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Regelwerk, Arbeitsschutz, Arbeits- und Sozialrecht

Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 1315 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)
"Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können"

Stand März 2004
(BArbBl 3/2004 S. 32)



Zur Übersicht in der Anlage 1 der BKV

Isocyanate sind reaktionsfreudige Ester der Isocyansäure mit einer oder mehreren O=C=N - Atomgruppen. Di- und Polyisocyanate bilden gemeinsam mit den weitgehend ungiftigen Polyolen die Grundbausteine der Polyurethan (=PUR)-Chemie und werden teils in reiner Form, teils mit anderen Zusatzstoffen in Arbeitsprozessen eingesetzt.

Für Diisocyanate, Phenyl- und Methylisocyanat liegen außerordentlich niedrige Luftgrenzwerte vor. Für Isocyansäure gibt es in Deutschland ebenso wie für die heute vorwiegend verwendeten oligo- und präpolymeren Isocyanate und die Gesamtmenge an freien Isocyanatgruppen bisher keinen Luftgrenzwert. Für Diisocyanattoluol (TDI) wurde der Luftgrenzwert wegen möglicher kanzerogener Effekte ausgesetzt (krebserzeugende Kategorie 3 A).

I. Vorkommen und Gefahrenquellen

Die Stoffgruppe besitzt ein breites Anwendungsfeld für die Herstellung von Weich-, Hart-, Integral-, Isolier-Schaumstoffen und anderen Kunststoffen, Lacken und sonstigen Oberflächen-Beschichtungen, Vergussmassen, Elastomeren, Klebern, Härtern, Pharmazeutika, Pestiziden und anderen Erzeugnissen der chemischen Industrie. Hauptanwendungsbereiche sind die Kraftfahrzeug-, Flugzeug-, Metall-, Möbel- und holzverarbeitende Industrie, das Baugewerbe, der Bergbau (Gebirgsverfestigung), Gießereien, die Textil- und Bekleidungsherstellung und der Sportbahnbau (TRGS 430).

Von besonderer Bedeutung sind Isocyanat-haltige Aerosole, die beim Spritzlackieren von Lacken mit Isocyanathärter entstehen. Mit einer Gesundheitsgefährdung muss beim Verarbeiten von Isocyanat-haltigen 2-Komponenten-Reaktionssystemen gerechnet werden. Es gibt auch Isocyanat-haltige 1-Komponenten-Produkte, die mit dem Wasserdampf der Luft aushärten. Großflächig aufgetragen, können Isocyanate durch verdunstende Lösemittel mitgerissen werden. Epoxid-haltige und Alkydharz-Bindemittel werden gelegentlich mit Isocyanaten kombiniert. Das Erhitzen, Verschwelen und Verbrennen von Polyurethanen setzt verschiedene Isocyanate frei. Dies gilt v.a. für das Schweißen von PUR-lackierten bzw. -beschichteten Metallen, für das Ein- oder Abbrennen von PUR-Lackschichten, das Stahl- und Aluminiumgießen in MDI-gefestigte Sandkerne und andere Formen, das Schneiden von Hartschaumplatten, die mechanische Bearbeitung unter Hitzeentwicklung von Isocyanat-verleimten Spanplatten, das Anschleifen von PUR-Anstrichen, Wohnungs- und Autobrände.

Auch starkes Erhitzen und Verbrennen von stickstoffhaltigen Materialien, wie Phenol-Formaldehyd-Harnstoff-Harz (Bakelite; u.a. Chip-Platinen) und beschichteter Steinwolle, führen zur Bildung und Freisetzung von Isocyanaten (Karlsson et al. 2000; 2001; 2002).

In der Regel entstehen bei den vorgenannten Prozessen unter hohen Temperaturen (über 350 °C) großteils niedermolekulare Monoisocyanatverbindungen wie Isocyansäure (HNCO; ICA) und Methylisocyanat (CH2NCO; MIC).

Im Einzelnen sind von besonderer Bedeutung:

=> Diisocyanattoluol (=Toluylendiisocyanat = TDI; Toluoldiisocyanat; Methylphenylendiisocyanat) einschließlich seiner Polymeren:

Diese Substanz dient zur Herstellung von Polyurethanen, die als Weichschaumstoffe, Elastomere, Beschichtungen, Klebstoffe und Lackrohstoffe Verwendung finden. Während der Produktionsprozesse und bei der Anwendung besteht eine gesundheitliche Gefährdungsmöglichkeit, vorwiegend bei der Herstellung von Polyurethanschaum und dem Aufschäumen zur Polsterung, als Verpackungsauskleidung und als Isolierschicht. Dies geschieht häufig im 2-Komponenten-Verfahren, wobei die eine Komponente aus TDI besteht.

=> Diphenylmethan-Diisocyanat (=Methylendi-(phenylisocyanat) = MDI) einschließlich seiner Oligo- und Polymeren:

Wegen des im Vergleich zu TDI geringen Dampfdrucks ist die gesundheitliche Gefährdung durch MDI bei Raumtemperatur niedriger einzustufen. Eine Gefährdungsmöglichkeit liegt vor an Arbeitsplätzen zur exothermen Hartschaumproduktion für Maschinen- und Karosserieteile, zur Produktion von Automobilteilen und zur Beschichtung von Textilien und Leder. Eine Einwirkung von MDI kann ferner auftreten bei der Herstellung von Holzersatz, von Fußböden und von Sportartikeln sowie während seiner Verwendung als Bindemittel für den Formsand in Metallgießereien und zur Gesteinsverfestigung im Bergbau.

=> Hexamethylen-Diisocyanat (HDI: OCN-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-NCO) einschließlich seiner Polyisocyanat-Modifikationen

=> Dicyclohexylmethan-4,4'-Diisocyanat (HMDI)

wird vorwiegend Lacken und anderen Beschichtungsmaterialien zugesetzt. Eine gesundheitliche Gefährdung besteht während der Oberflächenbearbeitung mit diesen Materialien.

=> Naphthylen-Diisocyanat (NDI)

findet für die Fabrikation besonderer Kunststoffe (Elastomere) Verwendung.

=> Isophoron-Diisocyanat (PDI)

wird neuerdings vermehrt für die Herstellung von 2-Komponenten-Lacken und anderen Beschichtungsmaterialien, beispielsweise auch für die Lederzurichtung, herangezogen. Wegen des im Vergleich zu TDI und HDI niedrigen Dampfdrucks ist die gesundheitliche Gefährdung durch Dämpfe etwas geringer.

=> Phenylisocyanat

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