Empfehlungen der Ausschüsse
Jahressteuergesetz 2010
(JStG 2010)

877. Sitzung des Bundesrates am 26. November 2010

Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes die Einberufung des Vermittlungsausschusses aus folgenden Gründen zu verlangen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 40 (§ 52b Absatz 5 und 9 EStG)

In Artikel 1 Nummer 40 ist § 52b wie folgt zu ändern:

  1. Dem Absatz 5 ist folgender Satz 5 anzufügen:

    "Der Arbeitgeber hat die übermittelten ELStAM in der Lohnabrechnung auszuweisen und dem Arbeitnehmer einen Ausdruck der Lohnabrechnung auszuhändigen oder elektronisch bereitzustellen."

  2. Absatz 9 ist zu streichen.

Begründung:

§ 52b EStG in der Fassung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zeigt einen nicht zu beanstandenden Weg auf, wie die ELStAM durch die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern bekannt gegeben werden können: Der Arbeitgeber wird verpflichtet, die ELStAM in das Lohnkonto zu übernehmen und gemäß der ebenso übermittelten zeitlichen Gültigkeitsangabe anzuwenden. (Diese Vorgaben entsprechen dem derzeitigen Lohnsteuerkartenverfahren.) Der Arbeitgeber hat darüber hinaus die ELStAM in der Lohnabrechnung für den Arbeitnehmer deutlich erkennbar auszuweisen und ihm einen Ausdruck der Lohnabrechnung mit den übermittelten ELStAM auszuhändigen oder elektronisch bereitzustellen (§ 52b Absatz 5 Satz 5 EStG-E).

In den heute üblichen Lohnabrechnungen werden regelmäßig die zu Grunde gelegten Lohnsteuerabzugsmerkmale ausgewiesen. Daran knüpft die gesetzliche Regelung an; der gesetzlich bestimmte Ausweis der ELStAM in der Lohnabrechnung dürfte daher zu keinen nennenswerten neuen Belastungen der Arbeitgeber führen. Insoweit ist auch die bisher im Raum stehende Summe von 95 Mio. Euro nicht nachvollziehbar.

Als Serviceleistung wird die Finanzverwaltung die ELStAM für den Arbeitnehmer im ELSTER-Online-Portal elektronisch zur Einsicht bereitstellen. Unabhängig davon hat das Finanzamt dem Arbeitnehmer die erstmals gebildeten oder geänderten ELStAM auf Antrag schriftlich mitzuteilen oder elektronisch bereitzustellen (§ 39e Absatz 7 Satz 3 EStG; § 52b Absatz 8 Satz 1 EStG).

Die Finanzverwaltung wird die Datenbank mit den ELStAM mit großer Sorgfalt und vielfältigen Maßnahmen zur Datenqualität und Datensicherung aufbauen. Deshalb kann auf eine gesonderte Mitteilung der ELStAM durch die Finanzverwaltung - gerade auch vor dem Start des ab dem Kalenderjahr 2012 anzuwendenden Verfahrens - an den Arbeitnehmer bewusst verzichtet werden. Stattdessen wählt der Gesetzgeber den unbürokratischen und Kosten sparenden Weg über den Arbeitgeber.

Die Auffassung der Koalition, aus der beschlossenen Änderung entstünden keinerlei Kosten, mag aus Sicht des Bundes(-haushalts) zutreffen. Bei demnächst 41 Mio. Erwerbstätigen (Quelle: HAZ vom 28.10.2010) ergeben sich für die Länder allein an Portokosten (Sach- und Personalaufwand sowie Mehrfacharbeitsverhältnisse außer Acht gelassen) Belastungen i.H.v. rd. 22,5 Mio. Euro.

2. Zu Artikel 4 Nummer 1a - neu -, 6, 7a - neu - und 8a - neu - (§ 1 Absatz 3, § 4 Nummer 29 - neu -, § 6 Absatz 1 und § 14 Absatz 2 UStG)

Artikel 4 ist wie folgt zu ändern:

  1. Nach Nummer 1 ist folgende Nummer 1a einzufügen:

    "1a. In § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 Buchstabe b wird jeweils die Angabe " § 4 Nummer 8 bis 27" durch die Angabe " § 4 Nummer 8 bis 27 und 29" ersetzt."

  2. Nummer 6 ist wie folgt zu fassen:

    "6. § 4 wird wie folgt geändert:

    1. Nach Nummer 20 Buchstabe a Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:

      "Für die Erteilung der Bescheinigung gelten § 181 Absatz 1 und 5 der Abgabenordnung entsprechend."

    2. In Nummer 28 die Angabe "Nummern 8 bis 27" durch die Angabe "Nummern 8 bis 27 und 29" sowie am Ende der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und folgende Nummer 29 angefügt:

      "29. sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder überwiegend steuerfreie Leistungen der in Nummer 8 oder Nummer 10 bezeichneten Art erbringen, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese sonstigen Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausführung von steuerfreien Leistungen der in Nummer 8 oder Nummer 10 bezeichneten Art verwendet werden und die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein.""

    3. Nach Nummer 7 ist folgende Nummer 7a einzufügen:

      "7a. In § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a wird die Angabe " § 4 Nummer 8 bis 27" durch die Angabe " § 4 Nummer 8 bis 27 und 29" ersetzt."

    4. Nach Nummer 8 ist folgende Nummer 8a einzufügen.

      "8a. In § 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 wird die Angabe " § 4 Nummer
      8 bis 28" durch die Angabe " § 4 Nummer 8 bis 29" ersetzt."

Begründung:

Der Bundesrat hat in Ziffer 36 seiner Stellungnahme vom 09.07.2010 die Einführung einer Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen von Gemeinschaften an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke ihrer nach § 4 Nummer 8 und / oder Nummer 10 UStG steuerfreien Umsätze für erforderlich angesehen.

Der Vorschlag des Bundesrates bedarf zur Beseitigung eines Ungleichgewichts bei der Umsatzbesteuerung im Banken- und Versicherungsbereich der Umsetzung. Denn während privatrechtlich organisierte Banken und Versicherungen - darunter weltweit agierende Großbanken und große Versicherungen - eine Besteuerung der Vorumsätze verbundener Unternehmen nach geltendem Recht im Wege der Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nummer 2 UStG) vermeiden können, besteht diese Möglichkeit für die nicht privatrechtlich organisierten Banken und Versicherungen - insbesondere im Sparkassenbereich - nicht. Auch andere Mitgliedstaaten wenden die vom Bundesrat vorgeschlagene Steuerbefreiung an. Da die begünstigten Leistungen typischerweise nur für den Banken- und Versicherungssektor erbracht werden können, ist außerdem keine Gefahr des Entstehens von Wettbewerbsverzerrungen ersichtlich.

3. Zu Artikel 4 Nummer 6 (§ 4 Nummer 21 UStG)*)

*)Bei Annahme von Ziffer 2 und Ziffer 3 ist Artikel 4 Nummer 6 anzupassen.

Artikel 4 Nummer 6 ist wie folgt zu fassen:

"6. § 4 wird wie folgt geändert:

Begründung:

In Artikel 4 Nummer 6 des Gesetzes ist aus Gründen der Rechtssicherheit für Unternehmer und Steuerverwaltung die Angleichung des Bescheinigungsverfahrens nach § 4 Nummer 20 UStG für bestimmte kulturelle Einrichtungen an das Verfahren für die gesonderte Feststellung vorgesehen. Der Bundesrat hat in Ziffer 38 seiner Stellungnahme vom 09.07.2010 die Übertragung dieser Angleichung auf das verfahrensmäßig parallele externe Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nummer 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb UStG für private Schulen und andere allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen für erforderlich angesehen.

Der Vorschlag des Bundesrates bedarf der Umsetzung, weil auch für das Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nummer 21 UStG ein Bedarf besteht, aus Gründen der Rechtssicherheit Rückabwicklungen von Vorsteuerbeträgen und Umsatzsteuerzahlungen nur noch in einem zeitlich begrenzten Zeitraum zu ermöglichen. Dagegen spricht nicht das in der Gegenäußerung der Bundesregierung angeführte Argument, dass derzeit der gesetzliche Anpassungsbedarf in § 4 Nummer 21 UStG geprüft werde und kurz hintereinander folgende Änderungen der Norm vermieden werden sollten. Denn unabhängig davon, ob das Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nummer 21 UStG nach Umsetzung des erkannten Anpassungsbedarfs der Norm auch künftig erhalten bleibt, genießt die zeitnahe Verbesserung der Rechtssicherheit hinsichtlich dieser Norm Vorrang vor dem Ziel einer geringen Anzahl von Änderungen der Norm.