Regelwerk Allgemein

EUGewSchVG - EU-Gewaltschutzverfahrensgesetz
Gesetz zum Europäischen Gewaltschutzverfahren

Vom 5. Dezember 2014
(BGBl. I Nr. 57 vom 12.12.2014 S. 1964; 10.08.2021 S. 3424 21)



§ 1 Anwendung der Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Verfahren nach den Abschnitten 2 und 3 dieses Gesetzes sind Familiensachen. Auf diese Verfahren sind die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, soweit nachfolgend oder in der Verordnung (EU) Nr. 606/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen (ABl. Nr. L 181 vom 29.06.2013 S. 4) nichts Abweichendes bestimmt ist.

Abschnitt 2
Anerkennung und Vollstreckung nach der Richtlinie 2011/99/EU

§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Abschnitts ist

  1. Mitgliedstaat jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks und Irlands,
  2. Schutzmaßnahme eine in einem anderen Mitgliedstaat nach dessen nationalem Recht und nationalem Verfahren ergangene Entscheidung in Strafsachen, mit der einer gefährdenden Person (Nummer 6) eines oder mehrere der in § 6 Nummer 2 genannten Verbote oder Beschränkungen auferlegt werden, um eine geschützte Person (Nummer 5) vor einer strafbaren Handlung zu schützen, die ihr Leben, ihre physische oder psychische Integrität, ihre Würde, ihre persönliche Freiheit oder ihre sexuelle Integrität gefährden könnte,
  3. Europäische Schutzanordnung eine von der Anordnungsbehörde (Nummer 4) eines anderen Mitgliedstaates getroffene Entscheidung im Zusammenhang mit einer Schutzmaßnahme, auf deren Grundlage ein innerstaatliches Gericht eine oder mehrere Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz ergreifen soll, um den Schutz der geschützten Person (Nummer 5) fortzuführen,
  4. Anordnungsbehörde die Behörde, die die Europäische Schutzanordnung erlassen hat oder erlassen soll,
  5. geschützte Person eine natürliche Person, die dem Schutz einer Europäischen Schutzanordnung unterliegt,
  6. gefährdende Person eine natürliche Person, vor der die geschützte Person durch eine Europäische Schutzanordnung geschützt wird.

§ 3 Entgegennahme und Übermittlung eines Antrags auf Erlass einer Europäischen Schutzanordnung

(1) Für die Entgegennahme eines Antrags auf Erlass einer Europäischen Schutzanordnung ist das Familiengericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die geschützte Person aufhält.

(2) Der Antrag kann auch von dem gesetzlichen Vertreter der geschützten Person gestellt werden. Er kann bei dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgegeben werden.

(3) Das Gericht übermittelt den Antrag auf Erlass einer Europäischen Schutzanordnung unverzüglich an die Anordnungsbehörde.

§ 4 Verfahren der Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung

(1) Für die Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung ist das Familiengericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die geschützte Person aufhält.

(2) Nach Eingang einer Europäischen Schutzanordnung prüft das Gericht unverzüglich seine Zuständigkeit. Im Fall seiner Unzuständigkeit übermittelt das Gericht die Europäische Schutzanordnung an das zuständige Gericht und unterrichtet die Anordnungsbehörde darüber unverzüglich in schriftlicher Form.

(3) Enthält die Europäische Schutzanordnung nicht mindestens die Angaben gemäß § 6 Nummer 1 in deutscher Sprache, unterrichtet das Gericht die Anordnungsbehörde hierüber unverzüglich in schriftlicher Form und setzt ihr eine angemessene Frist zur Vervollständigung.

§ 5 Zuständigkeitskonzentration 21

(1) In Verfahren über eine in den §§ 3 und 4 bezeichnete Sache ist das Familiengericht zuständig, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts.

(2) Im Bezirk des Kammergerichts entscheidet das Familiengericht Pankow.

(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Zuständigkeit durch Rechtsverordnungen einem anderen Familiengericht des Oberlandesgerichtsbezirks oder, wenn in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, einem Familiengericht für die Bezirke aller oder mehrerer Oberlandesgerichte zuzuweisen. Sie können die Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

§ 6 Versagung der Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung

Die Anerkennung kann nur versagt werden, wenn

  1. die Europäische Schutzanordnung nicht mindestens folgende Angaben in deutscher Sprache enthält und diese auch binnen der gemäß § 4 Absatz 3 gesetzten Frist nicht vervollständigt worden sind:
    1. Name, Anschrift und Staatsangehörigkeit der geschützten Person sowie Name, Anschrift und Staatsangehörigkeit ihres Vormunds oder ihres Vertreters, wenn sie minderjährig oder geschäftsunfähig ist,
    2. Tag, ab dem die geschützte Person im Inland ihren Wohnsitz hat oder sich dort aufhalten möchte, und der Zeitraum oder die Zeiträume des Aufenthalts, sofern bekannt,
    3. Name, Anschrift, Telefon- und Faxnummer sowie E-Mail-Adresse der Anordnungsbehörde,

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