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Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 1101
"Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen"
Stand Mai 1964
(BArbBl. 5/1964 S. 126f)
Zur Übersicht in Anlage 1 der BKV
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Blei (Pb), ein weiches, bei 327° C schmelzendes Metall, wird durch Verhüttung von Erzen, insbesondere Bleiglanz, z. T. von Weiß- oder Vitriolbleierz, gewonnen.
In Staub- oder Dampfform oxydiert es in Luft zu kolloidalem Bleioxyd (PbO); sog. Bleirauch besteht aus Bleioxydteilchen.
Gefahrenquellen sind Arbeitsverfahren, bei denen Blei oder seine Verbindungen, insbesondere in Staub-, Rauch oder Dampfform (metallisches Pb verdampft wahrnehmbar ab 550 °C), auftreten.
Dies kann z.B. zutreffen in Blei- oder Zinkhütten (Zinkerze enthalten oft Bleiglanz), beim Feilen, Sägen, Fräsen, trockenen Schleifen oder Polieren von metallischem Blei oder Bleilegierungen. Weiterhin beim Mischen und Anreiben bleihaltiger Farben in Pulverform (z.B. Bleiweiß, bleihaltigem Zinkweiß, Mennige, Bleicyanamid, Chromgelb, Chromrot, Neapelgelb) oder beim Aufspritzen der Farben mittels Spritzpistole, beim Abbürsten und Abbrennen von Bleifarbenanstrichen, beim Schneiden oder Schweißen an mit Mennige oder anderen Bleifarben gestrichenen oder verbleiten Teilen (z.B. beim Verschrotten, Abwracken). Auch beim Warmnieten mit Mennige gestrichener Eisenteile, Altmetallschmelzen, Homogenverbleien, Bleilöten, bei Arbeiten in Drahthärtereien, der Herstellung von Lagerschalen aus Bleibronze, von Bleiakkumulatoren, beim Abziehen der Oxydschicht vom Bleibad (z.B. in Patentierereien) durch Verstäuben der sog. Krätze und beim Glätten (Bürsten, Schleifen) von Karosseriefugen u. ä., die mit vorwiegend bleihaltigem Lötzinn behandelt wurden, bestehen Gesundheitsgefahren. Dies gilt auch für die Herstellung bleihaltiger Glasuren (Fritten), Emails, Dekors, Kristallgläser und die Verwendung von Bleiverbindungen als Stabilisatoren und Gleitmittel in der Kunststoffindustrie.
Auch das Reinigen von mit Bleibenzin betriebenen Motoren, in denen Bleioxyd oder Bleihalogenide als Verbrennungsrückstand vorkommen, kann eine Gefahrenquelle sein.
Die dem Vergaserkraftstoff als "Antiklopfmittel" in Form des "Ethyl-Fluids" beigefügten Bleialkyle, wie Bleitetraäthyl (TEL) oder Bleitetramethyl (TML), können beim Mischen mit Benzin in Mischanlagen oder beim Reinigen der Bleibenzin-Lagertanks von Bleischlamm die Gesundheit gefährden.
Der Umgang mit metallischem Blei, Bleirohren, Bleilettern, z.B. im graphischem Gewerbe, oder mit bleihaltigem Benzin an Tankstellen stellt kaum eine spezifische Gesundheitsgefahr dar.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
In Staub-, Rauch- oder Dampfform werden Blei oder seine Verbindungen hauptsächlich über die Atemwege aufgenommen. Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt ist ebenfalls möglich, jedoch in der Regel weniger gefährdend. Bleialkyle werden leicht durch die Haut resorbiert.
Konzentration und Verweildauer im Blut kreisender Bleiverbindungen (sog. Bleistrom) und ihre Löslichkeit in den Körpersäften sind für die Erkrankung maßgebend. Die Bleialkyle haben infolge ihrer Lipoidlöslichkeit eine besondere Affinität zum Gehirn und anderen lipoidreichen Organen.
Blei schädigt zelluläre Elemente durch Inaktivierung von Enzymen. Besonders werden der Porphyrinstoffwechsel, die Blutbildungsstätten, der Verdauungstrakt, das Gefäßsystem sowie das zentrale und periphere Nervensystem betroffen.
Blei wird als relativ stabiles Bleiphosphat in Knochen abgelagert (sog. Depotblei) und u. U. dort wieder mobilisiert. Vorübergehende Anreicherung in Leber, Milz und Nieren ist möglich. Die Ausscheidung erfolgt in Stuhl und Urin.
Erkrankungszeichen treten dann auf, wenn der Organismus nicht mehr fähig ist, das meistens innerhalb eines längeren Zeitraumes aufgenommene Blei auszuscheiden oder abzulagern.
III. Krankheitsbild und Diagnose
A.
Die akute Erkrankung infolge beruflich bedingter Einwirkung von Blei oder seinen anorganischen Verbindungen ist relativ selten. In der Regel handelt es sich um chronische oder subchronische Erkrankungen.
Folgende Entwicklungsstadien, die sich auch überschneiden können, kann man unterscheiden:
Spätkrankheiten.
Zu 1:
Im klinisch stummen Vorstadium kommt es zunächst zu einer verstärkten Koproporphyrin-(III)-Ausscheidung im Urin. Es folgt eine Vermehrung basophil getüpfelter Erythrocyten ("Tüpfelzellen") und evtl. ein Absinken des Hämoglobins. Der Bleispiegel im Blut ist meistens erhöht.
Selten zeigt sich schon jetzt im Zahnfleischrand ein schwarzblauer bis schiefergrauer Saum, der sog. Bleisaum; dabei sind differential diagnostisch Paradentose, Melanose des Zahnfleisches und Veränderungen durch Einwirkung anderer Metallverbindungen zu erwägen.
Auch erste Anzeichen des sog. Bleikolorits, wie "schlechtes Aussehen", übergehend in eine charakteristisch graugelbe Verfärbung, insbesondere der Gesichtshaut, sind zu erkennen. Herabgesetzter Turgor, subikterische Skleren und blasse Schleimhäute können vorhanden sein.
Zu 2:
Zum kritischen Anfangsstadium ("Präsaturnismus") gehören allgemeine Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Reizbarkeit, Kopfschmerzen in Stirn- und Schläfengegend, Schwindel, Schwächegefühl in den Gliedern sowie Obstipation und andere Magen-Darm-Störungen.
Zu 3:
(Stand: 10.09.2020)
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