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Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Anpassung an den Vertrag über die Arbeitsweise der EU
- 1. Der Bundesrat erkennt die Notwendigkeit an, dass die in der Verordnung nach dem bisherigen Komitologiebeschluss vorgesehenen Durchführungsbefugnisse der Kommission überprüft und an die mit dem Vertrag von Lissabon geänderten Möglichkeiten angepasst werden müssen.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass der Vorschlag den Vorgaben des Vertrags von Lissabon und der Mitteilung der Europäischen Kommission zur Umsetzung von Artikel 290 AEUV (BR-Drucksache 875/09 (PDF) ) nicht ausreichend Rechnung trägt.
- 3. Um eine einheitliche Umsetzung der mit dem Vertrag von Lissabon geänderten Möglichkeiten in allen Sektoren zu gewährleisten, hält der Bundesrat bei der Wahl zwischen delegierten Rechtsakten (Artikel 290 AEUV) und Durchführungsrechtsakten (Artikel 291 AEUV) eine einheitliche Vorgehensweise für erforderlich.
- 4. Er fordert die Kommission auf, bei dieser Wahl in allen Fällen, in denen eine Notwendigkeit einheitlicher Bedingungen für die Durchführung von EU-Rechtsakten besteht, gemäß den Vorgaben des Vertrags von Lissabon (Artikel 291 AEUV) die Festlegungen im Wege von Durchführungsrechtsakten zu treffen. Dies soll insbesondere dann gelten, wenn es sich nicht um Rechtsakte handelt, die bislang unter das Regelungsverfahren mit Kontrolle im Sinne des Komitologie-Beschlusses fallen.
- 5. Da die Definition delegierter Rechtsakte in Artikel 290 Absatz 1 AEUV weitgehend der Definition der Rechtsakte entspricht, die unter das Regelungsverfahren mit Kontrolle fallen, sollten diese Fälle im Regelfall gleich behandelt werden. Umgekehrt sollten die anderen Verfahren des Komitologie-Beschlusses in der Regel durch Durchführungsrechtsakte ersetzt werden. Dies entspricht auch der Logik des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung zu den Durchführungsrechtsakten nach Artikel 291 AEUV, durch die die bestehenden Komitologieverfahren ersetzt werden sollen, jedoch nicht das Regelungsverfahren mit Kontrolle, für das Artikel 290 AEUV anwendbar sein soll (BR-Drucksache 140/10 (PDF) ). Nur so kann auch sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union unmittelbar beteiligt werden und die Kommission - wie primärrechtlich in Artikel 291 Absatz 3 AEUV vorgesehen - bei der Wahrnehmung ihrer Durchführungsbefugnisse kontrollieren können.
- 6. Nach Auffassung des Bundesrates darf die Anpassung nicht dazu führen, dass bei Einschränkungen der Beteiligungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten das für Vollzugsvorgaben notwendige regional differenzierte Expertenwissen nicht mehr in die einheitlichen Regeln einfließt.
- 7. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Kommission dennoch in dem vorliegenden Vorschlag Ermächtigungen für delegierte Rechtsakte vorsieht, obwohl eine Notwendigkeit einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union besteht und es sich um Rechtsakte handelt, die bislang nicht unter das Regelungsverfahren mit Kontrolle fallen (z.B. die Vorschriften zu den Kontrollgrundsätzen in Artikel 1 Nummer 30 - Artikel 74 Absatz 4).
- 8. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich bei den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene dafür einzusetzen,
- - dass keine zusätzlichen Tatbestände aufgenommen werden, die über die bisherigen Ermächtigungen in der Ratsverordnung und die Regelungsinhalte der bisherigen Durchführungsbestimmungen in den Verordnungen (EG) Nr. 1974/2006 und Nr. 1975/2006 hinausgehen; - dass Regelungen, die sich auf die verwaltungsmäßige Umsetzung in den Mitgliedstaaten auswirken, - vor allem Aspekte der Finanzierungs-, Verwaltungs-, Kontroll- und Sanktionsbestimmungen - im Wege von Durchführungsrechtsakten festgelegt werden;
- - dass, sofern bestimmte nicht wesentliche Vorschriften im Wege von delegierten Rechtsakten festgelegt werden, diese erst nach vorheriger Anhörung von Experten erlassen werden.
In diesem Zusammenhang verweist der Bundesrat auf seine Stellungnahme vom 12. Februar 2010 (BR-Drucksache 875/09(B) ).
- 9. Der Bundesrat lehnt die für jeden Schwerpunkt der ELER-Förderung vorgesehenen Einfügungen neuer Artikel (Artikel 20a - Artikel 1 Absatz 8; Artikel 36a - Artikel 1 Absatz 13; Artikel 52a - Artikel 1 Absatz 23; Artikel 63a - Artikel 1 Absatz 25) ab, in denen der Kommission die Möglichkeit eingeräumt wird, zur Gewährleistung einer effizienten und gezielten Mittelverwendung und eines kohärenten Ansatzes bei der Behandlung der Begünstigten im Wege von delegierten Rechtsakten spezifische Bedingungen festzulegen. Die Kommission sollte den Bedarf für diese Regelungen darlegen. Soweit die zu erwartenden Regelungen die Umsetzung in den Mitgliedstaaten berühren, sollte die Übertragung der Befugnisse im Wege von Durchführungsrechtsakten erfolgen.
- 10. Nach Auffassung des Bundesrates besteht kein Regelungsbedarf für die Festlegung von Sanktionen im Zusammenhang mit der nicht termingerechten Vorlage der Bewertungen (Artikel 86 Absatz 9 - Artikel 1 Absatz 34). Die bereits bestehenden Regelungen in den Artikeln 27 und 28 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 werden als ausreichend angesehen.
- 11. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich insbesondere dafür einzusetzen, dass folgende Aspekte im Wege von Durchführungsrechtsakten unter Beteiligung der Mitgliedstaaten festgelegt werden:
- - die Regeln zur Vermeidung von Überschneidungen zwischen der Unterstützung gemäß Artikel 20 (Anpassung an Normen) und der Förderung gemäß Artikel 36 Buchstabe a Ziffer iii (Natura 2000) - Artikel 38 Absatz 2 - Artikel 1 Absatz 14; - die Festlegung der Bedingungen für den Beteiligungssatz der technischen Hilfe (Artikel 66 Absatz 2 - Artikel 1 Absatz 26 Buchstabe a);
- - die Vorschriften zu den Kontrollgrundsätzen, den Sanktionen, den Ausschlüssen und der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge (Artikel 74 Absatz 4 - Artikel 1 Absatz 30);
- - die Übergangsregelungen (Artikel 92 Absatz 1 - Artikel 1 Absatz 38).
- 12. Der Bundesrat bittet zudem um Klärung zum neuen Unterabsatz zu Artikel 78 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 - Artikel 1 Absatz 31, ob es sich bei der Einbindung des Begleitausschusses um vier Fälle weiterer Tatbestände oder Ausnahmen handelt. Nach Auffassung des Bundesrates hat sich die bisherige Einbindung der Begleitausschüsse bewährt, sodass kein weiterer Regelungsbedarf besteht.
Zu den inhaltlichen Vorschlägen
- 13. Der Bundesrat unterstützt die inhaltlichen Vorschläge. So wird insbesondere die Ausweitung der Natura-2000-Förderung auf die so genannten Kohärenzgebiete/Trittsteinbiotope begrüßt. Sie ermöglicht die Förderung fortlaufender linearer Strukturen, denen eine wichtige Vernetzungsfunktion zukommt.
- 14. Ferner bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass der Umfang der geförderten Gebiete bis zu 5 Prozent der gemeldeten Natura- 2000-Gebiete betragen kann.
- 15. Angesichts der laufenden Bemühungen einiger Mitgliedstaaten um notwendige Vereinfachungen insbesondere im Bereich von Cross Compliance bedauert der Bundesrat, dass sich der Verordnungsvorschlag auf marginale Vereinfachungen beschränkt.
- 16. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene darauf zu drängen, weitere Vorschläge der von den Mitgliedstaaten vorgelegten 39 Vereinfachungen bereits jetzt umzusetzen. Die Kontrollvorgaben der EU überfordern inzwischen die Landwirte und Verwaltung und müssen deshalb auf ein angemessenes Verhältnis von Nutzen zu Kosten zurückgeführt werden.
- 17. Der Bundesrat hält es insbesondere für dringend erforderlich, für bestimmte Agrarumwelt- und Tierschutzmaßnahmen, die ihre Wirksamkeit für den Umwelt- und den Tierschutz bereits mit dem ersten Jahr voll entfalten, wie z.B. Zwischenfruchtanbau, einjährige Blühstreifen, vielfältige Fruchtfolgen, auch kürzere Laufzeiten als die bisher vorgeschriebenen fünf- bis siebenjährigen Verpflichtungen bei Agrarumweltmaßnahmen zu ermöglichen. Dies würde die Umsetzung der Maßnahmen erheblich vereinfachen und den Übergang in die neue Förderperiode erleichtern.
- 18. Der Bundesrat hält zudem eine Anpassung des Artikels 71 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 zur Förderfähigkeit der Mehrwertsteuer an die Bestimmungen der Strukturfonds zur Vereinfachung der Verwaltungsdurchführung und Harmonisierung der Förderbestimmungen für erforderlich.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Zu Ziffern 1, 6, 8 bis 13 und 15 bis 18:
- - Bei der Anpassung der Verordnung an den Vertrag von Lissabon ist darauf zu achten, dass keine zusätzlichen Kompetenzverlagerungen auf die Kommission erfolgen und weiterhin bei Fragen, die eine konkrete Umsetzung betreffen, die Beteiligung der Mitgliedstaaten sichergestellt wird. Zudem sollte die Gelegenheit genutzt werden, weitere Vereinfachungsregelungen umzusetzen. - Die aktuelle Förderperiode 2007 bis 2013 ermöglicht es, im Rahmen der n2-Regelung Verpflichtungen nur bis 2015 einzugehen und zu finanzieren. Für die Agrarumweltmaßnahmen bedeutet dies, dass Neuverpflichtungen bzw. neue Verträge für auslaufende Verträge angesichts des Mindestverpflichtungszeitraums von fünf Jahren nur noch in 2010 (Auszahlungen 2011 bis 2015) eingegangen werden können. Um einen fließenden Übergang in die nächste Förderperiode zu gewährleisten, sollten die Verpflichtungszeiträume entsprechend gestaltet werden können.
- - Die ELER-Verordnung lässt im Gegensatz zu den Regelungen in den Strukturfonds eine Förderung der Mehrwertsteuer unter Beteiligung des ELER nicht in allen Fällen zu. Dies führt zu Ungleichbehandlungen bei den Kommunen und belastet diese finanziell.
Zu Ziffer 14:
- - Klarstellung, dass die Begrenzung auf 5 Prozent der gemeldeten Natura- 2000-Gebiete sich auf die geförderten Gebiete bezieht. Ohne diese Klarstellung würde in den territorialen Anwendungsbereichen der Programme die von der EU verlangte Wiederherstellung der Biodiversität, für die das Netz der Kohärenzgebiete unverzichtbar ist, nicht erreicht werden können. Unstreitig ist, dass nicht mehr als 5 Prozent der gemeldeten Natura-2000- Gebiete gefördert werden dürfen.
Direktzuleitung der Stellungnahme
19. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
20. Der Finanzausschuss und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß § § 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.