Der Bayerische Ministerpräsident München, 30. September 2014
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stephan Weil
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den als Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch- Kinder- und Jugendhilfe* mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Zudem übermittle ich die als Anlage beigefügte
Entschließung des Bundesrates zur bundesweiten Verteilung der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen mit dem Antrag, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Ich bitte, den Gesetzentwurf und den Entschließungsantrag gemäß § 36 Absatz 2 GOBR auf die Tagesordnung der 926. Sitzung am 10. Oktober 2014 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen Horst Seehofer
Entschließung des Bundesrates zur bundesweiten Verteilung der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern ein bundesweites Verfahren für die Verteilung von unbegleiteten Minderjährigen nach den Quoten des Königsteiner Schlüssels zu etablieren. Ziel der bundesweiten Verteilung ist es, eine kindeswohlgerechte Versorgung von unbegleiteten Minderjährigen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu gewährleisten und die Verantwortung für die Betreuung und Unterbringung der unbegleiteten Minderjährigen gleichmäßig auf die öffentlichen Träger der Jugendhilfe zu verteilen.
- 2. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, Länder und Kommunen bei der Betreuung und Versorgung von unbegleiteten Minderjährigen auch finanziell zu unterstützen, da die humanitäre Hilfe für unbegleitete Minderjährige vor dem Hintergrund des sprunghaften Anstiegs der Zugangszahlen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.
- 3. Die Bundesregierung wird darüber hinaus gebeten, die Regelungen des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe) und des Asylverfahrensgesetzes besser aufeinander abzustimmen.
Begründung:
Der extreme Anstieg des Zugangs von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen stellt Kommunen und Länder vor immense Herausforderungen. Trotz größter Anstrengungen von Kommunen und Ländern sorgt die Konzentration der unbegleiteten Minderjährigen an den Transitrouten insbesondere bei den dort liegenden Jugendämtern für eine Belastung, die die Ressourcen der einzelnen Kommunen massiv übersteigen. Diese Überlastung gefährdet nicht nur die adäquate Versorgung der unbegleiteten Minderjährigen, sondern auch die Strukturen der Jugendhilfe insgesamt.
Angesichts der Dimension internationaler Konflikte ist von einem weiteren starken Anstieg der Flüchtlingszahlen und damit auch des Zugangs von unbegleiteten Minderjährigen auszugehen. Hierdurch wird sich die ohnehin bereits mehr als angespannte Lage in den an den Transitrouten gelegenen Jugendämtern noch weiter verschärfen.
Die bedarfsgerechte Versorgung von unbegleiteten Minderjährigen kann angesichts der bestehenden Situation und der sich abzeichnenden Verschärfung in Zukunft nur in gemeinsamer Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen gesichert werden. Eine Verteilung innerhalb des gesamten Bundesgebiets ist nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern zum Wohl der betroffenen Kinder und Jugendlichen erforderlich. Darüber hinaus ist außerdem eine finanzielle Unterstützung durch den Bund notwendig. Die Bereitschaft der Bundesregierung, im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen mit den Ländern darüber zu verhandeln, wie Länder und Kommunen aufgrund der steigenden Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerberinnen und Asylbewerbern entlastet werden können, wird insoweit als ein erstes positives Signal gewertet.
Parallel hierzu sollten die rechtlichen Regelungen der Kinder- und Jugendhilfe mit den Regelungen des Asylverfahrensgesetzes besser aufeinander abgestimmt werden. Klarstellung ist z.B. bezüglich der Frage erforderlich, wie die Verpflichtung zur Inobhutnahme, Betreuung und Begleitung der unbegleiteten Minderjährigen mit dem Aufenthaltsgesetz und dem Asylverfahrensgesetz in Einklang zu bringen ist. Fehlende gesetzliche Regelungen zum Verhältnis beider Rechtskreise zueinander führen immer wieder zu erheblichen Problemen in der Praxis, die eine weitere Belastung von öffentlicher und freier Jugendhilfe nach sich ziehen.