Antrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Folsäureversorgung der Bevölkerung

Der Ministerpräsident Mainz, den 19. September 2006
des Landes Rheinland-Pfalz

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident, im Namen der Regierung des Landes Rheinland-Pfalz beantrage ich gemäß § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs.1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die

auf die Tagesordnung der 826. Sitzung des Bundesrates am 13. Oktober 2006 zu setzen mit dem Ziel der Überweisung an die zuständigen Ausschüsse.


Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck

Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Folsäureversorgung der Bevölkerung

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung

Begründung :

Folsäure (Vitamin B 9) ist aufgrund seiner Rolle im DNA-, RNA- und Proteinstoffwechsel von grundlegender Bedeutung für Zellwachstum, Zellteilung und Zelldifferenzierung. Folsäure kann dabei nicht vom Körper selbst synthetisiert, sondern muss physiologisch über die Nahrung zugeführt werden.

Die in der natürlichen Nahrung vorhandenen Nahrungsfolate finden sich insbesondere in grünen Blattsalaten, Südfrüchten, Roggenmehl, Nüssen, Weizenund Sojakeimen sowie Rinderleber.

Die Funktion der Folsäure im Körper ist zum Teil eng mit dem Vorhandensein der Vitamine B 6 und B 12 verbunden. Folsäure und Vit. B 12 wirken mit bei der Umwandlung von Homocystein zu Methionin. Vitamin B 6 ist als Co-Faktor zudem an der Umwandlung von Homocystein zur Aminosäure Cystein beteiligt.

Ein hoher Homocysteinspiegel im Blut wird auf der Basis wissenschaftlicher Untersuchungen seit einigen Jahren mit verschiedenen Volkskrankheiten in Verbindung gebracht. So soll er u.a. die Arteriosklerose fördern und damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfällen Vorschub leisten.

Folge dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse, die aber noch einer breiten Bestätigung bedürfen, war eine weltweite ernährungswissenschaftliche Empfehlung, die tägliche Folsäure-Zufuhr der Allgemeinbevölkerung anzuheben, damit darüber der Homocystein-Spiegel positiv beeinflusst wird. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) geht im Einklang mit der derzeitigen internationalen wissenschaftlichen Auffassung davon aus, dass eine Zufuhr von täglich 400 µg Nahrungsfolat bzw. 200 µg synthetischer Folsäure für Erwachsene die optimale Zufuhrmenge darstellt. Für Kinder unter 10 Jahren gelten geringere Werte.

Davon unabhängig und wissenschaftlich abgesichert ist ein deutlich höherer Folsäurebedarf für Frauen schon zu Beginn der Schwangerschaft, um die Rate an embryonalen Neuralrohrdefekten (NRD) zu minimieren. Ein großer Anteil der jährlich bei Embryos auftretenden Neuralrohrdefekte (weltweite Prävalenz etwa 1-2 Kinder mit NRD pro 1000 Geburten) - wie z.B. Fehlbildungen des Spinabifida-Formenkreises - wird auf eine zu geringe Zufuhr von Folsäure insbesondere im ersten Schwangerschaftsmonat zurück geführt, zu einem Zeitpunkt an dem die Frauen oft noch gar nichts von ihrer Schwangerschaft wissen. Einigen wissenschaftlichen Studien zufolge soll zudem durch eine erhöhte Zufuhr von Folsäure ab dem Zeitpunkt der Konzeption das Risiko für die Entwicklung von Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten sowie für angeborene Herzfehler gesenkt werden können.

Als optimal zur Reduktion von Neuralrohrdefekten werden ab dem 1.Tag der Schwangerschaft bis zum Ende des 3. Schwangerschaftsmonats derzeit 1200 µg Nahrungsfolat /Tag (bzw. 600 µg synthetische Folsäure/Tag) angesehen. Dies entspricht demnach einem Mehrbedarf von 800 µg Nahrungsfolat/Tag (bzw. 400 µg synthetische Folsäure/Tag) im Vergleich zum als optimal angesehenen täglichen Bedarf.

Nach allen vorliegenden Berechnungen wird selbst bei optimierter abwechslungsreicher Kost die für Frauen ab dem ersten Tag der Schwangerschaft an als notwendig angesehene tägliche Zufuhrmenge an Folsäure in aller Regel allein über die Nahrung nicht erreicht. Deshalb ist internationaler Konsens, dass schon Frauen mit Kinderwunsch damit beginnen sollten, eine zusätzliche Zufuhr von synthetischer Folsäure, z.B. in Tablettenform, in Höhe von 400 µg /Tag sicherzustellen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat zur grundlegenden, die gesamte Bevölkerung erfassenden Verbesserung der täglichen Folsäurezufuhr vorgeschlagen Grundnahrungsmittel wie Mehl oder Salz mit Folsäure anzureichern.

Bei den Empfehlungen des BfR wird unter Zugrundelegung des derzeit international bestätigten sog. Tolerable Upper Intakte Level (UL) für Erwachsene davon ausgegangen dass im Rahmen der angenommenen durchschnittlichen Ernährungsgewohnheiten keine Überschreitung des UL zu erwarten ist und zudem die Folsäure-Basisversorgung von Schwangeren durchgreifend verbessert wird.