Punkt 44 der 886. Sitzung des Bundesrates am 23. September 2011
Der Bundesrat möge beschließen, zu dem Gesetzentwurf wie folgt Stellung zu nehmen:
Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a (§ 76 Absatz 4 GVG)
In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a § 76 Absatz 4 sind die Wörter "vor Beginn der Hauptverhandlung" zu streichen.
Begründung:
§ 76 Absatz 4 GVG-E sieht vor, dass die große Strafkammer künftig erneut über ihre Besetzung zu entscheiden hat, wenn sie eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (Zweierbesetzung) beschlossen hat und sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände ergeben, die eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (Dreierbesetzung) erforderlich machen. Sie hat dann eine Dreierbesetzung zu beschließen.
Diese Regelung greift zu kurz. So sind Fälle absehbar, in denen sich neue Umstände erst zu einem späteren Zeitpunkt im Zuge der Hauptverhandlung vor der in reduzierter Besetzung verhandelnden großen Strafkammer ergeben, etwa wenn eine im Zwischenverfahren nach § 202a StPO von den Verfahrensbeteiligten beabsichtigte Verständigung nach § 257c StPO im Rahmen der Hauptverhandlung nicht zustande kommt und eine in Erwartung eines Geständnisses und damit einer abgekürzten Beweisaufnahme beschlossene reduzierte Besetzung (§ 76 Absatz 2 Satz 4 GVG-E) nicht mehr sachgemäß oder gar unvertretbar erscheint.
Aus diesem Grunde soll die Regelung in § 76 Absatz 4 GVG-E nicht auf den Eintritt neuer Umstände vor Beginn der Hauptverhandlung verengt werden, sondern das Erfordernis einer neuen Besetzungsentscheidung ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Verfahrensstadium vorsehen.