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Regelwerk

Allgemeinverfügung gemäß § 49 Absatz 3 des Seearbeitsgesetzes
Abweichende Arbeitszeitregelungen in der Küstenfischerei und in der Kleinen Hochseefischerei

Vom 22.Dezember 2021
(VKBl. Nr. 2 vom 31.01.2022 S. 30,aufgehoben)


gültig bis 31.12.2023 =>

I. Zweck und Anwendungsbereich

Gemäß § 49 Absatz 3 des Seearbeitsgesetzes werden die nachfolgend aufgeführten Arbeitszeitregelungen für Besatzungsmitglieder auf Fischereifahrzeugen in der Küstenfischerei und der Kleinen Hochseefischerei festgesetzt.

II. Für die Zeit während des Fangs und seiner Verarbeitung an Bord gelten folgende abweichende Arbeitszeitregelungen

1. Die tägliche Arbeitszeit darf abweichend von den §§ 43 und 48 Absatz 1 Nummer 1 des Seearbeitsgesetzes auf bis zu 16 Stunden täglich verlängert werden. Die Regelungen des § 43 des Seearbeitsgesetzes zur Sonn- und Feiertagsarbeit sowie zur Lage der Arbeitszeiten gelten nicht.

2. Der Reeder und der Kapitän haben dafür zu sorgen, dass abweichend von § 48 Absatz 1 Nummer 2 des Seearbeitsgesetzes die folgenden Mindestruhezeiten nicht unterschritten werden:

  1. acht Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden und
  2. 77 Stunden in jedem Zeitraum von sieben Tagen.

3. Die Mindestruhezeit nach Nummer 2 Buchstabe a darf abweichend von § 45 Absatz 3 des Seearbeitsgesetzes in drei Abschnitte aufgeteilt werden, von denen einer eine Mindestdauer von sechs Stunden hat und die beiden übrigen eine Mindestdauer von jeweils einer Stunde haben.

4. Die Ruhezeit nach Nummer 2 Buchstabe b kann während eines Zeitraumes von höchstens zwei aufeinanderfolgenden Wochen unter den Voraussetzungen des § 49 Absatz 1 Nummer 3 des Seearbeitsgesetzes auf 70 Stunden verringert werden.

III. Ausgleich für geleistete Mehrarbeit

Die Gesamtarbeitszeit der Besatzungsmitglieder darf durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten nicht überschreiten. Der Ausgleich ist innerhalb des bestehenden Arbeitsverhältnisses vorzunehmen. Das gilt auch für Fälle der befristeten Beschäftigung.

IV. Abweichende Regelungen für die Vergütung und den Sonntags- und Feiertagsausgleich nach den §§ 51 und 52 des Seearbeitsgesetzes

Vergütungen für Mehr- und Nachtarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit nach § 51 des Seearbeitsgesetzes und der Ausgleich für Sonntags- und Feiertagsarbeit nach § 52 des Seearbeitsgesetzes können über die Höhe des Fanganteils abgegolten werden. Aus dem Heuervertrag muss ersichtlich sein, dass mit dem Fanganteil die Ansprüche aus den §§ 51 und 52 des Seearbeitsgesetzes abgegolten sind.

V. Geltungsdauer

Die Regelungen der Allgemeinverfügung gelten vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2023.

VI. Sonstiges

1. Auf den Fischereifahrzeugen sind monatliche Arbeitszeitnachweise nach dem Muster der Anlage 2 der See-Arbeitszeitnachweisverordnung zu führen. Eine Übersicht über die Arbeitsorganisation an Bord nach Anlage 1 der See-Arbeitszeitnachweisverordnung muss nicht geführt werden, soweit die Besatzungsmitglieder keinem wiederkehrenden regelmäßigen Wachsystem unterliegen.

2. Diese Genehmigung gilt nicht für jugendliche Besatzungsmitglieder.

3. Die übrigen Regelungen des Seearbeitsgesetzes sowie anderer Rechtsvorschriften bleiben hiervon unberührt.

4. Eine Kopie dieser Allgemeinverfügung ist an Bord der betroffenen Fischereifahrzeuge mitzuführen.

VII. Begründung

Der § 49 Absatz 3 des Seearbeitsgesetzes eröffnet die Möglichkeit, abweichende Arbeitszeitregelungen für Besatzungsmitglieder von Fischereifahrzeugen, für die Tarifverträge üblicherweise nicht geschlossen werden, per Allgemeinverfügung oder im Einzelfall zu bewilligen. Die Abweichungen müssen in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Besatzungsmitglieder stehen und aus technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen erforderlich sein.

Die Voraussetzungen des § 49 Absatz 3 und Absatz 4 des Seearbeitsgesetzes liegen für die Küstenfischerei und die Kleine Hochseefischerei vor:

  1. Für Besatzungsmitglieder auf Fischereifahrzeugen in der Küstenfischerei und Kleinen Hochseefischerei werden üblicherweise keine Tarifverträge geschlossen.
  2. Die Bewilligung abweichender Arbeitszeitregelungen ist durch die spezifischen und arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen in der Küstenfischerei und in der Kleinen Hochseefischerei geboten und notwendig:
    1. Der Betrieb der Fischereifahrzeuge wird seit jeher in erheblichem Maße durch natürliche Faktoren wie Gezeiten, Wetter und Fischvorkommen beeinflusst. Ein regelmäßiger Wachrhythmus wie in der sonstigen Handelsschifffahrt ist in der Fischerei kaum möglich. Die Arbeitszeiten schwanken saisonal sehr stark.
    2. Die Fischerei wird durch gesetzgeberische Vorgaben strikt reglementiert. Die Quotierung der Fangbestände, vorgegebene Fangzeiten sowie zeitliche und räumliche Fangverbote schränken die zur Verfügung stehenden freien Zeiten für die Fischerei in hohem Umfang ein.
    3. Die Struktur der Küstenfischerei ist durch familiäre Kleinst- und Kleinbetriebe sowie durch die Nebenerwerbsfischerei geprägt. In der Regel werden die Fischereifahrzeuge in der Küstenfischerei mit nur ein bis zwei Mann Besatzung betrieben. Das notwendige Kapital zur Erhaltung des Betriebs muss innerhalb eines eingeschränkten Zeitraums erwirtschaftet werden. Eine Beschränkung der Höchstarbeitszeit, insbesondere während des Fangs und der Verarbeitung, würde die wirtschaftliche Existenz vieler Fischereibetriebe infrage stellen.
  3. Die Abweichungen stimmen mit den allgemeinen Grundsätzen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Besatzungsmitglieder überein. Sie führen zu keiner unvertretbaren dauerhaften Belastung der Besatzungsmitglieder, da eine Erweiterung der täglichen Arbeitszeit in der Regel nur saisonal im Zeitraum von April bis November notwendig ist. In den verbleibenden Monaten wird das Fischereifahrzeug gewartet und notwendige Reparaturen durchgeführt. Die Fischereifahrzeuge befinden sich regelmäßig nur einige Tage auf See, bis sie wieder den Heimathafen oder einen Löschhafen anlaufen. Während der Liegezeit im Hafen können entsprechende Ausgleichruhezeiten gewährt werden. Weiterhin wird sichergestellt, dass die Besatzungsmitglieder innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten eine ausreichende Ruhezeit gewährt bekommen.

In der Küstenfischerei und der Kleinen Hochseefischerei gibt es üblicherweise keine Garantie- oder Mindestheuer. Die Entlohnung erfolgt über einen prozentualen Anteil am Fangerlös. Die Abgeltung der Mehrarbeit und der Sonntags- und Feiertagsarbeit über den Fanganteil trägt dieser Besonderheit Rechnung.

  • Die Festlegung der Arbeits- und Ruhezeiten unter " II. Abweichende Arbeitszeitregelungen" sind im Einzelnen wie folgt begründet:
  • Die Ausnahmen sind im Wege der Allgemeinverfügung zu erteilen. Bei ca. 500 betroffenen Fischereifahrzeugen würde die Erteilung von Einzelgenehmigungen einen unvertretbaren hohen Verwaltungsaufwand bedeuten. Die Regelung im Wege der Allgemeinverfügung stellt zudem ein einheitliches Verwaltungshandeln und eine effektive Überprüfung der Einhaltung der Arbeitszeitregelungen sicher.

    VIII. Widerrufsvorbehalt

    Der Widerruf dieser Allgemeinverfügung wird vorbehalten.

    IX. Rechtsbehelfsbelehrung

    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift bei der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, Ottenser Hauptstraße 54, 22765 Hamburg, Widerspruch erhoben werden.

    Die Frist wird auch gewahrt, wenn der Widerspruch innerhalb der Monatsfrist bei der Dienststelle Schiffssicherheit, Brandstwiete 1, 20457 Hamburg, erhoben wird.

    ________
    .

    Bekanntmachung der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post- Logistik Telekommunikation zu abweichenden Arbeitszeitregelungen in der Küstenfischerei und in der Kleinen Hochseefischerei

    Vom 22.Dezember 2021
    (VKBl. Nr. 2 vom 31.01.2022 S. 30)

    Die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, Dienststelle Schiffssicherheit hat auf Grundlage des § 49 Absatz 3 des Seearbeitsgesetzes eine Allgemeinverfügung zu abweichenden Arbeitszeitregeln in der Küstenfischerei und in der kleinen Hochseefischerei erlassen.

    Nachfolgend wird die Allgemeinverfügung veröffentlicht.

    Hamburg, den 22. Dezember 2021


    ENDE

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