Regelwerk, Allgemeines, Wirtschaft

Auswirkungen des Mindestlohngesetzes

Vom 31. August 2017
(GMBl. Nr. 39/40 vom 28.09.2017 S. 698;aufgehoben)
- D5-31000/20#18 -



Zur Nachfolgeregelung

Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG - verkündet als Art. 1 des Tarifautonomiestärkungsgesetzes vom 11. August 2014, BGBl. I S. 1348) ist am 16. August 2014 in Kraft getreten. Zu den Auswirkungen des MiLoG wurden bereits im o. g. Bezugsrundschreiben Hinweise gegeben. Diese müssen infolge der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung neu gefasst werden.

Die vorliegende Neufassung der Hinweise berücksichtigt folgende Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sowie ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH):

Daraus ergeben sich insbesondere folgende Konsequenzen für die Praxis:

Die nachfolgende Neufassung der Hinweise zu den Auswirkungen des Mindestlohngesetzes ersetzt das o. g. Bezugsrundscheiben vom 28. Januar 2015, das hiermit aufgehoben wird.

1. Persönlicher Anwendungsbereich (§ 22 MiLoG)

Den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes regelt § 22 MiLoG. Im Folgenden wird nur kurz auf die für den Bundesbereich wichtigsten Fallgestaltungen eingegangen:

2. Anspruch auf allgemeinen Mindestlohn

Das MiLoG regelt den allgemeinen Mindestlohn, der mit Wirkung zum 1. Januar 2015 in Form eines bundesweit als gesetzliche Untergrenze geltenden Bruttostundenlohns eingeführt wurde. Der Zusatz "allgemein" dient dabei der Unterscheidung von tarifvertraglich vereinbarten Branchenmindestlöhnen, für die nach § 24 MiLoG bis zum 31. Dezember 2017 noch Übergangsregelungen gelten.

Bei dem gesetzlichen Mindestlohn handelt es sich um eine Bruttoentgeltschuld des Arbeitgebers, die er als Gegenleistung für die Arbeit (mindestens) zu erbringen hat. 1 Arbeitgeber sind nach § 20 MiLoG verpflichtet, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 MiLoG (siehe Ziffer 3) spätestens zu dem in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 MiLoG genannten Fälligkeitszeitpunkt zu zahlen (siehe Ziffer 5). An diese Grundverpflichtungen des Arbeitgebers knüpfen die Bußgeldvorschriften des § 21 MiLoG an (siehe Ziffer 7).

Liegt bis zum spätesten Fälligkeitszeitpunkt nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 MiLoG der Gesamtauszahlungsbetrag aus dem Tabellenentgelt und den anrechenbaren Entgeltbestandteilen (siehe Ziffer 4) über dem gesetzlichen Mindestlohn, so ist damit zugleich auch der Mindestlohnanspruch erfüllt. Nur soweit dies nicht der Fall ist, kann aus dem MiLoG ein Anspruch auf Zahlung des fehlenden Differenzbetrags bis zum Erreichen des Mindestlohns entstehen.

Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde (§ 1 Abs. 2 i. V. m. § 20 und § 1 Abs. 1 MiLoG). Der Mindestlohn ist daher für alle Stunden, während derer die/der Beschäftigte die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeit erbringt, zu zahlen. 2 Damit begründet das MiLoG keine Ansprüche für Zeiten ohne Arbeitsleistung, auch wenn ein Vergütungsanspruch fortbesteht (z.B. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, Urlaubsentgelt gem. § 11 BUrlG, sogenannter Mutterschutzlohn gem. § 11 MuSchG oder dementsprechende tarifvertragliche Ansprüche wie der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 22 TVöD). 3 Für derartige Vergütungsansprüche ist der Mindestlohn allerdings der Höhe nach zu beachten, soweit die Vergütungsansprüche nach dem Referenzprinzip oder dem Lohnausfallprinzip zu berechnen sind.

3. Höhe und Anpassung des Mindestlohns

Seit der mit Wirkung zum 1. Januar 2017 erfolgten erstmaligen Anpassung beträgt die Höhe des Mindestlohns nunmehr brutto 8,84 Euro je Zeitstunde (§ 1 Abs. 2 Satz 2 MiLoG i. V. m. der Mindestlohnanpassungsverordnung vom 15. November 2016 [BGBl. I, S. 2530]). In den Kalenderjahren 2015 und 2016 betrug der Mindestlohn brutto 8,50 Euro je Zeitstunde (§ 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG). Die von der Bundesregierung als ständiges Gremium der Tarifpartner errichtete Mindestlohnkommission beschließt nach Maßgabe von § 9 MiLoG alle zwei Jahre über Anpassungen der Höhe des Mindestlohns. Rechtliche Verbindlichkeit erlangt diese Anpassung des Mindestlohns durch Rechtsverordnung der Bundesregierung (§ 1 Abs. 2 Satz 2, § 11 Abs. 1 Satz 1 MiLoG).

Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes dürfte auch der ab dem 1. Januar 2017 bundesweit geltende neue gesetzliche Mindestlohn von brutto 8,84 Euro je Zeitstunde wohl kaum praktische Auswirkungen haben, weil die tariflichen Stundenentgelte berechnet nach § 24 Absatz 3 Satz 3 TVöD über dem Mindestlohn als Bruttostundenlohn von derzeit 8,84 Euro liegen (vgl. Anlage 1 "Tabelle Stundenentgelte TVöD Bund" des Rundschreibens vom 11. Juli 2016 - D5-31002/42#9). Dies gilt nicht nur in Bezug auf die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ("verstetigtes Arbeitsentgelt"), sondern auch für darüber hinaus auf Anordnung des Arbeitgebers geleistete Mehrarbeit und Überstunden; diese zusätzlichen Arbeitsstunden sind, sofern kein Freizeitausgleich gewährt werden kann, mit dem individuellen Stundenentgelt der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe abzugelten (§ 8 Abs. 2 TVöD und § 43 Abs. 1 TVöD - BT-V).

Das MiLoG stellt jedoch eigene Regelungen zur Berechnung und Fälligkeit des Mindestlohns auf. Es sind daher Konstellationen denkbar, in denen auch bei einem Tabellenentgelt nach TVöD der allgemeine Mindestlohn nicht in den vom MiLoG gesetzten Fälligkeitsfristen erreicht wird und deshalb nach dem MiLoG ein Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrags bis zum Erreichen des Mindestlohns besteht. Denkbar ist dies insbesondere, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer auf Verlangen ein Mehr an Arbeit leistet, was im Anwendungsbereich des TVöD also Mehrarbeitsstunden (§ 7 Abs. 6 TVöD) sowie Überstunden (§ 7 Abs. 7 TVöD) betrifft. Soweit ein Arbeitszeitkonto im Sinne des § 2 Absatz 2 MiLoG besteht, dürfte eine solche Konstellation allenfalls bei Teilzeitbeschäftigten in Betracht kommen, die in einem Umfang Überstunden/Mehrarbeit leisten, der erheblich über die Arbeitsstunden hinausgeht, die auf das entsprechende Arbeitszeitkonto gebucht werden können (dazu Ziffer 5).

Auch bei Beschäftigten, die zu einem erheblichen Teil Bereitschaftsdienst leisten, ist in Einzelfällen denkbar, dass durch die Faktorisierung der Arbeitsstunden nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD für den betreffenden Monat der gesetzliche Mindestlohn nicht erreicht wird und infolgedessen ein Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrags bis zum Erreichen des Mindestlohns entsteht.

4. Berechnung und Auszahlung des Mindestlohns

Bei der Berechnung des gesetzlichen Mindestlohns ist ein Gesamtvergleich zwischen allen berücksichtigungsfähigen Entgeltzahlungen des Arbeitgebers, die den Mindestlohnanspruch erfüllen und für den jeweiligen Abrechnungszeitraum geleistet werden, auf der einen Seite und dem Mindestlohnanspruch im jeweiligen Abrechnungszeitraum auf der anderen Seite vorzunehmen.

Als Abrechnungszeitraum gilt grundsätzlich der Kalendermonat (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 TVöD).

Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn errechnet sich aus dem Produkt der im Abrechnungszeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und dem Mindestlohn (derzeit brutto 8,84 Euro je Zeitstunde). Der Arbeitgeber hat den Mindestlohnanspruch erfüllt, wenn die für den Abrechnungszeitraum gezahlte anrechenbare Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der im Abrechnungszeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn ergibt. 4 Erreicht die vom Arbeitgeber gezahlte Bruttovergütung diesen Betrag jedoch nicht, begründet dies einen Anspruch auf Zahlung des fehlenden Differenzbetrags bis zum Erreichen des Mindestlohns 5.

4.1 Anrechenbare Entgeltbestandteile

Auf der Grundlage der vorgenannten Ausführungen können neben dem Tabellenentgelt und dem individuellen Stundenentgelt sonstige Entgeltbestandteile, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, als "verstetigtes Arbeitsentgelt" auf den Mindestlohn angerechnet werden.

Das BAG hat in seinem Urteil vom 21. Dezember 2016 (5 AZR 374/16) 6 unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil vom 12. Februar 2015 (C-396/13) entschieden, dass alle zwingend und transparent geregelten Gegenleistungen des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers Bestandteile des Mindestlohns sind. Demnach ist grundsätzlich jedes Entgelt, das der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Arbeitsleistung zahlt, auf den Mindestlohn anrechenbar und trägt zur Erfüllung des Mindestlohnanspruchs bei; dies gilt unabhängig davon, zu welcher Tageszeit, unter welchen Umständen oder in welcher Qualität die Arbeit erbracht wurde. Auf Basis dieser Rechtsprechung sind folgende Entgeltbestandteile auf den Mindestlohn anrechenbar (nicht abschließende Aufzählung):

Durch das BAG-Urteil vom 25. Mai 2016 (5 AZR 135/16) ist bestätigt, dass Leistungen, wie Weihnachtsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld [also Einmalzahlungen], als Bestandteil des Mindestlohns gewertet werden können, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den anteiligen Betrag jeweils monatsbezogen zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt erhält. Da die Jahressonderzahlung nach § 20 (Bund) Absatz 5 Satz 1 TVöD mit dem Tabellenentgelt für November ausgezahlt wird, kann eine Anrechnung auf den Mindestlohn somit nur im Auszahlungsmonat November erfolgen.

4.2 Nicht anrechenbare Entgeltbestandteile

Entgeltzahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen, sind nicht berücksichtigungsfähig. 7 Nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden können daher:

Der tarifliche Zeitzuschlag für Nachtarbeit (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TVöD), da er auf der gesetzlichen Ausgleichsregelung des § 6 Abs. 5 ArbZG beruht. Vermögenswirksame Leistungen (§ 23 Abs. 1 TVöD). Sie dienen wesentlich anderen Zwecken als der unmittelbaren Gegenleistung für die von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer geleistete Arbeit. Trotz regelmäßiger monatlicher Zahlung sind sie nicht dazu bestimmt, unmittelbar dem Bestreiten des Lebensunterhalts zu dienen. Sie stehen den Beschäftigten grundsätzlich nicht zur freien Verfügung, sondern sind zwingend langfristig anzulegen 8.

Ob zusätzlich zum tariflichen Entgelt noch ein Differenzbetrag zu zahlen ist, um den zwingenden Vorgaben des MiLoG zu entsprechen, richtet sich nach dem Vergleich der Summe aus dem tariflichen Tabellenentgelt und den anrechenbaren Entgeltbestandteilen mit der Höhe des Mindestlohnanspruchs, und zwar zu dem Fälligkeitszeitpunkt nach § 2 MiLoG. (Zur Höhe des Mindestlohnanspruchs vgl. Ziffer 3).

4.3 Bereitschaftsdienst

Mit Urteil vom 29. Juni 2016 (5 AZR 716/15) hat das BAG klargestellt, dass Bereitschaftszeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten ist. Dies gilt auch, wenn Bereitschaftszeiten tariflich oder arbeitsvertraglich nur anteilig als tarifliche Arbeitszeit berücksichtigt werden (z.B. Faktorisierung der Arbeitsstunden nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD). Zur Überprüfung, ob der gesetzliche Mindestlohnanspruch erfüllt ist, ist das Bruttomonatsentgelt durch die Anzahl der im Abrechnungszeitraum geleisteten Arbeitsstunden - einschließlich der unfaktorisierten Zeitstunden der Bereitschaftszeit - zu dividieren.

5. Fälligkeit des Mindestlohns nach dem MiLoG

5.1 Regelfall nach § 2 Abs. 1 MiLoG

Der Mindestlohnanspruch ist gem. § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 MiLoG zum vertraglich maßgeblichen Fälligkeitstermin, gem. § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 MiLoG spätestens am letzten Bankarbeitstag in Frankfurt am Main des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, zu zahlen. Folglich sind beim Mindestlohn die Bestimmungen des Hessischen Feiertagsgesetzes zu beachten. Zudem ist die gesetzliche Fälligkeitsregelung des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 MiLoG zwingend und nicht tarifdispositiv (§ 3 MiLoG). Besonderheiten im Zusammenhang mit Arbeitszeitkonten regelt § 2 Absatz 2 MiLoG (siehe Ziffer 5.2).

Die tarifliche Fälligkeit der sog. unständigen Entgeltbestandteile tritt demgegenüber erst später ein. So sieht die Fälligkeitsregelung des § 24 Absatz 1 Satz 4 TVöD vor, dass die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile sowie der Tagesdurchschnitt nach § 21 TVöD erst am Zahltag des zweiten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, fällig werden. Soweit das nach den tariflichen Fälligkeitsregelungen zu zahlende Bruttostundenentgelt bis spätestens zum Folgemonat der Arbeitsleistung den Mindestlohn (derzeit brutto 8,84 Euro je Zeitstunde) nicht erreicht, greift das Fristenregime des MiLoG: der Differenzbetrag zwischen dem nach tariflichen Fälligkeitsregelungen zu zahlenden Betrag und dem Mindestlohn nach dem MiLoG ist zum Folgemonat der Arbeitsleistung fällig. Mangels anderweitiger Regelung gilt dies auch für Mehrarbeits- und Überstunden, die im Geltungsbereich des TVöD abgeleistet werden. Der Differenzbetrag zur Aufstockung auf den Mindestlohn ist bis zum gesetzlichen Fälligkeitstag im Folgemonat zu zahlen, ggf. durch Abschläge.

Sofern eine gemeinsame Auszahlung mit dem Mindestlohn an einem einheitlichen Zahltag zweckmäßig erscheint, bestehen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen keine Bedenken, wenn für den voraussichtlich betroffenen Personenkreis alle unständigen Entgeltbestandteile schon im Folgemonat der Arbeitsleistung gezahlt werden. Das Einverständnis gilt sowohl für Entgeltbestandteile, die auf den Mindestbetrag nicht anrechenbar sind als auch für anrechenbare Entgeltbestandteile, die über dem Mindestbetrag liegen.

5.2 Arbeitszeitkonto (§ 2 Abs. 2 MiLoG)

Abweichend vom Basisfall geregelt ist die Fälligkeit nach § 2 Absatz 2 MiLoG für Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet worden sind und auf ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden, wenn dem Arbeitszeitkonto eine schriftliche Vereinbarung zugrunde liegt. Eine schriftliche Vereinbarung liegt auch vor, wenn das Arbeitszeitkonto in einer Betriebs-/Dienstvereinbarung oder in einem normativ oder infolge schriftlicher Inbezugnahme geltenden Tarifvertrag geregelt ist (vgl. amtliche Begründung, BT-Drucks 18/1558, S. 35). Die auf dem Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden sind spätestens 12 Monate nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen. Dies gilt jedoch nicht, soweit der Mindestlohnanspruch durch Zahlung eines verstetigten Arbeitsentgeltes bereits vollständig - auch für die Überstunden/Mehrarbeit - erfüllt ist.

Zu beachten ist bei dieser abweichenden Fälligkeitsregel die Obergrenze aus § 2 Absatz 2 Satz 3 MiLoG: Danach gilt die abweichende Fälligkeitsregelung des § 2 Absatz 2 MiLoG für monatlich maximal 50 % der jeweils vereinbarten Arbeitszeit. Für darüber hinausgehende Arbeitsstunden gilt die Fälligkeitsregel von § 2 Absatz 1 MiLoG.

5.3 Wertguthabenvereinbarungen nach SGB IV (§ 2 Abs. 3 MiLoG)

Die Verpflichtung zur Zahlung nach § 2 Absatz 1 und 2 MiLoG besteht nach § 2 Absatz 3 MiLoG nicht für Wertguthabenvereinbarungen im Sinne des SGB IV. Dies betrifft im Besonderen Altersteilzeitvereinbarungen.

6. Unabdingbarkeit, tarifliche Ausschlussfrist, gesetzliche Verjährung

Der Anspruch auf Mindestlohn ist unabdingbar und seine Geltendmachung darf nicht beschränkt werden (§ 3 MiLoG). Daher ist ein Verzicht auf den Anspruch unzulässig, außer bei einem gerichtlichen Vergleich über bereits entstandene Ansprüche. Soweit aus dem MiLoG Ansprüche bestehen, findet deshalb für die auf den Mindestlohn anrechenbaren Entgeltbestandteile auch die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 TVöD keine Anwendung. Der Mindestlohn unterliegt allerdings der regelmäßigen dreijährigen Verjährung nach § 195 BGB.

7. Dokumentationspflichten (§ 17 MiLoG), Kontrolle (§§ 14, 15 MiLoG) und Ordnungswidrigkeiten (§ 21 MiLoG)

Die Dokumentations- und Vorhaltepflichten der Arbeitgeber bilden die Grundlage für die Prüfung der Einhaltung der sich aus dem MiLoG ergebenden Pflichten. Deren Kontrolle obliegt der Zollverwaltung (§§ 14, 15 MiLoG).

Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen das MiLoG stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die in bestimmten Fällen - insbesondere bei Nichtzahlung oder nicht rechtzeitiger Zahlung des Mindestlohns - mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro und im Übrigen mit bis zu 30.000 Euro geahndet werden können (§ 21 Abs. 3 MiLoG). Auch Verstöße gegen die Dokumentations- und Vorhaltepflichten nach § 17 MiLoG sind bußgeldbewehrt (§ 21 Abs. 1 Nr. 7 und 8 MiLoG).

Hinzuweisen ist bezüglich der Dokumentationspflichten insbesondere darauf, dass der Arbeitgeber auch bezüglich geringfügig Beschäftigter nach § 8 Absatz 1 SGB IV verpflichtet ist, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit innerhalb eines Zeitraums von längstens sieben Tagen ab dem Tag des auf die Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen zusammen mit den Lohnunterlagen mindestens zwei Jahre aufzubewahren sowie für Kontrollzwecke bereitzuhalten (§ 17 Abs. 1 und 2 MiLoG).

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) können aufgrund der Verordnungsermächtigung nach § 17 Absatz 3 und 4 MiLoG teilweise abweichende oder ergänzende Regelungen treffen. So gelten nach den Maßgaben der Mindestlohnaufzeichnungsverordnung ( MiLoAufzV) vom 26. November 2014 (BGBl. I S. 1824) Erleichterungen bei der Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit, sofern Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausschließlich mit mobilen Tätigkeiten beschäftigt sind, keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) unterliegen und sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen. Zu den Dokumentationspflichten nach den §§ 16 und 17 MiLoG sieht die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoDokV) vom 29. Juli 2015 (BAnz. AT 31.07.2015 V1) u. a. vor, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt brutto 2.958 Euro übersteigt, aus den Dokumentationspflichten herausgenommen werden. Das Gleiche gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt 2.000 Euro brutto überschreitet, wenn der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten vollen zwölf Monate nachweislich gezahlt hat.

1) BAG vom 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 [Juris-Rz. 27].

2) BAG vom 29. Juni 2016 - 5 AZR 716/15 [ uris-Rz. 24].

3) BAG vom 29. Juni 2016 - 5 AZR 716/15 [Juris-Rz. 19].

4) BAG vom 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 [Juris-Rz. 26].

5) BAG vom 25.Mai 2016 - 5 AZR 135/16 [Juris-Rz. 24 m. w. N.].

6) BAG vom 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 [Juris-Rz.22 m. w. N.].

7) BAG vom 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 [Juris-Rz. 23].

8) BAG vom 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 [Juris-Rz. 61]

ENDE

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 23.09.2022)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion