925. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2014
A
Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie
- a) die Förderung durch das BAföG auch für Teilzeitauszubildende mit Kind und für Teilzeitauszubildende, die nahe Angehörige pflegen, geöffnet und
- b) eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer für BAföG-Empfangende, die nahe Angehörige pflegen, gesetzlich verankert werden kann.
Begründung:
Zu Buchstabe a
Die Ermöglichung einer Ausbildung in Teilzeitform ist nach Auffassung des Bundesrates eine geeignete Grundlage, um Frauen und Männern mit Familienaufgaben zu einem qualifizierten Berufsabschluss zu verhelfen und ihnen den Zugang zu einer qualifizierten Berufstätigkeit zu eröffnen.
Mit der Umstellung der Studiengänge auf Bachelor- und Master-Abschlüsse erhielt die Thematik einer Teilzeitausbildung im Bereich der Hochschulen eine besondere Bedeutung.
Durch die in Umsetzung des Bologna-Prozesses entstandene neue Studienstruktur, verbunden mit einer strafferen Studienorganisation, einer relativ erhöhten Anzahl von Prüfungen und restriktiven Prüfungsfristen, wird der Spielraum der Studierenden zur zeitlichen Gestaltung ihres Studiums weitgehend eingeschränkt. Ein "faktisches Teilzeitstudium" ist - abhängig von der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnung - nicht mehr möglich bzw. wird deutlich erschwert. Für Studierende in besonderen Lebenssituationen wie Studierende mit Kind oder Studierende mit zu pflegenden nahen Angehörigen kann sich dadurch - zumindest temporär - die Notwendigkeit ergeben, förmlich ein Studium in Teilzeit zu absolvieren.
Da hierfür nach der geltenden Rechtslage keine Förderung nach dem BAföG beansprucht werden kann, existiert für diese Studierenden eine Konfliktlage, die aufgrund der Finanzierungslücke sogar bis hin zu einem Studienabbruch führen könnte.
Die geltenden Regelungen des BAföG ermöglichen lediglich die Förderung eines "faktischen Teilzeitstudiums" in engen Grenzen durch die Gewährung der Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer "für eine angemessene Zeit" hinaus, unter anderem wenn die Förderungshöchstdauer infolge einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu zehn Jahren überschritten worden ist (§ 15 Absatz 3 Nummer 5 BAföG).
Für Auszubildende an Hochschulen, die sich in einem in sich selbständigen Studiengang befinden, wird die Verlängerung der Ausbildungsförderung jedoch für höchstens zwölf Monate gewährt (§ 15 Absatz 3a BAföG).
Der Bundesrat hält es für geboten, das BAföG auch für Ausbildungen in Teilzeit zu öffnen. Unter der Voraussetzung, dass mindestens 50 Prozent der geforderten Ausbildungsleistungen erbracht werden, könnte eine Förderung nach dem BAföG für Auszubildende mit Kind oder Auszubildende, die nahe Angehörige pflegen, ermöglicht und die Förderungshöchstdauer entsprechend maximal auf die zweifache Regelstudienzeit verlängert werden. Im Hinblick auf die gleichbleibenden Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten sollte die Förderung auf der Grundlage des ungeminderten Bedarfssatzes in Form der Regelförderung unter Beibehaltung der Darlehensdeckelungsgrenze bei 10 000 Euro erfolgen.
Zu Buchstabe b
Die Problematik der Betreuung bzw. Pflege von nahen Angehörigen (Eltern, Großeltern, Ehegatten) findet in den geltenden Regelungen des BAföG keine explizite Erwähnung und wird auch im Rahmen der 25. BAföG-Novelle nicht aufgegriffen. Das Gesetz enthält keine abschließende Benennung der "schwerwiegenden Gründe", die gemäß § 15 Absatz 3 Nummer 1 BAföG zu einer über die Förderungshöchstdauer hinausgehenden Gewährung der Ausbildungsförderung führen können. Diese Regelungslücke sollte geschlossen werden.
B
- 2. Der federführende Ausschuss für Kulturfragen, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Ausschuss für Familie und Senioren und der Finanzausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.