Regelwerk Allgemein

HVSG - Hessisches Verfassungsschutzgesetz
- Hessen -

Vom 12. Juli 2023
(GVOBl. Nr. 27 vom 11.08.2023 S. 614)
Gl.-Nr.: 18-7



Zur Bekanntmachung

Archiv: LVerfSchG 1990, 2018

Präambel

Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Er ist Dienstleister der Demokratie und hält insbesondere die analytischen Kompetenzen zur Beurteilung jener Gefahren vor, die Demokratie und Menschenrechten durch extremistische Bestrebungen drohen. Er tauscht sich mit Wissenschaft und Gesellschaft aus. Hierzu gehört auch der öffentliche Diskurs. Er berücksichtigt gesellschaftliche Vielfalt und gesellschaftliche Entwicklungen.

Erster Teil
Organisation und Aufgaben des Landesamts

§ 1 Organisation des Landesamts

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz (Landesamt) untersteht als obere Landesbehörde dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium. Es darf mit Polizeidienststellen organisatorisch nicht verbunden werden.

(2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen in Hessen nur im Einvernehmen, das Bundesamt für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit dem Landesamt tätig werden. Das Landesamt darf in anderen Ländern nur tätig werden, soweit die Rechtsvorschriften der anderen Länder dies zulassen.

§ 2 Aufgaben des Landesamts

(1) Das Landesamt ist zuständig für die Zusammenarbeit Hessens mit dem Bund und den anderen Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. Aufgabe des Landesamts ist es, es den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu treffen. Das Landesamt hat auch die Aufgabe, den in Abs. 2 genannten Bestrebungen und Tätigkeiten durch Information, Aufklärung und Beratung entgegenzuwirken und vorzubeugen (Prävention). Zur Aufklärung der Öffentlichkeit erstellt das Landesamt mindestens einmal jährlich einen Bericht über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Abs. 2 oder tatsächliche Anhaltspunkte hierfür. Der Bericht wird von dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium herausgegeben und auf der Internetseite des Landesamts für fünf Jahre bereitgestellt.

(2) Aufgabe des Landesamts ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über

  1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben,
  2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
  3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  4. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), gerichtet sind,
  5. Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes.

(3) Das Landesamt wirkt mit bei Sicherheitsüberprüfungen und Überprüfungen nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2632).

(4) Das Landesamt ist zuständig für Sicherheitsüberprüfungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2998), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Juli 2021 (BGBl. I S. 2274).

§ 3 Begriffsbestimmungen
(Entscheidung BVerfG vom 28.10.2024 siehe =>)

(1) Die Begriffsbestimmungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 bis 4 sowie Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes finden Anwendung.

(2) Erheblich beobachtungsbedürftig sind Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 oder solche Bestrebungen, die allgemein, insbesondere nach Verhaltens- oder Wirkungsweise, geeignet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes erheblich zu beeinträchtigen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Bestrebungen

  1. zur Zielverfolgung
    1. Gewalt anwenden, androhen, fördern oder befürworten,
    2. zu Hass oder Willkürmaßnahmen anstacheln oder
    3. andere Straftaten begehen oder darauf gerichtet sind,
  2. verdeckt vorgehen, insbesondere Ziele, Organisation, Finanzierung, Beteiligte, Zusammenarbeit oder Aktionen in wesentlichem Umfang verschleiern,
  3. erhebliche gesellschaftliche Bedeutung besitzen, insbesondere unter Berücksichtigung der Anzahl der Beteiligten, deren Mobilisierungsfähigkeit, der Finanzkraft sowie der Aktionsfähigkeit oder
  4. in erheblichem Umfang gesellschaftlichen Einfluss auszuüben suchen, insbesondere durch
    1. Vertretung in Ämtern und Mandaten,
    2. wirkungsbreite Publikationen, Bündnisse, Unterstützerstrukturen,
    3. systematische Desinformationen in öffentlichen Prozessen politischer Willensbildung oder zur Verächtlichmachung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, auch durch systematische Verunglimpfung ihrer Institutionen und Repräsentanten, oder
    4. Herbeiführung einer Atmosphäre der Angst oder Bedrohung zur Förderung ihrer Zielverfolgung.

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