch keine Möglichkeit besteht, diese kurzfristig zu erlangen, und dass häufig bereits erhebliche Rückstände aufgelaufen sind, die im Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht tituliert werden können. Würde diese Möglichkeit der Titulierung von Unterhaltsansprüchen in Fällen mit Auslandsbezug entfallen, entstünden somit erhebliche Nachteile sowohl für die unterhaltsberechtigten Kinder, vor allem aber auch für die öffentlichen Träger in Deutschland, von denen die überwiegende Anzahl der Titulierungen aus übergegangenem Recht bewirkt wird.
[ Die Erkenntnismöglichkeiten zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltsschuldners sind in den Fällen, in denen der Unterhaltsschuldner seinen Wohnsitz im Ausland hat, reduziert. Insbesondere können Titel, die den Unterhaltsschuldner zur Auskunft verpflichten, im Ausland häufig nicht vollstreckt werden. Auch sind nach ausländischem Recht zu beurteilende Sachverhalte - wie zum Beispiel das Bestehen weiterer Unterhalts- oder Beitragspflichten für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs maßgeblich. Häufig bestehen bereits - zum Beispiel weil die Aufenthaltsermittlung problematisch war - erhebliche Rückstände. Die Unterhaltsberechtigten sowie öffentliche Stellen, die mit Unterhaltsleistungen in Vorleistung gegangen sind, sind daher in Fällen, in denen die Geltendmachung von Unterhalt im Ausland erfolgen muss, gegenüber dem Unterhaltsschuldner in einer unterlegenen Position. Die im vereinfachten Verfahren vorgesehene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist ein wichtiges Instrument, um dies zu korrigieren. Ohne das vereinfachte Verfahren haben die Unterhaltsgläubiger nicht die Möglichkeit, auch ohne nähere Kenntnisse zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners das 1,2-fache des Mindestunterhalts und Rückstände geltend zu machen. Die für den Ausschluss dieser Fälle vom vereinfachten Verfahren vorgetragenen Gründe tragen nicht. ]
Zutreffend ist, dass im vereinfachten Verfahren Auslandszustellungen vorzunehmen sind und Sprachbarrieren durch Übersetzungen überwunden werden müssen.
{ Das gilt jedoch mindestens im gleichen Maße auch für das streitige Verfahren und hier insbesondere für das Verfahren der einstweiligen Anordnung },
das im Falle des Wegfalls des vereinfachten Verfahrens für im Ausland wohnhafte Schuldner mutmaßlich vorzugsweise als Ersatz von den öffentlichen Trägern gewählt werden würde.
Mit dem geplanten Wegfall des Formularzwangs entfällt auch die Notwendigkeit einer amtlichen Übersetzung dieses Formulars. Damit dürfte sich der Übersetzungsbedarf zukünftig auch bei Einführung des angedachten Merkblattes mit zugehörigem Kopfbogen nicht wesentlich von dem Bedarf in anderen Verfahrensarten mit Auslandsbezug unterscheiden. Insbesondere die Abschaffung sogar im deutschsprachigen Ausland (Österreich, Schweiz) erscheint unter keinem Gesichtspunkt zielführend.
2. Zu Artikel 2 Nummer 3 ( 251 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 und 4, Nummer 4 ( 252 FamFG)
- a) Der Bundesrat begrüßt das grundsätzliche Ziel des Gesetzentwurfs, das vereinfachte Unterhaltsverfahren effizienter und anwenderfreundlicher zu machen.
- b) Der Formularzwang für die Einwendungen sollte allerdings aufrechterhalten werden.
Es mag zwar zutreffen, dass das derzeitige Einwendungsformular tatsächlich den Laien überfordern kann, allerdings dient das Verfahren vorrangig dazu, dem Kind schnell zu einem Vollstreckungstitel und damit zum benötigten Unterhalt zu verhelfen. Nur mit einem sehr strukturierten Verfahren kann trotz des unverändert komplexen Unterhaltsrechts eine schnelle Unterhaltsfestsetzung erfolgen.
Die Überarbeitung des Formulars sollte geprüft werden und der häufigste Einwand, fehlende Leistungsfähigkeit, in den Mittelpunkt gerückt werden. Dem Formular könnte ein Merkblatt oder eine Ausfüllanleitung beigefügt werden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Verzicht auf die Verwendung eines Einwendungsformulars führt zu einem Anstieg der streitigen Verfahren: Eine künftig unstrukturierte, freie Rückmeldung der Einwendungen durch den Unterhaltsverpflichteten dürfte zu vielfachen Rückfragen Anlass geben, ausreichende Erkenntnisse über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten und damit seine Leistungsfähigkeit würden voraussichtlich oft nicht vorliegen. Allein deshalb müsste vermehrt in das streitige Verfahren übergegangen werden.
Andere, fakultative Strukturierungshilfen wie Merkblätter und Ausfüllhilfen sind dem Prinzip der Freiwilligkeit ihrer Verwendung unterworfen und ebenfalls davon abhängig, dass der Betroffene mit diesen Hilfen umzugehen versteht. Um alle unterhaltsrechtlichen Fragen zu klären, kämen sie dem Formblatt wieder nahe. Eine Vereinfachung in der Praxis wird letztlich nicht erreicht.
3. Zu Artikel 3 Nummer 5 (Anlage zur KindUFG)
Im Übrigen sollte in dem Antragsformular (Anlage zur Kindesunterhalt-Formularverordnung) der Hinweis auf die Hilfe des Jugendamts bei der Erhebung von Einwendungen gestrichen werden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Hinweis im Antragsformular (Anlage zur Kindesunterhalts-Formularverordnung) auf die Hilfe des Jugendamts bei der Erhebung von Einwendungen erweckt den Eindruck, dass das Jugendamt für die Unterstützung des Unterhaltsverpflichteten bei der Erhebung von Einwendungen zuständig ist. Dies ist nicht der Fall, im Gegenteil kann es hierbei zu Interessenkollisionen mit den Interessen des vom Jugendamt gegebenenfalls vertretenen Kindes kommen.
4. Zu Artikel 2 Nummer 3 und 4 (§§ 251 und 252 FamFG), Artikel 3 (Änderung der Kindesunterhalt-Formularverordnung)
Der Bundesrat begrüßt das Ziel des Gesetzentwurfs, das vereinfachte Unterhaltsverfahren effizienter und anwenderfreundlicher zu gestalten. Der Bundesrat ist jedoch besorgt, dass ohne eine Strukturierungshilfe für die nach § 252 FamFG möglichen Einwendungen des Antragsgegners sowohl ein neues Hemmnis für den juristisch nicht bewanderten und oftmals nicht anwaltlich beratenden Antragsgegner als auch eine erhebliche Mehrbelastung für die gerichtliche Praxis im Rahmen der Prüfung des Vorbringens des Antragsgegners entsteht, was der Intention des Gesetzentwurfs gerade zuwiderliefe. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, für den Antragsgegner sowohl ein Merkblatt als auch ein - lediglich fakultativ zu verwendendes - Datenblatt zu erstellen, in dem zumindest die wesentlichen Angaben nach § 252 FamFG-E abgefragt werden. Beides sollte unter Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz unter Beteiligung der Landesjustizverwaltungen erarbeitet, bundesweit abgestimmt und der Praxis rechtzeitig vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung (außerhalb der Kindesunterhalt-Formularverordnung) zur Verfügung gestellt werden.
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht den Verzicht auf die bislang vorgeschriebene Nutzung eines Einwendungsformulars vor. Zukünftig soll der Antragsgegner seine Einwendungen ohne Bindung an ein bestimmtes Formular erheben können.
Bei aller zutreffender Kritik an dem bisherigen, sehr komplexen Einwendungsformular hatte es doch auch eine Hilfsfunktion für den Antragsgegner, der sich an ihm orientieren konnte, welche Angaben für seine Einwendungen benötigt wurden. Nicht jedem Antragsgegner wird es zukünftig gelingen, ausgehend von dem bloßen Gesetztext seine Einwendungen frei vorzutragen. Deshalb sollte auch bei Abschaffung des Nutzungszwangs für ein Einwendungsformular nicht vollständig auf eine solche Hilfestellung für den Antragsgegner verzichtet werden. Aus diesem Grund sollte für den Antragsgegner auch in Zukunft ein Merkblatt mit wichtigen Hinweisen zu dem Verfahren zur Verfügung gestellt werden. Außerdem sollte ihm ein Datenblatt übersandt werden, in das er die für seine Einwendungen im vereinfachten Unterhaltsverfahren wesentlichen Angaben eintragen kann, ohne aber zur Nutzung dieses Datenblattes verpflichtet zu sein.
Ein Merkblatt mit einem zusätzlichen vereinfachten, fakultativen Fragebogen für den Antragsgegner, in dem mindestens unerlässliche Angaben nach § 252 FamFG-E abgefragt werden, vereinfacht nicht nur die Sachbearbeitung bei Gericht, sondern kann für den oftmals anwaltlich nicht beratenden Antragsgegner eine wertvolle Orientierungshilfe sein, Einwendungen vorzubringen und zu strukturieren. Die Erteilung einer ordnungsgemäßen Auskunft über die Einkünfte und das Vermögen, wie von § 252 Absatz 4 FamFG-E gefordert, ohne eine solche Hilfestellung dürfte viele Antragsgegner, insbesondere Personen mit niedrigem Ausbildungsstand oder Sprachschwierigkeiten, überfordern, was weiterhin die Gefahr birgt, dass in der Sache begründete Einwendungen nicht zulässig erhoben werden und im weiteren Verfahren nicht berücksichtigt werden können. Auf der anderen Seite dürfte irrelevanter Sachvortrag zunehmen. Bei den Gerichten entstünde hierdurch ein ganz erheblicher Mehraufwand bei der Prüfung des Vorbringens des Antragsgegners und durch vermehrte Nachfragen und Hinweise an den Unterhaltsschuldner.
5. Zu Artikel 2 Nummer 4 (§ 252 Absatz 4 Satz 1 FamFG)
In Artikel 2 Nummer 4 ist § 252 Absatz 4 Satz 1 wie folgt zu ändern:
- a) Nach den Wörtern "Auskunft über seine Einkünfte" ist das Wort "und" durch ein Komma zu ersetzen.
- b) Nach dem Wort "Vermögen" sind die Wörter "und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen" einzufügen.
Begründung:
Das geltende Recht sieht neben der Pflicht zur Angabe der Einkünfte und des Vermögens die verpflichtende Angabe zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners im Übrigen vor (§ 252 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 FamFG). Hierunter werden im Allgemeinen Schuldverpflichtungen sowie sonstige gleichrangige Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners verstanden. Ebenfalls können die Wohnverhältnisse hierzu zählen. Nach diesen Punkten wird im bisherigen Formblatt gefragt. Die vorgesehene Neuregelung wird in Verbindung mit der Abschaffung des Formblattzwangs voraussichtlich dazu führen, dass zu den genannten Punkten keine vollständigen Auskünfte mehr zu erwarten sind.
Die Angaben sind aber für die Gläubigerseite dringend erforderlich, um die Leistungsfähigkeit des Schuldners beurteilen zu können, insbesondere die Frage, ob der Unterhaltsschuldner seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nachkommt und demnach die Durchführung eines streitigen Verfahrens überhaupt ausreichende Erfolgsaussichten bietet und wirtschaftlich ist. Es ist zu befürchten, dass ohne diese Angaben die Leistungsfähigkeit des Schuldners regelmäßig nicht ohne Weiteres beurteilt werden kann und schon deshalb der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt werden wird. Das ursprüngliche Ziel des vereinfachten Verfahrens, der Gläubigerseite die ihr bisher vorenthaltenen und zur Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Schuldners benötigten Informationen zu verschaffen, würde verfehlt.
Zwar wirken sich die angeführten Angaben teilweise zum Vorteil des Schuldners im Sinne einer verminderten Leistungsfähigkeit aus, so dass er womöglich ohnehin mitteilen wird, dass er anderweitige Schulden hat oder Unterhalt gegenüber mehreren anderen minderjährigen Kindern erbringen muss.
Das muss aber nicht stets so sein. Bei unterdurchschnittlicher Unterhaltspflicht gegenüber nur einem Kind mit der Folge einer möglichen Höhereinstufung in der Düsseldorfer Tabelle bleibt dieser Umstand der Gläubigerseite vorenthalten, wenn keine entsprechende Pflicht zu Angaben besteht. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner beispielsweise vollständig mietfrei wohnt und deshalb eine Kürzung seines Selbstbehalts um den darin enthaltenen Wohnkostenanteil in Betracht kommt.
Zudem kann unter die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die Thematik des Zusammenlebens mit einem leistungsfähigen Ehegatten bzw. Lebensgefährten gefasst werden, welches durch die hierdurch entstehenden Synergieeffekte Einsparungen bei den Lebenshaltungskosten und damit eine Kürzung des notwendigen Eigenbedarfs ermöglicht. Hiernach wurde wenigstens indirekt im bisherigen Vordruck gefragt, wenn es in der Rubrik "Wohnkosten" um die Kostenbeteiligung anderer Personen ging.
Im Gesetz muss daher weiterhin klargestellt sein, dass der Unterhaltsschuldner Auskunft zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Übrigen zu geben hat.
6. Zu Artikel 2 Nummer 4 (§ 252 Absatz 4 FamFG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob für selbstständig Beschäftigte die in § 252 Absatz 4 FamFG-E vorgesehenen Auskunfts- und Belegpflichten näher an den Anforderungen orientiert werden können, die im streitigen Verfahren dem Unterhaltspflichtigen obliegen.
Begründung:
Mit den im Gesetzentwurf bisher für selbstständig Beschäftigte vorgesehenen Auskunft- und Belegpflichten können die für die Feststellung einer Unterhaltspflicht maßgeblichen Einkommensverhältnisse nur unzureichend beurteilt werden. Der Unterhaltsschuldner ist nach § 252 Absatz 4 FamFG-E lediglich gehalten, Auskunft für die letzten zwölf Monate zu erteilen. Bei Selbstständigen wird im (streitigen) Unterhaltsverfahren in der Regel aber ein Zeitraum zwischen drei und fünf Jahren betrachtet werden; ein Zeitraum von nur zwölf Monaten wird nur im Einzelfall als hinreichend angesehen. Zudem ist die im Gesetzentwurf vorgesehene Vorlage der letzten Einkommensteuererklärung und des letzten Einkommensteuerbescheides nicht nur nicht hinreichend geeignet das relevante Einkommen zu belegen, sondern eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit der Manipulation. Der Unterhaltsschuldner könnte im Einzelfall, soweit ihm dies günstig erscheint, eine aktuelle Einkommensteuererklärung nachholen oder aber gezielt unterlassen, wenn sich daraus ein höheres Einkommen ergibt. Auch in einem vereinfachten Verfahren kann vom Unterhaltsschuldner erwartet werden, dass er diejenigen Unterlagen vorzulegen hat, die er pflichtgemäß hat erstellen müssen. Hierzu sind auch eine Gewinn- und Verlustrechnung oder eine Einnahmenüberschussrechnung zu zählen, die bereits vorliegen muss, auch wenn sie noch nicht Gegenstand einer Steuererklärung geworden ist. Nur soweit solche Unterlagen noch nicht vorliegen müssen, ist es im vereinfachten Unterhaltsverfahren aus Gründen der Verfahrensvereinfachung hinnehmbar, dass lediglich Auskunft - etwa durch Vorlage einer Betriebswirtschaftlichen Auswertung - erteilt wird.
7. Zu Artikel 2 Nummer 8a - neu - (§ 258 Absatz 1 FamFG), Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 1 Absatz 2 Satz 2 KindUFV)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob es im Hinblick auf künftige Weiterentwicklungen des elektronischen Rechtsverkehrs angezeigt ist, auch Behörden in den nach § 258 Absatz 1 Satz 2 FamFG in Verbindung mit § 690 Absatz 3 Satz 2 ZPO verpflichteten Personenkreis einzubeziehen (§ 258 Absatz 2 FamFG könnte wie folgt gefasst werden: " § 690 Absatz 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass dessen Satz 2 auch auf Behörden Anwendung findet.") und folgerichtig § 1 Absatz 2 Satz 2 KindUFV-E nicht als "Soll"-Bestimmung, sondern als Verpflichtung auszugestalten.
Begründung:
Die Begründung des Gesetzentwurfs geht davon aus, dass Behörden, die gemäß § 14b FamFG in der künftigen Fassung (die gemäß Artikel 26 Absatz 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 vorbehaltlich einer Rechtsverordnung nach Artikel 24 Absatz 2 jenes Gesetzes zum 1. Januar 2022 in Kraft tritt) zur elektronischen Antragstellung verpflichtet sind, den Antragsweg über ein elektronisches Formular nutzen "müssen". Dann sollte aber auch vorgesehen werden, dass, soweit maschinell einlesbare Formulare mit strukturierten Datensätzen geschaffen werden, diese zu verwenden "sind" und nicht nur verwendet werden "sollen", da sonst die Planung einer künftigen Automation unnötig erschwert würde.
8. Zu Artikel 2 Nummer 9 Buchstabe c (§ 493 Absatz 2 FamFG), Artikel 3 Nummer 4 (§ 4 KindUFV)
- a) Der Bundesrat bittet, auch in der Kindesunterhalt-Formularverordnung eine Übergangsbestimmung vorzusehen, die die Übergangsbestimmung in § 493 Absatz 2 FamFG-E abbildet, da es ansonsten zu Verwerfungen dadurch kommen könnte, dass für Verfahren, die vor Inkrafttreten der Änderung beantragt wurden und auf die nach § 493 Absatz 2 FamFG-E noch die §§ 249 bis 260 FamFG in der bisherigen Fassung anzuwenden sind, nach Inkrafttreten nicht mehr auf die bisherige Verordnung und deren Formulare zurückgegriffen werden kann.
- b) Des Weiteren bittet der Bundesrat zu prüfen, ob stattdessen die bisherige Regelung in § 4 Absatz 2 KindUFV gestrichen werden sollte, da § 493 Absatz 2 FamFG-E allein auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellt und gerade nicht danach unterscheidet, wann die beantragten Unterhaltsbeträge fällig werden oder fällig geworden sind.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
§ 493 Absatz 2 FamFG-E sieht vor, dass auf vereinfachte Unterhaltsverfahren, die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung beantragt wurden, einheitlich noch die §§ 249 bis 260 FamFG in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden sind, sich also auch die Einwendungen nach § 252 FamFG und die diesbezüglichen Hinweise des Gerichts nach § 251 Absatz 1 Nummer 4 FamFG nach dem bisherigen Recht richten sollen. Dies erfordert, dass auch die Kindesunterhalt-Formularverordnung in der bisherigen Fassung und das bisherige Einwendungsformular auf jene Verfahren anwendbar bleiben, da sonst insbesondere der nach § 251 Absatz 1 Nummer 4 FamFG in der bisherigen Fassung zu erteilende Hinweis auf das Einwendungsformular und die Bestimmung in § 252 Absatz 2 Satz 3 FamFG ins Leere gehen würden. Ohne eine dem § 493 Absatz 2 FamFG-E entsprechende Übergangsbestimmung in der Kindesunterhalt-Formularverordnung erscheint dies nicht gewährleistet.
Zu Buchstabe b:
Zudem sollte die Streichung der bisher in § 4 Absatz 2 KindUFV enthaltenen Übergangsregelung geprüft werden, die vorsieht, dass für Verfahren, die Unterhaltsbeträge betreffen, die vor dem Inkrafttreten einer Änderung der Verordnung fällig geworden sind, auch noch die bis dahin gültigen Formulare verwendet werden können. Für Anträge auf rückständigen Unterhalt, die erst nach Inkrafttreten der Änderung gestellt werden (für die also die §§ 249 bis 260 FamFG in der neuen Fassung gelten würden), könnten sonst auch Formulare verwendet werden, die bei den Hinweisen auf Seite 2 der Abschrift an den Antragsgegner nicht mehr mit der Rechtslage übereinstimmen.
9. Zu Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 1 Absatz 2 Satz 2 KindUFV)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 1 Absatz 2 Satz 2 KindUFV-E klarer dahingehend gefasst werden sollte,
- - dass elektronische Formulare im Sinne von § 3 Nummer 2 KindUFV gemeint sind, die es ermöglichen, dem Gericht die Angaben als strukturierten Datensatz zu übermitteln,
- - dass es allein auf deren Einführung und nicht auf die Einführung der "elektronischen Antragstellung" ankommt und
- - dass zum Ausdruck kommt, wer diese Formulare einführen kann.
Begründung:
Die bisherige Formulierung ("Werden die elektronische Antragstellung und entsprechende Formulare eingeführt, ...") setzt begrifflich die "elektronische Antragstellung", die künftig nach § 14 Absatz 2 Satz 1 FamFG in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung möglich und nach § 14b FamFG in der ab 1. Januar 2022 geltenden Fassung für bestimmte Personengruppen (u.a. Rechtsanwälte und Behörden) verpflichtend sein wird, mit der Einführung von maschinell/IT-gestützt einlesbaren Formularen gleich. Beides ist jedoch nicht dasselbe. Eine elektronische Einreichung oder Antragstellung im Sinne der künftigen § 14 Absatz 2 Satz 1, § 14b FamFG läge etwa auch bereits vor, wenn auf einem der nach § 14 Absatz 2 FamFG in Verbindung mit § 130a ZPO in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung vorgesehenen Übermittlungswege ein (z.B. durch Einscannen entstandenes) pdf-Dokument (Formular) übermittelt würde, das bei Gericht nicht maschinell eingelesen werden kann. Dies ist aber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs ersichtlich nicht gemeint. Gemeint sind vielmehr solche Formulare, die (ähnlich wie im Bereich des Mahnverfahrens) strukturierte (xml-)Datensätze enthalten und bei Gericht maschinell/IT-gestützt ohne Medienbruch eingelesen werden können. Solche Formulare können natürlich tatsächlich auch nur "elektronisch" bei den Gerichten "eingereicht" werden. Sie gehen aber ihrem Inhalt und ihrer Funktion nach wesentlich weiter als einfache "Formulare", die elektronisch eingereicht werden. Die Formulierung "dementsprechende Formulare" ist deshalb missverständlich und sollte klarer gefasst werden. Im Zuge der Klarstellung würde dann auch die zusätzliche Voraussetzung - die Einführung der "elektronischen Antragstellung", auf die es nicht ankommt - entbehrlich werden.
Außerdem geht aus der Formulierung im Gesetzentwurf nicht klar hervor, wer auf welcher Grundlage elektronische Formulare mit strukturierten Datensätzen festlegen können soll. Die Begründung des Gesetzentwurfs geht offenbar davon aus, dass dies auf der Grundlage des bereits geltenden § 3 Nummer 2 KindUFV durch die Landesjustizverwaltungen im Wege bloßer Bekanntmachung erfolgen kann. Eine Klarstellung dürfte sich auch insoweit - in Anlehnung an § 3 Absatz 2 PKHFV bzw. BerHFV, § 4 ZVFV und § 4 GVFV-E - empfehlen.
Denkbar wäre etwa folgende Formulierung:
"Werden von den Landesjustizverwaltungen elektronische Formulare gemäß [oder im Sinne von] § 3 Nummer 2 eingeführt, die es ermöglichen, die Angaben dem Gericht als strukturierten Datensatz zu übermitteln, ....".
10. Zu Artikel 5 Nummer 2 (§ 9 Absatz 1a AUG)
In Artikel 5 ist die Nummer 2 zu streichen.
Begründung:
Die in § 9 Absatz 1a AUG-E angesprochenen Zweifelsfragen betreffen durchweg die Vollständigkeit der in den Antrag nach der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 bzw. dem jeweils einschlägigen Übereinkommen aufzunehmenden Angaben. Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein Fehlen dieser Angaben die erneute Einschaltung des Richters sowie eine erneute Prüfung nach § 9 Absatz 1 AUG erforderlich machen sollte. Diese Prüfung bezieht sich ausschließlich auf die Erfolgsaussicht des Antrags nach deutschem Recht (§ 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AUG) bzw. auf die Frage, ob der Antrag mutwillig oder offensichtlich unbegründet ist (§ 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AUG) und nicht auf die Vollständigkeit der Angaben.
11. Zu Artikel 5 Nummer 4 (§ 11 Absatz 4 AUG)
In Artikel 5 ist die Nummer 4 zu streichen.
Begründung:
Die Zuleitung von Fragen ausländischer zentraler Behörden von der deutschen zentralen Behörde an das nach § 7 Absatz 1 AUG für die Vorprüfung zuständige Gericht wäre nicht arbeitsökonomisch und würde zu Verzögerungen im Verfahrensablauf führen.
Deutschland ist, soweit ersichtlich, der einzige Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem ein Vorprüfungsverfahren durch die Gerichte überhaupt stattfindet, denn das amtsgerichtliche Vorprüfungsverfahren ist nach den maßgeblichen Regelungen (Artikel 55, 57, 58 der Verordnung Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen vom 18. Dezember 2008, ABl. EU 2009 L 7, S. 1) nicht zwingend vorgesehen; vielmehr ist die Rechtshilfe den zentralen Behörden vorbehalten. Zweifelhaft ist daher bereits, inwieweit eine solche Verlagerung von Aufgaben der zentralen Behörde auf die Gerichte überhaupt Nutzen bringt. Diese Aufgaben sollten jedenfalls nicht auch noch dahin ausgeweitet werden, dass das Gericht nicht nur Vorprüfungsstelle bezüglich ausgehender Anträge, sondern dauerhaft dazu verpflichtet wäre als zwischengeschaltete Stelle zwischen dem Antragsteller, dem Bundesamt für Justiz und den ausländischen zentralen Behörden zu fungieren. Irgendein Vorteil wäre damit nicht verbunden. Rückfragen aus dem Ausland können durch die zentrale Behörde aufgrund der Spezialisierung der dortigen Sachbearbeiter wesentlich effektiver und kostengünstiger erledigt werden.
Hinzu kommt die Gefahr von Verfahrensverzögerungen und Wertungswidersprüchen. Sieht das Gericht die Auflage aus dem Ausland als erfüllt an, so schickt es den Vorgang an das Bundesamt für Justiz. Ist dieses aufgrund besserer Kenntnis der jeweils einschlägigen internationalen Rechtsmaterie der Auffassung, dass noch Unterlagen fehlen, schickt es den Vorgang an das Gericht zurück, welches dann erneut den Antragsteller anschreibt. All dies führt zu Verzögerungen und bindet bei den Gerichten zusätzliches Personal. Insbesondere bei Ersuchen in die USA kommt es zudem regelmäßig vor, dass kurzfristige Terminladungen der US-Behörde an die zentrale Behörde übersandt werden. Durch eine Weiterleitung über das Vorprüfungsgericht würde es zu einer Verzögerung von circa 2 Wochen und mehr kommen, sodass die Antragsteller oft erst nach Verstreichen des Termins davon Kenntnis erlangen können. Dies führt vor allem dann zu Problemen, wenn die Antragsteller aufgefordert werden, für den Termin noch diverse Unterlagen an die US-Behörde nachzureichen.
Die zentrale Behörde könnte vielmehr zur Verfahrensvereinfachung und zur Verfahrensbeschleunigung direkt mit den Antragstellern kommunizieren und erforderliche Unterschriftsbeglaubigungen könnten gegebenenfalls durch die Rechtsantragstelle eines jeden Amtsgerichts erfolgen.
12. Zu Artikel 7 (Inkrafttreten)
Artikel 7 ist wie folgt zu fassen:
"Artikel 7
Inkraftreten
- (1) Artikel 1 Nummer 2 tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.
- (2) Artikel 2 bis 4 treten am 1. Januar 2017 in Kraft.
- (3) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft."
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht bislang vor, das die Änderungen im vereinfachten Unterhaltsverfahren (Artikel 2) einschließlich der Änderungen der Kindesunterhalt-Formularverordnung (Artikel 3) und der Folgeänderung im FamGKG (Artikel 4) am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
Die hierin vorgesehenen Änderungen machen allerdings Anpassungen in den Fachverfahren der Familiengerichte erforderlich, die mit großem Aufwand verbunden sind, weshalb es für die technische Umsetzung einer hinreichenden Frist bedarf. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass aus parallelen Gesetzgebungsverfahren bereits erheblicher Anpassungsbedarf entstanden ist, so dass die für die technische Umsetzung vorhandenen Kapazitäten weitgehend ausgeschöpft sind.
Zudem bedarf es einer angemessenen Frist, um nach dem vorgesehenen Wegfall des Einwendungsformulars ein von dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Abstimmung mit den Landesjustizverwaltungen erarbeitetes, bundeseinheitliches Merkblatt sowie ein fakultativ zu verwendendes "Basisdatenblatt" für die Einwendungen des Unterhaltsschuldners zu erstellen, damit dieses rechtzeitig zum Inkrafttreten der gesetzlichen Änderungen bereit steht. Ansonsten stünden dem Antragsgegner für eine Übergangszeit keinerlei Hilfestellungen für die Strukturierung seines Vorbringens zur Verfügung und es wäre bei der Prüfung des Vorbringens mit einem ganz erheblichen Mehraufwand für die Gerichte zu rechnen.
Für die Zeit bis zum Inkrafttreten könnte bereits das Merkblatt für den Antragsteller nach der bisherigen Anlage 1 KindUFV, welches - wie seitens des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz angekündigt (vgl. Einzelbegründung zu § 1 Absatz 1 KindUFV-E) - auch künftig außerhalb der Kindesunterhalt-Formularverordnung zur Verfügung gestellt werden soll, im Wege der Berichtigung nach § 3 Nummer 1 KindUFV bei den Ausfüllhinweisen an die Änderung des § 1612a Absatz 1 BGB angepasst werden.