Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2008 zum Preisanstieg bei Lebensmitteln in der EU und in den Entwicklungsländern

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 112095 - vom 13. Juni 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 22. Mai 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. unter Hinweis darauf, dass nach Jahren stabiler oder fallender Grundstoffpreise die Weltmarktpreise für Weizen in den 36 Monaten bis Februar 2008 um 181% gestiegen sind, dass die Preise für Reis seit Januar 2008 um 141 % gestiegen sind und dass sich weltweit die Lebensmittelpreise insgesamt um 83 % erhöht haben;

B. in der Erwägung, dass der Anstieg der Preise die Zielsetzungen im Zusammenhang mit der Verringerung der Armut um sieben Jahre zurückgeworfen hat und nach Berechnungen der Weltbank mehr als 100 Millionen Menschen in den Entwicklungsländern bei sich stetig aufwärts entwickelnden Lebensmittelpreisen noch stärker in Armut zu geraten drohen,

C. unter Hinweis darauf, dass weltweit 854 Millionen Menschen an Hunger oder Unterernährung leiden (d.h., ihre Ernährung ist nicht gesichert) und jährlich 4 Millionen Menschen hinzu kommen, dass 170 Millionen Kinder unterernährt sind und 5,6 Millionen Kinder jährlich an Unterernährung sterben,

D. in der Erwägung, dass die derzeitige Nahrungsmittelkrise auch die Folge zunehmender Spekulation mit landwirtschaftlichen und zur Nahrungsmittelherstellung dienenden Rohstoffen ist,

E. unter Hinweis darauf, dass nach Aussagen der FAO 60-80 % der Verbraucherausgaben in Entwicklungsländern auf Lebensmittel entfallen, in Industriestaaten dagegen nur 10-20 %, und dass einkommensschwache Haushalte am stärksten vom Anstieg der Lebensmittelpreise betroffen sind,

F. in der Erwägung, dass die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Welthandelsorganisation in den letzten Jahrzehnten eine Liberalisierung des Handels in den Entwicklungsländern durchgesetzt haben, um ein dominantes Modell einer großmaßstäblichen, exportorientierten Landwirtschaft auf Kosten einer nachhaltigen lokalen Lebensmittelproduktion und lokaler Lebensmittelmärkte zu etablieren,< /p>

G. in der Erwägung, dass die Preissteigerungen die Probleme der Zugänglichkeit insbesondere für Einkommensschwache und Menschen ohne Einkommen verschärfen,

H. in der Erwägung, dass die Lebensmittelnachfrage, insbesondere in sich rasch entwickelnden Ländern wie China und Indien, mit dem Anstieg der Weltbevölkerung zunimmt; unter Hinweis darauf, dass unser Planet, der nach Angaben der FAO 12 Milliarden Menschen ernähren kann, weltweit betrachtet nicht durch einen Mangel an Lebensmitteln gekennzeichnet ist; unter Hinweis darauf, dass die Getreideernte und die Reisernte 2007 sehr gut waren; in der Erwägung, dass nur 1,01 Milliarden Tonnen der Ernte des Jahres 2007 für Ernährungszwecke verwendet werden dürften, während ein großer Teil (760 Millionen Tonnen) als Futtermittel und rund 100 Millionen Tonnen für die Erzeugung von Agrarkraftstoffen Verwendung finden werden; in der Erwägung, dass nach den aktuellsten Schätzungen die weltweite Getreideproduktion 2008 um 2,6 % auf einen Rekordwert von 2,164 Mrd. Tonnen steigen dürfte, dass diese Schätzungen aber auf günstigen Klimabedingungen beruhen,

I. in der Erwägung, dass viele Entwicklungsländer ihr Potenzial für die Erzeugung von Lebensmitteln nicht ausschöpfen; in der Erwägung, dass infolge fehlender Investitionen in die Landwirtschaft, die Entwicklung des ländlichen Raums und die Ausbildung der Landwirte durch die Entwicklungsländer und die internationalen Finanzinstitute insbesondere kleine Landwirte einem unlauterem Wettbewerb ausgesetzt sind, wodurch sich ihre Armut und Verwundbarkeit erhöht und ihre Fähigkeit zur Erzeugung ausreichender Lebensmittel vermindert hat,

J. in der Erwägung, dass ein schwerwiegendes Hindernis für eine höhere landwirtschaftliche Produktion in den Entwicklungsländern darin besteht, dass Kleinerzeuger oft keinen Zugang zu Krediten oder Mikrokrediten für Investitionen in Saatgut, Düngemittel und Bewässerungssysteme höherer Qualität sowie zu der notwendigen Palette von Instrumenten zum Schutz ihrer Kulturen vor Schadorganismen und Krankheiten haben, was in einigen Fällen darauf zurückzuführen ist, dass diese Landwirte nicht Eigentümer ihres Landes sind und daher über keine Sicherheiten für Kredite verfügen,

K. unter Hinweis darauf, dass, wie das Welternährungsprogramm meldet, nur 260 von den benötigten 750 Millionen USD bislang fest zugesagt sind, um den Bedarf für 2008 zu decken,

L. in der Erwägung, dass der Anstieg der Grundstoffpreise destabilisierend auf die Weltwirtschaft wirkt und schon in mehreren Ländern Krawalle ausgelöst hat,

M. in der Erwägung, dass der Anstieg der Lebensmittelpreise die Notwendigkeit einer integrierten politischen Reaktion und einer umfassenden Strategie zur Bewältigung der Lebensmittelproblematik noch verstärkt,

Recht auf Nahrung

Nachhaltige Lebensmittelproduktion

Bessere Entwicklungspolitik

Fairer internationaler Handel

Förderung der Demokratie