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Regelwerk

ThürErgVollzG - Thüringer Strafvollzugs- und Jugendstrafvollzugsergänzungsgesetz
- Thüringen -

Vom 23. Mai 2013
(GVBl. Nr. 4 vom 30.05.2013 S. 121; 27.02.2014 S. 13aufgehoben)



zur aktuellen Regelung

Erster Abschnitt
Besondere Bestimmungen für Strafgefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz ergänzt die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes ( StVollzG) vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436) in der jeweils geltenden Fassung und des Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetzes vom 20. Dezember 2007 (GVBl. S. 221) in der jeweils geltenden Fassung für Strafgefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung und für Jugendstrafegefangene mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung.

§ 2 Ziel des Vollzugs

Bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung dient der Vollzug der Freiheitsstrafe auch dem Ziel, die Gefährlichkeit der Gefangenen für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung oder deren Anordnung möglichst entbehrlich wird.

§ 3 Gestaltung des Vollzugs

(1) Ist Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten, ist bereits im Vollzug der Freiheitsstrafe eine individuelle, intensive und therapiegerichtete Betreuung im Sinne des § 66c Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs anzubieten.

(2) Die Bereitschaft der Gefangenen, an der Erreichung der Vollzugsziele mitzuwirken, ist fortwährend zu wecken und zu fördern. Die Motivationsmaßnahmen sind zu dokumentieren.

§ 4 Behandlungsuntersuchung

(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung unverzüglich eine umfassende Behandlungsuntersuchung an.

(2) Die Behandlungsuntersuchung erstreckt sich auf alle Umstände, die für die Beurteilung der Gefährlichkeit der Gefangenen maßgeblich sind. Im Rahmen der Behandlungsuntersuchung sind die Ursachen der Straftaten, die individuellen Risikofaktoren sowie der Behandlungsbedarf, die Behandlungsfähigkeit und die Behandlungsmotivation festzustellen. Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten der Gefangenen ermittelt werden, deren Stärkung ihrer Gefährlichkeit entgegenwirkt. Erkenntnisse aus vorangegangenen Freiheitsentziehungen sind einzubeziehen.

(3) Die Behandlungsuntersuchung berücksichtigt wissenschaftliche Erkenntnisse.

§ 5 Vollzugsplan

(1) Auf der Grundlage der in der Behandlungsuntersuchung gewonnenen Erkenntnisse wird unverzüglich ein Vollzugsplan aufgestellt, der unter Berücksichtigung auch des Alters, der Persönlichkeit und des Entwicklungsstands die individuellen Behandlungsziele festlegt und die zu ihrer Erreichung geeigneten und erforderlichen Maßnahmen benennt. Er enthält insbesondere Angaben über

  1. psychiatrische, psychotherapeutische oder sozialtherapeutische Behandlungsmaßnahmen,
  2. andere Einzel- oder Gruppenbehandlungsmaßnahmen,
  3. Maßnahmen zur Förderung der Behandlungsmotivation,
  4. die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung,
  5. die Zuweisung zu Wohngruppen,
  6. Art und Umfang der Beschäftigung,
  7. Maßnahmen zur Gestaltung der Freizeit,
  8. Maßnahmen zur Ordnung der finanziellen Verhältnisse,
  9. Maßnahmen zur Ordnung der familiären Verhältnisse,
  10. Maßnahmen zur Förderung von Außenkontakten,
  11. Maßnahmen zur Vorbereitung eines sozialen Empfangsraums,
  12. vollzugsöffnende Maßnahmen,
  13. Entlassungsvorbereitung und Nachsorge.

(2) Der Vollzugsplan ist fortlaufend der Entwicklung der Gefangenen anzupassen und mit weiteren für die Behandlung bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. Hierfür hat der Vollzugsplan eine angemessene Frist vorzusehen, die sechs Monate nicht überschreiten soll.

(3) Zur Vorbereitung der Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans werden Konferenzen mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durchgeführt. An der Behandlung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sollen in die Planung einbezogen werden; sie können mit Zustimmung der Gefangenen auch an den Konferenzen beteiligt werden.

(4) Die Vollzugsplanung wird mit den Gefangenen erörtert. Der Vollzugsplan ist ihnen auszuhändigen.

§ 6 Behandlung

(1) Den Gefangenen sind die zur Erreichung der Vollzugsziele erforderlichen Behandlungsmaßnahmen anzubieten. Diese haben wissenschaftlichen Erkenntnissen zu entsprechen. Soweit standardisierte Angebote nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuell zugeschnittene Behandlungsangebote zu unterbreiten.

(2) Bei der Behandlung wirken Bedienstete verschiedener Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. Soweit dies erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen. Den Gefangenen sollen Bedienstete als feste Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

§ 7 Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung

(1) Ist Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten, sind Gefangene bereits während des Vollzugs der Freiheitsstrafe in eine sozialtherapeutische Abteilung oder Anstalt zu verlegen, wenn ihre Teilnahme an den dortigen Behandlungsprogrammen zur Verringerung der Gefährlichkeit für die Allgemeinheit angezeigt ist.

(2) Die Verlegung soll zu einem Zeitpunkt erfolgen, der den Abschluss der Behandlung während des Vollzugs der Freiheitsstrafe erwarten lässt.

§ 8 Langzeitausgang

Die Anstalt kann den Gefangenen nach Anhörung der Vollstreckungsbehörde zur Vorbereitung der Entlassung Langzeitausgang bis zu sechs Monaten gewähren. § 11 Abs. 2 und § 14 StVollzG gelten entsprechend.

§ 9 Nachgehende Betreuung

Die Anstalt kann früheren Gefangenen auf Antrag Hilfestellung gewähren, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt werden kann und der Erfolg der Behandlung gefährdet erscheint.

§ 10 Verbleib und Aufnahme auf freiwilliger Grundlage

(1) Frühere Gefangene können auf ihren Antrag vorübergehend in einer Einrichtung des Justizvollzugs verbleiben oder wieder aufgenommen werden, wenn die Eingliederung gefährdet ist. Der Verbleib und die Aufnahme sind jederzeit widerruflich.

(2) Gegen verbliebene oder aufgenommene Personen dürfen Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden.

(3) Auf ihren Antrag sind die verbliebenen oder aufgenommenen Personen unverzüglich zu entlassen.

Zweiter Abschnitt
Entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Ersten Abschnitts auf Jugendstrafgefangene mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung

§ 11 Entsprechende Anwendung der besonderen Bestimmungen für Strafgefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung

(1) Ist bei Jugendstrafgefangenen die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, gelten die besonderen Bestimmungen bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung im Vollzug der Freiheitsstrafe entsprechend.

(2) § 7 Abs. 3 des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427) in der jeweils geltenden Fassung bleibt unberührt.

ENDE

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