Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Berlin, 10. September 2019
Parlamentarischer Staatssekretär
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
namens der Bundesregierung übersende ich Ihnen in der Anlage die Antwort der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates "Freien und fairen Außenhandel für Stahl sicherstellen" vom 21. September 2018 (314-18 (B)).
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wittke siehe Drucksache 314/18(B) Drucksache 439/19 (PDF)
Antwort der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates
"Freien und fairen Außenhandel für Stahl sicherstellen" vom 21. September 2018 (314-18 (B))
Zu den an die Bundesregierung gerichteten Punkten in der Entschließung "Freien und fairen Außenhandel für Stahl sicherstellen" kann folgender Sachstand übermittelt werden:
Regelbasierter Handel im Rahmen der WTO, Umgang mit zunehmendem Protektionismus beim Außenhandel und Verzerrungen im internationalen Wettbewerb
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung in seiner Entschließung sich für die Stärkung und Fortentwicklung des multilateralen Handelssystems einzusetzen, und Strategien zu entwickeln, Protektionismus im Außenhandel und Verzerrungen im internationalen Wettbewerb entgegenzuwirken.
Die Bundesregierung bekennt sich zum regelbasierten Handel im Rahmen der WTO. Die EU-Kommission erarbeitet derzeit Vorschläge zur Modernisierung der WTO, auch mit Blick auf die Schaffung eines level playing fields. Die Bundesregierung unterstützt die Vorschläge der EU-Kommission zur Modernisierung der WTO dabei vollumfänglich. Priorität haben neben der Wahrung der Funktionsfähigkeit der Streitschlichtung insb. neue Regelungen, um Lücken im bestehenden Regelwerk zu schließen und ausgewogene Wettbewerbsbedingungen herzustellen (Themen z.B. staatseigene Unternehmen, Industriesubventionen, erzwungene Technologietransfers). Das Primat der WTO bei der Aufstellung des Rechts und Durchsetzung besteht bereits. Wichtig ist jedoch, dass sich die WTO-Mitglieder an die Regeln halten, die WTO funktionsfähig bleibt und die WTO mit ihren Mitgliedern ihrer Rechtssetzungsaufgabe wieder nachkommen kann. Hierzu ist eine konstruktive Haltung aller WTO-Mitglieder erforderlich, nicht nur der USA.
Die Bundesregierung unterstützt die wertebasierte Handelspolitik der Europäischen Kommission (Kommunikation "Handel für alle" aus 2015). Seit 2011 enthalten bilaterale Handelsabkommen der EU umfassende Nachhaltigkeitskapitel, in denen hohe Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards festgeschrieben werden. So werden beispielsweise die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus ihrer Mitgliedschaft in der Internationalen Arbeitsorganisation und den multilateralen Umweltabkommen (seit 2017 auch des Pariser Klimaschutzabkommens) bekräftigt. Regelmäßig wird auch das Regulierungsrecht der Vertragsparteien mit Blick auf ihre Nachhaltigkeitsziele und -politiken dargestellt. Dabei ist ein hohes Schutzniveau beizubehalten und dieses möglichst weiter und fortlaufend zu verbessern. Die Bundesregierung unterstützt die Europäische Kommission auch darin, innerhalb der WTO
Beiträge zur Erreichung der UN-Ziele zur nachhaltigen Entwicklung zu erreichen (Beispiel: Initiative zum Verbot bestimmter Fischereisubventionen als Beitrag zu SDG 14.6 "Sustainable Fishing"). Eine Duplizierung der Arbeit anderer multilateraler Institutionen durch die Welthandelsorganisation ist indes nicht zweckmäßig.
Transatlantischer Außenhandel, Lösungsfindung für US-Einfuhrzölle auf Stahl- und Aluminium
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung in seiner Entschließung sich bei der EU-Kommission dafür einzusetzen, Belastungen der Handelsbeziehungen zwischen transatlantischen Partnern und einer Eskalation von Handelskonflikten entgegenzuwirken. Er bittet die Bundesregierung zügig Lösungen für den Problemkreis der US-Einfuhrzölle auf Stahl- und Aluminium im Rahmen kooperativer Verhandlungslösungen, wie der am 25.07.2018 erfolgten Verständigung Trump-Juncker, zu erreichen.
Die Bundesregierung setzt sich gemeinsam mit der EU-Kommission weiterhin aufbauend auf einem dialogbasierten Ansatz für eine kooperative Lösung ein. Derzeit dauern die Handelsspannungen im Verhältnis EU/USA allerdings an. Die USA zögern nicht, auch gegenüber Verbündeten unilaterale Handelsbeschränkungen zu verhängen und so ihr Konzept eines "managed trade" umzusetzen. Die EU setzt dagegen auf eine Doppelstrategie bestehend aus positiver Handelsagenda und entschlossener Verteidigung eigener Rechte.
Die EU hat am 15.4.2019 Mandate für Verhandlungen über ein eng begrenztes Industriezollabkommen (inkl. KfZ, ohne Agrarprodukte) sowie zur gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen verabschiedet. Die Mandate sind mit Konditionalitäten versehen. So sind die Rücknahme der US-Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium Voraussetzung für den Verhandlungsabschluss. Daneben behält sich die EU einen Verhandlungsabbruch im Falle weiterer ungerechtfertigter US-Handelsrestriktionen vor.
Der Zeitplan für den Verhandlungsstart zu Industriezöllen ist offen.
EU-Handelsschutzinstrumente
Der Bundesrat begrüßt in seiner Entschließung die Einigungen zur Modernisierung der EU-Handelsschutzinstrumente und merkt an, dass diese stetig auf ihre Wirksamkeit und ihre Wirkungen überprüft werden sollten.
Die Modernisierungsdebatte zu den Handelspolitischen Schutzinstrumenten wurde im Jahre 2018 erfolgreich abgeschlossen. Die europäischen und deutschen Unternehmen und Industriestandorte werden damit wirksamer und effektiver gegen unfaire Wettbewerbssituationen im internationalen Handel geschützt. Die Veröffentlichung der Neuregelungen im Amtsblatt der Europäischen Union ist am 7.06.2018 erfolgt. Die Neuregelungen traten zum 8.06.2018 in Kraft. In den Neuregelungen enthalten sind auch Berichts- und damit Überprüfungspflichten. Bis zum 9.06.2023 und danach alle 5 Jahre unterbreitet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen entsprechenden Bericht.
EU-Schutzmaßnahmen
In seiner Entschließung begrüßt der Bundesrat die Einführung vorläufiger Schutzmaßnahmen auf bestimmte Stahlprodukte und bittet die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass das Schutzklausel-Instrument in einer flexiblen Art und Weise eingesetzt wird, z.B. über die Einführung länderspezifischer Zollkontingente und Importquoten.
Um dem Risiko von Handelsumleitungen zu begegnen, hat die EU-Kommission am 02.02.2019 nunmehr endgültige Schutzmaßnahmen auf EU-Stahlimporte erlassen. Die Ausgestaltung der Maßnahmen umfasst
- - länderspezifische Zollkontingente für traditionelle Lieferbeziehungen und ein "Sammelkontingent" für alle weiteren Importeure bei 25 von 26 Produktgruppen;
- - eine Überprüfungsklausel, die bei veränderten konjunkturellen Bedingungen zum Tragen kommen soll und eine Anpassung der Zollkontingente ermöglicht;
- - eine jährliche Liberalisierung der Maßnahmen in Form einer Anhebung der Zollkontingente um 5 % im Juli 2019 und im Juli 2020.
Am 17.05.2019 hat die EU-Kommission die Einleitung einer Überprüfung der bestehenden Schutzmaßnahmen im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Überprüfung findet in einem Zeitfenster vom 17.05.2019 bis spätestens zum 30.09.2019 statt. Die Bundesregierung begleitet diesen Prozess eng.
G20 Global Forum on Steel Excess Capacity
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung in seiner Entschließung, die Arbeit des Globalen Stahlforums der G20 weiter voranzutreiben.
Die Bundesregierung bekennt sich weiterhin zum Global Forum als wichtigem multilateralen Ansatz zur Adressierung der Strukturprobleme im Weltstahlmarkt, und unterstützt dessen Arbeit aktiv. Nach der Verabschiedung des Ministerberichts unter argentinischer G20 Präsidentschaft am 20.09.2018, der weitere Impulse für die Arbeit gesetzt hat, fanden unter japanischer G20 Präsidentschaft zwischen Dezember 2018 und Mai 2019 drei weitere Sitzungen auf Arbeitseben statt. In diesen Sitzungen wurden der Informationsaustausch- und Review-Prozess im Global Forum fortgeführt und Wege zum Kapazitäts- und Subventionsabbau eruiert. Die Gipfelerklärung der G20 von Osaka beauftragt die zuständigen Minister, bis Herbst 2019 Wege zur Weiterführung der Arbeit des Forums zu erörtern und diesbezüglich einen Konsens zu erzielen.